Hans-Dieter Klingemann · Max Kaase (Hrsg.) Wahlen und Wähler Schriften des Otto-Stammer Zentrums im Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin ehemals Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung Band 90 Hans-Dieter Klingemann I Max Kaase (Hrsg.) Wahlen und Wähler Analysen aus Anlass der Bundestagswahl1998 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich 1. Auflage September 2001 Alle Rechte vorbehalten ©Springer Fachmedien Wiesbaden 2001 Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2001 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jeder mann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN 978-3-531-13721-6 ISBN 978-3-322-95630-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95630-9 Inhalt Max Kaase/Hans-Dieter Klingemann/Jürgen W Falter/ Oscar W Gabriei/Bernhard Weßels Vorwort 9 I. Analysen zur Bundestagswahl1998 Forschungsgruppe Wahlen e. V. Thomas Emmert/Matthias Jung/Dieter Roth Das Ende einer Ära-Die Bundestagswahl vom 27. September 1998 17 Harald Schoen/Jürgen W Falter lt 's time for a change!- Wechselwähler bei der Bundestagswahl 1998 57 Markus Klein/Dieter Ohr Die Wahrnehmung der politischen und persönlichen Eigenschaften von Helmut Kohl und Gerhard Sehröder und ihr Einfluß auf die Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl 1998 91 Rüdiger Schmitt-Beck Ein Sieg der "Kampa"? Politische Symbolik in der Wahlkampagne der SPD und ihre Resonanz in der Wählerschaft 133 Oscar W Gabrief Neue Köpfe-bessere Stimmung? Eine Analyse der Implikationen des Regierungswechsels 1998 für die Einstellungen der Bevölkerung zum politischen System der Bundesrepublik 163 6 Inhalt II. Politik und Wahlen im Längsschnitt Petra Bauer-Kaase Politische Ideologie im Wandel?-Eine Längsschnittanalyse der Inhalte der politischen Richtungsbegriffe 'links' und 'rechts' 207 Dieter Fuchs/Robert Rohrschneider Der Einfluß politischer Wertorientierungen auf Regimeunterstützung und Wahlverhalten 245 Hans Rattinger/Thorsten Faas Wahrnehmungen der Wirtschaftslage und Wahlverhalten 1977 bis 1998 283 Franz Urban Pappi/Susumu Shikano Sachpolitik und Kompetenz als Beurteilungskriterien von großen und kleinen Wettbewerbern in deutschen Bundestagswahlkämpfen 309 Frank Brettschneider Candidate-Voting. Die Bedeutung von Spitzenkandidaten ftir das Wählerverhalten in Deutschland, Großbritannien und den USA von 1960 bis 1998 351 Andreas Genz!Klaus Schönbach/Ho/li A. Semetko "Amerikanisierung"? Politik in den Fernsehnachrichten während der Bundestagswahlkämpfe 1990-1998 40 I Lars P. Feld/Gebhard Kirchgässner Erwartete Knappheit und die Höhe der Wahlbeteiligung: Empirische Ergebnisse ftir die neunziger Jahre 415 Richard Hilmer!Jürgen Hofrichter Wahltagsbefragungen in den neunziger Jahren: Überblick und Bilanz 443 Thomas Gschwend/Helmut Norpoth "Wenn am nächsten Sonntag ... ": Ein Prognosemodell ftir Bundestagswahlen 473 Inhalt 7 111. Grundsatzfragen der Wahlsoziologie Eckhard Jesse Ist das Wahlsystem zum Deutschen Bundestag refonnbedürftig? Eine politikwissenschaftliche Analyse 503 Wilhelm P. Bürklin/Russell J. Dalton/Andrew Drummond Zwei Gesichter der Demokratie: Repräsentative versus "direkte" Demokratie 529 RolfBecker Das Paradox der Wahlbeteiligung, das keines ist. Eine theoretische Rekonstruktion und empirische Anwendung des Ansatzes von Downs aus der Perspektive der Theorie subjektiver Werterwartung 553 Hans Mathias Kepplinger/Marcus Maurer Der Ort der Kontrolle. Zum Einfluß interner und externer Faktoren auf die Wahlentscheidung 599 Hermann Schmitt Zur vergleichenden Analyse des Einflusses gesellschaftlicher Faktoren auf das Wahlverhalten: Forschungsfragen, Analysestrategien und einige Ergebnisse 623 Hassein Shahla Der sachlich abwägende Wähler: Zum Stellenwert sachlich rationaler Motive der Wahlentscheidung im Rahmen des Rational-Choice-Ansatzes 64 7 Bernhard Weßels "Aufrichtiges" Wahlverhalten: Parteiorientierungen, Kandidaten- beurteilungen und generalisierte Politikdistanzen 695 Siegfried Schumann Die Wahl der Republikaner: Ideologisches Bekenntnis oder Ausdruck von Protest? Fortführung einer Debatte unter theoretischen und methodischen Gesichtspunkten 717 Max Kaase/Hans-Dieter Klingemann/Jürgen W. Falter/ Oscar W. Gabriel/Bernhard Weßels Vorwort Im November 1999 hat das Zentralarchiv fiir empirische Sozialforschung an der Universität zu Köln eine Tagung veranstaltet, auf der das fünfzigjährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland zum Anlaß genommen wurde, für eine Bestands aufnahme der deutschen empirischen Wahlforschung vorzulegen (Klein, Jagodzin ski, Mochmann und Ohr 2000). In diesem Band haben im ersten Teil Beiträge von Max Kaase, Erwin K. Scheuch und Elisabeth Noelle-Neumann die Kontinuitäten und Brüche, Leistungen und Defizite dieser Forschung dargestellt. Ein wichtiger Teil hiervon sind die von Max Kaase und Hans-Dieter Klinge mann seit der Wahl 1980 herausgegebenen Sammelbände zu den Bundestagswah len, die wegen ihrer Umschlagfarbe seit langem im Professionsjargon abkürzend "Blaue Bände" genannt werden. Die Entwicklungslinie dieser Publikationen läßt sich leicht zur Kölner Bundestagswahlstudie des Jahres 1961 zurückverfolgen, die unter der Leitung von Gerhard Baumert, Erwin K. Scheuch und Rudolf Wilden mann das bis heute wohl theoretisch, methodisch und empirisch anspruchsvollste Vorhaben der deutschen akademischen Wahlsoziologie darstellt (Scheuch und Wildenmann 1965). Aus der großen, von den Projektleitern in Köln zusammenge führten Arbeitsgruppe haben bis heute vor allem Max Kaase, Hans-Dieter Klinge mann und Franz Urban Pappi den wahlsoziologischen Fragestellungen die Treue gehalten; inzwischen sind mindestens zwei Forschergenerationen nachgewachsen, die sich in der Spannung von Kontinuität und Innovation ebenfalls dieses Themen feldes angenommen haben. Es fällt heute schwer, sich noch daran zu erinnern, welchen Finanzierungs schwierigkeiten sich die Leiter der Kölner Wahlstudie seinerzeit gegenüber gese hen haben, einer Zeit, in der auch für die Deutsche Forschungsgemeinschaft empi rische Sozialforschung und besonders die Bereitstellung von Mitteln zur Durchfüh rung von Ua schon damals nicht billigen) repräsentativen Bevölkerungsumfragen mehr oder weniger terra incognita war. Da die Kölner Forscher, nicht zuletzt ange regt durch die amerikanische Wahlforschung der Michigan-Schule am Institute for Social Research der University of Michigan, schon sehr früh das Ertragspotential kontinuierlicher Forschung zur Analyse von Wahlen als zentralem Element des demokratischen Prozesses erkannt hatten, unternahmen sie große Anstrengungen, nach der singulären Studie von 1961 wahlsoziologische Forschungen weiterzufüh ren. Zum einen geschah das in Köln, verankert am Zentralarchiv, durch Erwin K. 10 Kaase!Klingemann/Falter!Gabriel!Weßels Scheuch, Hans-Dieter Klingemann und Franz Urban Pappi. Ein weiterer Schwer punkt konstituierte sich nach dem Wechsel von Rudolf Wildenmann, Max Kaase und Uwe Schleth an die Universität Mannheim dort im Jahre 1964. In dieses Jahr fiel die Gründung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF); die von Rudolf Wil denmann mit dem ZDF begonnene Zusammenarbeit verfestigte sich sehr schnell und resultierte in der Gründung eines Forschungsschwerpunkts in Mannheim, der regelmäßige Wahlanalysen für das ZDF erstellt hat und später den Namen "For schungsgruppe Wahlen" annahm. Zwischen Köln und Mannheim entstanden, aus der gemeinsamen Wurzel stam mend, bald enge Kooperationsbeziehungen, wenngleich diese auch durchaus Ele mente von Wettbewerb enthielten. So war es selbstverständlich, daß beide Gruppen ihre Daten zur freien Nutzung durch die Forschergemeinschaft in das Kötner Zen tralarchiv einstellten. Nachdem Richard I. Hofferbert in Ann Arbor das Amt des Direktors des lnter-University Consortium for Political Research übernommen hatte und die deutsch-amerikanische Forschungskooperation in diesem Bereich intensivierte, resultierte daraus bald das German Electoral Data Project, über das Studien der deutschen akademischen Wahlforschung für den amerikanischen Markt zugänglich gemacht wurden. Dies hat der vergleichenden Wahlforschung Impulse gegeben, die später mit dem Cross-National Election Project (CNEP) und der Camparalive Study of Electoral Systems (CSES) in systematischer Weise auf genommen wurden. In der Phase nach Abschluß der Kötner Wahlstudien blieben zunächst wissen schaftliche Veröffentlichungen aus; so ist die Bundestagswahl 1965 von Mitglie dern der Kölner Gruppe nicht in Publikationen dokumentiert. Dies änderte sich schon zur Bundestagswahl 1969, zu der sowohl Kaase als auch Klingemann und Pappi 1970 in der Politischen Vierteljahresschrift (PVS) einschlägige Aufsätze veröffentlichten. Im Jahre 1973 widmete sich, organisiert von Kaase, bereits ein ganzes Heft der PVS der Analyse der Bundestagswahl 1972, und zur Bundestags wahl 1976 editierte Kaase unter dem Titel "Wahlsoziologie heute" ein 704 Seiten umfassendes Doppelheft der PVS, de facto bereits ein veritables Buch. So erschien es nur konsequent, diese sich abzeichnende Kontinuität in Form ei ner Buchreihe zu institutionalisieren, eine Entwicklung, die durch den Wechsel von Klingemann vom Mannheimer Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) auf eine Professur an der Freien Universität Berlin sehr begünstigt wurde. Denn dort existierte mit den "Schriften des Zentralinstituts ftir sozialwissenschaft liehe Forschung der Freien Universität Berlin (ehemals Schriften des Instituts ftir politische Wissenschaft)" eine Plattform, die Lektorats- und sonstige Unterstützung garantierte und auch die Beziehung zum Westdeutschen Verlag, in dem die Schriftenreihe erscheint, auf eine berechenbare Grundlage stellte, die sich bis heute als zuverlässig erwiesen hat. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Für alle Bundestagswahlen seit 1980 erschienen so Sammelbände, zunächst mit wechselnden Obertiteln ( 1983 und 1986) und inzwischen als "Wahlen und Wähler", sämtlich aber mit dem Untertitel