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Zukunft der Soziologie des Alter(n)s PDF

302 Pages·2002·14.5 MB·German
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Zukunft der Soziologie des Alter(n)s Reihe Alter(n) und Gesellschaft Herausgegeben von Gertrud M. Backes Wolfgang Clemens Band 8 Gertrud M. Backes Wolfgang Clemens (Hrsg.) Zukunft der Soziologie des Alter(n)s Leske + Budrich, Opladen 2002 Gedruckt auf säurefreiem und alters beständigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. ISBN 978-3-8100-3572-1 ISBN 978-3-322-97569-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97569-0 © 2002 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung au ßerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un zulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für VervielfaItigungen, Übersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhaltsverzeichnis Gertrud M. Backes und Wolfgang Clemens Welche Zukunft hat die Soziologie des Alter(n)s? .......................................... 7 Fran~ois Höpjlinger Alternssoziologie und Generationenfragen - Entwicklungen und Verknüpfungen ........................................................... 33 Gerd Göckenjan Die Bedeutung der Geschichte des Alters in der Soziologie des Alters ....... .47 Friedrich Fürstenberg Perspektiven des Alter(n)s als soziales Konstrukt ......................................... 75 Klaus R. Schroeter Zur Allodoxie des "erfolgreichen" und "produktiven Alter(n)s" ................... 85 Gertrud M. Backes "Geschlecht und Alter(n)" als künftiges Thema der Alter(n)ssoziologie .... 111 Christian Tagsold, Shingo Shimada, Ste/an Blüher und Manjred Stosberg Solidarität und Alter(n) im interkulturellen Kontext - Die Pflegeversicherung im deutsch-japanischen Vergleich ...................... 149 Harald Künemund Sozialstaatliche Leistungen und Familienbeziehungen im Alter - Verdrängung oder Ergänzung? ................................................................. 167 6 Inhaltsverzeichnis Ludwig Amrhein Machtbeziehungen und soziale Konflikte in der stationären Altenpflege ... 183 Thomas Lampert und Ineke Moos Sozial selektives Überleben ins und im Alter .............................................. 219 Leopold Rosenmayr und Franz Kolland Altem in der Großstadt - Eine empirische Untersuchung über Einsamkeit, Bewegungsarmut und ungenutzt Kulturchancen in Wien ........ 251 Hans-Joachim von Kondratowitz Entwicklung und Perspektiven einer "Cultural Gerontology" - Zwischenkritik einer europäischen Bewegung ......................................... 279 Fred Karl Altemssoziologie und sozial-und verhaltens wissenschaftliche Gerontologie - gegenseitige Impulse .......................................................... 293 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren .................................................... 307 Welche Zukunft hat die Soziologie des Alter(n)s? Gertrud M. Backes und Wolfgang Clemens 1. Einführung Die Soziologie befmdet sich immer wieder - ganz anders als andere Wissen schaften - in einer Situation der Begründung und Legitimation, häufig sogar der mehr oder weniger direkten Verteidigung ihrer Existenz, ihrer Sichtwei sen, Fragestellungen und Ansätze. Dies hängt, wie wir wissen, zum einen mit dem besonderen Gegenstandsbereich und der besonderen Perspektive der Soziologie zusammen - mit ihrer Nähe zum Alltagsleben und damit vermeint lich auch zum Alltagsdenken, weil wir in der Soziologie selbst Teil des Ge genstandsbereichs sind, den wir untersuchen, weil soziologisches Wissen Teil gesellschaftlicher Realität ist und die Gesellschaft mit verändert. Zum ande ren drückt sich darin ihre prekäre Existenz im Rahmen sozialwissenschaftli cher, meist interdisziplinärer und anwendungsbezogener Fragestellungen aus, die Konkurrenz mit verwandten Wissenschaften, die "verwendungstaugli cher" scheinen - wie die Ökonomie oder Psychologie. Über eine fach- oder gegenstandsgebundene Notwendigkeit professionell angemessener Selbstreflektion hinaus waren und sind zum Teil heute noch Überlegungen zu Sinn und Notwendigkeit soziologischer Analyse zum einen aus den eigenen Reihen und zum anderen von außen defmiert. Sie sind damit in besonderer Weise sozial konstruiert. Hierdurch entsteht eine Problematik, die uns auch zu befassen hat, denn diese Selbst-und Fremddefmitionen haben - neben ihrer inhaltlichen Bedeutung - einen nicht unerheblichen wissen schajtspolitischen Charakter entwickelt. Selbst aus den eigenen Reihen der Soziologie wurde einerseits die Frage der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer Soziologie des Alter(n)s gestellt und damit eine explizite Begründungs- und Rechtfertigungssituation defmiert: Man denke nur an die frühen Zweifel von Leopold von Wiese, der eine auf Alter bezogene Soziologie als - aus den Vereinigten Staaten übernommene - Modeerscheinung abqualifIZierte und ihr keine Zukunft voraussagte (von Wiese 1954), oder Helmut Schelsky's These der Redundanz einer Alterssozio logie aufgrund seiner Einschätzung, Alter sei letztlich eine "biologische Grundbefmdlichkeit" (Schelsky [1959] 1965) und seine soziologisch relevan ten Dimensionen seien schnell zur Gänze analysiert. In Anbetracht der von seinem Schüler Rudolf Tartler ausgesprochen weitsichtigen zumindest impli- 8 Genrud M. Backes, Wolfgang Clemens ziten analytischen und empirisch fundierten Grundlegung des Alter(n)s als gesellschaftliche Problematik im Sinne einer neu anstehenden Vergesellschaf tung ließ sich bereits in die 1960er Jahren eine derartige Infragestellung der Soziologie des Alter(n)s nicht aufrechterhalten (vgl. Tanler 1961). Sie war jedoch symptomatisch für eine - zumindest im main stream - damals begin nende und danach Jahrzehnte währende Abwendung der zentralen Argumen tationslinien und Interessengegenstände der Soziologie von Alter und Altem. Alter und Altem wurden und werden häufig auch als Gegenstandsbereich von anderen speziellen Soziologien reklamiert - so z.B. von der Familien-, Le bens(ver)lauf- und Medizinsoziologie sowie der Biografie-und Sozialpolitik forschung (vgl. Amann 1993; Clemens 1998). Hätten nicht vor allem Leopold Rosenmayr und Martin Kohli, Manfred Stosberg und Anton Amann immer wieder in der Soziologie und zum Teil auch in der Gerontologie ihre originär soziologischen Fragestellungen zu Alter und Lebenslauf eingebracht, wäre in den späten 1960er Jahren, den 1970er oder auch noch 1980er Jahren eine deutschsprachige Soziologie des Alter(n)s kaum präsent gewesen. Die weitere Entwicklung einer soziologi schen Perspektive auf Alter(n) mit entsprechenden Fragestellungen hätte sich wohl überwiegend auf Fragen der Praxis und Lebenssituation älterer Men schen sowie anwendungsorientierter Alter(n)sforschung beschränkt (vgl. Kohli 1992). So wäre eine eigenständige spezielle Soziologie kaum möglich gewesen. 2. Zur Lage der Soziologie des Alter(n)s Die Soziologie des Alter(n)s befmdet sich im deutschsprachigen Bereich - trotz eines deutlichen Aufschwungs im letzten Jahrzehnt - noch immer (oder auch immer wieder?) in einer zumindest latenten - mittlerweile weniger selbst als fremd konstruierten - Legitimationssituation. Dies gilt trotz oder gerade wegen ihres unstrittigen Beitrags zu empirischen Analysen des Alter(n)s und ihrer untrennbaren Verwobenheit mit sogenannten gerontologischen Konzep ten, trotz einer fortschreitenden Institutionalisierung innerhalb der Soziologie als kognitivem und organisatorischem System und einer steigenden Flut von einschlägigen Veröffentlichungen. Im Rahmen sozialgerontologischen Lehrens und Forschens wird die Be deutung der Soziologie für das Thema ,,Alter" häufig nicht ganz deutlich. Der originär soziologische Beitrag ist das, wonach nicht nur Studierende manch mal sogar explizit fragen, und dies gerade dann, wenn sie sich z.B. in einem Raum befinden, dessen Pinwände und Tafeln gespickt sind mit soziologi schem Vokabular, soziologischen Grundbegriffen und Konzepten (wie soziale Ungleichheit, Sozialstruktur, Lebensstile, Milieus, Lebenslagen, Strukturwan- Welche Zukunft hat die Soziologie des Alter(n)s? 9 deI des Alters und sozialer Wandel der Gesellschaft, um nur wenige Beispiele zu nennen). Man könnte viel Zeit darauf verwenden, der Frage nachzugehen, wie es zu diesem bizarr anmutenden Zustand gekommen sein mag, was davon in der originären Stofflichkeit der Soziologie verwurzelt sein könnte, was wir unserer Nicht-Achtsamkeit als Soziologinnen und Soziologen innerhalb der Soziologie im Themenfeld Alter(n) oder in der Gerontologie verdanken, oder was schlicht einer geschickteren Professionalisierungsstrategie anderer Dis ziplinen zuzuschreiben ist. Doch anstelle einer (schwierigen) Ursachenanalyse erscheint es ratsamer, sich den Gegenwartsfragen und hieraus zu ersehenden Zukunftsaufgaben der Soziologie des Alter(n)s direkt zuzuwenden. Dazu bedarf es zum einen einer Selbstvergewisserung innerhalb des eigenen Faches - also der Beschäftigung mit der Frage, auf welcher Basis von soziologischem Know-how der Gegen standsbereich ,,Alter(n)" auch in Kooperation mit anderen Teildisziplinen der Soziologie zu bearbeiten sind. Und zum anderen bedarf es einer Analyse der Handlungsmöglichkeiten, die eine entsprechend gestärkte Soziologie des Alter(n)s zukünftig in multi- bzw. interdisziplinären Ansätzen zur Beantwor tung gesellschaftlicher Forschungsaufgaben entwickeln kann. Zumindest implizit wird dabei immer auch auf Elemente der bisherigen Entwicklung der Soziologie des Alter(n)s Bezug zu nehmen sein. Als Ausgangspunkt von Überlegungen zur Zukunft der Soziologie des Alter(n)s können einige Wahrnehmungen zur Stellung der Alter(n)ssoziologie in den letzten Jahrzehnten genommen werden: Der Gegenstandsbereich Alter(n) - insbesondere seine über individuelle und soziale Probleme hinaus reichende Bedeutung - galt lange Zeit ge sellschaftlich eher als Randphänomen, eine Betrachtungsweise, die auch aus der Disziplin der Soziologie heraus auf die damit befasste Teildiszip lin oder spezielle Soziologie abgefärbt hat. Aus der Sicht der Soziologie erschien Alter(n) vielfach als weniger rele vanter Analysegegenstand als beispielsweise alles, was im weitesten Sin ne mit Erwerbsarbeit und gesellschaftlicher ,,Produktivität" zusammen hing. Und aus der Sicht der Gerontologie hatten soziologische Beiträge zur Analyse von Alter(n) vielfach den Beigeschmack, vermeintlich einseitig die negativen Seiten des Alter(n)s heraus zu arbeiten. Die wachsende Bedeutung exakter empirischer Analysen des zunehmend auch sozialstrukturell differenzierten Alter(n)s, die stetig - in manchen Län dern auch sprunghaft - steigende Bedeutung des Alter(n)s für gesellschaftli che Entwicklung und für alle gesellschaftlichen Bereiche sowie das Erforder nis einer Erklärung dieser Entwicklung lassen Notwendigkeit und Sinn haftigkeit soziologischer Analyse des Alter(n)s mittlerweile in einem ganz anderen Licht erscheinen. 10 Gertrud M. Backes, Wolfgang Clemens Dennoch scheint die Gefahr nicht ganz gebannt, dass sich im Alltagsden ken zählebig noch immer verankerte Randständigkeitsdefinitionen des Ge genstandsbereichs mit der selbstreflexiven und von außen (z.B. aus der Ge rontologie) herangetragenen Begründungsfrage der Soziologie kombinieren. Hierin könnte auch ein Grund für die im Vergleich zu anderen vergleichbaren Sektionen relativ späte Institutionalisierung der Sektion ,,Alter(n) und Gesell schaft" zu sehen sein. Während die entsprechenden Deftnitionen aus den eigenen Reihen weitgehend der unübersehbaren Präsenz einer vielschichtigen gesellschaftlichen Alter(n)sproblematik im Sinne einer gesellschaftlichen Entwicklungsaufgabe und entsprechend auch einer zentralen soziologischen Analyseaufgabe gewichen sind, haben wir es heute eher mit entsprechenden Deftnitionen und Wirklichkeitskonstruktionen aus den Reihen anderer Dis ziplinen zu tun: Die bereits exemplarisch erwähnte (studentische) Frage nach dem origi när soziologischen Beitrag und seiner Notwendigkeit ist u.E. ein unmittelba res Produkt der verbreiteten, allerdings oberflächlichen, Soziologisierung sozial wissenschaftlichen Wissens im weitesten Sinne und der Gerontologie im Besonderen. Hier weiß man, dass zur angemessenen Problemanalyse nicht auf sozio logische Perspektiven verzichtet werden kann, man deftniert diese jedoch - wenn auch meist nicht explizit - als ,.im Grunde auch" durch andere Diszipli nen leistbar bzw. dort mit angelegt. Die oben angesprochene Nähe der Sozio logie zum Alltagsdenken dürfte hier - wenn man so will - eine verführerische Rolle spielen. Die letztlich in der Soziologie fußenden gerontologischen Kon zepte sind Legion. Als jüngeres Beispiel ließe sich die ökologische Geronto logie (vgl. Wahl et al. 1999) nennen, die häuftg für sich (zumindest implizit) eine soziologische Perspektive beansprucht, selbst wenn sie vor allem das alltägliche sachliche, infrastrukturelle und materielle - nicht das gesellschaft liche - Umfeld als Ökologie des Alters beschreibt und von gesellschaftlichen Rahrnenbedingungen, zumindest deren angemessener Analyse oder einem Verweis hierauf, weit entfernt ist bzw. sogar (möglicherweise aufgrund der Komplexität, die damit verbunden wäre?) bewusst absieht. Die eher oberflächliche, häuftg primär an Begriffen und knappen Kon zepten orientierte und darauf weitgehend begrenzte Soziologisierung der Gerontologie macht die o.g. Frage leicht nachvollziehbar. (Sie entspricht auf anderer Ebene der Soziologisierung der Alltagssprache, die ebenfalls zu einer Infragestellung der Notwendigkeit von Soziologie geführt hat, statt sich selbst bereits als deren Begründung wahrzunehmen.) Man spricht in der Gerontolo gie mittlerweile regelmäßig vom Schichtfaktor, von der sozialen Ungleichheit im Alter, von der Ökologie des Alters, .... ; was ist also von der Soziologie des Alter(n)s weiter zu erwarten? Reicht es nicht (um nur ein Beispiel zu nennen), dass man sich der zunehmenden sozialstrukturellen - neben der zunehmenden individuellen - Differenzierung des Alters und Lebenslaufs

Description:
Alter und Altern formen die Gesellschaft der Zukunft. Das Buch zeigt, dass aufgrund der Auswirkungen auf die Gesellschaft differenzierende Analysen der sozialen Realität des Alter(n)s eine wachsende Bedeutung erlangen und für die Zukunft die Weiterentwicklung einer entsprechenden Soziologie erford
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