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Wohlfahrtsstaat und Geschlechterverhältnis im Umbruch: Was kommt nach dem Ernährermodell? PDF

396 Pages·2004·15.33 MB·German
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Sigrid Leitner · llona Ostner · Margit Schratzenstaller (Hrsg.) Wohlfahrtsstaat und Geschlechterverhältnis im Umbruch Jahrbuch für Europa- und Nordamerika-Studien Folge 7/2003 Herausgegeben vom Zentrum für Europa- und Nordamerika-Studien Sigrid Leitner · llona Ostner Margit Schratzenstaller (Hrsg.) Wohlfahrtsstaat und Geschlechter verhältnis im Umbruch was kommt nach dem Ernährermodell? SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH - I + III e ag SPRINGER FACHMEDIENWIESBADEN GMBH vs Verlag für Sozialwissenschaften Entstanden mit Beginn des Jahres 2004 aus den beiden Häusern Leske+Budrich und westdeutscher Verlag. Die breite Basis für sozialwissenschaftliches Publizieren Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. 1. Auflage April 2004 Alle Rechte vorbehalten ©Springer Fachmedien Wiesbaden 2004 Ursprünglich erschienen bei VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004 Lektorat: Barbara Budrich-Esser 1 Nadine Kinne www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. • umschlaggestaltung: KünkeiLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN 978-3-8100-3934-7 ISBN 978-3-663-11874-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-11874-9 Inhalt Sigrid Leitner, Ilona Ostner und Margit SchratzenstaUer Einleitung: Was kommt nach dem Emährermodell? Sozialpolitik zwischen Re-Kommodiflzierung und Re-Familialisierung .. .. ... ... . . 9 Review-Essays: Sigrid Leitner Was wurde aus den armen Frauen?-Eine Zeitreise durch die feministische Sozialstaatskritik in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 Ilona Ostner Aus Anlass eines Geburtstags: "Gender and Welfare Revisited" . . . . . 44 l Vom "male breadwinner" zum "adult worker model": Konzeptionelle Überlegungen JaneLewis Aufdem Weg zur "Zwei-Erwerbstätigen"-Familie ..................... 62 Wolfgang Ludwig-Mayerhofer und Jutta Allmendinger Zweiverdienerpaare und ihre Geldarrangements - Überlegungen für einen internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Sabine Berghahn Der Ehegattenunterhalt und seine Überwindung auf dem Weg zur individualisierten Existenzsicherung .......... , . . . . . 105 Christo/A rn und Wolfgang Walter Wer leistet die andere Hälfte der Arbeit? Die Beteiligung von Männem an der Hausarbeit als Bedingung eines "integralen" Modells der Zwei-Verdiener-Familie..................... 132 Celine Eignebat Vom individuellen zum haushaltsbezogenen Arbeitsangebot Verhandlungsmacht von Frauen in Paarbeziehungen als Herausforderung für die ökonomische Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... 156 6 Inhalt II Vom "male breadwinner" zum "adult worker model ": Nationale und internationale Analysen Ute Klammer und Christina Klenner Geteilte Erwerbstätigkeit-gemeinsame Fürsorge. Strategien und Perspektiven der Kombination von Erwerbs- und Familienleben in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 177 Dorian R. Woods Das "adult worker model" in den USA und Großbritannien . . . . . . . . . . 208 Christina Stecker Der Fluch der Verheißung: Kommodiflzierungszwang und De-Kommodiflzierungsrisiko im "adult worker model" . . . . . . . . . 234 Dirk Hofäcker Typen europäischer Familienpolitik- Vehikel oder Hemmnis fiir das "adult worker model"? 257 Christiane Diene! Eltern, Kinder und Erwerbsarbeit Die EU als familienpolitischer Akteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 285 III Bruchstellen - Grenzen wohlfahrtsstaatlicher Individualisierung Anna Gavanas und Fiona Williams Eine neue Variante des Herr-Knecht-Verhältnisses? Überlegungen zum Zusammenspiel von Geschlechterverhältnis, Familienarbeit und Migration . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Trudie Knijn Mutterschaft oder Erwerbstätigkeit als Basis fiir soziale Staatsbürgerschaft: Zur Re-Kommodiflzierung von alleinerziehenden Müttern in den Niederlanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Ulla Björnberg Sind Zwei-Verdiener-Familien "partnerschaftliche" Familien? Sozialpolitik und Geschlechtergleichheit in schwedischen Familien 356 Inhalt 7 Margit SchratzenstaUer Neue Dilemmata-neue Bedarfe: Synopse und Ausblick............. 381 Zu den Autorinnen und Autoren.......................................... 392 Call for Papers JENS 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... 394 Einleitung: Was kommt nach dem Ernährermodell? Sozialpolitik zwischen Re-Kommodifizierung und Re-Familialisierung Sigrid Leitner, Ilona Ostner und Margit SchratzenstaUer 1. Der Abgesang auf das traditionelle Ernährermodell Das ,,male breadwinner/female homemaker model", das Ernährermodell, gilt seit Beginn der feministischen Sozialpolitikforschung als Grundpfeiler der Geschlechterungleichheit im modernen Wohlfahrtsstaat. Kaum eine ge schlechtersensible Analyse von Sozialpolitik versäumt es, wie das ,,Amen in der Kirche" irgendwie darauf Bezug zu nehmen. Fast könnte man meinen, die "Welten des Wohlfahrtskapitalismus" (Esping-Andersen 1990)-oder zumin dest die feministischen Interpretationen derselben - hätten sich in den letzten 25 Jahren nicht wesentlich verändert. Solch eine sehr oberflächliche oder bes ser gesagt: einseitige Einschätzung wird dadurch gefördert, dass sozialpoliti sche Reformen zumeist traditionellen Geschlechterstrukturen verhaftet geblie ben sind und sich daher die empirische Ausgangslage fiir die feministische Analyse in dieser Hinsicht heute offensichtlich nicht grundlegend anders dar stellt als vor einem Vierteljahrhundert. Gleichzeitig aber scheinen wir im Moment an einem entscheidenden (Wende-)Punkt zu stehen, an dem die jahr zehntelange Kumulation einer Politik der kleinen Schritte in Richtung Ge schlechtergleichheit auf eine öffentliche politisch-ökonomische Debatte trifft, in der das traditionelle Ernährermodell zunehmend in Frage gestellt wird. Selbst die OECD und die EU setzen sich inzwischen mit geschlechtsspezifi schen Aspekten der Beschäftigungsentwicklung auseinander (v gl. CEC 1993; 1995; OECD 2001; 2002). Sie analysieren den Beitrag der Sozialpclitik zum "gender gap", = ungleichen Erwerbsbetei1igrmg von Frauen rmd Männern, rmd zum "family gap", zu den Beschäftigrmgsunterschieden zwischen Frauen mit und ohne familiale Betreuungs- und/oder Pflegeaufgaben. Der wirtschaft liche Wert der unbezahlten Sorgearbeit rückte so in das Blickfeld einflussrei cher Ökonomen rmd Politiker. Selbst negative (ökonomische) Folgen einer forcierten weiblichen Erwerbsbeteiligung, z. B. die Vergrößerung von Lohn unterschieden zwischen Frauen oder neue Formen der Segregation, werden diskutiert (vgl. OECD 2002). Was deutsche Politik= Zeit rmter dem engli- JAHRBUCH FÜREUROPA-UND NORDAMERJKA-STUDIEN 7, 2003, S. 9-27 10 Leitner/Ostner/Schratzenstaller sehen Stichwort "work-life-balance" auf den Weg bringen will, entstammt di rekt den Think Tanks von EU und OECD. Solche Diskussionen und Vorschläge reagieren sowohl auf angebots- und nachfrageseitige Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als auch auf sozial strukturelle und institutionelle Veränderungen in den entwickelten Wohlfahrts staaten (vgl. Ostner u.a. 2001). Zu erwähnen sind in unserem Kontext vor allem der in vielen Ländern zu beobachtende langfristige Anstieg der Frauenerwerbs quoten und der Arbeitslosenquoten einerseits sowie die zunehmende strukturelle Unzulänglichkeit der am Ernährermodell ausgerichteten sozialen Sicherungs systeme andererseits. Nicht zuletzt aus fmanzpolitischen Motiven heraus werden bisherige Strategien der Steuerung des Arbeitsmarkts überdacht ung in der Folge eine Neujustierung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik eingeleitet, die in allen westlichen Industrieländern ähnliche Tendenzen aufWeist. Es geht im we sentlichen darum, die Eigenverantwortlichkeit der Individuen - Frauen wie Männer - fiir ihre eigene Existenzsicherung (einschließlich der fiir ihre Kinder) und fiir die damit verbundene soziale Sicherheit auszuloten, indem ihre Beschäf tigungsfahigkeit und Beteiligung am Arbeitsmarkt gestärkt werden. Allgemeiner gesagt geht es um eine Neudefinition des Zusammenspiels von Rechten und Pflichten des Individuums gegenüber seinen Angehörigen und gegenüber der Gesellschaft wie auch der Gesellschaft gegenüber ihren Bürger/inne/n und deren Angehörigen. Zur Disposition stehen dabei auch traditionelle geschlechts spezifische Strukturen von Solidarität und Reziprozität. In dem Maße, wie dem Familienernährer der Familienlohn nicht mehr sicher ist, wird die Nicht Erwerbstätigkeit von Frauen, und damit ihre ausschließliche Konzentration auf Kindererziehung und Angehörigenpflege, zum Problem. Nun sieht sich jede Beschäftigungspolitik mit dem konfrontiert, was Bergerund Offe (1982) das "doppelte Allokationsproblem" genannt haben. Keiner westlichen Gesellschaft ist es bisher gelungen, alle Erwerbsarbeits suchenden auch in die Erwerbsarbeit zu bringen und zugleich alle Erwerbsar beitsabhä~gigell .. mit (ausreichenden) Erwerbseinkommen zu versorgen. Tatsächlicli erfolgte die Integration einer Gruppe in den Arbeitsmarkt immer auch vor, dem Hintergrund der zumindest partiellen Herausnahme anderer Gruppen aus dem Arbeitsmarkt, häufig auch durch staatliche Subven tionierung dieser aus dem Arbeitsmarkt Entlassenen bzw. erst gar nicht Zugelassenen (ebd.). Eingliederung in den und Ausgliederung aus dem Arbeitsmarkt oder, in der Begrifflichkeit Offes, "Kommodifizierung" und "De-Kommodifizierung", gehen Hand in Hand und bilden ein fragiles Gleichgewicht (vgl. Offe 1984; 1985). Mehr von dem einen, z.B. "Kommo difizierung", bedeutet automatisch weniger von dem anderen, also "De Kommodifizierung", und umgekehrt. Zu beachten ist allerdings zwei-erlei: Zum einen können unterschiedliche Gruppen von (potentiellen) Arbeit nehmerlinne/n von unterschiedlichen Politiken betroffen sein; z.B. abgefederte Ausgliederungsmaßnahmen fur ältere Arbeitnehmer/innen (Früh-

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Die meisten westlichen Wohlfahrtsstaaten haben sich vom Ernährermodell verabschiedet oder sind auf dem Weg dazu. Der Zweiverdiener-Haushalt wird zur Norm, meist auch zur Realität. Die verschiedenen Wohlfahrtsstaaten befinden sich in unterschiedlichen Etappen auf dem Weg zum "adult worker model". A
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