Gerhard Graf Das Phänomen Lean- Management Eine kritische Analyse Graf Das Phänomen Lean Management GABLER EDITION WISSENSCHAFT Gerhard Graf Das Phänomen Lean Management Eine kritische Analyse Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Stephan Laske Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Graf, Gemard: Dos Phänomen Lean Management: eine kritische Analyse / Gerhard Graf. Mit einem Geleitw. von Stephan laske. -Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl. ; Wiesbaden: Gabler, 1996 (Gabler Edition Wissenschaft) Zugl.: Innsbruck, Univ., Diss., 1995 © Springer Fachmedien Wiesbaden 1996 Ursprünglich erschienen bei Deutscher Universitäts-Verlag 1996 lektorat: Cloudia SpliHgerber / Annegret Heckmann Dos Werk einschließlich oller seiner Teile ist urheberrech~ich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsge setzes ist ohne Zustimmung des Verlages u,rlzulässig und strafbar. Dos gilt insbesondere für Vervielföltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfil mungen und die Einspeicherung uno Verorbeitung in elektronischen Systemen. Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Auslieferung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und doher von jedermann benutzt werden dürften. ISBN 978-3-8244-6351-0 ISBN 978-3-663-08339-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-08339-9 FürMaritta Geleitwort Geleitwort Selten hat in den vergangenen Jahrzehnten ein Schlagwort die Sprachspiele innerhalb und außerhalb der Betriebswirtschaftslehre so nachhaltig geprägt, wie dies das "Lean Management" Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre getan hat. Offenbar haben die Erfinder dieses Ansatzes damit eine gesellschaftliche Grundstimmung getroffen, die weit über das ursprünglich formu lierte Problem der Sicherung internationaler Wettbewerbsfahigkeit hinausreichte. "Lean" wurde sehr rasch zu einer Art Leit-Metapher für Modernität, Kompetenz, Effizienz, Cost-Cutting und nicht zuletzt die Rationalisierung von Produktionsprozessen. Wer die vielen, vorwiegend euphorischen Stellungnahmen zu "Lean Management" aufmerksam verfolgte, mußte den Eindruck gewinnen, als sei damit nun endlich der "Stein der Management Weisen" gefunden bzw. habe man, wenn schon nicht die genaue Antwort, dann wenigstens das Handlungsprinzip erkannt, das vorwiegend den Unternehmen in den südostasiatischen Drachenländern wichtige internationale Wettbewerbsvorteile verschafft hatte. Derartige Glaubenssätze aus der Alchimistenküche moderner Managementrnethoden waren -im Prinzip - nichts eigentlich Neues. Neu war im Grunde auch nicht, daß sich die Verantwortlichen in Or ganisationen unterschiedlichster Provenienz mit Bravour auf das entsprechende Pferd schwan gen und sich damit jenen modischen ökonomischen Flair zu verschaffen suchten, der ihrem Handeln den erforderlichen Rationalitäts-und Legitimationsschimmer verleihen konnte. Relativ neu war aber, daß sich in den Zug der Lean-Management-Lemrninge zunächst sogar die Ge werkschaften einzuordnen schienen und sich auch von Seiten der Wissenschaft über längere Zeiträume kaum eine kritische Stimme vernehmen ließ. Um dem ökonomischen Schönheitsideal vom "schlanken Unternehmen" zu entsprechen, un terwarfen sich in der Folge zahlreiche Organisationen den empfohlenen Fastenkuren -koste es was es wolle, so paradox dies auch klingen mag. Mögen kurz zuvor die Mitarbeiter als wert vollstes Kapital beschworen worden sein, fallen sie jetzt einer personalwirtschaftlichen Anorexie zum Opfer; wurde kürzlich noch die Kooperation mit den wichtigsten Lieferanten gepflegt, wechselte die öffentliche Bewunderung sehr rasch zu jenen "tough guys", deren kühle Professionalität eine weitere Senkung der Beschaffungskosten um 2 % durchdrückte; war gesellschaftliche Verantwortung zumindest Gegenstand verbaler öffentlicher Imagepflege, brachten "just-in-time"-Liefersysteme genug einzelwirtschaftliche Vorteile, um der Gesellschaft die resultierenden negativen ökologischen Effekte ohne größere Gewissensbisse überantworten zu können. Hat sich "Lean Management" etwa auch der Glaubwürdigkeit von Organisationen bemächtigt? Neuere Berichte über massive Vertrauensverluste in prominenten "Lean-Firmen" legen diese Vermutung nahe. VII Geleitwort Die breite Zustimmung hätte eigentlich skeptisch stimmen, hätte vor allem den Fachwissen schaftlern Anlaß geben sollen, kritisch nachzufragen, den Entstehungszusammenhang, die Hintergrundmotive und die Ziele des Konzepts zu analysieren, seine instrumentellen Bestand teile aufzuzeigen und die behaupteten Wirtkungszusammenhänge auf die zugrundeliegenden Prämissen zu überprüfen, den langfristigen und indirekten Wirkungen von "Lean Management" nachzuspüren und schließlich ein zusammenfassendes Fazit zur Einschätzung des Ansatzes zu ziehen. Dies hätte dazu beitragen können, Rhetorik und Realität des "Lean Management" schärfer auseinanderzuhalten. Eben diese Aufgabe nimmt Herr Graf mit dem hier vorgelegten Buch in Angriff. Wenn er dies zu einem Zeitpunkt tut, zu dem die Diskussion um "schlanke Organisationen" ihren Höhepunkt wohl schon überschritten hat, könnte man fragen, ob dies nicht zu spät kommt bzw. ob es sich überhaupt lohnt, sich mit derartig flüchtigen Er scheinungen aus der "Boutique für Managementmoden" wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Ich halte die vorliegende Arbeit dennoch für wichtig und produktiv: Sie steht gewissermaßen exemplarisch dafür, wie man vergleichbare Moden auf ihre Substanz, auf ihre nicht nur öko nomischen Folgen, auf ihre Tiefenwirkung und ihren ideologischen Hintergrund untersuchen kann -nicht mit dem Vorschlaghammer sondern mit dem Sezierbesteck. o.Univ.Prof. Dr. Stephan Laske VIII Vorwort Vorwort In der heute sehr schneUebigen Managementwelt ist es ein spannendes Unterfangen, sich im Rahmen einer Dissertation über einen längeren Zeitraum hinweg mit einem "Modethema" in tensiv zu beschäftigen. Spannend dergestalt, als während der Arbeit immer wieder Fragen der Aktualität, ja der Sinnhaftigkeit auftauchten. In den vergangenen drei Jahren intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik "Lean Management" schwankte auch mein Gefühlsspektrum immer wieder zwischen einer tiefen Überzeugung von der Notwendigkeit, sich dem ModeU zu widmen, bis hin zu Phasen des Zweifels getragen von der Unsicherheit: "Ist es dieses Thema überhaupt wert, so detailliert analysiert zu werden, oder soUte das "schlanke" Führungsverständnis nicht vielmehr als ein weiterer kurzlebiger Stern in der Reihe zahlreicher Managementtrends abgetan werden?" Eine Unsicherheit, die sich bis heute hartnäckig hält und mich zu folgenden Überlegungen führt: Betrachten wir heute - 6 Jahre nach der erstmaligen Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse von Womack et al. -die Entwicklung der "Lean-Diskussion" in ein schlägigen Fachkreisen, so entpuppt sich vordergründig das Phänomen "Lean-Production" durchaus als Modeerscheinung. Und damit wäre meine "Zeitgeisthypothese" bestätigt. Wohlgemerkt vordergründig, denn "Lean-Management" mag sich heute im wesentlichen als diskussions würdige Thematik aus der einschlägigen, theoriegetragenen Fachdisziplin verab schiedet haben, findet und fand jedoch in zahlreichen Realisierungen (bzw. Realisierungsversuchen) praktische Anwendung. Die damit verbundenen Folgewirkungen sind heute mit Sicherheit noch in den Unternehmen lebendig und spürbar. Somit sehe ich in zweifacher Weise die Sinnhaftigkeit der vorliegenden Arbeit: Zunächst bietet sie sowohl für die Welt der Praktiker als auch für jene der Theoretiker gleichermaßen Ansätze, den Aufbau einer Führungskonzeption in seiner Tiefenwirkung quasi "hinter der Bühne" zu betrachten. Und das mit einer gewissen zeitlichen Distanz, in welcher "schlanke" Maßnahmen in den Unternehmen bereits gegriffen haben bzw. haben soUten. Weiters besitzt die in dieser Arbeit gewählte Perspektive nicht nur jetzt und spezieU für die Thematik "Lean" ihre Gültigkeit, sondern bietet einen grundSätzlichen Zugang zur kritischen Betrachtung von Führungsmodellen (nicht nur von möglichen Modewellen) im Management allgemein. Es bleibt mir nun noch die angenehme Pflicht, denjenigen zu danken, die zum Inhalt und Stil dieser Arbeit wesentlich beigetragen haben. Als erstem möchte ich Herrn Prof. Dr. Laske recht herzlich danken für seine Beharrlichkeit und Konsequenz aber auch Hilfsbereitschaft und IX Vorwort Unterstützung, ohne die diese Arbeit vermutlich nicht beendet worden wäre. Ein weiterer Dank gilt Herm Prof. Dr. Strehl, der mir sehr viel Freiraum im Bearbeiten der Thematik ermöglichte. Ein besonderer Dank gilt meinen Kollegen Dr. Robert Neumann, Dr. Wemer Mussnig, Mag. Erwin Huber und Dipl.-Bw., Dipl.-Soz. Sven Grube an der Universität Klagenfurt. Sie stan den mir speziell bei schwierigen Fragen als hilfreiche Diskussionspartner zur Seite. Auch sei Herrn Prof. Dr. Heijo Rieckmann im besonderen gedankt. Er ermöglichte mir die für den ge lungenen Abschluß der Arbeit notwendigen Rahmenbedingungen. Gerhard Graf x