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Blutige Tränen - Alexander de Dahomey 3 PDF

164 Pages·2016·0.74 MB·German
by  Beck
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Preview Blutige Tränen - Alexander de Dahomey 3

Simon Rhys Beck Blutige Tränen © by dead soft verlag © by S. R. Beck [email protected] www.deadsoft.de Umschlagmotiv: »dude« L.H.B.B. Covergestaltung: C. Müller 4. Auflage 2012 ISBN 978-3-934442-08-5 (print) ISBN 978-3-943678-25-3 (epub) To Patrick & Michael My Love goes with you Through the trouble that may be Love goes with you Through the darkest century This could be heaven or this could be hell 1 Es war eine der ersten lauen Nächte im April. Die Sterne zierten den tiefschwarzen Himmel und beleuchteten sanft den alten, verwitterten Friedhof, die bröckelnden Steinplatten, das wild wuchernde Gesträuch. Alex seufzte zufrieden. Er hatte sich hierher zurückgezogen, um ein wenig nachzudenken. Er wusste, dass Brian diesen Platz mied, wenn es ihm möglich war. Nicht, dass er Brian nicht gern an seiner Seite hatte, doch der hübsche, sanfte Vampir wusste immer, wenn ihn etwas bedrückte. Und in diesem Moment hatte er keine Lust, darüber zu reden. Seine Schritte waren kaum hörbar auf dem alten Kies, der die Wege bedeckte. An vielen Stellen hatte sich das Gras bereits durchgesetzt und die kleinen Steine beiseitegeschoben. Alex witterte Artgenossen auf diesem Friedhof und lächelte. Sie waren jung und unerfahren. Offensichtlich dachten sie, die vampirische Existenz sei nur auf einem alten Friedhof möglich, wahrscheinlich zogen sie sich beim Morgengrauen in ihre Särge zurück, in ihre Gräber, unwissend, welcher Luxus ihnen entging. Alex selbst bewohnte eine noble Stadtvilla in einem teuren Londoner Viertel. Er wusste, dass er bald umziehen musste; er war schon zu lange sesshaft. Irgendwann würden seine Nachbarn misstrauisch werden. Er würde London wieder für einige Zeit den Rücken kehren müssen, und das nagte an seinem Herzen. Er wollte nicht weg. London war seine Heimat. Seufzend setzte er sich auf einen alten verwitterten Grabstein und starrte in den Himmel. Er würde mit Brian reden müssen – und mit Gabriel. Ob Letzterer allerdings mit ihm kommen würde, stand noch in den Sternen. Ein leises, entferntes Huschen verriet ihm, dass ein Vampir aus seinem dunklen Versteck gekrochen war, um zu jagen. Alex grinste unwillkürlich – sie bemerkten seine Anwesenheit nicht einmal. Plötzlich fiel ihm eine merkwürdige, kreisrunde Steinplatte ins Auge. Er hatte sie vorher noch nie gesehen. Sie maß vielleicht drei oder vier Fuß im Durchmesser und war mit alten, fremden Zeichen versehen. Alex stand auf und trat auf die Platte zu. Ein Grabstein? Er beugte sich nach vorn, um die Zeichen zu entziffern, doch zu seiner Überraschung stellte er fest, dass er sie nicht lesen konnte. Was um alles in der Welt waren das für Zeichen, was für eine Sprache, dass er sie nicht kannte? Er kniete sich neben die Steinplatte und grub seine Finger in die lockere schwarze Erde, um die Dicke des Steines festzustellen. Und wieder wurde er überrascht, als er bemerkte, dass der Stein sich mühelos hochheben ließ. Alex runzelte die Stirn. Wie konnte eine so massive Steinplatte sich so leicht bewegen lassen? Ohne zu zögern, hob er den Grabstein an und sah in einen Tunnel, der tief in die Erde hineinführte. Neugierig und ohne Angst steckte er seinen Kopf in das undurchdringliche Schwarz – als er plötzlich mit Schrecken spürte, wie er in diesen seltsamen Tunnel hineingesogen wurde. Er versuchte, sich zurückzuziehen, doch es ging nicht mehr! Unerbittlich wurde er in die Tiefe gezogen. Alex fiel kopfüber in das dunkle Loch, er fiel und fiel, ohne eine Möglichkeit, seinen rasanten Sturz zu stoppen. Hart eckte er verschiedentlich an, stieß sich schmerzhaft an Vorsprüngen, die er nicht einmal hatte ausmachen können in der atemberaubenden Geschwindigkeit. Nach einer schier endlosen Zeit des freien Falls schlug er unsanft auf dem Boden auf. Und während er darüber nachdachte, ob es angebracht sei, eilig aufzuspringen, um möglichen Angreifern zu entkommen, bemerkte er schon die Beine neben sich. Es waren mindestens drei Männer, die ihn umstellten, ihre kräftigen Waden steckten in derben Lederstiefeln. Alex versuchte sich auf die Füße zu kämpfen, als kräftige Hände ihn packten. Er wand sich, versuchte, sich ihren Griffen gewaltsam zu entziehen – doch es war zwecklos. Diese Männer – wer immer sie auch waren – hatten ihn in ihrer Gewalt. Sie können keine Menschen sein, schoss es Alex durch den Kopf. Er strampelte wie wild, versuchte erneut, sich loszureißen. Doch eine raue Hand packte ihn im Nacken. »Ruhig bleiben. – Wir wollen uns doch vertragen, oder?« Alex blickte dem Mann ins Gesicht. Es war nicht hässlich, nur ein wenig breitflächig. Mit kleinen, aber recht gutmütigen Augen. Der Mann lächelte sogar – doch um seine Lippen spielte ein ebenso unerbittlicher Zug. Alex beendete seine Gegenwehr. »Wer seid ihr?« Doch sein Gegenüber schüttelte den Kopf. »Nur Wächter.« Sie packten ihn ein wenig härter und nahmen ihn mit. Zerrten ihn ewig lange Steingänge entlang, durch die Dunkelheit, die nur vom Licht einiger Fackeln ein wenig erhellt wurde. Alex ließ sich mitziehen, willenlos, wie eine Puppe. Er wusste, dass er im Moment keine Chance zur Flucht hatte. Am Ende des Ganges stieß der mit den gutmütigen Augen mit dem Fuß eine Tür auf. Alex wurde unsanft in einen kleinen Raum befördert. Eine Zelle, wie er sofort feststellte, er landete auf allen vieren. »Warte«, sagte der Mann, wieder lächelte er schmal. »Nicht aufregen.« »Aber ...«, wollte Alex einwenden. Doch der Mann legte in einer untypisch weichen Geste einen Finger auf die Lippen. Alex schwieg. Was war bloß passiert? Wo war er jetzt hineingeraten? In die Hölle vielleicht, Satans Unterschlupf? In ein geheimes Versteck der Altehrwürdigen, die nun endlich auf seine Unverfrorenheiten reagierten? Er dachte darüber nach, was die alten Vampire vielleicht hätte verärgern können in der letzten Zeit – doch es wollte ihm einfach nichts einfallen. Alle grüblerischen, melancholischen Gedanken waren aus seinem Gehirn verschwunden. Was hatte das hier zu bedeuten? Die dicke Steintür fiel hinter ihm ins Schloss. Er hörte die dumpfen Schritte der Männer, die sich entfernten. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Alex setzte sich auf, lehnte sich gegen die kühle Steinwand seines Gefängnisses und sah sich um. In dem kleinen, quadratischen Raum befand sich absolut nichts, kein Fenster, keine Liege – nichts. Alex blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten. Zu warten, bis die Wächter wiederkamen. Er spürte den Zorn in sich, der langsam zu köcheln begann. Lange sollten sie ihn besser nicht warten lassen. Als die mächtige Steintür aufgerissen wurde, war Alex sofort auf den Beinen. Zwei der Wächter traten in Alex’ Zelle, füllten sie mit ihren riesigen Körpern fast vollständig aus. Zu seinem Bedauern bemerkte er, dass der Mann mit den gutmütigen Augen nicht dabei war. Diese zwei starrten ihn kühl an, fassten ihn sofort unsanft an den Armen und zerrten ihn mit sich. Wieder durch die dunklen, kalten Steingänge, durch eine beängstigende Stille. Ihre Schritte hallten auf dem Steinboden, Alex fühlte sich um Jahrhunderte zurückversetzt, in eine Zeit, die er längst vergessen hatte. Er erschauderte leicht. Sie erreichten eine weitere große, mit Eisenbeschlägen verzierte Tür, hinter der sich eine breite, ebenfalls steinerne Treppe verbarg. Scheinbar mühelos schleppten die beiden Kerle Alex die Treppe hinauf. Er wehrte sich nicht, wusste, dass es zwecklos sein würde. Er war mittlerweile sogar gespannt darauf, wo sie ihn hinbrachten. Oben angekommen hielt Alex für einen Augenblick den Atem an. Ein riesiges, prunkvolles Portal eröffnete sich ihm, seine Wächter schleiften ihn achtlos hindurch. Und doch sah er all den Reichtum, die herrlichen alten Bilder – die ihm alle seltsam fremd erschienen. Sie traten durch eine weitere goldverzierte Tür, hinein in einen großen, rotdunkel schimmernden Saal, in dessen hinterem Teil, auf einem kleinen Podest, ein Thron stand. Am Rande nahm Alex die Diener wahr, die sich in die Ecken des Saales drückten. Unter seinen Füßen – ein dunkles Gestein mit einem leicht rötlichen Schimmer, das er noch nie zuvor irgendwo gesehen hatte. Die Atmosphäre verwirrte ihn; er musste sich zwingen, den Mann anzuschauen, der entspannt auf dem prächtigen Thron saß und ihn mit einer kühlen Neugier musterte. Er war sehr groß, das konnte Alex bereits so erkennen. Eine lange weiße, mit schwarzen und roten Strähnen durchzogene Mähne fiel glatt auf seinen breiten Rücken. Die Augen des Herrschers – denn er musste der Herrscher sein – waren schwarz, doch tief in ihnen glomm ein kaltes Feuer. Sie waren wie zwei Abgründe in dem kantigen, sehr männlichen Gesicht. Die beiden Wächter traten an den Thron heran und gingen auf die Knie, wobei sie Alex mit nach unten rissen. Dieser stöhnte leise, als er heftig auf dem Boden aufschlug. »Was soll das?« fauchte er ungehalten, die Tatsache missachtend, dass er sich in Gegenwart eines Herrschers befand. Doch er wurde auf dem Boden gehalten. Mit einem kalten, verachtenden Blick begegnete er den noch immer neugierigen Augen des Mannes auf dem Thron. Dieser erhob sich langsam, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und stieg gemächlich die drei Stufen hinunter, bis er direkt vor Alex stand. Er war in der Tat monströs groß, wie Alex feststellen musste. Und durch seine demütige Haltung kam er Alex noch größer vor. »Ich bin erstaunt, sehr erstaunt, dass ein Wesen wie du sich in mein Reich verirrt hat.« Der Herrscher baute sich vor Alex auf, er schien seinen Auftritt zu genießen. Dieser nutzte einen Moment der Unaufmerksamkeit seiner beiden Bewacher, riss sich los und sprang auf die Füße. Er reichte dem Herrscher vielleicht gerade bis zur Schulter, doch er funkelte ihn empört an. »Ich verlange eine Erklärung! – Wo bin ich hier? Was soll das alles?« In seinem Zorn bemerkte Alex nicht, wie die Diener erstarrten, wie selbst seine beiden Wächter blass wurden. Das Lächeln auf dem Gesicht des Herrschers blieb bestehen, doch mit einer winzigen Handbewegung befahl er den Mann zu sich, der sich bisher im Hintergrund aufgehalten hatte: den Mann mit den gutmütigen Augen. »Astaran – entferne ihn von hier. Er wird lernen müssen, zu gehorchen. Ich werde mich selbst darum kümmern.« Alex wollte widersprechen, doch er wurde nun wieder von seinen Wächtern gepackt, die ihn – sein wütendes Schreien ignorierend – davonschleppten.

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