Andreas Bartholome I Josef Rung I Hans Kern Zahlentheorie für Einsteiger Andreas Bartholome I Josef Rung I Hans Kern Zahlentheorie für Einsteiger Eine Einführung für Schüler, Lehrer, Studierende und andere Interessierte Mit einem Geleitwort von Jürgen Neukirch 7., aktualisierte Auflage STUDIUM 11 VIEWEG+ TEUBNER Blbllografiache Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaiJJierte bibliografische Daten sind im Internet aber <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dr. And ..... BIIrtholom6 und Jo •• Run, unterrichten am Hans-Leinberger-Gymnasium In Landshut Anschrift: Jürgen-Schumann-StraBe 20, 84034 Landshut Dr. Hans Kern unterrichtet am Schyren-Gymnasium in Pfaffenhofen/lJm. Anschrift: Niederscheyerer Straße 4, 85276 Pfaffenhofen Online-Service: http://_.andrea.bartholome.de 1. Auflage 1995 2., überarbeitete Auflage 1996 3., verbesserte Auflage 2001 4., durchgesehene Auflage 2003 5., verbesserte Auflage 2006 6., überarbeitete und erweiterte Auflage 2008 7., aktualiaierte Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten @Vieweg+TeubnerVeriag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Ulrike Schmickler-Hirzebruch I Nastassja Vanselow Der Vieweg+Teubner Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützl Jede Verwertung auBemalb der engen Grenzen des Umeberrechtsgeaetzeslat ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einapeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diesem Werte berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschuw-Geaetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedennann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed In Germany ISBN 978-3-8348-1213-1 Geleitwort ;~on der Mathematik habe ich nie etwas verstanden!" Wann immer wir Mathe matiker uns als Mathematiker zu erkennen geben, wird uns dieses freimütige Bekenntnis der Ignoranz serviert, meist im Tonfall der Genugtuung und mit der Gebärde des Triumphes, so als ob man sich damit in die Gemeinschaft der normalen Menschen einreiht, denen eine menschliche Seele innewohnt und ein warmes Herz in der Brust schlägt. An der Mathematik liegt es nicht, dass sie in so misslichem Ansehen steht. Wer ihr im echten Sinne begegnet ist, weiß, dass sie eine Welt der Wunder und der Schönheit ist, und wird sich vor dem obigen Ausruf ebenso verwahren wie vor stolzem BekeIUltnis, nicht zu wissen, wer Beethoven ist. So muss es wohl an der Art liegen, wie sie unterrichtet wird, die Mathematik. Das vorliegende Buch von A. Bartholome , J. Rung und H. Kern setzt die sem Zerrbild unserer Wissenschaft die schöne Wahrheit entgegen. Es ist an die Schüler und - mit gutem Grund - an die Lehrer des Gymnasiums gerichtet. Ihr Gegenstand ist die Zahlentheorie, die ,,Königin unter den mathematischen Wis senschaften". Die Autoren haben für die Schule ein vorbildliches kleines Werk geschaffen. Es lebt von dem Wissen erfahrener Lehrer, von der Liebe echter Ma thematiker zu ihrem Metier und von einer heiteren Lebendigkeit der Darstel lung. Kluge Auswahl und weise Beschränkung des Stoffes zeichnet die Autoren als treffliche Lehrmeister aus. Nirgendwo werden ,,Klappern" zu billigem Erfolg herangezogen, überall handelt es sich um echte und wesentliche mathemati sche Probleme und Ereignisse, die in verständlicher Weise dargestellt werden, und von denen man sicher sein kann, sie auch im Bereich moderner Forschung anzutreffen. Die Darstellung ist in einer schwungvollen, verführerischen Sprache gefasst, die im jugendlichen Leser eigene Vorstellung und eigene Phantasie hervorzurufen vermag. Die vielen Aufgaben sind so gestellt, dass sie dem erfolgreichen Bear beiter zum echten mathematischen Erlebnis werden können. Er wird später mit Freude berichten: ,,Ich habe einmal die Mathematik verstanden". Das Buch ist als ein Addendum zum gewöhnlichen mathematischen Unterricht am Gymnasium zu verstehen. Würde dieser Unterricht von seiner quälenden Überladenheit befreit und auf allen Stufen in dieser Weise geführt, so könnte sich das Bild der Mathematik in der Gesellschaft zum Besseren wenden. Regensburg, Dezember 1994 Prof. Dr. Jürgen Neukirch Vorwort Was Sie mir von Ihrer Seite wie im Auftrag von Herrn Euler sagen, ist zweifellos viel 11'" glänzender. Ich meine das schöne Theorem von Herrn Euler über Primzahlen und seine Methode, zu testen, ob eine gegebene Zahl, wie groß auch immer sie sein möge, eine Primzahl ist oder nicht. Was Sie sich bemühten, mir über den Gegenstand zu berichten, erscheint mir sehr scharfsinnig und Ihr.. grollen Meisters würdig. Aber finden Sie nicht, dass es für die Primzahlen beinahe zuviel Ehre ist, soviel Gedanken über sie zu verbreiten, und sollte man nicht Rücksicht auf den verwöhnten Geschmack unserer Zeit nehmen? Ich unterlasse es nicht, allem, was aus Ihrer Feder kommt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und bewundere Ihre großen Geisteskräfte, um die misslichsten Schwierigkeiten zu überwinden; aber meine Bewunderung verstärkt sich, wenn das Thema zu nützlichen Erkenntnissen führen kann. Ich schließe hierin die gründlichen Untersuchungen über die Stärke von Balken ein, von denen Sie sprechen ... " soweit Daniel Bernoulli in einem Antwortbrief an Nicolaus F'ui, den Assistenten Eulers (nach A. Weil). Wir werden dennoch nicht über die Stärke von Balken berichten, sondern den Primzahlen die Ehre antun. Dazu wollen wir die Leser dieses Buches im Klas senzimmer abholen und ins so helle und doch geheimnisvolle Reich der Zahlen führen. Dieses Buch handelt von dem, was schon die kleinen Kinder können und kennen: vom Zählen und den natürlichen Zahlen 1,2,3 und so weiter. Das Buch wurde für die Schulbank geschrieben: für Pluskurse oder Freiwillige Ar beitsgemeinschaften in Mathematik und Informatik, als Anregung für Jugend - forscht - Arbeiten oder als Hilfe für das Lösen von Aufgaben aus dem Bun deswettbewerb Mathematik. (Es wurde in den Schuljahren 1991/92 und 92/93 in einem Pluskurs am Hans-Leinberger-Gymnasium in Landshut verwendet. Teile von ihm dienten bei der Durchführung eines Proseminars an der U ni versität Regensburg. ) Dieses Buch möchte etwas von dem spielerischen und experimentellen Charakter der Zahlentheorie vennitteln, es wird zeigen, wie man den Computer sinnvoll einsetzen kann- und es soll verdeutlichen, welche Grenzen diesem Rechenknecht gesetzt sind. Auch der Lehrer und Liebhaber wird sicher einiges Spannendes in dem Buch entdecken. In der Schule bleiben ja leider das Rechnen und die Algebra meist im rein Fonnalen. Dagegen ist die bescheidenste Geometrieaufgabe oft mit einer kleinen Erkenntnis verbunden. Auch im Algebraunterricht könnte das so sein. Es ist ein Unterschied, ob man um des Rechnens willen rechnet, oder ob man rechnet, weil man einer aufregen den Entdeckung auf der Spur ist. Es ist etwas anderes, die binomischen Fbnneln zu üben um des übens willen, oder ob man mit ihrer Hilfe Erkenntnisse über die Zahlen sammelt. Wir hoffen, der Leser wird hier einiges finden. Wer unser Buch studiert, soll dabei viel Handwerkliches mitbekommen, auch Anwendungen des doch etwas trockenen Algebrastoffes lernen (viele der über vii 300 Aufgaben sind Rontine, aber so manche sind sehr schwer nnd fordern alle Kraft und Phantasie!). Sie oder er soll aber auch ein wenig Theorie mitbekom men. Denn nur eine gute Theorie zeigt lUlS, "was dahintersteckt". Schließlich - und vielleicht ist dies das wichtigste - möge das Buch allen zur Erbauung und zum Trost dienen! Inhaltlich haben wir uns als Ziel gesteckt, einen wichtigen Primzahltest zu ver stehen, wie er von fertigen Computerprogrammen zur Zahlentheorie verwendet wird. Dabei gehen wir nicht immer geradlinig auf das Ziel zu, sondern verwei len gerne am Wegrand, ja nehmen auch Umwege auf uns, wenn wir dort eine bunte Blume zu entdecken meinen. An viel Schönem mussten wir vorübereilen und manch Wichtiges (Überlegungen zur Rechenzeit etwa) achtlos liegen las sen. Aber der Leser weiß ja, der Mensch ist endlich (besonders die Autoren) und muss sich mit dem Unvollkommenen zufriedengeben. Dennoch hoffen wir, der Leser wird sich auf dieser Reise über die vielen schönen Kostbarkeiten von Herzen freuen. Den einzelnen Abschnitten dieser ,,Reise" haben wir Zitate aus Sonja Kawa lewsmjas Jugenderinnernngen vorausgestellt und wir würden uns sehr freuen, möchte unsere Leserin (Leser) am Ende doch mit Sonja ausrufen: ". .. ungeach tet all der Klagen und des Jammers (ob der Fehler der Verfasser) war die Fahrt doch herrlich"(Kowalewski [1968]). Wer sich zu sehr über die Fehler ärgert, mö ge an das Gebet der heiligen Theresia von Avila denken: ,,Herr! Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann". Viel Verguügen bei der Arbeit mit diesem Buch wünschen die Verfasser. Andreas Bartholom~, Josef Rung, Hans Kern Zur sechsten und siebten Auflage Als wir die sechste Auflage vorbereiteten, haben wir uns entschlossen, die Teile über das Rechnen mit langen Zahlen und die zugehörigen Pascalprogramme wegzulassen. Wir haben sie durch Mathematik ersetzt. Unter anderem war es unser Ziel an ein paar Beispielen das Verallgemeinern zu lehren. Das ist eine hohe Kunst, die man nur durch Tun lernen kann. So wie man Singen nur durch Singen lernt. Sehr oft wird ja von den zur Zeit allgemeinsten Voraussetzungen ausgegangen. Mit diesen werden dann eine Fülle von Sätzen bewiesen und auf Seite 93 des Buches kommt das erste Ergebnis, welches man ,,mit Händen grei fen" kann. Erst auf Seite 200 erfährt der gutwillige Leser, das was er eigentlich schon immer wissen wollte. Mathematik wird oft von ,pben herab" gelehrt. So lernen Studenten gleich in der ersten Woche ihres Studiums Körper, Vektor räume, Ringe und Kategorien kennen. Keine anderen Beispiele als Q und lR viii sind ihnen bis dahin begegnet. Sie ahnen nicht, was endliche Körper sind. Eine spannende Frage zu diesen Begriffen kann ihnen nicht einfallen. Wir versuchen an manchen Stellen den Weg ,;von unten" zu wandern. Wir lernen die Primzahlen kennen und den Satz von der eindeutigen Primfaktorzerlegung. Uns begegnen unendlich viele endliche Körper Z/pZ, wenn p eine Primzahl ist. In einem zweiten Schritt wird gefragt: Kann man ähnliche Argumente in einer wenig veränderten Situation auch verwenden. So studieren wir den Ring Z[4>] dabei ist 4> die Zahl des goldenen Schnittes, die Lösung der Gleichung x2 - x-I = o. Hier gelten ähnliche Gesetze wie in den ganzen Zahlen, den guten alten Freunden. So bekommt das Buch zwei Stränge. Einen Lesestrang, der durch Z, die Menge der ganzen Zahlen, führt. Ein zweiter Lesestrang führt durch Z[4>] den Ring der "goldenen Zahlen". Abschnitte, die sich mit den goldenen Zahlen befassen sind mit einem "goldigen" Bildchen verziert. Dieser zweite Weg zeigt sich im Rückblick. Man kennt den Verlauf des ersten Weges und sieht so leichter wie andere Pfade verlaufen. Hat man den zweiten Weg studiert, so erfährt man wieder Neues über die ganzen Zahlen. Neue Fragen nach weiteren Verallgemei nerungen tauchen auf. In diesem Büchlein können wir Ihnen nicht nachgehen. Für diesen zweiten Lesestrang ist allein Andreas Bartholom~ verantwortlich. Für alle dort auftretenden Dunkelheiten und Fehler ist nur er zu beschlmpfen. In der siebten Auflage haben wir einige Fehler beseitigt und versucht manches klarer zu schildern. Auch haben wir uns entschlossen die Programme etwas an den Rand zu drängen. Wir trennen sie klar ab vom übrigen Stoff. Wen das langweilt überlese sie. Andererseits helfen sie, sich mit wenig Aufwand eine Fülle von Beispielen zu verschaffen. Als Programmiersprache haben wir Lisp gewählt. Es ist eine sehr alte Sprache, die zunäcl1st wegen der vielen Klammern ungewohnt scheint. Aber diese Sprache ist sehr nahe an der Mathematik. Alles ist Funktion. Man wird nicht durch unklare Begriffe wie Objekte, Klassen etc. abgelenkt. Für das, was wir benötigen, reichen jeweils ein paar Zeilen Programm aus. Wir haben nur Software verwendet die unter der GNU Lizenz steht. Und zwar clisp und ein Computeralgebrasystem Maxima. Es basiert auf Lisp und ist auch völlig frei. Die Programme funktionieren in jedem Betriebssystem. Noch eine Bemerkung zu den Aufgaben: Die Fülle und - manchmal-die Schwie rigkeit sollen nicht entmutigen. Viele sind zum reinen Üben da. Sie laden zum Wandern in der geistigen Landschaft ein. Manche der Aufgaben sollen den Leser anregen die Gedanken im Text in leicht abgewandelten Situationen nachzuvoll ziehen. Sehr lehrreich ist es, sich selbst Aufgaben zu stellen. Eigene Fragen bewegen innerlich mehr. Geduldiger denkt man über sie nach und lernt daher am meisten. Andere Aufgaben ragen wie Wände hoch. Sie sind für die Schwin- ix delfreien, die ihre Kraft am Felsen erproben wollen. Wem sie zu stell erscheinen, kann und sollte sie als Belebung der Landschaft wahrnehmen und vielleicht erst beim zweiten Lesen einen Kletterversuch wagen. Auf der Internetseite http://www.andreasbartholome.de/ kann der Leser zu einigen Aufgaben Lösungen und zu manchen Themen des Buches Ergänzungen finden. Unsere E-Mail-Adressen sind: josefrungOgmx.de andreas.bartholomeOt-online.de Landshut im Dezember 2009, die Autoren. Inhaltsverzeichnis 1 Vollständige Induktion 1 1.1 Das kleinste Element 1 1.2 Das Prinzip vom Maximum 10 1.3 Das Induktionsprinzip 10 1.4 Zusammenfassung 21 2 Euklidischer Algorithmus 25 2.1 Teilen mit Rest ... 25 2.2 Stellenwertsysteme 28 2.3 Größter gemeinsamer Teiler 35 2.4 Rechnen mit Kongruenzen 44 2.5 Gruppen und Ringe 50 2.5.1 Gruppen ... 51 2.5.2 Homomorphismen 59 2.5.3 Ringe .. 66 2.6 Geheimniskrämerei 75 2.7 Primzahlen ... 80 2.7.1 Natürliche Primzahlen 80 2.7.2 Ein kleiner Spaziergang zum Primzahlsatz 93 2.7.3 Primelemente in anderen Ringen 95 2.8 Der chinesische Restsatz 101 2.9 Die Euler-Funktion . 113 3 Der kleine Fermatsche Satz 122 3.1 Kleiner Fermat ... 122 3.2 Die Ordnung einer Zahl modulo einer Primzahl 127 3.3 Primitivwurzeln... . . . . . . . . 129 3.4 Quadratische Reste. . . . . . . . . . 135 3.5 S. Germains Beitrag zum Problem von Fermat 147 3.6 Verschlüsseln mit dem Kleinen Fermat 151 3.7 Logarithmieren modulo p .. 153 3.8 Einheiten in Primpotenzmoduln 156 3.9 Fermat in anderen Ringen .. 161 Inhaltsverzeichnis xi 4 Die Jagd nach großen Primzahlen 165 4.1 Der negative Fermat-Test ............... . 165 4.2 Pseudoprimzahlen ................... . 171 4.3 Pseudoprimzahlen zur Basis a und Carmichael-Zahlen 177 4.4 Ein probabilistischer Primzahltest . 179 4.5 Starke Pseudoprimzahlen 181 4.6 Der Lucas Test . . . 188 4.7 RSA-Verschlüsselung ... 192
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