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Zum Problem von Lagrange: Vier Vorträge Gehalten im Mathematischen Seminar der Hamburgischen Universität (7.–24. Juli 1928) PDF

31 Pages·1928·1.24 MB·German
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ISBN 978-3-663-15173-9 ISBN 978-3-663-15736-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-15736-6 Zum Problem von Lagrange. Vier Vorträge von JOHANN RADON in Erlangen, gehalten im llathematisohen Seminar der Hamburgisohen Universität (7.-24. Juli 1928). Das Problem der Variationsrechnung, das man heute allgemein nach LAGRANGE benennt, findet in der Literatur eine etwas ungleich mäßige Behandlung. Die neueren Lehrbücher beschränken sich meist darauf, nach Aufstellung der Differentialgleichungen des Problems die etwa durch die Schlagworte Extremalenfeld und E-Funktion gekenn zeichneten hinreichenden Bedingungen des Extrems zu entwickeln, und widmen der Theorie der zweiten Variation wenig oder keinen Raum; nur das bekannte Lehrbuch von BoLZA (Vorlesungen über Variations rechnung, Leipzig u. Berlin 1909) geht ausführlich auf diesen Punkt ein. Dieser Umstand Jiegt in der Natur der Sache begründet; die Theotie der zweiten Variation beim Problem von LAGRANGE, von CLEBSCH1) zuerst entwickelt, von A. MAYERz) in wesentlichen Punkten ergänzt und von v. EscHERICH8) zu einem gewissen Abschluß gebracht, hat in der Form, wie sie in den Schriften der eben genannten Verfasser vorliegt, einen recht komplizierten und wenig übersichtlichen Charakter. Außerdem ist die Theorie der konjugierten Punkte trotz der weit gehenden Ergebnisse von v. EscHERICH nicht so weit ausgebaut, als es wünschenswert wäre. Nun war es mir im Vorjahre') gelungen, gerade den letztgenannten Punkt in formal recht durchsichtiger Art zu erledigen; ich begrüßte daher die Einladung der Harnburgischen Universität zu einer Reihe von Vorträgen über Variationsrechnung besonders freudig und will mich meiner Aufgabe im folgenden in dem Sinne entledigen, daß ich eine Theotie der 2. Variation in der Form entwickle, die mir die einfachste scheint und gleichzeitig zu meinen eben erwähnten Ergebnissen führt. Voraus leite ich kurz die Gleichungen von LAGRANGE in der derzeit einfachsten mir bekannten Weise ab, um eine gewisse Abrundung zu erzielen. Nebenher will ich besonders auf die Anwendungen der Gruppen theorie in der Variationsrechnung hinweisen, einen Gegenstand, dem die Lehrbücher wenig Beachtung schenken. 1) CREJ.LES Journal, Bd. 55 (1858). 2) CnELLES Journal, Bd. 69 (1868). 3) Wiener Sitzungsberichte, Bd. 107 (1898), 108 (1899). 4) 1111nchener Sitzungsberichte, Bd. 57 (1927). 2 J. Radon. Erster Vortrag: Die Gleichungen von Lagrange und die Grenzformel. Die Probleme der Variationsrechnung mit einer unabhängigen Veränderlichen lassen sich ungezwungen an eine Frage über unter bestimmte Systeme von Differentialgleichungen anschließen. Sei ein "Kurvenbogen C0" durch die Gleichungen dargestellt: a < x < b, i=1,2, ... ,n wo die y~ (x) mit ihren ersten Ableitungen stetig sein sollen. Er genüge < den m n Differentialgleichungen: (M) /11 = 1,2, ... ,m. Wir setzen dabei die Funktionen f!p mit ihren Ableitungen nach den yi als stetig voraus in einer "Umgebung erster Ordnung" von Co: < wobei ~(x), ~'(x) für a-~ x<a durch ~(a), ~'(a), für b<x + < b ~ durch 11J (b), '!Ii' (b) zu ersetzen sind. Ferner sollen die m reihigen Determinanten der Matrix: (~) ayi in keinem Punkte von Co gleichzeitig verschwinden. Der Bogen Co soll nun bezüglich (M) "frei" heißen, wenn es möglich ist, von denselben Anfangswerten (a, yiJ (a)) aus einen ebenfalls dem System (M) genügenden Kurvenbogen nach einem beliebigen Endpunkte (b, Yi) zu ziehen, wenn die ri zu den yiJ (b) hinreichend benachbart sind. Andernfalls heiße Co bezüglich (M) "gebunden". Wir suchen notwendige Bedingungen dafür, daß Co bezüglich (M) gebunden ist. Wir wenden dazu eine von Buss6) stammeRde Methode an: zu den m Funktionen f!p bestimmen wir zuerstn-mweitere f!m+l, ••• , "." derart, daß auch f!m+l • ·. f!n mit ihren Ableitungen nach den y~ stetig sind und daß die Funktionaldeterminante: a( rpl fj2 .•. rpn) ..1 = ar IJ.ill Y2' .. • Yn') längs Co nicht Null wird. Das geht, wie man unschwer einsieht, unter den eingeführten Voraussetzungen immer. Längs C haben die Funk- 0 5) Trans. Amer. Math. Soc., Bd. 19 (1918). Problem von Lagrange. 3 tionen 'Pm+l • • • 'Pn gewisse Werte c.Jm+l (x) · · · CtJn (x), die stetige Funk tionen von x sind. Co genügt also den Differentialgleichungen: 'Pt (xyy') = 0, 'Pm (xyy') = 0, (B) 'Pm+l (xyy') = 6Jm+l (x), 'Pn (xyy') = 6Jn (x). Um jetzt Co unter Einhaltung von (l\1) zu "variieren", genügt es, die oo zu variieren und das neue System (B) von Differentialgleichungen unter Erhaltung der Anfangswerte Yi (a) zu integrieren. Zweckmäßig machen wir dabei die oo von n Parametern e1 ••• En linear abhängig, setzen also in einheitlicher Schreibweise: (B') z=1,2,···,n, = mf = 0 für i = 1, 2, ... , m. flli (Wir benutzen die bekannte Vereinbarung, Summationen nach doppelt auftretenden Stellenzeigern nicht anzuschreiben.) Die Lösungen von (B'), die die Anfangsbedingungen: erfüllen, seien mit Yi(x, e1 • • • En) bezeichnet. Unter Benutzung der Ergebnisse von GRüNWALL 6) folgt, daß diese Funktionen mit ihren Ab leitungen nach sämtlichen Veränderlichen sowie mit den Ableitungen 0 °2~i = 0 °2~i in dem Gebiete a <X< b, !eil< E (e genügend klein) X E(! E(! X - - - stetig sind. Nun wird, wenn Co bezüglich M gebunden ist, für keine Wahl der mf (x) die Determinante: 0 (yl _:__:_ • Yn) :f O o (e Ev) 1 • • • sein dürfen. Denn sonst könnten wir ja die Gleichungen Yi(b, e) = Yi für zu den y<J (b) benachbarte Yi stets auflösen. Schreiben wir kurz: ( oY i ) = ''I~ (x) , , 0 Ek E=O I 6) Annals of Math. (2), 20, (1919). 4 J. Radon. so genügen die "'~(x) den Differentialgleichungen: und den Anfangsbedingungen: 1J~(a) = 0. Es werde nun das zu diesem System "adjungierte System" : (A.) betrachtet. Es hat n linear-unabhängige Lösungssysteme: ;.}, ;.L ... , ;.~ (i= 1,2, ... , n). Für jedes von ihnen gilt offenbar: _!_ ().Ii' "'hk ) -- ).I! k dx i Piy~ i 00i oder: b ;.q rp. , "hk I = J;.q (J)~ dx. t tYA 'I b t t a Da weder die Determinante I; .l I noch Ir piy~ I für x = b Nnll ist, folgt: das Verschwinden von 111~ I für x = b ist gleichbedeutend mit dem der Determinante: Ist also Co gebunden bezüglich (l'YI), so muß die letztgenannte Deter minante für alle stetigen Funktionen (J>~(x) (w~ = 0 für i = 1, 2, ... , m) Null sein. Hieraus folgt durch eine leichte Überlegung: Es gibt ein Lösungs system (J.1, • •• , Än) von (A), wobei nicht alle ;.i Null sind, so daß: für alle stetigen (J>I! mit w1 = w2 = · · · = wm = 0. Das heißt aber, daß Äm+l = · · · = Än = 0 sein müssen. So folgt: Zu jeder "gebundenen" Lösung von (M) existieren Multiplikatoren J.1 (x) ... Äm (x), die nicht sämtlich identisch Null sind. Sie sind stetige Funktionen von .x und erfüllen die Gleichungen: Problem von Lagrange. 5 :). ;: (~ ~', ~ ~ ~: (D) a<x<b Um nun auf das Problem von LAGRANGE zu kommen, führen wir eine weitere unbekannte Funktion y ein, die mit x, Y1 . · • Yn durch die 0 Differentialgleichung: y{,-f(x, Y1 · · · Yn, y). .. · y~) = 0 verknüpft ist. f soll den analogen Stetigkeitsvoraussetzungen genügen wie die Pi· Als Anfangswert von y werde Null vorgeschrieben. Es 0 ist dann: Jb Yo(b) =I= f(xyy')dx. a Soll nun der Bogen Go eim Extremum des Integrals I unter den Nebenbedingungen (M) liefern, wobei die Endpunkte von G fest bleiben, 0 so wenden wir das gewonnene Ergebnis auf den Bogen G~ an, der durch J:z: (06) Yi = yl/ (x), Yo = f(xyo yO') dx gegeben ist. Er muß bezüglich des Systems: rpp. (x, y, y') = 0 (M') = y~-f(xyy') 0 offenbar gebunden sein. Also existieren Multiplikatoren l0, .l1 ~ • • • , lm, die den Gleichungen genügen: ~~ = 0, lofv,+l(l fJI(lv,- :x (lofv;+l(J fJI(lv;) = 0 genügen. Da l konstant ist, können wir - von l = 0 abge 0 0 sehen - lo = 1 voraussetzen und erhalten so die Gleichungen von LAGRANGE, die man zweckmäßig in folgender Form zu schreiben pflegt: F(x, y, y', l) = f+l(J rp(l, (L) iiFv; Fv,-----a:;:- = 0. Die Kurven, welche (M) und (L) befriedigen, heißen die Extremalen des Lagrangeschen Problems. Ein Extremalenbogen G der so beschaffen 0, ist, daß die Gleichungen (D) für ihn nur durch l1 = ... = lm = 0 ösbar sind, heißt normal, andernfalls wird er als anormal bezeichnet. 6 J. Radon. Es sei eine Kurvenschar vorgelegt: Yi = Yi (x, E), < < Der Bogen x1 (E) x x1 (E) dieser Kurven sei mit Oe bezeichnet. xdE ) und a:s (E ) sollen dabei zwei stetig differenzierbare Funktionen mit X1 (0) = a, a:s (O) = b sein. Die Kurvenbogen Oe s~Yllen (M) erfüllen und es soll 0 mit dem früher ebenso bezeichneten Bogen identisch sein. 0 Dann werde gesetzt: ~J(a) I(E) = f(x, y(x, E), y' (x, E)) dx :!:t(•) und die "erste Variation" von I bzw. von den Endkoordinaten (x1, y1) bzw. (x1, y1) durch: 0 X1 (E)) ~!L=o' ( «YI = { dx1 OE 1=0 1 _ ( OXJ (E)) •=o ' oE definiert. Ist 0 eine Extremale, so erhält man in bekannter Weise 0 (man addiert zuerst ~u f unter dem Integral die Summe Ä.<' cp<' und inte griert nach der Differentiation nach E partiell) die Grenzformel: Diese Grenzformel erlaubt in gewissen Fällen, Integrale der Gleichungen von LAGRANGE anzugeben, und zwar dann, wenn das Va riationsproblem gegenüber einer Gruppe von Punkttransformationen in variante Eigenschaften besitzt. Um mit dem einfachsten Fall zu beginnen, sei I gegenüber den Transformationen einer eingliedrigen Gruppe invariant, ebenso das System (M). Dann wenden wir auf den Extremalenbogen 0 die Trans 0 formationen der Gruppe an und erhalten gerade eine solche Schar 0 1, wie wir sie oben betrachtet haben. dx, Jyi gibt dann die infinitesimale Transformation der Gruppe. Aus der Invarianz von I folgt sogleich : (F-y~ F"i) dx+ F11j dyil ~ = 0, XI d. h. es ist (N) (F-yiF11j) «Yx+F11j dyi längs jeder Extremale konstant. Also ergibt sich: Sind I und (M) gegen über den Transformationen einer eingliedrigen Gruppe mit der infini tesimalen Transformation Problem von Lagrange. 7 a a dx-+dyi- ax ayi invariant, so ist (N) ein Integral der Gleichungen von LAGRANGE 7). So liefert z. B. das Variationsproblem, ein Integral der Form: b JJ(k)ds a zum Extrem zu machen (k die erste Ki'iimmung, s der Bogen einer Raumkurve), unter Heranziehung der Bewegungsgruppe 6 Integrale der Lagrangeschen Gleichungen. Ich habe darüber hinaus zeigen können8), daß in diesem Falle . die Integration auf Quadraturen zurückgeführt werden kann. Etwas allgemeiner ist folgender Satz: bei der infinitesimalen Trans formation der Gruppe trete zu fdx additiv ein vollständiges Differential dW(x, y). (M) sei wieder invariant. Dann folgt ebenso wie oben: (F-y~F11;) dx+ F11; dyi-W(x, y) ist ein Integral der Gleichungen von LAGRANGE. Auf Grund dieser Bemerkung ergeben sich z. B. die 10 Integrale der Dynamik eines Punktsystems, dessen Potential V zeitunabhängig und bewegungsinvariant ist. Betrachten wir nämlich das Wirkungsintegral: t, f (T-V)dt, tl wo T die kinetische Energie ist und sein Verhalten bei der Gruppe der "Galileitransformationen ". Bei den Bewegungen sind T und V invariant, ebenso bei der Transformation t = t+ c, x = x, y = y, z = z. Nun sind noch die Transformationen vom folgenden Typus zu untersuchen: x = x+ ct, y = y, z = z, t = t. V bleibt wieder invariant, aber T ändert sich. Und zwar verhalten sich die einzelnen Glieder von T so: ~ [(~~r+ (~~r+ (~irJ [(dXi) +( dyi) +( dZi) + . + ffli 2 2 2] dXi mi .I - 2 dt dt dt fni c dt 2 c. 7) Vgl. E. NoETHER, Invariante Variationsprobleme, Gött. Nachr. 1918. 8) BLASCHKE, Differentialgeometrie, 1. Bd., Berlin 1921, S. 35ff.

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