FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1776 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers vom Landesamt für Forschung, Düsseldorf Dipl.-Ing. Olto Kirch Institut für Maschinengestaltung und Maschinent!Jnamik der Rhein.-Westf. Techn. Hochschule Aachen Leiter: Prof. Dr.-Ing. Karl Lürenbaum Zur Berechnung gekoppelter Eigenfrequenzen von Schaufeln axialer Turbomaschinen Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1966 Verlags-Nr. 011776 ISBN 978-3-663-06708-5 ISBN 978-3-663-07621-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07621-6 © 1966 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1966. Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag Inhalt 1. Einleitung...................................................... 7 2. Das Verfahren von MYKLESTAD ................................... 8 2.1. Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2. Einführung der Fliehkraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11 2.3. Erweiterung des Verfahrens auf verwundene Balken. . . . . . . . . . .. 12 3. Das Verfahren von RosARD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17 3.1. Grundgleichungen ........................................ . 17 3.2. Einfaches Beispiel ........................................ . 19 3.3. Erweiterungen des Verfahrens .............................. . 20 3.3.1. Elastische Einspannung ................................... . 20 3.3.2. Einführung der Fliehkraft .................................. . 22 3.4. Praktische Beispiele ....................................... . 26 4. Torsionskopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 30 4.1. Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 30 4.2. Das Läsungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 4.3. Die Koeffizienten des Gleichungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 40 4.4. Eigenfrequenzmessungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43 4.5. Vergleich: Messung-Rechnung ............................. 49 4.6. Berechnungsergebnisse ..................................... 51 5. Zusammenfassung............................................... 61 6. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63 5 1. Einleitung Bei Turbokompressoren und Turbinen treten manchmal unerwartete Schaufel brüche in einzelnen Stufen auf. Man kann solche Brüche vermeiden, wenn man ihre Ursachen erkennt und also auch angeben kann, unter welchen Voraussetzungen diese Brüche möglich sind, bzw. durch welche Maßnahmen sie verhindert werden können. Da die thermische und statische Belastung der Schaufeln allein diese Brüche nicht rechtfertigt, müssen dynamische Belastungen die entscheidende Ursache sein. Die Turbinenschaufel ist ein sehr schwingungsanfälliges Gebilde, dessen Bruchgefahr durch Überdimensionierung kaum vermindert wird, denn die Erregerfrequenzen sind manchmal hohe Vielfache der Läuferdrehzahl, so daß eine Eigenfrequenzerhöhung die Resonanzgefahr auch vergrößern kann. Es gilt also zunächst einmal festzustellen, ob die Eigenfrequenzen der Schaufeln mit einem Vielfachen der Rotordrehzahl zusammenfallen. Da die Betriebsdrehzahl der Turbomaschine festliegt, müssen die Schaufeln so ausgelegt werden, daß keine Eigenfrequenz einer Schaufel mit einem Vielfachen der Läuferdrehzahl zusammen fällt; Die Erregerfrequenzen können das SOfache der Betriebsdrehzahl erreichen, so daß auch die bis dahin reichenden Oberschwingungen der Schaufel berück sichtigt werden müssen. Die Turbinenschaufel ist ein kompliziertes Schwingungsgebilde mit theoretisch unendlich vielen Freiheitsgraden, und ihre Eigenfrequenzen sind nur selten explizit dennierbar. Zur Berechnung müssen also Näherungs- oder Iterations verfahren benutzt werden. Im folgenden werden zwei dieser Verfahren näher beschrieben. Die bei diesen Verfahren vorausgesetzten Vereinfachungen werden durch entsprechende Erweiterungen weitgehend eliminiert. Bei der Durchführung der Berechnungen zeigte es sich, daß bei normalen Anforderungen an die Ge nauigkeit der Ergebnisse die Rechenarbeit auch mit den modernsten Tischrechen maschinen nicht mehr zu bewältigen ist. Daher sind für die Durchführung der Berechnungen digitale elektronische Rechenanlagen erforderlich. Die zahlenmäßigen Berechnungen wurden auf den Maschinen Zuse Z 22 und Siemens 2002 des Rechenzentrums der RWTH Aachen durchgeführt. 7 2. Das Verfahren von Myklestad Dieses Verfahren läßt sich durch folgende Grundaufgabe definieren: Zu berechnen sind die Eigenfrequenzen der Biegeschwingungen eines Krag balkens mit veränderlichem Querschnitt. Die Biegung erfolgt in einer der Haupt trägheitsachsen des Querschnitts. 2.1. Grundgleichungen Es wird angenommen, daß die Masse des Balkens in n diskreten Punkten seiner Schwereachse konzentriert ist und daß der Balken zwischen diesen Punkten zwar masselos ist, aber doch die elastischen Eigenschaften des wirklichen Balkens hat (Abb.1). Betrachtet man nun den i-ten Abschnitt zwischen dem Punkt i und dem Punkt + i 1 mit der Länge li, so ist bei der Querkraft Q am Ende des Abschnitts die Durchbiegung gegenüber dem ungebogenen Abschnitt (Abb. 1): UQi = VQi ·li - Ui ; mit und o o a 1----- li -----.j Abb. 1 Dynamisches Ersatzsystem 8 wird Der Elastizitätskoeffizient für die Querkraftdurchbiegung ist also Ir UQi Q UQi = = 6 . E . }i ' wobei}i das mittlere Trägheitsmoment des i-ten Abschnitts ist. Entsprechend lautet der Elastizitätskoeffizient für den Querkraftbiegewinkel: Ir VQi -:---=-- VQi = -- = Q 2·E·}i Wirkt am i-ten Abschnitt statt der Querkraft ein Moment M, dann ergeben sich daraus die Elastizitätskoeffizienten für die Momentendurchbiegung : Ir UMi = = VQi 2 ·E·}i und für den Momentenbiegewinkel Wird der Kragbalken in harmonische Schwingungen versetzt, dann sind am i-ten Massenpunkt folgende Größen vorhanden: der Biegewinkel (Xi · cos wt die Durchbiegung ]i · cos wt die Querkraft Qi · cos wt das Moment Mi' cos wt Mit Hilfe der oben definierten Elastizitätskoeffizienten läßt sich folgendes Gleichungssystem formulieren: + (Xi+1 = (Xi - Qi • VQi Mi . VMi + ]i+1 = .Yi - (Xi ·Ii Qi • UQi - Mi' tlMi + Qi+1 = Qi mi+1 . w2 ']i+1 (2.1) Mi+1 = .Mi -Qi ·li Nimmt man nun an, daß am freien Balkenende die Durchbiegungsamplitude ]0 = 1 und die Amplitude des Biegewinkels (xo = rp ist, dann läßt sich zeigen, daß alle weiteren Größen lineare Funktionen des Winkels rp sind: (Xi hq;i . rp - hi + - gq;i • rp gi + - Gq;i' rp Gi (2.2) 9 Dabei sind die sogenannten Amplitudenkoeffizienten. Setzt man nun GI. (2.2) in (2.1) ein und trennt die Glieder mit und ohne p, so ergibt sich folgendes Gleichungssystem : + + h",Hl h",i VQi • G",i VMi • H",f, + + hiH hi VQi • Gi tMi • H i + + + = g",Hl g",i li • h",i, tlQi • G",i, UMi • H",i giH = gi + li • hi + UQi • Gi + UMi • H i + G",i miH • w2 • g",i (2.3) + Gi miH • w2 • gi + = H",iH H",i li' G",i + = HHI Hf, li • Gi Zur succesiven Durchrechnung dieser Gleichungen (für alle i) müssen die Anfangswerte (i = 0) bekannt sein. Für einen Kragbalken ist 0(0 = p, Qo = mo . w2, Mo = 0 und yo = 1. Damit werden die ersten Amplitudenkoeffizienten h",o = 1 g",o = 0 G",o = 0 ho = 0 go = 1 Go = mow2 Ho = 0 An der Einspannung (i = 12) muß Yn = 0 und O(n = 0 sein, wenn weine Eigenfrequenz des Kragbalkens sein soll. Für die Amplitudenkoeffizienten heißt das: h",n' p-hn = 0 g",n 'p-gn = 0 (2.4) Daraus ergibt sich oder Zur Berechnung einer Eigenfrequenz We rechnet man die Einspannwerte h",n, hn, g",n undgn für mehrere w-Werte aus und trägt das Kriterium h",n' gn -hn g",n über w auf. Die Nullstellen dieser Kurve sind die gesuchten Eigenfrequenzen der Biegeschwingungen des Kragbalkens. 10 Das Kriterium hq;n' gn -hn gq;n ist die Determinante des Gleichungssystems (2.4) mit der Matrix 2.2. Einführung der Fliehkraft Bei den bisherigen Betrachtungen wurde eine spezielle Eigenschaft der Schaufel schwingungen vernachlässigt: ihre Abhängigkeit von der Fliehkraft. MYKLESTAD [1] hat die Fliehkraft in einer Erweiterung des Verfahrens eingeführt. Er stellt aber dabei die Bedingung, daß die Durchbiegungen parallel zur Drehachse erfolgen (Abb. 2). Abb. 2 Wirkung der Fliehkräfte Bei einer Drehwinkelgeschwindigkeit Q gilt für die Fliehkräfte ai: + = ai+l ai mi+l . Q2. Xi+l. Dabei ist ao = mo . Xo • Q2, und die Xi sind die Abstände der Massenpunkte von der Rotationsachse. Für die Amplituden ergibt sich nun folgendes Gleichungssystem : 11