ebook img

Zirkuläre Positionen: Konstruktivismus als praktische Theorie PDF

263 Pages·1997·6.348 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Zirkuläre Positionen: Konstruktivismus als praktische Theorie

Theodor M. Bardmann (Hrsg.) Zirkuläre Positionen Theodor M. Bardmann (Hrsg.) Zirkuläre Positionen Konstruktivismus als praktische Theorie Westdeutscher Verlag Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zirkuläre Positionen: Konstruktivismus als praktische Theorie / Theodor M. Bardmann (Hrsg.). - Opladen: Westdt. Verl., 1997 Alle Rechte vorbehalten © 1997 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzu lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. http://www.westdeutschervlg.de Umschlag gestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Umschlagbild: Trash/Treasure, Devils Entree (Mischtechnik auf Karton 80x100 cm; Ausschnitt). © Trash/Treasure, Aachen 1997 Zeichnungen: Sylvia Voß Gedruckt auf säurefreiem Papier ISBN 978-3-531-12964-8 ISBN 978-3-322-91676-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-91676-1 Inhaltsverzeichnis Einleitung .............................................................................................................. 7 Konstruktivismus als "Strategie der Weltentfaltung" Karin Knorr Cetina ..................................................................................... ....... 19 Der Laboransatz als konstruktivistische Methode Anette Gerhard ..................................................................................................... 39 "Wir sind verdammt, frei zu sein!" Heinz von Foerster .............................................................................................. 49 Heinz von Foerster -Der ent-fachte Beobachter Heim J. Kersting .................................................................................................. 57 "Wie konstruiert man in eine Welt, die so ist, wie sie ist, Freiheiten hinein?" Niklas Luhmanp .................................................................................................. 67 Revision eingespielter Sichten Karin Dollhausen ................................................................................................. 84 "Das wirkliche Problem ist, daß wir keine Probleme haben!" Dirk Baecker ....................................................................................................... 91 Dirk Baecker -Ein Theoretiker der Differenz Theodor M Bardmann ........................................................................................ 107 "Postmoderne als Chance der Modeme" Zygmunt Bauman .............................................................................................. 121 Die Ambivalenz der Ordnung Sonja Clauß ......................................................................................................... 129 6 Inhaltsverzeichnis "Realität + Illusion = Wirklichkeit" Joachim Koch ..................................................................................................... 135 Joachim Koch -Autor und Unternehmer, Philosoph und Sophist Gerhard Frick ...................................................................................................... 148 "Nicht wir fUhren die Konversation, die Konversation fUhrt uns!" Ranulph Glanville .............................................................................................. 151 Über den Verlust der Kontrolle - Ein Erfahrungsbericht Theodor M Bardmann ......................................................................................... 171 " ... nach einer gewissen Zeit müßt ihr mich vergessen!" Michel Serres ...................................................................................................... 177 Engelsverkehr, Teufelserscheinungen und Götterboten. Die Kommunikationsuniversen des Michel Serres Christian Jürgens ................................................................................................. 197 "Zu wissen bedeutet zu sein!" Bernard Scott ..................................................................................................... 209 Bernard Scott -Kybernetik im Verborgenen Ranulph Glanville ................................................................................................ 223 "ln jeder Gegenwart muß neu begonnen werden!" Armin Nassehi .................................................................................................... 229 Ins unvertraute Vertrauen -Anwendungen der Systemtheorie Daniela Ahrens .................................................................................................... 250 Literatur ............................................................................................................... 258 Autorenverzeichnis .............................................................................................. 268 Einleitung Zu der Zeit, als es noch Objekte (ohne Gänsefüßchen!) gab, nannte sich der Mensch Subjekt und verbrachte einen Großteil seiner Zeit mit einem Spiel, das sich heute noch 'objektive Erkenntnis' nennt. Er glaubte - trotz immer wiederkeh render Zweifel -fest daran, in einer ihm vorgegebenen Welt zu leben, die es in ih rem 'So-Sein' zu verstehen und zu erklären galt. Die Menschen dieser Zeit waren Ontologen, sie wollten das 'Sein' im Gegensatz zum 'Nicht-Sein' begreifen und wissen, wie das Sein nun wirklich ist. Ihr Streben war auf die wissenschaftliche, theoretische, analytische und empirische Erforschung und Enträtselung der Welt - samt der in ihr vorkommenden Objekte -gerichtet. Seit einiger Zeit aber gerät ein solches Verhältnis zur Welt massiv und konse quenzenreich unter Verdacht. Selbst die Unterscheidung von Subjekt und Objekt wird zweifelhaft. Statt sich nach den Spielregeln der Ontologie auf Seins- (oder Nicht-Seins-) Fragen zu fixieren, stellen sich einige Menschen heute die Frage nach dem Werden (und Vergehen) der Welt, in der sie leben (vgl. Prigogine, Stengers 1981). Sie wechseln von der Ontologie zur Ontogenese und stellen dabei fest, daß all ihr Verstehen und Erklären, ihr Wissen und Nichtwissen, kurz: daß all ihre Erkenntnis selbst einer der rätselhaftesten Teile einer nach wie vor rätselhaften Welt geblieben ist: Erkenntnis ist nicht irgendein Teil der Welt, sondern quasi der 'Nabel zur Welt', die 'Schnittstelle', das 'Interface', der 'Ort', an dem alle Unter scheidungen, nicht zuletzt die Unterscheidungen von Subjekt und Objekt, Sein und Nicht-Sein, Welt und Erkenntnis zusammentreffen und: ent-schieden werden. Wo sich das selbstvergessene, oder besser: erkenntnisvergessende Subjekt bis lang fiir eine möglichst 'objektive' Beschreibung des Seins und der Welt entschie den hatte, betreibt es nunmehr eine Art von 'Nabelschau': Es versucht, sich seiner selbst, seines eigenen Beitrags zur Produktion von Erkenntnis und Wissen und schließlich von Welt und Wirklichkeit zu erinnern. Es übt Selbstreferenz, bevor es sich der Welt und ihren Objekten zuwendet. Es bezieht sich selbstbezüglich auf seine Umwelt, nimmt im Selbstkontakt Kontakt zu anderen auf. Es bezieht damit zirkuläre Positionen. Das nunmehr anlaufende Spiel scheint alle Spielregeln des alte~ Spiels über den Haufen zu werfen. Die Nabelschau, die Beobachtung der Erkenntnis, die Selbstreferenz, setzt das erkennende Subjekt auf die Spur des Entstehens (und Ver gehens) von Welt samt ihren Subjekten, Objekten und Erkenntnissen. Die Spur führt zum Erkenntnisprozeß, zum Prozeß der Erzeugung und Hervorbringung von Wissen selbst. Alle Erkenntnis verweist zurück auf Erkenntnis, auf den operativen Vollzug der Welterzeugung (vgl. Luhmann 1990c) im Hier und Jetzt. Damit ist der völlige Austausch der bisherigen Erkenntnisziele verbunden: Es geht nicht mehr 8 Theodor M. Bardmann um raum-, zeit- und beobachterunabhängige Erkenntnisse, sondern ganz im Ge genteil um die Raum-, Zeit- und Beobachterabhängigkeit allen Erkennens. Das bisher hierarchisch und linear gedachte Verhältnis zwischen Beobachtungssubjekt und Beobachtungsobjekt gerät in Bewegung und wird in Richtung Heterarchie und Zirkularität verschoben: Erkenntnisse gelten nunmehr lokal, nicht mehr global, si tuativ, nicht mehr zeitüberdauernd oder gar ewig, operativ, und nicht mehr objektiv oder gar transzendental. Zirkularität meint hier die Erkenntnis der Erkenntnis, die Wahrnehmung der Wahrnehmung, die Beobachtung der Beobachtung, das Denken des Denkens usw. Sie beschert uns als ihr Resultat die nüchterne wie frappierende Einsicht: Nichts liegt der Erkenntnis (der Wahrnehmung, der Beobachtung, dem Denken usw.) zu grunde, nichts liegt der Erkenntnis (der Wahrnehmung, der Beobachtung, dem Denken usw.) voraus, nichts liegt hinter der Erkenntnis (der Wahrnehmung, der Beobachtung, dem Denken usw.) ... außer Erkenntnis (Wahrnehmung, Beobach tung, Denken usw.). Erkennen (Wahrnehmen, Beobachten, Denken) [mdet in ei nem immer schon laufenden Erkenntnis- (Wahrnehmungs-, Beobachtungs-, Denk-) Prozeß statt. Es geht jeweils um die zirkuläre Selbstbegründung und -erzeugung von Operationszusammenhängen mit Hilfe jeweils spezifischer, im Operationszu sammenhang selbst erzeugter Operationen. Das Subjekt, das im Zeichen der Modeme angetreten war, sich via Erkenntnis Wissen (und damit Macht) über die Objektwelt zu sichern, wird an eben der Stelle, an der es sich selbst zum Objekt wird und damit in die Zirkel der Selbstbeobach tung gerät, bezüglich seines Wissens über die Welt radikal verunsichert. Mit der Zirkularität werden Kontingenzen sichtbar: Das Subjekt, das sich fortan nur noch in Gänsefüßchen 'Subjekt' nennen mag, lernt allmählich, sich als einen Beobachter zu begreifen, der • aufgrund spezifischer Beobachtungsprämissen • von einer bestimmten Beobachtungsposition aus • zu einem ganz bestimmten Beobachtungszeitpunkt • seine ganz spezifischen Beobachtungen erstellt. Diesen von derartigen Kontingenzen gebeutelten Beobachter, den es im Namen der Objektivität aus der Beobachtung auszuschließen galt, gilt es im Namen der Zir kularität nun wieder einzubeziehen (vgl. von Foerster 1993a). • Als Beobachter lernen 'Subjekte', sich in eine Reihe von Beobachtern gleichen und unterschiedlichen Typs einzuordnen. Sie lernen, daß nicht nur Menschen die Welt beobachten, sondern daß auch andere Systeme, Systeme sozialer, biologischer oder technologischer Art, beobachtende Systeme sind. Sie sind somit Beobachter unter Beobachtern, die allesamt imstande sind, Unterschei dungen zu treffen und entsprechend getroffener Unterscheidungen zu operie ren. Einleitung 9 • Als Beobachter lernen 'Subjekte' weiterhin, sich in einer Kaskade von Beob achtern zu wissen, deren bevorzugtes Beobachtungsobjekt fortan andere Beob achter sind, Beobachter, die nach klassischem Muster Dinge und Phänomene der Welt direkt zu beobachten (wahrzunehmen, zu erkennen) versuchen (Beobachtung 1. Ordnung), und Beobachter, die Beobachter bei diesem Ver such beobachten (Beobachtung 2. Ordnung) (vgl. von Foerster 1993a). Ande ren beim Beobachten über die Schulter schauend merken sie, daß ihnen ständig jemand beim Beobachten über die Schulter schaut. • Das Spiel der Zirkularität kommt aber erst richtig in Gang, wenn sich die Rei hen und Kaskaden schließen und quasi einen Torus wechselseitig aufeinander bezugnehmender Beobachtungsleistungen bilden. Die Beobachtungen der Be obachter und das Vergleichen, Distinguieren und Differenzieren ihrer Beob achtungsleistungen führen schließlich zur Ausbildung jeweils operativ ge schlossener Beobachtungseinheiten, die man als Systemtheoretiker 'Systeme' nennen mag. Jeweils nur über eigene Beobachtungen auf fremde Beobachtun gen bezugnehmende, und insofern operativ geschlossene Beobachtungssysteme können in sich die Einsicht reifen lassen, daß jeder Beobachter immer nur sieht, was er sieht, und nicht sieht, was er nicht sieht. Das Sehen der anderen spiegelt den 'blinden Fleck' des eigenen Sehens, ohne ihn aufheben zu können. Die Beobachtung als diejenige Operation, die Erkenntnis erst ermöglicht, rückt mit diesen ihren Implikationen ins Zentrum des Interesses. Sie wird zum Dreh- und Angelpunkt aller weiteren Reflexionen. Der Beobachter wendet seinen Blick auf sich selbst, um zu sehen und zu beschreiben, wie er es fertigbringt, die Welt zu se hen und zu beschreiben und damit in einem sehr grundsätzlichen Sinne eigentlich erst zu 'erzeugen'. Er wendet seinen Blick auf den 'Erzeugungs-', 'Hervorbrin gungs-' und 'Härtungsprozeß' individueller wie sozialer Wirklichkeiten. Er nimmt sich selbst wie andere Beobachter in den Blick und stellt sich in bezug auf sie die Frage nach dem 'Wie' der Konstruktionen. Endlich weiß er auch, daß er bei der Be antwortung dieser Frage wiederum von Beobachtern mit wiederum derselben Fra ge im Hinterkopf beobachtet wird. Bei diesem Spiel gelten fortan die folgenden Prämissen: • Kein Beobachter hat es mit der 'Realität an sich' zu tun, sondern stets nur mit seiner 'selbsterzeugten Erfahrungswirklichkeit'! • 'Objekte' sind keine Gegenstände in einer der Erkenntnis vorausliegenden Rea lität, sondern relativ stabile 'Eigenwerte' eines fortlaufenden Beobachtungspro zesses eines wirklichkeitserzeugenden Beobachters! • 'Subjekte' sind keine den wirklichkeitserzeugenden Prozessen zugrunde liegen den Instanzen, sondern selbst per Beobachtungsoperationen generierte Kon strukte! 10 Theodor M. Bardmann • Die Wirklichkeit ist damit nicht einfach nur subjekt- oder beobachterabhängig, sie ist beobachtungsabhängig, das meint abhängig von den jeweils hier und jetzt aktuell benutzten Unterscheidungen und Bezeichnungen! Diese hier nur kurz angerissenen Ideen stehen für ein zirkulär angelegtes, kon struktivistisches Erkenntnisprogramm, das in rasantem Tempo die engen Grenzen einer akademischen Diskussion gesprengt und für umwälzende Neuorientierungen in sehr unterschiedlichen Handlungsfeldern gesorgt hat. 'Erkenntnis', die ihren Grund in nichts weiter sucht und fmdet als in Erkenntnis, 'Subjekte', die in der Be obachtung einer Objektwelt sich selbst als via Beobachtung erzeugte Objekte wie derbegegnen, eine 'Realität', die sich hinter einer beobachtungsabhängigen Wirk lichkeit verborgen hält, das sind nur einige der Merkwürdigkeiten, die die Plausibilitäten traditioneller Sicht- und Handlungsweisen irritieren, wenn nicht gar zersetzen. Die entscheidende Frage aber lautet an dieser Stelle: Können zirkulär konstruktivistische Programme mehr, als nur die eingespielten Sicht- und Hand lungsweisen irritieren oder gar zersetzen? Können sie selbst für neue, hinreichend tragfahige Plausibilitäten sorgen? Können sie den durch ihre Kommentare verunsi cherten Handlungsfeldern neue Sicherheiten bieten? Können aus den Störungen der eingespielten Spiele neue Spiele entwickelt werden? Was wollen und was lei sten Ansätze, die sich der Zirkularität - sowohl auf der Theorie- wie auf der Ge genstandsseite -stellen? In diesem Band soll damit begonnen werden, Antworten auf diese Fragen zu finden. Zunächst wird die Wissenschaft auf die Bedeutsamkeit zirkulärer Denkmo delle hin befragt. Hier geht es um die wissenschaftlichen und theoretischen Grundlegungen zirkulärer Positionen. Für die weitere Projektarbeit ist geplant, prominente Praxisfelder, die sich vom zirkulären Denken infizieren und inspirieren lassen, genauer unter die Lupe zu nehmen: das Feld der Produktion und Kommu nikation medialer Botschaften, das Feld der Schaffung und Präsentation artifizieller Objekte in den Künsten und der Kultur, das Feld der helfenden Berufe wie die Be ratung, Therapie oder praktische Sozialarbeit, sowie das Feld der organisatorischen Planung und manageriellen Gestaltung: • Nimmt man die zirkuläre Selbstbegründung aller Erkenntnis und allen Wissens ernst, setzt dies die Arbeit an Theorien und wissenschaftlichen Methoden unter neue Anforderungen. Nicht nur, daß alle wissenschaftlichen Tatsachen weniger die objektive Abbildung realer Phänomene, als vielmehr das empirisch fun dierte Ergebnis des Forschungshandelns und der Überzeugungspraktiken der wissenschaftlichen Diskursteilnehmerinnen sind, nicht nur, daß selbst Natur phänomene und 'soziale Tatsachen' im Wissenschaftsbetrieb methodenbedingt recht eigentlich erst konstituiert werden (vgl. Knorr Cetina 1988), die Theorien selbst werden zu 'Blindflügen', bei denen sich die Wissenschaftler als 'Theorie piloten' an keiner äußeren Realität mehr, sondern ausschließlich noch an den selbstkonstruierten Instrumenten orientieren können (vgl. Luhmann 1984). Das Einleitung 11 verändert Stil und Anspruch wissenschaftlicher Theorie und Forschung. Wis senschaft kann sich nur noch über selbsterwirkte Prämissen begründen und verlangt somit die Zulassung bisher verfemter zirkulärer, tautologischer und pa radoxer Aussageformen (vgl. von Foerster 1993b). • Nicht nur wissenschaftliche Theorie, auch die Produktion und Kommunikation medialer Botschaften wird zunehmend auf den Modus zirkulärer Selbstbegrün dung verwiesen. Die seit dem Aufkommen technischer Medien virulente Frage nach dem Realitäts- bzw. Fiktionsgehalt medialer Inhalte wird nach dem Motto 'Realität ist Fiktion' allmählich überfiillig, wenn auch der Abschied von dieser Unterscheidung vielen noch schwer fiillt. Gerade die elektronischen Medien des informations- und kommunikationstechnologischen Zeitalters machen virtuelle Wirklichkeiten be- und verhandelbar. Sie beziehen in Cyber-Space-Projekten den Menschen bereits in Ansätzen so sehr mit ein, daß sich diese virtuelle Wirklichkeit für die Benutzer recht real anfühlt und verhält, fast so wie die reale Welt selbst. Das 'Original' ist tendenziell nicht mehr aufzufmden, muß vielleicht auch nicht mehr aufgefunden werden, da es in diesen Medien in Zu kunft möglicherweise ausschließlich noch um die selbstreferentielle, informa tionelle bzw. kommunikative Anschlußfähigkeit von digitalen Botschaften in einem sich selbst steuernden kybernetischen Raum gehen wird. • Zumindest ein Teil der Kunst- und Kulturschaffenden versagte sich schon im mer der 'platten Verdopplung der Wirklichkeit' und verstand sich statt dessen als Sprachrohr für und Schlüssel zu 'anderen Wirklichkeiten'. Sie unterliefen herrschende Kulturstandards (sub-kulturell), überstiegen die vermeintlich vor gegebenen Realitätsstandards (sur-real) oder zersetzten gar jedwede Form der Sinnerzeugung (dada-istisch). Heute werden die 'Poieten von Kunst und Kultur' in einem grundsätzlichen Sinne auto-poietisch, d.h. sie begreifen sich mehr und mehr ausschließlich noch ihren eigenen Visionen, Ideen, Werken und Kontex ten verbunden. Eben das führt zu einer enormen Steigerung der künstlerisch produzierten Komplexität, die den Rezipienten der Kunst entsprechend enorme Komplexitätsreduktionsleistungen abverlangt. Wie im Falle der Medien beob achten wir in diesem Sinne auch hier einen stärkeren Einbezug des Betrachters, der vom Künstler animiert wird, sein eigenes Werk im Werk des Künstlers zu schaffen. Die Kunst beginnt, sich selbst zu machen, seit nicht mehr nur die Produktion, sondern auch die Rezeption des Kunstwerks als konstitutiver Be standteil der Kunst begriffen ist. • "Wir leiden nicht an der Wirklichkeit, sondern an unseren Bildern von der Wirklichkeit!" Dieses von Paul Watzlawick stammende Zitat könnte das Motto einer neuen Orientierung helfender Berufe sein, die sich einerseits nicht mehr anmaßen, die Probleme ihrer Klientel expertokratisch vorzudefmieren, die an dererseits die Bearbeitung und Heilung von Leid ihren Klienten, genauer: ihren

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.