03.10.13 Allgemeine Psychologie I Vorlesung 2 Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg 11 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Allgemeine Psychologie I Woche Datum Thema 1 FQ 20.2.13 Einführung, Verteilung der Termine 1 26.9.13 Einführung und Grundlagen 2 3.10.13 Psychophysik 3 10.10.13 Visuelle Wahrnehmung 4 17.10.13 Auditive Wahrnehmung 5 24.10.13 Schmerz, Geruch, Geschmack 31.10.13 - - Fällt aus - - (Allerheiligen) 6 7.11.13 Aufmerksamkeit 7 14.11.13 Aufmerksamkeit und exekutive Kontrolle 8 21.11.13 Lernen 9 28.11.13 Kurzzeitgedächtnis 10 5.12.13 Langzeitgedächtnis 11 12.12.13 Gedächtnis und Schlaf 12 19.12.13 Wiederholung und Fragen 2 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 1 03.10.13 Wahrnehmung } Wahrnehmung ist ein Prozess, bei dem die sensorischen Informationen organisiert und interpretiert werden. } Dies ermöglicht uns, die Bedeutung von Gegenständen und Ereignissen zu erkennen. } Die menschliche Wahrnehmung ist abhängig von } Lernerfahrung } Kontext } Aktuellen Handlungszielen 3 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung } Begrenzungen } Selektivität } Konstruktivität } Zeitliche Dauer } Korrektheit und Nützlichkeit } Kontextabhängigkeit } Lernen und Entwicklung } Aktive Wahrnehmung 4 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 2 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung } Konstruktivität } Menschliche Wahrnehmung ist konstruktiv } Wahrnehmung bildet nicht 1:1 die Realität ab } Wahrnehmung konstruiert aus den verfügbaren Informationen handlungsrelevante interne Repräsentationen } Konstruktivismus } Helmoltz (1896): ”Sinnesempfindungen sind für unser Bewusstsein Zeichen, deren Bedeutung verstehen zu lernen unserem Verstande überlassen wird” } Beispiele } Mehrdeutige 2-dimensionale Bilder werden 3-dimensional wahrgenommen ¨ Angepasst an Regularitäten aus der Umwelt } Phänomenale Kausalität ¨ Bewegungen aufeinandertreffender Objekte werden kausal interpretiert ¨ http://openmap.bbn.com/~kanderso/Michotte/michotte.html 5 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung } Kontextabhängigkeit } Wahrnehmung findet immer in einem raumzeitlichen Kontext statt } Der Kontext beeinflusst die Wahrnehmung } Externe Reize } Umgebungsreize, räumlich oder zeitlich (Bsp.: Musik) } Interne Zustände } Stimmung (Bsp. Depression) 6 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 3 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung } Lernen und Entwicklung } Wahrnehmung verändert sich infolge von Reifung, Übungen und Lernen } Individuelle Lernerfahrungen } Kultureller Kontext } Wahrnehmungslernen } relativ dauerhafte und spezifische Veränderung der Wahrnehmungsleistung } Expertenwissen (Bsp: Neurologen) } Plastizität } Funktionelle / strukturelle Anpassung des Gehirns an zu verarbeitende Reize } Bsp.: Musiker 7 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung 8 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 4 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung 9 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Eigenschaften der Wahrnehmung } Aktive Wahrnehmung } Wahrnehmung ist von der aktiven Bewegung des Wahrnehmenden abhängig } Ökologische Psychologie (Gibson 1966) } Wahrnehmender als aktiv handelnde Person } Nutzung von Invarianten in der Umgebung } Bsp.: Sport } Tennisschläger und Ball } Wahrnehmung eng an Bewegung und Motorik gekoppelt } Anpassung der Wahrnehmung } Bsp.: Prismenbrillen (Sicht 180 Grad gedreht) } Anpassung nur bei aktiver Bewegung möglich 10 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 5 03.10.13 Wahrnehmung } Kognitionspsychologische Sicht } Informationsverarbeitendes System erhält Reizinput } Transformiert / moduliert / rekonstruiert die Daten } Erzeugt Output bzw. eine Mentale Repräsentation } Output an } Arbeitsgedächtnis / bewusste Aufmerksamkeit } Motorik / Handlungssteuerung 11 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Wahrnehmung } Modularität } Die Wahrnehmung besteht aus verschiedenen Sinnesmodulen } Module: } Autonome, biologisch trennbare und spezialisierte Mechanismen } Modularität der Wahrnehmung auf verschiedenen Ebenen } Wahrnehmung als eigenständiges Modul ¨ im Gegensatz zu anderen kognitiven Systemen (z.B. Aufmerksamkeit) } Sinnessysteme ¨ Bsp.: Rezeptorsysteme für Farb- vs. Helligkeitswahrnehmung } Wahrnehmungsqualitäten (Farbe, Form, Bewegung) } Prospagnosie } Störung der Gesichtserkennung bei intaktem Sehsystem 12 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 6 03.10.13 Wahrnehmung } Verarbeitung } Reizinformationen werden intern verarbeitet } Bottom-up Prozess: } Datengeleitet, von den Daten her kommend } Merkmale eines Musters für komplexe Wahrnehmungsleistung genutzt } Im Gedächtnis verfügbare Informationen nicht genutzt } Schnelle Verarbeitung (ca. 200 ms) } Top-down Prozess } Verarbeitung von im Gedächtnis vorhandenen Informationen beeinflusst } Bsp.: Scheinkonturen } Extrem Beispiel ¨ Visuelle Vorstellung bei geschlossenen Augen 13 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Wahrnehmung 14 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 7 03.10.13 Wahrnehmung 15 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Wahrnehmung } Repräsentation } Interne Abbildung der Umwelt } Module der Wahrnehmung müssen kommunizieren, um konsistentes Abbild zu erzeugen } Wahrnehmung einer Tasse: Form, Farbe, Bewegung, Oberfläche etc. } Neuronale Repräsentation } Erregungszustände im Gehirn } Symbolische Repräsentation } Repräsentation auf Basis von Merkmalen und Begriffen } Bsp.: “Tasse” } Repräsentation zur Erkennung vs. Repräsentation zur Handlung } Unabhängige Repräsentationen 16 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 8 03.10.13 Wahrnehmung } Dorsaler vs. ventraler Pfad der Wahrnehmung } Dorsaler Pfad: Visuelle Handlungssteuerung } Dorsal: “rückenwärts”, zum Rücken hin } Ventraler Pfad: Objekterkennung } Ventral: “bauchwärts”, zum Bauch hin } (grösstenteils) unabhängige Repräsentationen } https://www.youtube.com/watch?v=zA-_ourKqW4 Milner & Goodale (1995) 17 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Wahrnehmung } Warum ist ein Verständnis der Wahrnehmung wichtig? } Soziale Interaktionen beruhen auf Beobachtungen } Verständnis von Funktionen der Wahrnehmung wichtig } Bsp.: Liebe macht blind } Mediale Umgestaltung unserer Umwelt } Störungen in Erleben / Verhalten haben Auswirkungen auf die Wahrnehmung } Störungen in der Wahrnehmung kann Störungen im Verhalten erklären } Bei Informationsangeboten sollte Wahrnehmung beachtet werden } Bsp.: Internet, Werbung } Unterstützung von Wahrnehmung durch technische Systeme } Bsp.: Hörgeräte, Google-Brille (?) 18 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 9 03.10.13 Psychophysik } Definition Psychophysik: } Erfassung des Zusammenhangs zwischen Eigenschaften eines physikalischen Reizes und der subjektiven Wahrnehmung } Auch in Verbindung mit neurowissenschaftlichen Methoden } Klassische Psychophysik } Methodeninventar zur Erfassung von Wahrnehmungsschwellen 19 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 Psychophysik } Ernst Heinrich Weber (1795-1878) } Wichtigster Vorläufer } Experimente zur Hautsensibilität } Entdeckung des Webergesetzes } Gustav Theodor Fechner (1801-1877) } Begründer der Psychophysik } Webergesetz, Fechnergesetz } Innere und äussere Psychophysik 20 Björn Rasch, Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 03.10.13 10
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