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Das Versprechen PDF

363 Pages·2014·1.5 MB·German
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Dani Aquitaine Themiskyra BAND II DAS VERSPRECHEN Text Copyright © 2013 Dani Aquitaine Alle Rechte vorbehalten. Umschlaggestaltung: Dani Aquitaine Umschlagschriften: Selfish von Eduardo Recife, www.misprintedtype.com Liberation Serif unter der SIL Open Font License Für die besten Schwestern der Welt. K 1 APITEL Wir fuhren auseinander. Mein Herz, noch in Aufruhr von Louis' Offenbarungen und unserem Kuss, raste. Der Mondschein umfloss die Gestalt, die scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht war, mit silbernem Licht, sodass nur ihre Silhouette sichtbar war. Ich erkannte sie trotzdem auf Anhieb und mein Puls verlangsamte sich ein klein wenig. „Polly“, stellte ich fest. Sie stand vor uns, die Fäuste in äußerster Empörung in die Hüften gestemmt und offenbar sprachlos, was selten genug vorkam. Ich versuchte, auf die Beine zu kommen. Meine Knie fühlten sich so schwammig an, dass ich mich von Louis hochziehen ließ, um nicht doch noch in den Fluss hinter mir zu stürzen. Sicherheitshalber behielt ich seine Hand aber in der meinen. Nicht, dass ich vor Polly Angst hatte, auch wenn sie im Augenblick tatsächlich ein bisschen furchterregend wirkte, obwohl sie einen halben Kopf kleiner als ich war. Auch nicht, weil ich befürchtete, dass Louis einfach vor meiner furiengleichen Schwester weglaufen würde – im Gegenteil, er wirkte recht gelassen, ich spürte, dass er mich ansah, meine Reaktion beobachtete und Polly mehr oder weniger ignorierte. Ich klammerte mich einfach aus dem Grund an ihn, weil ich die Verbindung zu ihm nicht wieder verlieren wollte – und das angenehme Summen, das mich immer noch von Kopf bis Fuß durchströmte. Außerdem war die Situation eben wohl kaum zu missdeuten gewesen; warum sollte ich jetzt Theater spielen. Louis drückte meine Hand und ich drückte zurück. „Louis, das ist meine Schwester. Polly, das ist Louis.“ Die beiden kannten sich zwar, aber sie waren einander nie wirklich vorgestellt worden. Und ein wenig Höflichkeit konnte nicht schaden, fand ich. Fehlanzeige. Der Moment der entsetzten Stille war vorbei. Polly brach los. „Bist du von allen guten Geistern verlassen!?! Was machst du hier! Mit dem da! Bei Artemis, du musst des Wahnsinns sein!“ Sie schrie fast. „Was, wenn eine der anderen dich hier gefunden hätte! Areto! Oder Atalante!!! Du kommst jetzt sofort mit nach Hause.“ Sie packte mich am Unterarm und riss mich mit soviel Schwung zu sich, dass es ihr tatsächlich gelang, Louis und mich zu trennen. Mit erstaunlich viel Kraft brachte sie einen Sicherheitsabstand von gut zwei Metern zwischen uns und schirmte mich von ihm ab. Nicht, dass sie ihn hätte aufhalten können; ich sah, dass sie bis auf ihren Dolch – das Pendant zu meinem – unbewaffnet war. Aber ihm muss klar gewesen sein, dass es der Situation wenig zuträglich gewesen wäre, sich mit der Schwester der Liebsten anzulegen. „Und du!“ Sie streckte den Zeigefinger nach ihm aus und ihr Blick sprühte wütende Funken. „Halt dich von ihr fern. Wenn du dich ihr noch einmal näherst, mach ich dich kalt.“ „Quatsch“, sagte ich trocken. Normalerweise wäre ich vermutlich sauer gewesen, weil Polly so eine Szene machte, aber ich schwebte immer noch wie auf Wolken und weder meine hysterische Schwester noch sonst irgendjemand konnte mich von dort herunterfegen. Und auch Louis sah so aus, als würde er ihre Drohung im Augenblick nicht wirklich ernst nehmen können, aber er enthielt sich jeglichen Kommentars, wie er es von klein auf in Themiskyra gelernt hatte, und hob nur eine spöttische Augenbraue. Pollys Kopf fuhr zu mir herum. „Und du hast gerade gar nichts zu melden, du hast heute hinreichenden Beweis geliefert, dass du nicht in der geistigen Verfassung bist, irgendetwas zu entscheiden“, schnappte sie. Ich rollte mit den Augen. „Hast du mich verstanden?!“, herrschte sie Louis an, aber der tat das, was er am besten konnte – zumindest hatte ich das geglaubt, bis ich vor ein paar Minuten eines Besseren belehrt worden war – er sah sie an, ohne die Miene zu verziehen und schwieg. Ich kicherte, weil ich merkte, dass Polly das zur Weißglut trieb, und sie gab mir einen wenig freundlichen Knuff. „Los jetzt! Wir gehen“, schnaubte sie und wandte sich um, meinen Arm immer noch so fest umklammert, dass ich mit Sicherheit einige blaue Flecken davontragen würde. Ich musste ihr wohl oder übel folgen, aber ich drehte den Kopf nach Louis um und versuchte, ihm noch einmal in die Augen zu sehen. Sein Blick traf mich mitten ins Herz und sein Lächeln, halb wehmütig, halb amüsiert, ließ die tanzwütigen Schmetterlinge in meinem Bauch herumwirbeln. Ein kurzer Erinnerungsblitz durchfuhr mich. Der Abend, an dem ich mich nach dem Genuss von zu viel Graskuchen an Louis gekuschelt hatte und Polly mich aus den Arbeiterquartieren abholen musste. Da hatte sie mich auch weggeschleift und Louis' und meine innere Verbindung nachhaltig unterbrochen. So etwas durfte nicht mehr passieren. Ich stemmte meine Füße in den Boden und riss mich mit aller Kraft von meiner Schwester los. „Ell!“, schrie sie empört, aber sie erwischte mich nicht mehr, ich war schon auf halbem Wege zu Louis, der sich im selben Moment wie ich in Bewegung gesetzt hatte und auf mich zugelaufen kam. Ich warf mich ihm an die Brust und er drückte mich fest an sich. Polly schimpfte, aber ich blendete ihr Gezeter aus. Ich spürte seinen Herzschlag und die Angst verschwand. Alles war gut. Und würde auch morgen noch gut sein. „Ich fürchte, ich muss jetzt gehen“, packte ich das Offensichtliche in Worte. „Das fürchte ich auch“, erwiderte Louis nach einem kurzen Seitenblick auf meine wutsprühende Schwester. „Nur kurz.“ „Zu lang.“ „Bis morgen.“ „Bis morgen.“ Ein letzter, schneller Kuss und ich löste mich von ihm, damit sich meine kleine hitzige Schwester zu keinem erneuten Anfall gezwungen sah. Ich folgte ihr, diesmal freiwillig, sah mich nur noch einmal kurz nach Louis um, der sich wieder an den Fluss gesetzt hatte und in den Himmel starrte, bevor Blattwerk mir den Blick auf ihn versperrte. Nach ein paar Metern Dickicht kamen wir bei Selanna, Pollys Aspahi an. Wortlos schwang meine Schwester sich auf ihren Rücken und wartete, bis auch ich aufgestiegen war. Daran, wie sehr sie das Pferd antrieb, wie schnell wir durch den Wald und über die Felder galoppierten, merkte ich, wie geladen sie immer noch war. Zweige peitschten uns entgegen und ich musste mich mehr als einmal schnell ducken, um nicht von Ästen k.o. geschlagen zu werden. Noch vor einem Jahr wäre ich tausend Tode gestorben, aber jetzt konnte sie mich mit einem solchen Höllenritt nicht mehr einschüchtern. Im Gegenteil, ich genoss, wie mir der Wind um die Nase pfiff, und gepaart mit meiner Aufregung und der leuchtenden Glückseligkeit in mir ergab das einen emotionalen Cocktail, der mich fast laut singen ließ, hätte mich nicht ein kleines bisschen schlechtes Gewissen Polly gegenüber zurückgehalten. In wenigen Minuten waren wir in Themiskyra angelangt. Da es schon weit nach Mitternacht sein musste, war abgesehen von den Wächterinnen niemand mehr auf. Polly schwieg immer noch, als sie Selanna versorgte, und ich ging ihr, ebenfalls still in Gedanken versunken, zur Hand. Dann stampfte sie voran in die Kardia und hinauf in unser Zimmer. Verlockende Gedanken wie „Noch kurz einen Abstecher in die Arbeiterquartiere und auf Louis warten und vielleicht noch den einen oder anderen Kuss abstauben“ ignorierte ich, sondern ging ihr brav nach. Ich stampfte dabei allerdings nicht, ich schwebte. In unserem Zimmer angekommen, schlug sie die Tür so laut zu, dass ich den Knall im Atrium und den Gängen nachhallen hörte. „Pssst“, sagte ich, mehr aus Gewohnheit. Polly sah mich so finster an, dass ich zurückschrak. „Sorry“, murmelte ich, meinte damit aber nicht mein Verhalten an diesem Abend. Das ganz sicher nicht. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und streckte zufrieden alle viere von mir, wohingegen meine Schwester immer noch mit verschränkten Armen im Raum stand. „Wie lang geht das schon?“, fragte sie schließlich eisig, aber ich merkte, dass es unter der Oberfläche brodelte. „Seit gerade eben!“ Ich strahlte sie an. „Gut, dann ist es noch nicht zu spät.“ Sie schien Hoffnung zu schöpfen und begann, im Zimmer auf und ab zu tigern, während sie laut überlegte. „Du wirst dich von ihm fernhalten. Keine Ausflüge mehr in die Arbeiterquartiere. In den Stall oder übers Gelände gehst du in Zukunft nur mit mir gemeinsam. Und er muss Themiskyra verlassen – notfalls lassen wir ihn einfach verbannen, wenn er nicht freiwillig geht. Dann seht ihr euch nicht mehr und du kommst wieder zur Vernunft und die Sache ist erledigt.“ Ich beobachtete sie interessiert vom Bett aus und stellte fest, dass im Moment sie es war, an deren Verstand gezweifelt werden musste, ihrem Gesichtsausdruck und den wirren Worten nach zu urteilen, die sie von sich gab. Unpassenderweise bemächtigte sich ein breites Grinsen meines Gesichts – bei soviel Glück und Schmetterlingen im Bauch konnte ich nicht anders. „Du nimmst mich überhaupt nicht ernst!“, rief Polly sauer und stampfte tatsächlich mit dem Fuß auf. „Im Augenblick nicht, nein“, gab ich zu und versuchte, mich zusammenzureißen. „Entschuldige.“ „Die Sache ist aber ernst. Todernst.“ Sie sah mich mit tellergroßen Augen an. „Weißt du nicht, was du riskierst? Und um welchen Preis!“ Missbilligend schüttelte sie den Kopf, als könne sie nicht glauben, dass ich für ein so niederes Subjekt wie Louis auch nur einen Schnupfen riskieren würde. „Sie werden dich aus Themiskyra verbannen! Für immer!“ „Ach Polly, gräm dich doch nicht so“, rief ich. „Es wird schon alles werden.“ Ich war müde und glücklich und wollte jetzt keine Probleme wälzen. Stattdessen wälzte ich mich aus dem Bett und begann, meine Duschutensilien zusammenzusuchen. Meine Schwester sagte nichts mehr und dankbar dafür, dass sie nicht mehr mit albernen Einwänden und Plänen an meinem Hochgefühl zerrte, ließ ich meine Gedanken wieder zu Louis und den unglaublichen Ereignissen des vergangenen Abends schweifen … Er ist in mich verliebt. Völlig undenkbar. Der tollste Mann der Welt. In mich. Schon seit meinem ersten Tag in Themiskyra – und in all der Zeit hat er nichts gesagt, weil er die Lage für aussichtslos gehalten hat. Und wenn mir nicht vor ein paar Stunden in geistiger Umnachtung rausgerutscht wäre, dass ich es nicht ertragen würde, ihn zu verlieren, würde ich immer noch nicht wissen, was eigentlich abgeht. Bei ihm, aber auch bei mir. Erst, nachdem ich den Untiefen meines Schranks ein frisches Handtuch entrissen hatte, sah ich mich wieder zu Polly um und erschrak. Sie saß auf dem Boden vor ihrem Bett, die Knie mit den Armen umklammert. Dicke Tränen kullerten ihr übers Gesicht, das eine Maske von Verzweiflung zeigte. Ich kannte sie übersprudelnd fröhlich, pläneschmiedend grimmig und natürlich wütend, aber niemals, niemals hatte ich einen so hoffnungslosen Gesichtsausdruck bei ihr gesehen. Das passte nicht. Das war gar nicht möglich. Und doch war offensichtlich ich schuld daran, dass sie ihn für sich entdeckt hatte. Eilig lief ich zu ihr, ließ mich neben ihr auf die Knie fallen und umarmte sie. Sie klammerte sich mit aller Kraft an mich. Ich spürte ihre Tränen an meinem Hals herabrinnen und wie ihr Körper von lautlosem Schluchzen bebte, aber ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte, deswegen strich ich ihr nur hilflos über die Haare und versuchte, sie zu beruhigen. „Polly! Sei doch nicht traurig! Was ist denn los?“, fragte ich ein ums andere Mal. Nach und nach brachte sie zwischen herzzerreißenden Schluchzern bruchstückhaft Sätze hervor. „Ich hab's gleich gewusst … ich hätte es nie für dich rausfinden sollen, das mit seiner Mutter … ich hätte dich gleich davon abhalten sollen, ich hätte … Jetzt geht alles kaputt und du stürzt in dein Verderben und ich kann nichts dagegen machen …“, jammerte sie zusammenhanglos. „Du kommst aus einer anderen Welt, ich hätte dir alles viel besser erklären müssen, aber ich hab's anscheinend total vergeigt …“ Ich löste mich vorsichtig aus unserer Umarmung und hielt Polly auf Armlänge von mir weg, um ihr in die Augen sehen zu können. „Du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Und ich auch nicht. Wir sind doch nur wir.“ Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass Tränen durch die Luft wirbelten. „Nein, wir sind in diesem Fall nicht einfach wir. Es gibt Regeln, die befolgt werden müssen, sonst bricht alles zusammen. Das verstehst du nicht, wie auch, du bist erst zu kurz hier …“ Sie rieb sich die Augen, kämpfte wieder mit den Tränen. „Ich bin schon lange genug hier, um die Regeln zu kennen. Es gibt nur Regeln und … Regeln. Und manche kann man ganz einfach befolgen und andere scheinen gar nicht so wichtig.“ „Das ist ja auch so. Aber diese eine – die musst du befolgen!“ Sie sah mich so flehend an, dass es mir die Brust zusammenschnürte, aber ich konnte nicht nachgeben, nur weil ich Mitleid mit ihr hatte. „Ich kann nicht“, sagte ich fest. „Aber warum? Warum nur?“ Sie begann wieder zu weinen. „Du brauchst ihn doch nicht! Bist du nicht glücklich hier? Fehlt dir irgendetwas?“ „Natürlich bin ich glücklich hier.“ Ich legte meinen Arm um sie und drückte sie wieder an mich. „Aber das mit Louis habe ich mir doch nicht herausgesucht! Es ist einfach so passiert. Und du kannst ganz sicher nichts dafür.“ „Wie? Wie kann das denn einfach so passieren?“ Mit einer verzweifelten Geste warf sie die Hände in die Luft. „Ich weiß auch nicht. Das ist Chemie oder Schicksal oder so was. Man hat es nicht in der Hand.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Das klingt schrecklich“, stieß sie aus. „Wahrscheinlich hat es schon an meinem ersten Tag hier angefangen. Weißt du noch? Am Morgen, als wir nach dem Frühstück in der Küche in die Kardia zurückgegangen sind …“ „Ja? Was war da?“ Sie sah keinen Zusammenhang. „Da haben wir uns das erste Mal gesehen. Und dann sind wir uns immer wieder über den Weg gelaufen und haben zusammen geerntet.“ „Und er war bei der verrückten Kala!“, fiel ihr ein. „Als du dich mit diesem Kuchen abgeschossen hast.“ Ich unterdrückte ein Grinsen, als ich daran dachte. „Lief da auch schon was?“ „Nein“, sagte ich entschieden. Und dann: „Naja …“ Polly schnaubte auf und verdrehte die Augen. „Das kam schleichend“, versuchte ich ihr zu erklären. „Und heute Abend, nachdem klar war, dass es Dante endlich besser ging, habe ich aus Versehen mehr oder weniger meine Gefühle offenbart, ihn mit einem von Tianyus Specials zu Boden geworfen und dann hat er mir seine Liebe gestanden.“ Als ich daran dachte, breitete sich leuchtende Wärme in meinem Inneren aus. „Du bist unmöglich“, befand meine Schwester finster und ich sah mich gezwungen, ihr im Detail zu erzählen, was passiert war, damit sie keine falschen Schlüsse zog. „Er war es übrigens auch, der mir im alten Wasserkraftwerk das Leben gerettet

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