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Zukunftsgenese: Theorien des zukünftigen Wandels PDF

294 Pages·2012·2.186 MB·German
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Zukunftsgenese Victor Tiberius (Hrsg.) Zukunftsgenese Theorien des zukünftigen Wandels RESEARCH Herausgeber Victor Tiberius Bernhard Schmidt Voestalpine Langenhagen, Deutschland Linz, Österreich Springer VS ISBN 978-3-531-17675-8 ISBN 978-3-531-93327-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-93327-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vs.de Vorwort Wie wird die Gesellschaft sein, in der wir in zehn, 20, 50 oder 100 Jahren leben? Werden wir ein Heer von Individualisten sein, die atomistisch nebeneinander existieren oder gar gegeneinander kämpfen werden – oder wird das Gemein- schaftsgefühl stärker werden? Werden sich die Nationalstaaten auflösen und einer Weltregierung Platz machen – oder erleben wir verstärkten Protektionis- mus? Werden die Menschen mehr an Religion und Mystik glauben – oder nimmt die Rationalität zu? Wie wird der technische Fortschritt unser Leben verändern? In welchen Abstimmungsmodalitäten werden wir weitreichende Ent- scheidungen treffen? Die Liste der spannenden Fragen, die Menschen, Unter- nehmen und andere Organisationen sowie Regierungen bewegen, ist so umfas- send wie die soziale Realität. Trotz noch so großen Erkenntnisinteresses ist keine dieser Fragen mit abschließender Sicherheit zu beantworten. Für die Gesellschaft von morgen können verschiedene Szenarien formuliert werden. Wir können mögliche und wahrscheinliche Zukünfte explorieren und wir können darüber diskutieren, welche davon wünschens- oder vermeidenswert sind. Ein Vorherwissen ist unmöglich – eine Vorausschau notwendig, um Entwicklungen in lebenswerte Richtungen zu steuern und Gefahren abzuwenden. An Szenarien zur Beschreibung der zukünftigen Gesellschaft mangelt es nicht. Fachlich versierte Experten aus den verschiedenen Wissenschaftsdiszi- plinen, interdisziplinär arbeitende Zukunftsforscher und leider auch viele Schar- latane formulieren sie für Organisationen in Wirtschaft und Politik. Auch in der Kunst finden sich Zukunftsszenarien, insbesondere in der utopischen Science- Fiction-Belletristik und entsprechenden Filmen. Doch Szenarien sind lediglich Zustandsbeschreibungen. Zum einen stellen sie mögliche, plausible und wahrscheinliche Zustände dar, die also eventuell zu einem Zeitpunkt in der Zukunft gelten. Sie umfassen jedoch nicht den Zeitraum von der Gegenwart bis zur gewählten Zukunft, in dem die Transformation von Zustand 1 zu Zustand 2 vonstattengeht. Zum anderen – und damit eng zusam- menhängend – handelt es sich um reine Beschreibungen, mithin: nicht um Er- klärungen, die theoretisch erläutern, weshalb und wie der Wandel stattfindet. 6 Vorwort Mit diesen Defiziten setzt sich der vorliegende Band auseinander. Anstelle von Zustandsbeschreibungen strebt er Transformationserklärungen an. Um den zukünftigen Wandel der Gesellschaft zu erklären, bedarf es Theorien des zu- künftigen sozialen Wandels bzw. Theorien der Zukunftsgenese. Inwiefern ist – von der Gegenwart (nicht von der Vergangenheit) ausgehend – die Veränderung der Gesellschaft ein zufälliger, von externen bzw. gegebenen Faktoren abhän- giger oder ein willentlich gestalteter Prozess? Wer oder was treibt die Ent- wicklung voran? Wie konkret verläuft dieser Prozess? Diese Fragen muss eine Theorie der Zukunftsgenese beantworten können, um auf diese Weise nicht nur fertige Szenarien präsentieren, sondern auch deren Zustandekommen erklären zu können. Im vorliegenden Band haben sich ausgewiesene Kenner sozialwissen- schaftlicher Theorien des Wandels zusammengefunden, um das Potenzial dieser Theorien zur zukunftsgenetischen Erklärung auszuloten. Der Autorin und den Autoren danke ich herzlich für ihr Einlassen auf dieses anspruchsvolle Unter- fangen und für ihre kompetenten und wertvollen Beiträge zur explorativen Beantwortung des Erkenntnisproblems. Ich bedanke mich wieder herzlich bei meinem langjährigen Lektor Herrn Dr. Bernd Knappmann für das stets sorg- fältige Lektorat und Layout sowie bei Frau Anita Wilke vom VS Verlag für das angenehme Handling und die Betreuung des Projekts. Ich wünsche den Leserinnen und Lesern eine spannende Lektüre sowie interessante Erkenntnisse und hoffe, dass der vorliegende Band zu weiter- gehenden Forschungsbemühungen Anlass gibt. Berlin und Potsdam, im Oktober 2011 Victor Tiberius Inhaltsverzeichnis Vorwort...............................................................................................................5 I. Einführung Victor Tiberius Theorien des Wandels – Theorien der Zukunftsgenese?....................................11 II. Theorien der Zukunftsgenese Frank E. P. Dievernich Pfadabhängigkeitstheoretische Beiträge zur Zukunftsgestaltung.......................57 Michael von Engelhardt Möglichkeiten und Grenzen der Prognose im Symbolischen Interaktionismus.................................................................................................73 Hardy Frehe Baumans Soziologie der flüchtigen Moderne....................................................91 Detlef Horster Luhmann und die nächste Gesellschaft............................................................107 Jörn Lamla und Henning Laux Die Theorie reflexiver Modernisierung. Ein Blick zurück in die Zukunft.......129 Stefan Lange Etzionis Theorie der normativen Integration und gesellschaftlichen Steuerung. Schlussfolgerungen für Zukunftsbewertung und -gestaltung...........................143 8 Inhaltsverzeichnis Stefan Müller-Doohm Zukunftsprognose als Zeitdiagnose. Habermas’ Weg von der Geschichtsphilosophie zur Evolutionstheorie bis zum Konzept lebensweltlicher Pathologien............................................................................159 Georg W. Oesterdiekhoff Modernisierung und Zukunftschancen der Gesellschaften. Der Beitrag der Zivilisationstheorie und der strukturgenetischen Soziologie zur Prognose sozialen Wandels..............................................................................................179 Gernot Saalmann Zur Zukunftsgenese in Bourdieus Theorie der Praxis......................................199 Anna Schwarz Trendvorausschau in Ogburns Modell des technologisch-sozialen Kreislaufs211 Fernando Suárez Müller Postmoderne als Zukunft ohne Ankunft. Das endlos Kommende in der postmodernistischen Philosophie.....................................................................231 Victor Tiberius Pfadbrechung und Pfadkreation als zukunftsgenetische Ansätze. Geplante Pfademergenz als restriktiv-indeterministischer Mittelweg..............263 Victor Tiberius und Christoph Rasche Zur Antizipation sozialen Wandels mithilfe des strukturellen Netzwerkansatzes.............................................................................................273 Thomas Welskopp Kontingenz als Prognose. Die Modellierung von Zukunft in der Strukturierungstheorie à la Giddens.................................................................281 Autoren und Herausgeber.................................................................................297 I. Einführung Theorien des Wandels – Theorien der Zukunftsgenese? Victor Tiberius 1 Einführung Was wird die Zukunft bringen? Kaum eine Frage ist spannender, aber auch unbefriedigender zu beantworten. Wissen über die Zukunft wäre das nützlichste überhaupt.1 Man könnte sich auf das, was kommen wird, vorbereiten und ungünstigen Entwicklungen im Sinne eines Frühwarnsystems2 entgegentreten. Doch da die Zukunft ontologisch noch3 nicht existiert,4 ist auch jede sichere Erkenntnis über sie kategorisch unmöglich.5 In Zentrum eines jeden zukunfts- gerichteten Erkenntnisinteresses steht daher nicht das Vorherwissen (engl.: foreknowledge/precognition, franz.: prévision), sondern die auf alternative Möglichkeiten orientierte, explorative Vorausschau (engl.: foresight, franz.: prévoyance).6 Die Zukunftsforschung ist heute in der Lage, mithilfe zahlreicher7 ausge- feilter Methoden – von der einfachen Trendextrapolation über die Cross-Impact- Analyse, die Szenariotechnik und Simulationsmodelle bis zur Delphi-Methode –8 mögliche und wahrscheinliche Zukünfte9 oder genauer: Zukunftsvorstellungen10 1 Vgl. de Jouvenel (1967), S. 5; Bell/Olick (1989), S. 135; Bell (2003), S. 144. 2 Vgl. Kreibich (2000), S. 16. 3 Es kann auch gesagt werden, dass die Zukunft nie existiert, da sie, sobald sie eintritt, zur Gegenwart wird, so auch Serra del Pino (2002), S. 284. 4 Vgl. Prior (1967), S. 28 f.; Fowles (1978), S. ix; Rescher (1998), S. 70 f.; Grunwald (2009), S. 26; Tiberius (2011a), S. 66; Tiberius (2011c), S. 40. 5 Vgl. Amara (1978), S. 41; Amara (1981), S. 25; Michael (1985), S. 95; Bell/Olick (1989), S. 121, 125; Inayatullah (1990), S. 134; Coyle (1997), S. 77; May (1997), S. 229; Slaughter (1993), S. 304; de Jouvenel (2000), S. 57; Kreibich (2000), S. 9; Dator (2002), S. 7; Slaughter (2002), S. 27; Bell (2003), S. 148; Göpfert (2006), S. 4, m. w. V.; Hideg (2007), S. 39. 6 Vgl. de Jouvenel (1967b), S. 15, m. w. V.; Rescher (1998), S. 53 f.; Tiberius (2011a), S. 75; Tiberius (2011c), S. 46. 7 Kreibich (2000), S. 10, spricht von mehr als 200 zukunftsgerichteten Methoden aus den unterschiedlichsten Disziplinen. 8 Für eine kurze Charakterisierung dieser zentralen Methoden vgl. Tiberius (2011a), S. 91 ff.; Tiberius (2011c), S. 62 ff. 9 Vgl. für viele Kahn/Wiener (1967), S. 3; Coates (1985), S. 21; Masini (1988), S. 17; Slaughter (1993), S. 290, 295; Dator (2002), S. 6; Bell (2003), S. 106; Göpfert (2006), S. 4, 6, m. w. V.; Schüll (2006), S. 2, 27; Tiberius (2011a), S. 66 f.; Tiberius (2011c), S. 41. V. Tiberius (Hrsg.), Zukunftsgenese, DOI 10.1007/978-3-531-93327-6_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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