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Zur Aktualität von Jean Baudrillard: Einleitung in sein Werk (Reihe: Aktuelle und klassische Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen) PDF

217 Pages·2016·1.91 MB·German
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Preview Zur Aktualität von Jean Baudrillard: Einleitung in sein Werk (Reihe: Aktuelle und klassische Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen)

Samuel Strehle Zur Aktualität von Jean Baudrillard Aktuelle und klassische Sozial- und Kulturwissenschaftler|innen Herausgegeben von Stephan Moebius Die von Stephan Moebius herausgegebene Reihe zu Kultur- und SozialwissenschaftlerInnen der Gegenwart ist für all jene verfasst, die sich über gegenwärtig diskutierte und heraus- ragende Autorinnen und Autoren auf den Gebieten der Kultur- und Sozialwissenschaften kompetent informieren möchten. Die einzelnen Bände dienen der Einführung und besseren Orientierung in das aktuelle, sich rasch wandelnde und immer unübersichtlicher werdende Feld der Kultur- und Sozialwissenschaften. Verständlich geschrieben, übersichtlich gestaltet –für Leserinnen und Leser, die auf dem neusten Stand bleiben möchten. Samuel Strehle Zur Aktualität von Jean Baudrillard Einleitung in sein Werk Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. . 1. Auflage 2012 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2012 Lektorat: Cori Mackrodt VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werkeinschließlichallerseiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesond ere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Umschlagbild: Jacques Robert/Gallimard/Opale Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16429-8 Inhalt Einführung ....................................................... 9 1 Überblick über Leben, Werk und Rezeption .................... 15 1.1 Leben und Werk ............................................... 15 1.2 Rezeption und Forschungsstand ................................. 23 1.2.1 Frankreich ............................................. 23 1.2.2 Deutschland ............................................ 24 1.2.3 USA und englischsprachiger Raum ........................ 26 2 Theorie der Konsumgesellschaft ............................... 29 2.1 Das System der Dinge ......................................... 29 2.1.1 Zwischen Marxismus und Strukturalismus ................. 29 2.1.2 Vom Gebrauchswert zum Zeichenwert ..................... 33 2.1.3 Konsum als idealistische Praxis ........................... 36 2.2 Die Gesellschaft des Konsums .................................. 38 2.2.1 Waren, Bilder, Spektakel ................................. 38 2.2.2 Konsumethik: Zwischen Schlaraffenland und ›(cid:3032)Arbeit am Glück(cid:3032)‹ .................................. 41 2.2.3 Die totale Herrschaft des Konsums ........................ 45 2.2.4 Das Paradox der anomischen Integration ................... 48 3 Zeichenökonomie und symbolischer Tausch .................... 53 3.1 Für eine Kritik der politischen Ökonomie des Zeichens ............ 53 3.1.1 Der Begriff der Zeichenökonomie ......................... 53 3.1.2 Das Symbolische und das Semiotische ..................... 56 3.1.3 Der Spiegel der Produktion: Baudrillards Kritik am Marxismus ........................ 60 3.2 Code und Wertgesetz .......................................... 62 3.2.1 Der Begriff des Codes ................................... 62 3.2.2 Das Wertgesetz und die strukturale Revolution des Werts .... 65 6 3.3 Herrschaft und Subversion der Zeichen .......................... 67 3.3.1 Semiokratie und Mediengesellschaft ....................... 67 3.3.2 Der Aufstand der Zeichen ................................ 69 4 Der Tod, die Arbeit und das Unbewusste ....................... 73 4.1 Der Tod und die Macht ......................................... 74 4.1.1 Der Tod in vormodernen Gesellschaften ................... 74 4.1.2 Die Ausweisung der Toten und die Geburt der Macht ........ 76 4.2 Der Tod und die Arbeit ......................................... 79 4.2.1 Genealogie der Lohnarbeit ............................... 79 4.2.2 Von der Gabe zur Gegengabe: Baudrillards Todesrevolte ..... 82 4.3 Bausteine für eine Theorie des gesellschaftlichen Unbewussten ..... 85 4.3.1 Das Unbewusste ist gesellschaftlich ....................... 85 4.3.2 Das Reale, das Imaginäre und das Symbolische ............. 88 5 Theorie der Simulation ....................................... 95 5.1 Simulationstheorie als Geschichte der Zeichen .................... 96 5.1.1 Simulation und Simulakrum .............................. 96 5.1.2 Die vier Stufen des Bildes ................................ 100 5.1.2 Die drei Ordnungen der Simulakren ....................... 101 5.2 Die göttliche Referenzlosigkeit der Bilder ........................ 105 5.2.1 Die Unentscheidbarkeit der Bilder ........................ 105 5.2.2 Realitätseffekt und Hyperrealität .......................... 109 5.2.3 Das vierte Simulakrum der Fraktalität ..................... 112 5.3 Ursachen der Simulation(cid:3032)? ...................................... 114 5.3.1 Simulation als ökonomischer Effekt(cid:3032)? ...................... 114 5.3.2 Simulation als Medieneffekt(cid:3032)? ............................. 115 5.3.3 Simulation als Systemeffekt(cid:3032)? ............................. 118 5.3.4 Simulation, der Tod Gottes und das Ende des Symbolischen .............................. 119 6 Geschichte im Zeitalter der Simulation ........................ 123 6.1 Jenseits der Ökonomie, der Macht und des Sozialen ............... 124 6.1.1 Die politische Ökonomie als Simulationsmodell ............ 124 6.1.2 Oublier Foucault ........................................ 125 6.1.3 Das Ende des Sozialen und das Transpolitische ............. 129 7 6.2 Posthistoire: Nach dem Ende der Geschichte ...................... 133 6.2.1 Anfang und Ende der Geschichte .......................... 133 6.2.2 Nach der Orgie – das Posthistoire ......................... 135 6.2.3 Baudrillard – ein postmoderner Denker(cid:3032)? ................... 138 6.3 Jenseits des Krieges ........................................... 142 6.3.1 Der Golfkrieg hat nicht stattgefunden ...................... 142 6.3.2 Das World Trade Center hat es gegeben .................... 144 6.3.3 Sehnsucht nach dem Ereignis oder: Die Baudrillard’sche Wette ............................... 148 7 Metaphysik am Ende der Welt ................................ 151 7.1 Von der Verführung und anderen Dingen ......................... 152 7.1.1 Verführung, Duell, Illusion ............................... 152 7.1.2 Die Tücke des Objekts und die fatalen Strategien ........... 156 7.2 Die Illusion der Welt ........................................... 159 7.2.1 Der unmögliche Tausch und das Ende der Welt ............. 159 7.2.3 Das Prinzip des Bösen ................................... 161 7.3 Für eine poetische Übertragung der Situation ..................... 163 7.3.1 Die poetische Übertragung der Situation ................... 163 7.3.2 Baudrillard und die Kunst ................................ 165 7.3.3 Von der Zauberkraft des Bildes: Baudrillard und die Fotogra(cid:191) e ............................ 169 7.3.4 Das radikale Denken und die ’Pataphysik .................. 174 7.4 »(cid:3032)Baudrillard’s one great thought(cid:3032)« ............................... 180 Literaturverzeichnis ............................................... 187 Siglenverzeichnis ................................................... 187 Werke von Jean Baudrillard . ......................................... 188 Sekundärliteratur ................................................... 192 Weitere verwendete Literatur ........................................ 204 Personenregister .................................................. 215 Sachregister ....................................................... 219 Einführung Wer heute den Fernseher einschaltet, ist vermutlich hin und her gerissen zwischen zwei sich widersprechenden Erfahrungen. Immer wieder scheint inmitten des dicht geknüpften Bilder- und Sprachgewebes der Massenmedien einmal etwas durch, das den Blick fesselt und auf eine außerhalb des Apparates liegende politi- sche und soziale W irklichkeit verweist: Aufstände, R evolutionen, N aturkatastro- phen, Ereignisse im starken Sinne des Wortes. Sie sind es, die uns bei der Stange halten und das Gegengewicht zu jener zweiten Erfahrung bilden, die uns die M as- senmedien vermitteln. Denn die meiste Zeit über erschöpft sich das Sperrfeuer der Z eichen in einer eher unwirklich daherkommenden Mischung aus Politiker- sprech, Werbespots, modernen Gladiatorenspielen und Konservengelächter. Dazu der seltsame Anblick einer ganzen Klasse von Menschen, die vor den Augen der Kameras ein zweites Leben führen, das längst ihr erstes geworden scheint: Men- schen, deren Lebenszweck vornehmlich darin besteht, dass sich ein Publikum um sie schart, sei es in der Seifenoper, im Reality-TV, im Sport, im Musikantenstadl, in der Politik oder in der Mode. Auch für die Konsumenten selbst ist die massen- mediale Bilderwelt zur eigentlichen Welt avanciert, in der freilich umso weniger passiert, je wilder geschossen wird. Mitten im Zentrum unserer Kultur (cid:192) ießt ein referenzloser Zeichenstrom, dessen unaufhörliche Kreisbewegung jedes Ereignis zu verschlucken oder bereits im Vorfeld zu unterbinden sucht. Es ist die zweite dieser sich widersprechenden Erfahrungen, die den franzö- sischen Soziologen und Philosophen Jean Baudrillard (1929–2007) beschäftigt hat. Baudrillard ist der Theoretiker der m odernen (oder p ostmodernen) Medien- gesellschaft schlechthin: Diagnostiker einer gleichermaßen aus den Fugen ge- ratenen wie ereignislosen Gesellschaft, die in selbstgeschaffenen Welten lebt und sich in ihnen verloren hat. Er ist der Denker der ›(cid:3032) Simulation(cid:3032)‹ und der ›(cid:3032) Simulakren(cid:3032)‹, ein Soziologe des Konsums, ein Philosoph des Endes der Geschichte, aber auch ein Metaphysiker des Ereignisses – und nicht zuletzt ein K ritiker der kapitalisti- schen Ökonomie in ihrem höchsten, dem ›(cid:3032) transökonomischen(cid:3032)‹ Stadium. Weitgehend unstrittig gilt Baudrillard als einer der wichtigsten und pro(cid:191) lier- testen Vertreter jenes ›(cid:3032)französischen Denkens(cid:3032)‹ der letzten Jahrzehnte, das außer- halb Frankreichs unter dem Etikett des ›(cid:3032) Poststrukturalismus(cid:3032)‹ gehandelt wird. Trotzdem, oder gerade deshalb, polarisieren nur wenige Denker die intellektuelle Landschaft so stark wie er. Für die einen ist Baudrillard »(cid:3032)derjenige Theoretiker der siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts, der den D iskurs über den S. Strehle, Zur Aktualität von Jean Baudrillard, DOI 10.1007/978-3-531-93004-6_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2012 10 Einführung Ein(cid:192) uss der M assenmedien auf höchstem Niveau vorangetrieben hat(cid:3032)« (Horacek 2000: 156), für andere dagegen gilt er als »(cid:3032)Leit(cid:191) gur des diffusen, Differenzen löschenden Postmodernismus(cid:3032)« (Welsch 1986: 153). In jedem Fall hat sein Denken hohe Wellen geschlagen: Der Soziologe Zygmunt Bauman (1992: 181) bezeichnet ihn als denjenigen »(cid:3032)Theoretiker, von dem man seit einem oder zwei Jahrzehnten am meisten spricht(cid:3032)«. Wie kaum ein anderer Denker der letzten Jahrzehnte hat Baudrillard das Lebensgefühl seiner Epoche geprägt; bis weit in die P opulär- kultur hinein – man denke nur an den Spiel(cid:191) lm The Matrix (1999), in dem ein ausgehöhltes Buch Baudrillards als Geheimversteck dient – haben seine Ideen intellektuellen Nachhall gefunden.1 Trotz seiner enormen Popularität aber ist Baudrillard bis heute ein im Grun- de nur wenig gelesener Autor. Im Vergleich zu den übrigen Denkern aus dem Golden Age des französischen Poststrukturalismus wie Michel Foucault, Jacques Derrida oder Gilles Deleuze ist Baudrillards Werk, so muss man feststellen, vor allem hierzulande noch kaum verarbeitet. Mit dafür verantwortlich ist wohl nicht zuletzt sein eigentümlich wilder, bisweilen fast literarischer Stil, der vor allem das akademische Publikum verstört haben dürfte. Immer wieder spielt er mit sei- nen Lesern, verführt und verwirrt sie mit bisweilen grotesk überspitzten Pointen, nahezu unhaltbaren Assoziationen, haarsträubenden Analogien, allzu gewagten Schlussfolgerungen sowie manchen inneren Widersprüchen. Erst recht der hohe Abstraktionsgrad und die enorme Komplexität seiner Gedanken erschweren selbst geneigten Lesern den Zugang. Eine kleine Hilfe zur weiteren Beschäftigung mit Baudrillard bietet das vorliegende Buch. Es erläutert und erklärt zentrale Begriffe und Theorieannah- men, kontextualisiert diese vor ihrem werk-, zeit- und theoriegeschichtlichen Hintergrund und beleuchtet die vielfältigen Ein(cid:192) üsse anderer Denker wie Henri L efebvre, Roland B arthes, Guy D ebord, Georges B ataille, Michel F oucault, Fer- dinand de Saussure oder Karl Marx. Im Zentrum steht dabei die Arbeit an den Baudrillard’schen Texten selbst. Schritt für Schritt führt das Buch (so weit wie möglich chronologisch, vor allem aber systematisch) in die wichtigsten Schriften und Themen ein – angefangen bei Baudrillards frühen konsumsoziologischen Analysen über die simulationstheoretischen und geschichtstheoretischen Texte bis hin zu den metaphysischen und ästhetischen Aspekten seines späten Werkes. Bei alledem wird Baudrillard kritisiert und hinterfragt, wo immer es nötig und angebracht erscheint; grundsätzlich aber wird dem umstrittenen Denker hier mit wohlwollender Offenheit begegnet. Die Darstellung richtet sich gleichermaßen an Studierende, die eine verständ- liche Einführung in das Werk des schwierigen Denkers suchen, wie auch an For- 1 Zu The Matrix vgl. die Infobox auf S. 107 f.

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