Zusammengesetzte Festigkeitslehre nebst Aufgaben aus dem Gebiete des Maschinenbaues und der Baukonstruktion. Ein Lehrbuch fUr Maschinenbauschulen und andere technische Lehranstalteri sowie zum Selbstunterricht und fUr die Praxis. Von Ernst Wehnert, Ingenieur und Lehrer an der Silidtischcn Gewerbc- und Maschincnbauschulc in Leipzig. Mit 142 in den Text gedruckten Figuren. Berlin. Ve r I a g von J ul ius S p r i n g e r. 1908. A.lIe Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. ISBN-13: 978-3-642-98151-7 e-ISBN-13: 978-3-642-98962-9 DOl: 10.1007/978-3-642-98962-9 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1908 Vorwort. Die gute Aufnahme meines fUr Mascmnenbauschulen unrl ahnliche Lehranstalten bestimmten, die sechs Grundfestigkeiten umfassenden vVerkes "Einfiihrung in die Festigkeitslehre" in den Kreisen del' Schule und del' Praxis, sowie die vielseitige N achfrage nach del' Erweiterung und Fortsetzung del' Ein fiihrung hat mich zur Herausgabe des vorliegenden Werkes iiber zusammenge setzte Festigkeit veranla£lt, das sich sowohl als ein Lehr- odeI' Beibuch zum Unterrichte an hOheren teehnisehen Lehranstalten wie aueh fiir den in der Praxis stehenden Teehniker als ein leieht verstandliehes und schnell zu ilbersehendes Hand- und Naehschlagebuch eignen dilrfte. ZUl11 groJileren Teile umfaBt das Bueh den Lehrstoff, den ich selbst im dritten Semester meines Unterrichtes in der Festigkeitslehre an del' 8eit etwa zwei ;Jahren als hohere teehnische Lehranstalt ausgebauten Stadtischen Maschinenbau schule in Leipzig zugrunde lege. Da das vorliegende Bueh gleieh der genannten Einfiihrung nur ein Lehrbueh stin solI, das ohne Kenntnis der hoheren Analysis durehaus verstanden und verfolgt werden kann, habe ieh im Interesse der leiehteren Ubersiehtliehkeit des Werkes au1\er den Gleiehungen der elastischen Linien, die den einze1nen Belastungsfallen zugehoren, alles das fortge1assen, was nur einfaehen Forme1- und Tabellenwert hat, woriiber ja die Hiltte odeI' jeder teehnisehe Ka1ender genugsam Aufseh1u1\ gibt. Dagegen habe ieh dem nach Absehnitten und Paragraphen geOl'clneten Lehrbuehe in leicht zu iibersehender 'Veise, worauf besonderer Wert ge1egt worden ist, ein,e aus 45 praktischen Beispielen bestehellde Aufgabensammlung aus dem Gebiete del' Maschinen- und del' Baukonstruktion zugefiigt, die den Stu·· dierenden bei diesbeziigliehen Reehnungen als zweekentspreehende U nter lage dienen und ihn zu selbstandigen Arbeiten anregen solI. Hierbei habe ieh, wie bei den Aufgaben im e1'8ten Werke, mit Absieht die auf ver sehiedene Quersehnittseinheiten bezogenen Materialspannungen gewahlt, damit del' angehende Teehniker sieh friihzeitig mit den fortgesetzt wechselnden Reehnungen del' Praxis, filr welehe die teehnisehe Sehule entspreehend vorbereiten soll, uuter der Anleitung des Lehrers geniigeud verb'aut maehen kaun, Auch habe ieh bei den vollstandig durchgefiihrten Losungen der IV Vorwort. Aufgaben, den man von Anfang bis Ende leicht folgen kann, Wert auf die algebraischen Entwickelungen gelegt, auf die an dieser Stelle del' Stu dierende besonders aufmerksam gemacht sei. Man kann natiirlich auch ohne das exakte Losen zum Ziele gelangen, wenn man sich der zumeist sehr umstiindlichen und zeitraubenden Probiermethode bedienen wiII, deren Unsicherheit in der mehr odeI' weniger willkiirlichen Resultatschatzung liegt. Wenn auch in man chen Fallen ein schatzungsweises V orgehen bequem und zweckmai&ig sein mag. so darf doch ein solch inkorrektes Ver fahren ebensowenig zur Regel erhoben werden, als es mit del' unter normalen Verhaltnissen nur zur Kontrolle der exakten Rechnung dienenden graphischen Losung geschehen solI, die eben nul' ein zeichnerisches Verfahren bedeutet. 1m allgemeinen gilt filr den Techniker del' irrtumlose, mathematische Rechnungsgang, den anzueignen sich jeder Studierende um so mehr be fleii&igen sollte, als eine gute mathematische Grundlage in Verbindung mit einer guten Yverkstattpraxis nicht nul' zum hickenlosen Studium technischer Werke gehOrt, sondeI'll auch unstreitig den Schliissel zum wirklichen tech nischen Denken darstellt. 1m iibrigen mochte ich noch darauf hinweisen, dai& meiues Wissens nach das vorliegende Buch das erste ist, das auf nur elementarer Grund lage fui&end, in moglichst systematischem Aufbau das fUr jeden technischen Mittelschulabsolventen Wissenswerteste aus dem Gebiete del' zusammenge setzten Festigkeit enthalt, ohne deren Kenntnis und Verwertung das volle Verstehen und die selbstandige Durcharbeitung einer Konstruktionsaufgabe, falls diese nicht nur einzig und allein ein Bild darstellen soll, wohl aus geschlossen sein diirfte. VOl' aHem werden dem Studierenden die mit dem Lehrbuche in erganzendem Zusammenhang stehenden Anwendungen sehr willkommen sein. 1ch hoffe deshalb, dai& auch dieses Werk innerhalb del' gedachten Kreise auf eine gleich gute Aufllahme rechnen darf, wie sie mein erstes Werk bereits erfahren hat. Leipzig, im November 1908. Ernst Wehllert. In hal tsverzeichnis. Einleitnng. Erster Abschnitt. Seite § 1. Allgemeines uber Spannungen ....... . 3 § 2. Der Spannungszustand fur einen Korperpuukt. 4 § 3. Der ebene Spannungszustand. 8 a) Die Normalspannung 0"0' • • • • • • • • 9 b) Die Schubspannung 1:0 • • • • • • • • • 10 § 4. Die idealen oder reduzierten Spannungen 14 § 5. Spann ungsellipse, Span n un gsellipsoi d 17 a) Die Spannungsellipse. . 17 b) Das Spannungsellipsoid. . . . '.' . 18 Zweiter Abschnitt. § 6. Die Tragheitsmomente ebener Flaehen, die sieh auf ver schieden gerichtete Schwerpunktsachsen beziehen. . . 20 a) Die Tragheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . 20 b) Die Zentrifugalmomente. . . . . . . . . . • . . . . . 22 1. Die direkte Entwickelung des Zentrifugalmomentes fur den recht· eckigen Querscbnitt, der mit einer Achse eines beliebig gelegenen Koordinatensystems gieicbgericbtet ist . . . . . . . • . 23 2. Berechnung des Zentrifugalmomentes Lixy direkt aus den Trag heitsmomenten ex, ey und ez . . . . . . . . • . . . 25 3. Berechnung des ZentrifugaIm.omentes Lixy direkt aus dem Quer schnitt und den Schwerpunktsabstanden. . . . . . .. . . 25 4. Berechnung des Zentrifugalmomentes Lixy und der Tragheits momente ex, ey ohne Kenntnis der Lage des SchwerpunktE's S der Flache. . . . . • . . . 26 § 7. 'l'ragheitsellipse, Zentralellipse 28 a) Die Tragbeitsellipse . . . 28 b) Die Zentralellipse. . • . . . . 29 § 8. Die unsymmetrische oder schief-e Belastung 31 a) Die Lage der neutralen Achse . . 32 b) Die gl'o.Bte Materialspannung. . . . . 34 c) Die Zentralellipse. . . . . . . . . 35 Dritter Abschnitt. § 9. Exzentrische Zug- oder Druckbelastung. Kernflache 37 1. Die exzentrische Belastung . 37 2. Die Kernflache • • . • . . • . . • . • . . . " 39 VI lnhaltsverzeichnis. Seite § 10. Bestimmung des Kernes einiger Querschnitte 41 a) Mit Hilfe des Gesetzes zwischen Pol und Polare . 41 1. Flir den Kreisquerschnitt 41 2. FUr den Kreisringquerschnitt . 42 3. Flir das Quadrat 42 4a. Flir das Rechteck. . . 43 b) Mit Hilfe del' Zentralellipse 45 4b. FUr das Rechteck. . 45 5. Flir das gleichschenklige Dreieck 46 6. Flir das allgemeine Dreieck 47 EinfUhrung schiefwinkliger Koordinaten 48 7. Flir den I-Querschnitt 48 8. Flir die Ellipse . 49 § 11. BerechnungderBiegungsspannung mitHilfedesKernes 50 Viertel' Abschnitt. § 12. Die Schubspannungen im gebogenen Balken 52 a) Del' Querschnitt des auf Biegung beansprllchten Korpers sei ein Rechteck 53 b) Del' Querschnitt sei von beliebiger ~'orm. . 55 c) Die Schubspannungen einiger einfachen Querschnitte 57 1. Flir den rechteckigen Querschnitt 57 2. Fiir den kreisformigen Quersch'nitt . 58 3. Fiir den kreisringformigen Qllerschnitt 58 Fiinfter Abschnitt. Die vel'schiedellell Be]astullgsfiille 59 Er ste Gr up pe. § 13. Das Zusammenwirken verschiedenartiger Normalspan- nungen . . . . 60 1. Del' an einer Seite eingespannte Korper wird am freien J£I1de mit einer achsial gerichteten, exzentrisch wirkenden Kraft P auf Zug beallsprucht . . . . . . . . 60 2. Der an einer Seite eingespannte Korper wird am freien Ende mit einer beliebig gerichteten Kraft P auf Zug beansprucht . 62 3. Del' an einer Seite eingespannte Korper wird am freien Ende mit einer achsial gerichteten, exzentrisch wirkenden Kraft P auf Druck beansprucht. . . . . . . . 64 a) Die Lange des Korpers liegt au.f3erhalb del' Knicklange . b) Die Lange des Korpers liegt innerhalb der Knicklange 4. Del' an einer Seite cingespannte Korper wird am freien Ende mit einer beliebig gerichteten Kraft P auf Druck beansprucht. 67 5. Del' exzentrisch belastete Pfeiler aus Mauerwerk oder ahnlichen Materialien 69 a) Die Pfeilerlast beansprucht die ganze Grundflache des Bodens auf Druck. 70 b) Die Pfeilerlast beansprucht nul' einen Teil del' Grundflache des Bodens auf Druck . 71 Inhaltsverzeichnis. VII Seite 6. Der gespannte Freitrager mit Endbelastung . . . . 73 a) Die Aohsialkraft beansprucht den Trager auf Zug . 73 b) Die Achsialkraft beansprucht den Trager auf Druck 74 7. Der gespannte Freitrager mit gleichmaflig verteilter Belastung 74 a) Die Acbsialkraft beansprucht den Trager auf Druck 74 b) Die Achsialkraft beansprucht den Trager auf Zug . 75 8. Der gespannte Zweistiitzentrager bei Mittelbelastung . 76 a) Die Achsialkraft beansprucht den Trager auf Zug . 76 b) Die Achsialkraft beansprucht den Trager auf Drul"k 76 9. Der gespannte Zweistfitzentrager bei gleichmaflig verteilter Belastung . . . • . . . . . . . . . . . . . 78 a) Die Achsialkraft beansprucbt den Trager auf Druck . 78 b) Die Achsialkraft beansprucht den Trager auf Zug . . 79 10. Der stabfl5rmige Kl5rper mit gekriimmter Mittellinie 81 a) Die Normalkraft N beansprucht den Querscbnitt aHein 82 b) Das Biegungsmoment Mb beansprucht den Querschnitt aUein ~3 c) Die Normalkraft N und das Biegungsmoment Mb wirken gleichzeitig auf den Querschnitt ein 85 1. Bei nur Biegungsbeanspruchung 85 2. Bei Normal- und Biegungsbeanspruchung 86 d) Spezielle Spannungswerte . . . . 88 e) Angaben fiber die Hilfsgriifle x. . . . . 90 1. Fur den rechteckigen Querscbnitt. . . 90 2. Fur die Querschnitte vom Kreis und Ellipse 93 3. Fiir den gleichschenkligen, trapezfl5rmigen Querschnitt 93 Zweite Gruppe. § 14. Das Zusammenwirken verschiedenartiger Schubspan- nungen ............ . 93 Schnh, nnd Drehnng 94 1. Der Kreisquerschnitt . . . . . • . 94 2. Der Kreisringquerschnitt von geringer Wandstarke 95 3. Der l'echteckige Querschnitt . . . . . 96 Dritte Gruppe. § 15. Das Zusammenwirken verschiedenartiger Normal- und Schubspannungen • . . . 96 1. Zug oder Druck mit Schub 96 2. Zug oder Druck mit Torsion 97 3. Biegung mit Schub 98 a) Der beanspruchte Querschnitt sei ein Kreis 99 b) Der beanspruchte Querschnitt sei ein Rechteck 101 4. Biegung mit Torsion . .. ' 102 a) Der Kreisquerschnitt. . . 103 b) Der Kreisringquerschnitt 104 c) Der elliptische Querschnitt 105 1. Die Ebene des Biegungsmomentes gebt durch die kleine Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Die Ebene des Biegungsmomentes geht durch die grofle Achse . . . . • • . . . . . . . . . . . . . 106 VlII Inhaltsverzeichnis. Saita d) Del' rechteckige Querschnitt . .. ...... 107 1. Die Ebene des Biegungsmomentes lauft parallel zur kurzen Achse . . . . . . . . . . . . .. 107 2. Die Ebene dee Biegungsmomentes lauft parallel zur Jangen Seite. . . . . . . . . . ., 108 Anwendungen. Erste Aufgabengruppe. Zu §§ 6 bis 8. Auf verschieden gerichtete Schwerpunktsachsen bezogene Tragheits· und Zenlrifugalmomente ebener Fliichen. Trag heitsellipse. Schiefe Belastuug. 1. bis 8. Aufgabe . . . . . . . . 109 Zweit e Au fgabengrup pe. Zu §§ 9 bis 11. li:xzentrische Zug- oder Druckbelastung. Kernflache. 9. bis 14. Aufgabe. . . . . . . '. ....... 124 Dritte Aufgabengl'uppe. Zu § 12. Schubspannungen im gebogenen Balken. 15. bis 20. Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Vierte Aufgabengruppe. Zu § 13. Das Zusammenw'irken verschiedenartiger Normalspannungen. 21. bis 33. Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . 136 F Ii n ft e Auf g a hen g l' U P P e. Zu § 14. Das Zusammenwirken verschiedenartiger Schubspannungen. 34. bis 35. Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Sechste Aufgabengruppe. Zu § 15. Das Zusammenwirken verschiedenartiger Normal- und Schuh· spannungen. 36. his 45. Aufgahe . . . . . . . . . . . 170 Einl ei tung. N achdem in den zur Einfiihrung in die Festigkeitslehre dienendem ersten Bande des vorliegenden Werkes die 6 Grundfestigkeiten ihre Er ledigung gefunden hahen, sollen in diesem zweiten Bande die fUr die Praxis notwendigen Batze und Regeln aus dem Gebiete del' zusammen gesetzten Festigkeit hesprochen werden. Wenn nun streng genommen die bereits im ersten Teile behanclelten Festigkeiten del' Biegung, del' Knickung und del' Torsion auch schon Kombinationen del' einfachen Festigkeiten - Zug, Druck und Schuh - darstellen, so werden sie fUr gewohnlich doch nicht unter die zusammen gesetzten Festigkeiten gerechnet, mit denen die praktische Technik zu tun hat. Je nachdem es sich also um Biegung, Knickung und Torsion oder um Zusammensetzungen der sechs Grundfestigkeiten handelt, kann man die zusammengesetzten Festigkeiten in zwei Arten einteilen, 1. in eine nat ii rl i c he kombinierte Festigkeit odeI' komh. Festig keit im engeren Sinne und 2. in eine kiinstliche kombinierte Festigkeit odeI' komb. Festig keit im weiteren Sinne. Zu del' letzteren Art sind alle sonstigen zwischen den sechs Grund festigkeiten moglichen Verhindungen zu zahlen, die allerdings praktisch nicht alle gleiche Bedeutung haben. In allen Fallen handelt es sich nun lediglich um die Feststellung der gro~ten Anstrengungen del' Materialien, wozu es von vornherein zweckma~ig ist, zu unterscheiden, ob hei einer eben gedachten Schnitt flache eines zu untersuchenden Korpers, fUr deren Punkte die Anstrengung hestimmt werden solI, a) nul' vel'schied enartige Norm alspann ungen, b) nur verschiedenartige Schubspannungen odeI' c) Normal- und Schubspannungen gleichzeitig Wellnert, Festigkeitslehre II. 1 2 Einleitung. zu berucksichtigen sind. Auf diese Weise gliedert sich der zu behandelnde Stoff in 3 Gruppen, deren jede sich wiederum mit Rucksicht auf die Kombinationen der Grundfestigkeiten, soweit sie praktischen Wert haben, in die folgenden Arten zerlegen lii~t, womit gleichzeitig die Richt schnur fUr die Stoffverteilung des vorliegenden zweiten Bandes gegeben sein soil. Arten fUr a): Nul' verschiedenartige N ormaIspannungen. Zug odel' Druck mit Biegung. Al'ten fur b): N ur verschiedenartige Schubspannungen. Schub mit Torsion. Arten fur c): Nol'mal- und Schubspaunungen. 1. Zug oder Druck mit Schub. 2. Zug oder Druck mit Torsion. S. Biegung mit Schub. 4. Biegung mit Torsion.