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Platons Menon PDF

136 Pages·1988·9.154 MB·German
by  Plato
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Reinhold Merkelbach (Hrsg.) Piatons Menon Piatons Menon Herausgegeben, übersetzt und nach dem Inhalt erklärt von Reinhold Merkelbach athenaum CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Plato: [Menon] Piatons Menon / hrsg., übers, u. nach d. Inh. erkl. von Reinhold Merkelbach. — Frankfurt/M.: Athenäum, 1988 Einheitssacht.: Meno ISBN 3-610-09217-3 NE: Merkelbach, Reinhold [Hrsg.] © 1988 Athenäum Verlag GmbH, Frankfurt/M. Alle Rechte vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Umschlaggestaltung: Lochmann's Studio, Frankfurt Satz: Hagedornsatz Gmbh & Co, Berlin Druck und Bindung: Bercker GmbH, Graphischer Betrieb GmbH, Kevelaer Printed in West-Germany ISBN 3-610-09217-3 Einleitung Fast alle frühen Dialoge Piatons enden ohne Ergebnis, ja in schein- bar völliger Verwirrung der Teilnehmer, auch des Gesprächsführers Sokrates selbst. Einige moderne Gelehrte vertreten die Auffassung, daß Piaton — als er diese Dialoge schrieb — es noch nicht zu voller Klarheit über sein System gebracht habe. In Wahrheit ist das philoso- phische Ergebnis in allen diesen Dialogen eindeutig.1 Piaton hat überall Wegweiser aufgestellt, welche dem Nachdenkenden den richtigen Weg zeigen, und an anderen Stellen Verbotsschilder auf- gebaut, um vor falschen Wegen zu warnen. Freilich wird man diese Hinweise erst dann in ihrer vollen Bedeutung verstehen, wenn man diese Dialoge sehr genau liest. Daß im Menon eine eindeutige, klare Lehre und auch ein philosophisches Resultat vorliegen, sollen die Anmerkungen zeigen, die der Übersetzung beigegeben sind. Wie soll man sich das sonderbare Phänomen erklären, daß ein Schriftsteller zwar eine klare philosophische Lehre mitzuteilen hat, sie aber in einen Dialog kleidet, der in Verwirrung zu enden scheint? Die Antwort ist: Diese Dialoge sind nicht iür ein allgemeines, grö- ßeres Leserpublikum niedergeschrieben, sondern zum speziellen Gebrauch in Piatons Lehranstalt, der Akademie. Die Schüler — die jungen Philosophen — sollten anhand dieser Lehrstücke lernen, wie man denkt und gemeinsam diskutiert, aber auch, wie man nicht dis- kutieren soll, wenn es einem auf Erkenntnis ankommt und nicht auf das Rechthaben. Diese Dialoge sind — das ist die These des vorlie- genden Buches — in der Akademie vorgelesen und besprochen wor- den; alle Wendungen der Diskussion wurden mündlich kommen- tiert. 1 Vgl. W. Schulz, Das Problem der Aporie in den Tugenddialogen Piatons, in: Die Gegenwart im neueren Denken (Festschrift H.G.Ga- damer), herausgeg. von D. Henrich, W. Schulz, K.-H. Volkmann- Schluck (Tübingen 1960) 261-275; H.Erbse, Über Piatons Methode in den sogenannten Jugenddialogen, Hermes 96, 1968, 21—40; M. Erler, Der Sinn der Aporien in den Dialogen Piatons (Berlin 1987). 5 Ein Muster für solches Kommentieren steht eben im Menon, in der geometrischen Episode, in welcher Sokrates mit einem jungen Sklaven bespricht, wie man ein Quadrat verdoppeln kann. Die Unter- haltung mit dem Jungen wird zweimal unterbrochen, und Sokrates diskutiert in einem Einschub mit Menon die vorangegangene Unter- haltung. Diese Dialoge wurden also in der Akademie vorgelesen, die Lesung aber immer wieder unterbrochen, um darüber zu diskutie- ren, wie man das soeben gehörte Stück beurteilen sollte. Die Schüler mußten überlegen, auf welche Beweisziele Sokrates hinauswollte; — wie er sein dialektisches Netz ausspannte, in dem der Diskussions- partner sich unversehens gefangen sah; — an welcher Stelle der Part- ner erkannte, wie sich das Netz zu schließen drohte, und wie er versuchte, mit Hilfe von Ausflüchten zu entkommen; — und auch, wo Sokrates seine wahre Meinung sagte und wo er im Gegenteil „ironisch" sprach und eine These vertrat, die unmöglich seine wahre Meinung sein konnte und die er nur vorbrachte um festzustellen, wes Geistes Kind die Person war, mit der er redete. Solche Thesen, die gar nicht die Meinung des Sokrates wiedergaben, waren als Fra- gen formuliert; wenn der Gesprächspartner ihnen zustimmte, so war Sokrates nicht dafür verantwortlich. Es kommen auch Stellen vor, wo man erwartet, der Andere werde auf die Frage des Sokrates mit „Ja" antworten, wo dieser aber über- raschenderweise mit „Nein" antwortet. In diesem Fall mußte nach- gedacht werden, warum das Gespräch diese Wendung genommen hatte. In der Regel hatte der Gesprächspartner erkannt, daß er sich in logische Widersprüche verwickeln würde, wenn er die erwartete, bejahende Antwort geben würde. Dann mußten Piatons Schüler den Beweisgang rekonstruieren, welchen Sokrates im Fall der Antwort mit „Ja" angetreten hätte. Kurz, diese Lehrstücke sind im Unterricht in der Akademie ungefähr so kommentiert worden wie man heute ein Schachspiel kommentiert und dabei auch diejenigen Varianten durchrechnet, welche die Spieler nicht gewählt haben: „Hier hätte Weiß doch die schwarze Dame schlagen können; warum hat er das nicht getan? — Weil Schwarz ihn dann mit dem Turm auf dem Feld E 1 mattgesetzt hätte". Diese Texte sind also Übungsbücher für den Gebrauch im Unter- richt; sie sind nicht als Literatur für ein breites Publikum gedacht, — sind dies aber (vermöge ihrer Qualität) fast augenblicklich geworden. Piaton selbst hat nichts an der Wirkung ins Breite gelegen; er verach- tete die Menge und hat nicht für sie geschrieben. Er war überdies 6 der Ansicht, daß man das Entscheidende überhaupt nicht schriftlich fixieren könne. Er kam aus einer Welt, in der Bücher noch keine bedeutende Rolle spielten: Die neuen Gedanken wurden mündlich in den Gymnasien — dem Treffplatz nicht nur der Sportsleute, son- dern aller Gebildeten — diskutiert. Piaton schrieb für seine Freunde und Schüler, für einen Kreis, in dem man sich ohne weiteres über einige Grundlehren der Philosophie einig war. Die frühen Dialoge hatten den Zweck, Denkübungen bereitzustellen, anhand derer diese Grundlehren erneut durchdacht und so befestigt werden konnten, daß sie zu sicherem Wissen wurden. Zu diesen Grund- lehren, über welche sich die Mitglieder der Akademie einig waren, gehören: 1. Alle Tugend und Tüchtigkeit (apetf|) beruht auf Einsicht; darum fallen alle scheinbar einzelnen Tugenden in der Einsicht zusam- men. 2. Der Mensch begeht falsche und unmoralische Handlungen nur aus Mangel an Einsicht; niemand fehlt absichtlich (oüöeu; EXOJV Coaprovel). 3. So wie man bei mathematischen Aufgaben nach der einen Lösung suchen muß, die die richtige ist, so auch in der Philosophie: Nicht auf die vielen Lösungsmöglichkeiten kommt es an, da sie sich fast alle als falsch herausstellen, sondern auf die eine richtige. Und welche Lösung die richtige ist, läßt sich nicht durch Volksabstimmung ermit- teln, sondern nur durch Diskussion mit einem kompetenten Ge- sprächspartner.2 2 Diese Richtung von Piatons Gedanken hat zu der Ideenlehre geführt, die an mehreren Stellen des Menon deutlich durchschimmert, ja wohl vorausgesetzt wird. Sie ist aber zum Verständnis des Dialogs nicht erforderlich und soll daher hier nicht diskutiert werden. Es sei aber daraufhingewiesen, daß jenes Eine, welches gesucht wird, immer das- selbe (TÖ ÜCUTÖV = TCCUTÖV) ist, im Gegensatz zum Anderen (erepov), welches auf Vieles hinausläuft. Dies ist eine Konzeption, welche Piaton später in seinem naturphilosophischen Dialog Timaios ent- wickeln wird. 7 Es wird also im Menon vorausgesetzt, daß die Leser—alle Mitglieder von Piatons Akademie, in seine Philosophie eingeführt — über diese Punkte einig sind. Für die in dem Dialog auftretenden Personen trifft dies nicht zu; ihnen sind die einfachen Grundlagen der platonischen Philosophie unbekannt, und darum geraten sie im Gespräch mit Sokrates immer in die größten Schwierigkeiten. Über diese einfachen Grundsätze hinaus wird im Menon eine Theorie über die Möglichkeit der Erkenntnis und Einsicht vorgetra- gen, welche die Unsterblichkeit der Seele voraussetzt, also auf eine Lehre hinausläuft, die gleichzeitig metaphysisch und religiös ist; Piaton hat sie denn auch mehrfach mit der Einweihung in die Myste- rien verglichen. Es scheint, daß er diese Lehre hier zum ersten Mal für seine Schüler formuliert hat. Piaton ging von der Tatsache aus, daß jeder im täglichen Leben Menschen begegnet, die zwar keine philosophische Einsicht haben, aber dennoch meistens das Rechte tun. Solche Leute hatten also Rechtes Meinen (öpüfj 66£cc), und zwar „von Natur" aus. Piaton setzte voraus, daß die Lehre von der Seelenwanderung zutreffe und daß die Seele in ihren früheren Einkörperungen unendlich viel erlebt habe, so daß sie auch potentiell unendlich viel wisse. Das meiste von die- sem Wissen habe sie bei der neuen Einkörperung (bei der Geburt) vergessen; aber eine Menge von Rechten Meinungen bringe ein von der Natur begünstigter Mensch schon aus den früheren Existenzen in die jetzige mit, und so erkläre sich das Phänomen, daß Leute recht handeln, ohne wirkliche Einsicht zu haben. Freilich könne man sich im einzelnen praktischen Fall auch bei Menschen, die von der Geburt her mit richtigen Ansichten ausgestattet sind, niemals darauf verlassen, daß sie gerade hier und jetzt die Rechte Meinung haben; genausogut ist es möglich, daß sie hier und jetzt von einer falschen Meinung beherrscht sind.3 Es kommt also darauf an, die Rechten Meinungen von den falschen zu unterscheiden und zu wirklicher Einsicht zu gelangen. Dies kann 3 Man beachte, daß Rechtes Meinen (öpöfj boia) bei Piaton weit unter- halb der Einsicht rangiert. Als die christliche Lehre mit philosophi- schen Begriffen durchsetzt und zur Theologie ausgebaut wurde, trat eine Umkehrung ein: Die Rechte Meinung (Orthodoxie) wurde in den höchsten Rang erhoben. 8 geschehen durch Nachdenken über die Gründe, warum die eine Meinung richtig ist und die andere falsch, — also durch Philosophie. Durch das Nachdenken, durch das „Nachrechnen der Gründe" (amag ^oyio^og) wird Rechtes Meinen auf die Ebene der Einsicht, des sicheren Wissens, erhoben. Um diesen Prozeß des Erhebens der Rechten Meinung auf die höhere Ebene der Einsicht deutlich zu machen, vergleicht Piaton die Einfuhrung in die Philosophie mit der Einweihung in die eleusini- schen Mysterien. Für Menschen, welche in Eleusis eingeweiht waren, gab es drei Stufen der Existenz: 1) Vor der Geburt ist die Seele durch unendlich viele Leiber ge- wandert. 2) In der Geburt tritt sie in eine neue Form der Existenz hinüber, indem sie in ihren jetzigen Körper eingeht. 3) Bei der Einweihung in Eleusis wird der Mensch auf die höhere Stufe des Mysten erhoben, dem man die eleusinischen Symbole der Hoffnung auf ein jenseitiges Leben gezeigt hat. Dem entsprechen in der Philosophie drei Stufen: 1) Vor der Geburt hat die Seele unendlich viel Wissen gehabt. 2) Bei der Geburt hat sie das meiste vergessen; aber sie kann doch die Erinnerung an manches behalten haben, und dies sind die Rechten Meinungen, welche die Leute „von Natur aus" haben. 3) Bei der Einführung in die Philosophie werden die Rechten Mei- nungen durch Nachdenken über die Gründe von den falschen geschieden und in die höhere Form der Einsicht (des Wissens) erhoben. 9 Diese Parallelität von Mysterium und Philosophie sei durch folgen- des Schema verdeutlicht: Wissen (durch Lernen) II. Etage emorfi(iai (|iaüf|aei) CO i « <» Initiation/Philosophie a 3- [Ji3l TeG 3 T r—3I U ^ 2 o ë S" ö o •3O cS O M Rechtes Meinen (von Natur) I. Etage öpöai 6o^ai (tpuaei) <D c Geburt ET c i 'C w- Ë. J3 o Keller Seelenwanderung In meiner Übersetzung habe ich versucht, den Sinn der Worte Piatons möglichst genau wiederzugeben. Die Eleganz der Worte zu treffen, fühle ich mich außerstande. Die szenischen Bemerkungen, welche ich in die Übersetzung ein- geschoben habe, und die geometrischen Figuren stehen nicht im griechischen Text und sind zur Verdeutlichung hinzugesetzt. Ich bitte, sie als Teil des Kommentars anzusehen. 10

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