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Zu Dramen Hugo von Hofmannsthals: Analysen Ihres Historischen Gehaltes PDF

279 Pages·1967·31.085 MB·German
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Zu Dramen Hugo von Hofmannsthals Analysen ihres historischen Gehaltes DISSERTATION Zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultat der Georg-August-Universitat zu Gottingen Vorgelegt von GERHART PICKERODT aus Kassel Gottingen 1967 Berichterstatter: Professor Dr. Peter Szondi Mitberichterstatter: Professor Dr. Walther Killy Tage der Iniindlichen Priifung: 18. und 19. Juni 1968 ISBN978-3-476-99650-3 ISBN978-3-476-99649-7(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-99649-7 Die vorliegende Dissertation ist unter dem Titel »Hofmannsthals Drarnen. Kritik ihreshistorischen Gehalts«irnBuchhandelerschienen. ©1967Springer-VerlagGmbHDeutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung 1967 »0, wer einmal jemand anders sein konnte! Nur 'ne Minute lang.« (Buchner, Leonce und Lena 1,1) »Keiner wird, was er nichtist.« (Hofmannsthal, Das Bergwerk zu Falun I) Irihaltsubersicht Vorbemerkung . 9 I Gestern 14 II Der Tod des Tizian 23 III Der Torund der Tod 34- IV Der wei13eFacher 46 V DieFrauimFenster . 58 VI Der Kaiser und die Hexe . 74- VII Das Bergwerk zu Falun 93 VIII Der Abenteurer und die Sangerin 109 IX Das gerettete Venedig 128 X Elektra 151 XI Odipus und die Sphinx . 172 XII Cristinas Heimreise 198 XIII Der Schwierige 213 XIV Der Unbestechliche 233 XV Der Turm 241 Literaturverzeichnis 269 Sachregister 273 Vorbemerkung Gemaf der Unterscheidung von »Kornmentar« und »Kritik«, die Walter Benjamin in seinem >Wahlverwandtschaften<-Aufsatz getroffen hat, ist die vorliegende Arbeit als kritische intendiert. Damit ist gesagt, daB Gegenstand der Untersuchung nicht das Corpus der dramatischen Werke Hofmannsthals seinkann, sondern stets nur das einzelneWerk. Nichtder Dramatikerals poetisches Subjekt, keine stoff-, motiv-, form- oder ideen geschichtlichen Zusammenhangeleitendas Erkenntnisinteresse, denn aIle diese FragenhatderKommentarzu erortern. DieKritik hingegen basiert auf dem Kornmentar", sie macht sich dessen Ergebnisse zunutze, um sie in spezifisch asthetische Probleme zu iibersetzen. Deren Konstruktion reflektiert die Werkstruktur als jeweils individueIle, und Kritik ist das Mittel ihrer Erkenntnis. Methode der Kritik ist die immanente Analyse, die weder phiinomenologisch orientiert ist noch subsumtionslogisch, die somit weder in unbegrifflicher Paraphrase sich erschopfen noch die Ein ordnung des Werkes in allgemeinbegriffliche Zusammenhiinge betreiben darf. Des weiteren hat sie auch nicht die historische Theorie der Form zum Ziel. Der Widerspruch etwa von Thematik und Form, den die »Theorie des modernen Dramas." entfaltet, wird dort, indem er nach seiner Aufhebung strebt, als Vehikel des historischen Prozesses der Gat tung begriffen; das einzelne Werk gilt der -Theorie- als Exempel eines Typus,derdurch die Art und Weise bestimmtist, wie derDramatikerdes Widerspruchestechnischsich bemachtigt, DergeschichtstheoretischeBlick 1 AlsKomrnentarindiesem SinnegiltdieLiteraturzuHofmannsthal,soweitsiesich vondenobengenanntenProhlemenleitenliiBt. 2 PeterSzondi,TheonedesmodernenDramas.1963. 10 VORBEMERKUNG richtetsich primaraufdasProblemderProblemlosung,und dieTypologie begreiftderenverschiedeneMoglichkeiten.Wahrend diehistorischeTheo rie der Form also die Form-Inhalt-Dialektik als geschichtliche Entzwei ung eines vormals Identischen erfahrt und somit primar als Entwick lungsprinzipdeutet,suchtdieimmanenteAnalyse jenehistorischeDialek tik ausschlieBlich individuell zu fassen, wie sie sich als Strukturproblem des einzelnen Werkes niedergeschlagen hat. Dieses fur den Autordrama turgisch-technische Problem wird, wahrend seine Losung aus formge schichtlicher Perspektive immer nur »vorlaufig-s" erscheint, als histori schesder Sache selbst aufgefaBt, und die Geschichtstheorie der dramati schen Form, nach innen.gewendet,zurhistorischen Theoriedes einzelnen Werkeszusammengezogen.! Mdglicherscheintdie Wendungvon derGeschichtstheoriezurimmanent historischen auf Grund derFeststellung, daB der Form-Inhalt-Gegensatz des modernen Dramas im einzelnen Werk »zugleich aufgelost und fest gehalten«!wird.UrnnichtGefahrzu laufen, jenes»Zugleich« geschichts ontologisch zu verfestigen und es als Prinzip der Geschichte ihrer Be wegung gegeniiber zu verselbstandigen, muB es, wie grundsatzlich es auch gelten mag, in seiner jeweiligen Spezifikation, der asthetischen Im manenzalso, erkanntunddiskutiertwerden. Istdie immanenteAnalyse MethodederKritik, sohatsie ihrErkenntnis ziel im historischen Gehalt. Da der Gehalt nicht hinter den asthetischen Phanornenen zu suchen ist, als wiirde er von diesen poetisch verbildlicht, laBt ersich nichtauf dem Wege der Abstraktionerfassen,nichtthesenhaft formulieren; vielmehr ist er, wie Hegels verbindlich lehrt, er scheinende Idee, die Einheit seiner asthetischen Momente. Ihre Diskus sion, nicht deren abgezogenes Ergebnis, reflektiert den Gehalt, und des wegen muf in den einzelnen Analysen wie im Ganzen der Arbeit darauf 3 Szondi,Theone,S.76. 4 »Gefordert ist ..., die Kraft des allgemeinen Begriffs in die Selbstentfaltung des konkretenGegenstandeszutransformierenunddessen gesellschaftlichesRiitselbild mit den Kriiften seiner eigenen Individuation aufzulosen. Dabei wird nicht auf gesellschaftliche Rechtfertigung abgezielt, sondern auf gesellschaftliche Theone vermdge der Explikation von iisthetischem Recht und Unrecht im Herzen der Gegenstiinde.DerBegriffmuJ3in die Monadesich versenken,bis das gesellschaft liche Wesen ihrer eigenen Dynamik hervortritt ...« (Theodor W.Adorno, Philo sophiederneuenMusik.1958,S.31f.). 5 Szondi,Theone,S.76f. VORBEMERKUNG 11 verzichtet werden, das Entwickelte zusammenzufassen, esin Zusammen hangezu iibertragen,die nichtdie desWerkesseIbersind. Historisch ist der Gehalt nicht allein auf Grund isolierter thematischer oder formaler Beziehungen, sondern als dieser Momente spezifische Kon stellation, deren Begriff er bildet. Dabei gilt es zu beachten, daB die Dramen, sieht man von den spateren Kornodien ab, keineswegs aktuell historisch intendiert sind, so daB die Analysen gleichsam gegen den auf ontologische, lebensphilosophische oder mythische Weise ungeschichtli chen Strich des Autors zu erarbeiten sind. Das heiBt nun keineswegs, die Absichten des Autors seien, soweit sie iiberhaupt bekannt oder rekon struierbarsind, als fur die Sache unerheblich zu betrachtenund deswegen generell von der Erorterung auszuschlieBen. Gerade dort etwa, wo die Figuren allegorische Ziige tragen", die intendierte Bedeutung sich also geradezu aufdrangt, ist diese an ihrer asthetischen Realisation zu messen und das Verhaltnis beider zu diskutieren. Wiewohl nicht von vornherein auszuschlieBen ist, daB die dichterische Absicht als solche im Gehalt des Werkes sich objektiviert hat, so darf dieser dennoch nicht als ihr Abbild angesehenwerden, das ihrumso ahnlicherist, je eindeutigerdie Intention imWerk hervorscheint,?GehaltundIntentionsindkategorial geschieden; wahrend >Gehalt<als Inbegriffderasthetischen Strukturverstandenwird, ist die Absicht, als subjektives Moment, nicht-asthetisch, begrifflich. Die Autonomie des Gehaltes den Vorstellungen des Autors gegeniiber ist also kein Postulat einernormativen Asthetik, sondern Theorem einerhistori sierenden, die, statt den Dichter als Schopfer zu mystifizieren", sein Ver haltnis zum Gegenstand als Arbeit an diesem bestimmt. Dies gilt in be sonderem MaBe fiir Hofmannsthal, der seine Stoffe kaum je einmal er fand, sie vielmehraus der Tradition iibernahm, urn sie zu eigenen Zwek kenzu bearbeiten. DieDifferenz sowohlvon Vorlage und Werkwie auch die von verschiede nen Fassungen desselben Werkes kommt einer genetisch orientierten Methode entgegen. Da die Entstehungsgeschichte des Werkes keineswegs nurihrebiographischenHintergriinde spiegelt, sondern als ProzeB gelten 6 Vgl. KapitelVI(DerKaiserunddieHexe). 7 Zum Problem des Verhaltnisses von Intention und Gehalt vgl. Szondi, Zwei Bei trage zu Hofmannsthal: Uher ,Ad me ipsum-, In: Insel-Almanach auf das Jahr 1965,S.49£f. a Vgl. Walter Benjamin, Goethes Wahlverwandtschaften. In: Schriften 1. 1955, S.95. 12 VORBEMERKUNG kann, der die AnstrengungendesAutors offenbart, das ProblemderSache adaquat zu IBsen, sind die verschiedenen Stufen der Genesis zugleich divergierendeGestaltendeshistorischenGehaltesderWerke.9 Jenen ProzeB so zu deuten, als seien die neueren Stufen den alteren eo ipso iiberlegen, hieBe ihn idealistisch verfalschen. Statt dessen ist das Vorlaufige der Problemlosungen zu betonen, das, auf jeder Stufe sich wiederholend, ihre Aporien erkennen laBt als »in der Aufgabe selber gelegene Unlosbarkeit«!", Daher ist die Qualitat der Dramen nach der Strenge zu bemessen, in der sie ihre Problematik ausbilden und dem Gesetztreubleiben, das die Konstellation des eigenenAnsatzesaufrichtet. ScheinlOsungen, die Anderung etwa des Lustspielansatzes in das Myste rienspiel'", sind Manifestationen ideologischer Gewaltsamkeit, ihr asthe tischSchlechtesmittelbarAusdruckvon gesellschaftlichfalschem BewuBt sein.l" Asthetische Kritik, die ihr Erkenntnisziel im historischen Gehalt der Werke hat, neigt deswegen zur Ideologiekritik, sobald das Formgesetz durchbrochen, die antinomische Struktur willkiirlich harmonisiert wor den ist. Zu argumentieren ist also stets mit asthetischen Kategorien, niemals mit historischen oder gesellschaftlichen unmittelbar, laBt doch erst die asthetische Problem-Konstellation, die Relation der Form zur spezifischenThematik, die historische erkennen, die jenezur Erscheinung bringt.P Die immanente Kritik unterscheidet sich demnach wesentlich von einer traditionell soziologischen, die sich am BewuBtsein des Autors orientiertund an dem, was er hat -gestalten- wollen. DaB die Immanenz 9 Vgl. etwaKapitelXV(DerTurm). 10 Adorno,KulturkritikundGesellschaft.In:Prismen.1963(dtv),S.23. 11 Vgl.KapitelXIV (DerUnbestechliche). 12 BeiallenVorbehaltengegenlihermodischenAdaptationendessogenanntensFrank furter Kritizismus. durch die Literatur-, Kunst- und Filmkritik,die sich mit dem kritischen Gestus der Sprachebegniigen, dem .Jargon der Uneigentliehkeit., sind dieWerke,diesoleherartimitiertstattverarbeitetwordensind,theoretisehbislang keineswegs iiberholt. Gegenliher Positivismus, Ideengesehiehte und ungesehicht Iicher Werkbetraehtung behauptet die sPhilcsophie der neuen Musik- den fort geschrittenen Stand asthetischen BewuBtseins, und das nieht etwa trotz ihres sozialphilosophisehenGehalts,sondernseinetwegen. 13 Damitwird der hermeneutische Zirkel nieht geleugnet,innerhalb dessen das Ziel der Uberlegung, die mit dem Argnment gestiitzt wird, stets schon vorausgewuBt wird, damit sieh iiberhaupt argumentieren laBt. Der Zirkel macht es notwendig, in ihm sich zu bewegen und dem vorgangigen Wissen nur vorlaufige Giiltigkeit beizumessen,damitdieBasis der KritiksiehniehtzurnStandpunktverfestigt. VORBEMERKUNG 13 der Werke schlieBlich dennoch iiberschritten, die Perspektive erweitert wird auf realgeschichtliche, sowohl sozial- wie geistesgeschichtliche Ver haltnisse, hangt zusammen mit der in sich gegensatzhchen Stellung der Werke zur geschichtlichen Realitat, Einerseits narnlich sind die Werke, in ihrem asthetischen Gehalt, erscheinende Idee der Geschichte; insofern sucht die Analyse, sie auf ihren historischen Begriff zu bringen, nicht jedochhistorischeAbhangigkeitenzu konstatieren. Andererseitsenthalten sie geschichtlicheErfahrungen, die Formund Inhaltzwargleichermal3en zu bestimmen fahig sind, als solche aber bloBe »Sachgehalte-c'" sind, historisches Material, wenn damit auch nicht das Sujet gemeint ist, der historische Rahmen unmittelbar. Es sind die yom Autor erfahrenen Zeit umstande, die, ob sie nun im historischen Kostiim erscheinen oder nicht, mittelbaralso oder unmittelbar, thematisch werden. Das doppelte, in sich gegensatzliche Verhaltnis der Dramen zur historischen Realitat besteht darin, daf diese in ihnen, Objekt und Subjekt zugleich, als Material ver arbeitetwirdundals Ideeerscheint. Diesen doppelten Aspekt hat die Kritik zu beachten.Will sie nichtin den Kommentar zuriickfallen, so muf sie des Unterschieds sich bewuBt blei ben; will sie den Gehalt nicht als vorgangige, im Werk illustrierte Idee des Autors verkennen, so muf sie den doppelten Aspekt, ohne ihn zu verwischen,vereinen,das jeweilsThematischeinseinemFormzusarnmen hang betrachten, denn der Gehalt des Werkes ist nichts anderes als die dialektische Einheit beider, und seine geschichtliche Idee die spezifische Konstruktion des historischen Materials. Deswegen allein - und nicht, weil das Werk nurals Epiphanomender empirischenRealitatohneeigene Bedeutung betrachtet wiirde - schlagt die Analyse der besten, in sich konsequentesten Dramen urn in historische Kritik, ist sie doch deren eigene. Und auf der anderen Seite wird die Kritik an den miBlungenen Werken zugleich politisch-historisch bedeutsam, weil diese ihre Gegen stands, statt sie durchsichtig zu machen, verschleiern. Ob nun die histo rische Kritik der Werke zu begreifen oderIdeologiekritik an den Werken zu iiben versuchtwird, allemal entscheidet dariiber deren poetische Strin genz. 14 »Die Kritiksuchtden Wahrheitsgehalteines Kunstwerkes, der Kommentarseinen Sachgehalt.«(Benjamin,GoethesWahlverwandtschaften,a.a.0.,S.55).

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