2 G(cid:127)otz Rohwer Inhaltsverzeichnis Stichworte zum Seminar: 1 Einleitung : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 3 2 Wissensbildung : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 8 Wissenschaftstheorie der Soziologie 3 Realit(cid:127)atsbezu(cid:127)ge : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 14 4 Soziale Realit(cid:127)at : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 21 (Version 2. September 1998) 5 Politische Bezugsprobleme : : : : : : : : : : : : : : : : : : 29 6 Praktisches Regelwissen : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 36 DerfolgendeTextsollalsDiskussionsleitfadenfu(cid:127)reinSeminarzumThe- 7 Zum Status von Regeln : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 43 ma Wissenschaftstheorie\ fu(cid:127)r Studenten der Soziologie dienen. Man " 8 Nomologische Regeln : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 51 kannunterschiedlicherMeinungdaru(cid:127)bersein,wieeinesolcheEinfu(cid:127)hrung 9 Statistische Regelm(cid:127)a(cid:25)igkeiten : : : : : : : : : : : : : : : : 58 aussehen sollte. Soweit ich die Situation an deutschen Universit(cid:127)aten u(cid:127)berblicke, wird Wissenschaftstheorie { wenn u(cid:127)berhaupt { als eine Art 10 Theoretische Modelle: : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 65 Vorspann (oder Appendix) zur Methodenlehre der empirischen Sozial- 11 Soziale Macht als Bezugsproblem : : : : : : : : : : : : : : 72 forschung behandelt. Aus Gru(cid:127)nden, die in der Einleitung kurz ange- 12 Individuelle und korporative Akteure : : : : : : : : : : : : 82 sprochen werden, weichtdervorliegendeTextvondieser Vorgehensweise 13 Kapitalistische Unternehmen : : : : : : : : : : : : : : : : 89 ab. Wissenschaftstheorie wird nicht als eine Besch(cid:127)aftigung mit Metho- " denfragen\, sondern alseine Besch(cid:127)aftigung mitSoziologieaufgefa(cid:25)t,bei Literaturverzeichnis : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : 97 der Fragen der Konzeption und Begru(cid:127)ndung soziologischen Wissens den Leitfaden bilden. Wie sich dieser Vorsatz am besten verfolgen l(cid:127)a(cid:25)t, kann sich erst im LaufederZeitzeigen.DervorliegendeTextisteinevorl(cid:127)au(cid:12)geZusammen- stellung einiger U(cid:127)berlegungen, die sicherlich erg(cid:127)anzt und weiter ausger- beitet werden mu(cid:127)ssen. Viele wichtigeFragen werden nichtoder nur sehr verku(cid:127)rzt angesprochen. Auch die im Text behandelten Fragen k(cid:127)onnen natu(cid:127)rlich in der verfu(cid:127)gbaren Zeit nicht in der erforderlichen Gru(cid:127)ndlich- keit diskutiert werden. Wer ein tieferes Verst(cid:127)andnis gewinnen will, mu(cid:25) 1 sich in die Literatur vertiefen. Ich m(cid:127)ochtebetonen, da(cid:25) es sich bei diesem Text umeinen Leitfaden zurDiskussionhandelt.Dasgiltauchdort,woderTextnichtnurFragen aufwirft,sondern Thesen formuliert.Es handelt sich umDiskussionsan- regungen, nicht um Lehrbuchwissen\. " Fu(cid:127)r wichtige Anregungen und Kritik danke ich Ulrich P(cid:127)otter. 1 EmpfehlungenzurvertiefendenLektu(cid:127)rewerdenimTextgegeben;imu(cid:127)brigendient dasLiteraturverzeichnishaupts(cid:127)achlichalsBelegderQuellenfu(cid:127)rZitateundU(cid:127)berle- gungen. 3 4 1 Einleitung Besch(cid:127)aftigungmitSoziologie kritischbegleiten\.AberdieFormulierung " klingt doch etwas merkwu(cid:127)rdig. Ist es nicht fu(cid:127)r jeden Versuch, soziologi- 1. Was ist Wissenschaftstheorie? Jedenfalls keine in sich geschlossene sches Wissen zu gewinnen, nicht nur wichtig, sondern konstitutiv, sich Theorie. Schon deshalb nicht, weil ihr Gegenstand { Wissenschaft\ { und anderen Rechenschaft u(cid:127)ber die jeweils erzielten Resultate und u(cid:127)ber " aus sehr vielf(cid:127)altigenund heterogenen menschlichen Aktivit(cid:127)aten besteht. den Charakter ihrer Begru(cid:127)ndung abzulegen? Man k(cid:127)onnte alsoauch eine Immerhinkann man versuchen, ein Erkenntnisinteresse anzugeben. Un- radikalereFormulierungzur Diskussionstellen:Wissenschaftstheorie der terstellen wir, da(cid:25) Wissenschaft als ein Ge(cid:13)echt von T(cid:127)atigkeiten aufge- Soziologiesollte alsein integraler Bestandteil der Erarbeitung soziologi- fa(cid:25)t werden kann, die sich an der Aufgabe orientieren, Wissen zu ge- schen Wissens betrachtet und betrieben werden. winnen; dann kann man versuchen, fu(cid:127)r die Wissenschaftstheorie zwei 4. Beim Nachdenken u(cid:127)ber diese These sollte eine Unterscheidung im Leitfragen zu formulieren: Auge behalten werden: zwischen Wissenschaftstheorie und Methoden- (cid:15) Wie kann wissenschaftliches Wissen, oder vielleicht besser: wissen- lehre. Ein erstes Verst(cid:127)andnis von Wissenschaftstheorie liefern die oben schaftliche Wissensbildung, charakterisiert werden? formulierten Leitfragen. Was ist demgegenu(cid:127)ber Methodenlehre? In der (cid:15) WelcheallgemeinenSchwierigkeitengibtesbeiderErarbeitungwis- gegenw(cid:127)artigenSoziologieausbildunggibtes haupts(cid:127)achlichzwei Bereiche. senschaftlichen Wissens, und wie kann mit diesen Schwierigkeiten a) Methoden der Datengewinnung. Sie beziehen sich auf die Frage, sinnvollumgegangen werden? wie Soziologenempirische Daten u(cid:127)ber gesellschaftliche Verh(cid:127)altnisse gewinnen k(cid:127)onnen. 2. Wissenschaftstheorie kannaufunterschiedlichen Abstraktionsniveaus betrieben werden. Einige Autoren reden pauschal von Wissenschaft\, b) MethodenderstatistischenDatenverarbeitung.Siebeziehensichauf " ohne viel Wert auf die Tatsache zu legen, da(cid:25) es sich bestenfalls umein dieFrage,wiemandenpotentiellenInformationsgehalteinerMenge Etikettfu(cid:127)reineFu(cid:127)lleunterschiedlicher Erkenntnisbestrebungen handelt. empirischer Daten verst(cid:127)andlich machen kann. Es ist zwar eine sinnvolle Frage, ob es einige allgemeine Charakterisie- In beiden F(cid:127)allen handelt es sich umMethoden imSinne von Techniken: rungen gibt, die allen Wissenschaften zukommen bzw. zukommen soll- siezeigen,wiemanetwaszweckm(cid:127)a(cid:25)igtunkann.DieM(cid:127)oglichkeit,Metho- ten;daskannjedochnichtvonvornhereinunterstelltwerden.Ichschlage den anzugeben, h(cid:127)angt stets davonab, wie genau sich das zu erreichende vor, da(cid:25) wir uns in diesem Seminar mit dieser allgemeinen Frage nicht Ziel allgemein,d.h. unabh(cid:127)angig von der jeweiligen konkreten Situation, n(cid:127)aher besch(cid:127)aftigen und uns stattdessen aufdie Soziologiebeziehen. Un- (cid:12)xieren l(cid:127)a(cid:25)t. Zum Beispiel kann leicht eine Methode dafu(cid:127)r angegeben ser Thema ist dann die soziologische Wissensbildung. Ganz konsequent werden, wie der Mittelwert einer gegebenen Menge numerischer Daten k(cid:127)onnenwirdiese Einschr(cid:127)ankungallerdingsnichtdurchhalten.Dennwis- berechnet werden kann. Es scheint jedoch nicht m(cid:127)oglichzu sein, in ver- senschaftstheoretische Fragen werden von den meisten Autoren sehr ab- gleichbar genauer Weise ein allgemeines Ziel dafu(cid:127)r anzugeben, was mit strakt und allgemein diskutiert, und einige dieser Diskussionen mu(cid:127)ssen Datengewinnung und statistischer Datenverarbeitung in der Soziologie wir jedenfalls ansatzweise zur Kenntnis nehmen. erreicht werden soll. Bestenfalls kann man ein mehr oder weniger vages 3. Um sich u(cid:127)ber soziologisches Wissen Gedanken machen zu k(cid:127)onnen, Verst(cid:127)andnis korrespondierender Bezugsprobleme (cid:12)xieren. Infolgedessen mu(cid:25)man sich mit Soziologie besch(cid:127)aftigen. Daraus entsteht o(cid:11)enbar ein wird in den angegebenen Bereichen der Methodenlehre meistens nur ei- Problem,wenn manversuchen wollte,Wissenschaftstheorie der Soziolo- ne Menge locker miteinander verbundener Einzeltechniken behandelt, gie als einen eigenst(cid:127)andigen Bereich wissenschaftlichen Nachdenkens zu deren potentielle Bedeutung fu(cid:127)r die Erarbeitung soziologischen Wissens konzipieren. Umunsere Leitfragen zu verfolgen,mu(cid:127)ssen wir uns mitSo- unbestimmtbleibt. ziologie besch(cid:127)aftigen; und unser wissenschaftstheoretisches Nachdenken wird dann zu einem Bestandteil unserer Besch(cid:127)aftigung mitSoziologie. 5. Einige Autoren verwenden allerdings das Wort Methode\ nicht nur " DieseAu(cid:11)assungkanninunterschiedlichenVariantenformuliertwer- imHinblickaufEinzeltechniken.ZumBeispielhei(cid:25)tesinder Soziologie\ " den. Wir k(cid:127)onnten zu sagen versuchen: Wissenschaftstheorie sollte die von H. Esser [1993,S.31]: 5 6 Die Methode einer Wissenschaft ist die Antwort auf die Frage kann Methodologie nicht unabh(cid:127)angig von einer Gesellschaftstheorie als " nach dem geeigneten, bzw. zu empfehlenden Weg, ein gestecktes vorgebliches Methodenwissen begru(cid:127)ndet werden. Zielohneunn(cid:127)otigenAufwandunderfolgversprechend zuerreichen c) Mankannsichauch fragen,obsoziologischeForschungundDiskussi- [...].Fu(cid:127)runterschiedlicheZielsetzungen folgen{selbstverst(cid:127)andlich on,wie sie tats(cid:127)achlich betrieben wird,als eine methodengeleitete Praxis {auchunterschiedliche Methoden undAnnahmenu(cid:127)ber dieGrun- verstanden werden kann. Der letzte Satz in der oben zitierten Passa- delementeeiner angemessenenTheoriedes Fachs.Einebestimmte ge unterstellt das. Aber l(cid:127)a(cid:25)t sich das mit unserer Erfahrung daru(cid:127)ber, Kombination von solchen Zielen und daran orientierten Metho- wie soziologische Texte bescha(cid:11)en sind, und produziert und diskutiert den nennt man auch die Methodologie eines Fachs. Aus solchen werden, in U(cid:127)bereinstimmung bringen? Es geht ja nicht darum, da(cid:25) bei Methodologien ergeben sich { wenngleich nicht unmittelbar und der Darlegung soziologischer Argumente auf einzelne Techniken zuru(cid:127)ck- auchnichtausschlie(cid:25)lich{diesichtbarenErgebnsse derForschun- gegri(cid:11)en wird; das ist selbstverst(cid:127)andlich. Sondern die Frage ist, ob der gen einer Wissenschaft.\ GesamtzusammenhangderArgumente,dieschlie(cid:25)lichzueinerbestimm- tenEinsichtfu(cid:127)hrensollen,alsAnwendungeinerMethodologieverstanden Der Autor scheint der Au(cid:11)assung zu sein, da(cid:25) sich die Wissenschaft und beurteilt werden kann. (er meint hier insbesondere die Soziologie) als ein Weg au(cid:11)assen l(cid:127)a(cid:25)t, dem ein bestimmtes Ziel vorausgesetzt werden kann, und da(cid:25) sich in- d) Dies ist doch eine wichtige Konnotation unseres Verst(cid:127)andnisses ei- folgedessen eine Methode angeben l(cid:127)a(cid:25)t, wie das Ziel am besten erreicht ner Methode: da(cid:25) uns ihre Kenntnis sagen soll, ob wir es richtig oder werden kann. Hinzugefu(cid:127)gt wird, da(cid:25) es unterschiedliche Ziele und infol- falsch gemacht haben, ob wir die Grunds(cid:127)atze der Methode befolgt ha- 2 gedessen auch unterschiedliche Methoden geben kann. Das klingt ver- benodernicht.Wennesdarumgeht,einReisezielzuerreichenodereinen traut:zun(cid:127)achstw(cid:127)ahlenwirunseinReiseziel,unddannfragenwirbeider Mittelwert zu berechnen, ist das evident. Aber kann uns eine Methodo- Bahnauskunft nach der besten Zugverbindung. Wir sollten uns jedoch logie sagen, ob wir bei der Erarbeitung soziologischen Wissens richtig u(cid:127)berlegen, ob auf diese Weise eine angemessene Betrachtungsweise der oder falsch vorgegangen sind? K(cid:127)onnte sich nicht eine bessere soziologi- 3 Erarbeitung soziologischen Wissens erreicht werden kann. scheEinsichtgeradedadurchergeben,da(cid:25)wireinemethodischeMaxime a) Kann fu(cid:127)r dieErarbeitung soziologischenWissens ein Ziel (cid:12)xiert wer- infrage stellen? den, das es erlauben wu(cid:127)rde, unabh(cid:127)angig von der jeweils konkreten Ver- Tatsache ist, da(cid:25) sich Soziologen nicht an Methodologien halten. Jeder folgungdieses Ziels eine Methode auszuarbeiten? Wu(cid:127)rde dies nicht vor- denkt und sagt, was ihm richtig erscheint; und das, was der eine sagt, aussetzen, da(cid:25) man das Ziel schon kennen mu(cid:25), um eine erfolgverspre- gef(cid:127)alltdemanderenoftnicht.MethodologienkannmanalsAusdruckdes chende Methode fu(cid:127)rdie Erreichung des Ziels angeben zu k(cid:127)onnen (so wie Wunsches interpretieren, da(cid:25) es anstelle dieses Durcheinanders unter- bei einem Reiseziel oder bei der Berechnung eines Mittelwerts)? schiedlicher Meinungen eine kontrollierbare (durch wen?) Kooperation b) EineMethodologieerfordertdieDarlegungeinesZiels,eineFixierung imHinblickaufein gemeinsamesZiel geben m(cid:127)oge.Wirsolltenuns u(cid:127)ber- dessen,wasmitihrerHilfeerreicht werdensoll.WennSoziologenMetho- legen:WelcheArgumentesprechen fu(cid:127)rundwelchegegendiesenWunsch? dologienformulieren,sagensieunsdamit,wasausihrerSichterstrebens- 6. DasWort Methodologie\ wirdallerdingsnichteinheitlichverwendet wertes soziologischesWissen ist.Aber jeder Versuch, soziologischesWis- " und dient oft nur als ein allgemeiner Hinweis auf U(cid:127)berlegungen und sen zu (cid:12)xieren, impliziert Ansichten daru(cid:127)ber, wie wir gesellschaftliche 4 Bemu(cid:127)hungen, sich u(cid:127)ber Fragen der Begru(cid:127)ndbarkeit wissenschaftlichen Verh(cid:127)altnisse betrachten und u(cid:127)ber sie nachdenken sollten. Infolgedessen Wissens Rechenschaft abzulegen. So hei(cid:25)t es zumBeispiel: 2 Wersichschonmitdersog."Rational-Choice-Theorie\vertrautgemachthat,wird The subject-matter of methodology is best de(cid:12)ned in opposition sichnichtwundern,da(cid:25)derAutorandieuniverselleAnwendbarkeitdiesesDeutungs- " to that of logic. Logicis the study of deductively validreasoning: schemasglaubt. 3 Manvgl.hierzuNagel[1971,S.12f]. 4 Ein beru(cid:127)hmtesBeispiel sind die Regelnder soziologischenMethode\ von Emile sollten,umeinexemplarischesVerst(cid:127)andnisdavonzugewinnen,wiesichhintereiner " Durkheim[1895].DiesisteinwichtigerText,denwirgenauerlesenunddiskutieren MethodologieeineGesellschaftsau(cid:11)assungverbirgt. 7 8 ina deductively validargument,the premisses provide conclusive 2 Wissensbildung reasons forthe conclusion;it is quite impossiblefor the premisses tobetrueandtheconclusionfalse.However,mostofthereasoning 1. Als Mitglieder einer Gesellschaft haben Menschen insbesondere die that we actually engage in falls far short of this ideal. In both F(cid:127)ahigkeit, sich Gedanken zu machen und zu reden, und natu(cid:127)rlich auch everyday life and in science the arguments we use do not provide u(cid:127)ber ihre gesellschaftlichen Verh(cid:127)altnisse. Sie bedienen sich dazu einer conclusive reasons for their conclusions. They may in some sense Umgangssprache, die wir alle gelernt haben und einigerma(cid:25)en gut ver- giveus good reasons to believe their conclusions, but they do not stehen k(cid:127)onnen. Das umgangssprachliche Reden u(cid:127)ber gesellschaftliche compel us in the same absolute way as deductive arguments. Verh(cid:127)altnisse kannalsoauch alseinAusgangspunkt fu(cid:127)runsere Besch(cid:127)afti- The discussion of methodology will be concerned with this kind gung mitSoziologie in Anspruch genommenwerden. of nonconclusive reasoning, and with various philosophical issues 2. Was ist mit Umgangssprache gemeint? Nun, einfach diejenige Spra- that arise in trying to understand it.\ (Papineau [1995,S.125]) che, mit der wir tagt(cid:127)aglich U(cid:127)berlegungen anstellen, formulieren und uns verst(cid:127)andigen. Sprache dient allerdings nicht nur dazu, U(cid:127)berlegun- SichindiesemSinnemit methodologischen\ Fragenzubesch(cid:127)aftigen,ist " genzu formulierenund auszutauschen; daneben gibtes zahlreiche nicht- sicherlichwichtig,wennmandarininteressiertist,begru(cid:127)ndetesWissenzu diskursiveSprechweisen, zumBeispiel:Begru(cid:127)(cid:25)ungen auszutauschen, Be- gewinnen;und mankann sicherlich vielvonPhilosophen lernen, die sich fehle zu geben, Versprechen abzugeben. Ob und wie eine genaue Un- mit solchen Fragen besch(cid:127)aftigt haben. Der prim(cid:127)are Bezug fu(cid:127)r die hier 5 terscheidung getro(cid:11)en werden kann,istfragwu(cid:127)rdig. Mandenkeetwaan verfolgte Besch(cid:127)aftigung mit Wissenschafsttheorie sollte dennoch nicht Sprechakte,durchdieDingenNamengegebenwerden.DieAbgrenzungs- bei diesen, sondern bei soziologischen Fragestellungen liegen. Denn erst frage ist jedoch fu(cid:127)r unsere U(cid:127)berlegungen nicht wesentlich. Wir diskutie- ausihrerVerfolgungkannsichggf.dieBedeutung vonmethodologischen ren hier ja nicht die Bedeutung (imSinne von Funktion\) von Sprache Fragestellungen imengeren Sinne ergeben. " im Alltagsleben, sondern vergegenw(cid:127)artigen uns Aspekte des umgangs- 7. Beginnt man, sich mit Soziologie zu besch(cid:127)aftigen, lernt man sehr sprachlichen Redens als Ausgangspunkt fu(cid:127)r Fragen, die sich auf sozio- schnell,da(cid:25)eseinegro(cid:25)eFu(cid:127)lleunterschiedlicherFragestellungengibt,die logische Wissensbildung richten. Wenn wir in diesem Seminar unsere von Soziologen als Anla(cid:25) zum Nachdenken und Theoretisieren verwen- Aufmerksamkeit auf Sprache richten, dann deshalb, weil und insoweit det werden. Umein Themafu(cid:127)r die wissenschaftstheoretische Diskussion sie der Formulierungvon Wissen dient. zu gewinnen, k(cid:127)onnte man sich eine Fragestellung herausgreifen und sie 3. Wir k(cid:127)onnten auch sagen, da(cid:25) wir von der Sprache des Alltagslebens und die zu ihr vertretenen Ansichten m(cid:127)oglichst genau besprechen. Das ausgehen wollen.Aber das klingtso,alsg(cid:127)abe es au(cid:25)er demAlltagsleben w(cid:127)are vielleicht das beste Vorgehen. Ich m(cid:127)ochte jedoch eine Alternative noch eine andere Art des Lebens. Fru(cid:127)her gab es eine Unterscheidung vorschlagen, die, wie ich glaube, besonders fu(cid:127)r eine Einfu(cid:127)hrungsveran- zwischen demweltlichenunddemreligi(cid:127)osenLeben. VielleichtinErinne- staltung sinnvoll ist. Sie beruht auf folgender U(cid:127)berlegung: Als soziale rung daran wird heute gelegentlich eine Unterscheidung von Alltagsle- " Akteure, in unserem Alltagsleben, verwenden wir immer schon Wissen ben\ und Wissenschaft\ gemacht. Aber das kann leicht zu Verwirrung " u(cid:127)berdieBescha(cid:11)enheit gesellschaftlicherVerh(cid:127)altnisse.Wirverwendenes fu(cid:127)hren.Denndas,wasWissenschaftler tun,istsicherlicheinTeildesAll- zun(cid:127)achst als praktisches Wissen, d.h. zur Orientierung unseres Verhal- tagslebens, wiees sichinunserer Gesellschaftaufvielf(cid:127)altigdi(cid:11)erenzierte tens;aber wirsinddurchausinderLage,zumindestTeiledieses Wissens Weise abspielt. Sie essen, trinken, stellen Berechnungen an, usw. Und sprachlichzuformulierenundinDiskurseu(cid:127)ber dieBescha(cid:11)enheit gesell- natu(cid:127)rlich, sie reden auch und schreiben Texte. schaftlicher Verh(cid:127)altnisse einzubringen. Im Mittelpunkt unserer wissen- Sprechen sie dann eine andere Sprache, nicht unsere Umgangsspra- schaftstheoretischen Besch(cid:127)aftigung mitSoziologie steht dann die Frage, che? Meistens nicht. Der gr(cid:127)o(cid:25)te Teil der Kommunikation von Wissen- wiewirsinnvollu(cid:127)bergesellschaftlicheVerh(cid:127)altnissesprechen undEinsich- schaftlern erfolgt ebenfalls in unserer Umgangssprache; und das gilt ten in ihre Bescha(cid:11)enheit gewinnen k(cid:127)onnen. 5 Einegrundlegendeundfu(cid:127)rdieweitereDiskussionsehrein(cid:13)u(cid:25)reichgewordeneAr- beitstammtvonAustin[1975]. 9 10 auch fu(cid:127)r die meisten der von ihnen produzierten Texte. Allerdings gibt Wissensbestandes\ zumAusdruck.Es klingtplausibel,da(cid:25)Wissendie- " es oft Di(cid:11)erenzierungen und Erweiterungen unserer Umgangssprache, ser Art daran gebunden ist, da(cid:25) es sprachlich formuliert werden kann. um neues Wissen formulieren zu k(cid:127)onnen. Dann wird gelegentlich von Aber das ist zu unterscheiden von der F(cid:127)ahigkeit, sprechen zu k(cid:127)onnen. wissenschaftlichen Fachsprachen\ gesprochen. Aber es ist fragwu(cid:127)rdig, Da(cid:25) ich sprechen kann, erlaubt mirzu sagen, da(cid:25) es gestern in Bochum " ob es sich um Sprachen handelt, die unserer Umgangssprache sinnvoll geregnet hat. Aber der Satz, blo(cid:25) als sprachliche A(cid:127)u(cid:25)erung genommen, 6 gegen(cid:127)ubergestellt werden k(cid:127)onnen. Die Umgangssprache bleibt grundle- formuliertkein Wissen. Genauso gut k(cid:127)onnte ich jasagen, da(cid:25) es gestern gend, um ein Verst(cid:127)andnis dieser Fachsprachen\ zu gewinnen; und es in Bochum nicht geregnet hat. Es erscheint deshalb richtig, Sprache ge- " erscheint angemessener, sie nicht als eigenst(cid:127)andige, neue Sprachen, son- wisserma(cid:25)ennuralseinMediumzuverstehen, indemWissenformuliert dern als Di(cid:11)erenzierungen, Erweiterungen und gelegentlich Pr(cid:127)azisierun- wird,das Wissen selbst aber den Akteuren zuzurechnen, die Wissen ha- gen unserer Umgangssprache zu verstehen. Man kann das sogar noch ben.Ichwei(cid:25),da(cid:25)esgesterninBochumgeregnethat,istnichtdasgleiche fu(cid:127)r die mathematische Sprache sagen, die oft als ein besonders eklatan- wie die A(cid:127)u(cid:25)erung, da(cid:25) es gestern in Bochum geregnet hat. Wenn ich es tes Beispiel einer Fachsprache angefu(cid:127)hrt wird. Ihre Grundbegri(cid:11)e sind wei(cid:25), dann glaube ich, da(cid:25) es sich so verhalten hat, obwohl vielleicht Bestandteil unserer Umgangssprache,auch wenn sie dann zur Formulie- meine Gru(cid:127)nde fu(cid:127)r das, was ich glaube, mehr oder weniger fragwu(cid:127)rdig rung mathematischen Wissens eine Pr(cid:127)azisierung erfahren und vielf(cid:127)altig sind. di(cid:11)erenziert und erweitert werden. 5. Daseben angefu(cid:127)hrte Beispielsuggeriert, da(cid:25)von wissen\,imUnter- " 4. Unsere Besch(cid:127)aftigung mit Soziologie soll dazu dienen, unser Wissen schied zu k(cid:127)onnen\,nurgesprochen werden sollte,wenn einesprachliche " u(cid:127)bergesellschaftlicheVerh(cid:127)altnisse zuerweitern undzuvertiefen.Wasist Formulierungdes Gewu(cid:25)tengegeben werdenkann.InderUmgangsspra- indiesemZusammenhangmit Wissen\ gemeint?DerBegri(cid:11) istschwie- che wird dieses Kriterium allerdings nicht strikt vorausgesetzt, sondern " rig, und es ist kaum m(cid:127)oglich, eine einfache De(cid:12)nition zu geben. Einen es gibt eine semantische N(cid:127)ahe von wissen\ und k(cid:127)onnen\, die es oft " " ersten Gesichtspunkt liefert eine Gegenu(cid:127)berstellung von wissen\ und erlaubt, beide Worte fast synonym zu verwenden. Man kann das als " k(cid:127)onnen\. Mit dem Wort k(cid:127)onnen\ beziehen wir uns auf die F(cid:127)ahigkeit einen Hinweis auf den engen Zusammenhang zwischen etwa k(cid:127)onnen\ " " " von Akteuren, etwas tun zu k(cid:127)onnen; zum Beispiel: er kann sprechen, er und etwas wissen\ verstehen. Dieser Zusammenhang kann hier nicht kann Fahrad fahren, er kann Klavier spielen, er kann einen Computer n(cid:127)aher"er(cid:127)ortertwerden.7Fu(cid:127)runsereU(cid:127)berlegungenistesauchausreichend, bedienen, er kann uns den Weg zum Bahnhof zeigen. Solche S(cid:127)atze sind uns auf sprachlich formulierbares Wissen zu beschr(cid:127)anken. Wir sprechen uns vertraut, und wir k(cid:127)onnen sie ganz gut verstehen. dann von diskursivem Wissen. Es ist dasjenige Wissen, das wir in Form Betrachten wir jetzt ein Beispiel, in dem von wissen\ gesprochen von Meinungen und deren Begru(cid:127)ndungen sagen und aufschreiben, und " wird: Ich wei(cid:25), da(cid:25) es gestern in Bochum geregnet hat. Der Satz ver- dadurch zur Diskussion stellen k(cid:127)onnen. weistdarauf,da(cid:25)ichetwaswei(cid:25),und indemichihnsage,oder aufschrei- Wenn wir an diesen Aspekt diskursiven Wissens denken, ergibt sich be,kannichanderen mitteilen,wasichwei(cid:25).Erbringteinen Teilmeines auch eine sinnvolle Abgrenzung zu etwas tun k(cid:127)onnen\. Zum Beispiel: " Wirk(cid:127)onnenunsdiskursivesWissenu(cid:127)ber einenComputeraneignen;aber 6 EinigeWissenschaftstheoretikersinddieser Ansicht.Zum Beispielcharakterisiert damit haben wir nicht gleichzeitig gelernt, mit einem Computer sicher Sei(cid:11)ert [1997, S.22] die Alltagssprache als "Sprache, die wir im t(cid:127)aglichen Leben undzielstrebigumgehenzuk(cid:127)onnen.DiesesBeispielzeigtallerdingsauch, tats(cid:127)achlichmiteinandersprechen,imGegensatzzurWissenschaftssprache,diedurch da(cid:25)dieKommunikationundAneignungvonWissenoftdazudient,prak- normierteTermini gekennzeichnetist.\ Zur weiteren Erl(cid:127)auterunghei(cid:25)t es (S.172): DieW(cid:127)orter,diewirinderWissenschaftbenutzen,mu(cid:127)ssenwir`normieren',dashei(cid:25)t, tische F(cid:127)ahigkeiten (etwas tun zu k(cid:127)onnen) zu vermitteln; zum Beispiel " in ihrem Gebrauch genau festlegen.\ Es ist natu(cid:127)rlich richtig, da(cid:25) Wissenschaftler wenn ich einen Passanten nach dem Weg zum Bahnhof frage. Das dis- oft versuchen, den Bedeutungsgehalt einiger W(cid:127)orter m(cid:127)oglichst genau zu (cid:12)xieren. kursive Wissen (Vorstellungen, Bilder, Meinungen) kann jedoch auch in Aber infolgedessenwird nichtdie Sprache,von der diese normiertenTermini\ ein " diesen F(cid:127)allen von der praktischen F(cid:127)ahigkeit, etwas tun zu k(cid:127)onnen, zu- Teilsind,zueinervonunsererUmgangsspracheseparierbaren,besonderenSprache. Entscheidend,um zu gr(cid:127)o(cid:25)erer Klarheit zu gelangen, ist nicht die Normierung von Termini,sondernda(cid:25)wirbeimGebrauchunsererSprachedaraufachten,wiewirdas 7Wersichn(cid:127)aherfu(cid:127)rdiesenZusammenhanginteressiert,seiaufden(allerdingsschwie- tun.EinenlesenswertenEinstiegindiesesArgumentgibtAustin[1962]. rigen)BeitragvonJamesRussell[1996]verwiesen. 11 12 mindest begri(cid:15)ich unterschieden werden. blemen kann manvon praktischen Bezugsproblemen absehen; aber um- gekehrth(cid:127)angtjedeBesch(cid:127)aftigungmitpraktischenBezugsproblemenauch 6. Diskursives Wissenkannauszwei unterschiedlichen Perspektiven be- davon ab, welche theoretischen Vorstellungen man sich von ::: macht. trachtet werden. Wirk(cid:127)onnen einerseits darandenken, da(cid:25)Menschen die F(cid:127)ahigkeit haben, solches Wissen bilden und kommunizieren zu k(cid:127)onnen. 8. Es bleibtdie Frage,ob sich wissenschaftliches Wissen als eine beson- Diese F(cid:127)ahigkeitkannalseinespezi(cid:12)sche praktische F(cid:127)ahigkeitbetrachtet dere ArtvonWissencharakterisieren l(cid:127)a(cid:25)t.Sicherlichkannmansagen:es werden. Andererseits kann man an den Inhalt\ des Wissens denken, istdiskursivesWissen,einWissen,dassprachlichformuliertunddadurch " also an Vorstellungen, Bilder, Meinungen, U(cid:127)berzeugungen und ihre Be- zur Diskussion gestellt, Argumenten ausgesetzt werden kann. Aber las- gru(cid:127)ndungen.Dannentsteht dieschwierigeFrage,inwelcherWeisedieser sen sich daru(cid:127)ber hinausgehende Abgrenzungskriterien (cid:12)xieren? Wissen- Inhaltexistiert.DieziemlichverwickeltephilosophischeDiskussiondieser schaftler und Philosophenhaben immerwieder den Anspruch vertreten, Frage kann hier nicht verfolgt werden. Aber es kann an eine Erfahrung besseres Wissenliefernzuk(cid:127)onnen;undsiehabendafu(cid:127)rauchBegru(cid:127)ndun- erinnert werden: Menschen haben die F(cid:127)ahigkeit, sich gegenseitig Mei- gen gegeben. Dieser Anspruch scheint fu(cid:127)r die Erarbeitung wissenschaft- nungen und deren Begru(cid:127)ndungen mitzuteilen; insbesondere seit es die lichen Wissens konstitutiv zu sein. Mit dem Hinweis auf einen solchen M(cid:127)oglichkeit gibt, schriftliche Texte zu produzieren und zu verbreiten. Anspruch kann wissenschaftliches Wissen jedoch nicht als eine beson- Und sie k(cid:127)onnen (cid:127)uber Meinungen und deren Begru(cid:127)ndungen selbst wieder dere Art von Wissen abgegrenzt werden.9 Denn alle bisher vertretenen neue Meinungen bilden. Wissensbildung ist infolgedessen ein re(cid:13)exiver Anspru(cid:127)che k(cid:127)onnen nicht nur, sondern sind auch faktisch in der Wissen- Proze(cid:25); und diese Re(cid:13)exivit(cid:127)at ist zugleich die Form,in der sich Wissen schaftsgeschichteinfragegestelltundkritisiertworden.Gelegentlichwird ver(cid:127)andert, bisherige durch neue Meinungen abgel(cid:127)ost werden. Am deut- damitzu begru(cid:127)nden versucht,da(cid:25)solcheAnspru(cid:127)che nichtvertreten wer- lichstenwirddasinDiskursen,diedarinbestehen, Meinungenundderen den sollten. Aber die Schlu(cid:25)folgerung ist nicht zwingend. Respekt vor Begru(cid:127)ndungen auszutauschen, zur Diskussion zu stellen und Argumen- allen Meinungen und ihren Begru(cid:127)ndungen steht nicht im Widerspruch 8 ten auszusetzen. zu dem Bemu(cid:127)hen, besser begru(cid:127)ndete Meinungen zu (cid:12)nden; und durch 7. Manchmal wird versucht, praktisches und theoretisches Wissen zu diesen Anspruch, fu(cid:127)r das, was man sagt, gute Begru(cid:127)ndungen geben zu unterscheiden. Die Unterscheidung ist aber ziemlich unklar, wenn man k(cid:127)onnen, k(cid:127)onnen wissenschaftliche und philosophische Diskurse de(cid:12)niert werden. sichaufdiskursivesWissenbeziehtunddadurchbereitseineAbgrenzung von etwas tun k(cid:127)onnen\ vorgenommen hat. Es erscheint nicht sinnvoll, " 9. Die Schwierigkeiten, Kriterien zur Abgrenzung wissenschaftlichen hier von zwei unterschiedlichen Arten des Wissens zu sprechen. Man Wissens zu begru(cid:127)nden, betre(cid:11)en insbesondere die Soziologie. Denn in kann jedoch versuchen, zwei unterschiedliche Arten von Bezugsproble- diesem Fall besteht der Gegenstandsbereich aus Akteuren, die selbst in menanzugeben.EinerseitspraktischeBezugsprobleme imSinnevon: wie " der Lage sind, Wissen zu bilden, und zwar u(cid:127)ber den gleichen Gegen- man etwas (zweckm(cid:127)a(cid:25)ig) tun kann\; andererseits theoretische Bezugs- standsbereich. WennSoziologenAnsichten u(cid:127)ber dieGesellschaftverku(cid:127)n- probleme im Sinne von: welche Vorstellungen man sich von ::: bilden " den, mu(cid:127)ssen sie deshalb nicht nur mitdem Widerspruch anderer Sozio- kann/sollte\.Die Unterscheidung verweist zugleich auf eine bemerkens- logen rechnen, sondern auch damit, da(cid:25) ihnen ihr Gegenstandsbereich werte Asymmetrie.Bei der Besch(cid:127)aftigung mit theoretischen Bezugspro- widerspricht (soweit ihre Ansichten dort zur Kenntnis genommen wer- den). Da Wissenschaftler nicht schon infolge ihres sozialen Status u(cid:127)ber 8 Esseiangemerkt,da(cid:25)durchdenVerweisaufdieRe(cid:13)exivit(cid:127)atvonWissensbildung besseres Wissen verfu(cid:127)gen,solltevoneiner grunds(cid:127)atzlichen Gleichberech- auchdie ontologischeFrage, in welcher Weise Meinungenexistieren,eine nichtnur spekulativeBedeutunggewinnt.Siewird zumBeispielrelevant,wennwirdieFrage tigungdes Akteurswissens und des durch Soziologengebildeten Wissens stellen,obMeinungensoaufgefa(cid:25)twerdensollten,wiewiruns Tatsachen\vorstellen, ausgegangen werden. Das setzt zwar nicht unbedingt eine gemeinsame " n(cid:127)amlichals feststellbareSachverhalte,die man beobachtenkann. Das ist sicherlich Diskussionsebene als Sinnvoraussetzung soziologischer Wissensbildung einewichtigeFrageinsbesonderefu(cid:127)rdiejenigenTeilederempirischenSozialforschung, die sich aufMeinungsumfragenstu(cid:127)tzenund dabeiMeinungenso behandeln,als ob essichumbeobachtbareTatsachenhandelt.EinenEinstiegindiegegenw(cid:127)artigephi- 9EinenEindruckdergegenw(cid:127)artigenphilosophischenDiskussiondieserFragevermit- losophischeDiskussionvermitteltderBeitragvonSchneider[1997]. teltButts[1993]. 13 14 voraus. Es impliziert aber eine wichtige Maxime fu(cid:127)r die Bildung sozio- 3 Realit(cid:127)atsbezu(cid:127)ge logischen Wissens: es mu(cid:25) in den K(cid:127)opfen der sozialen Akteure re(cid:13)exiv werden k(cid:127)onnen, ohne falsch zu werden. Damit meine ich: soziologisches 1. Im vorangegangenen Kapitel wurde betont, da(cid:25) soziale Akteure im- Wissen, das sich wie auch immerauf gesellschaftliche Verh(cid:127)altnisse, also mer schon Wissen u(cid:127)ber gesellschaftliche Verh(cid:127)altnisse haben. Das kann auch aufdie Akteure dieser Verh(cid:127)altnisse bezieht, mu(cid:25)miteinemSelbst- mansichanbeliebigvielenBeispielenverdeutlichen.Wiek(cid:127)onnennunSo- 10 verst(cid:127)andnis von Akteuren als Handlungssubjekten vereinbar sein. ziologen zur Erweiterung und Vertiefung dieses Wissens beitragen? Um 10. Fu(cid:127)r einen demokratisch gesinnten Soziologen ist diese U(cid:127)berlegung uns dieser Frage zu n(cid:127)ahern, mu(cid:25) vor allem u(cid:127)berlegt werden, wie Sozio- logen u(cid:127)ber soziale Realit(cid:127)at\ sprechen k(cid:127)onnen. Den Anfang bildet dann vermutlich selbstverst(cid:127)andlich. Man sollte sich aber daran erinnern, da(cid:25) " die Frage, wie wir uns sprachlich auf Realit(cid:127)at\ beziehen. Erst wenn die genannte Maxime in der Geschichte der Soziologie keineswegs eine " mansich davonein gewisses Bildgemachthat,kann manversuchen, ein selbstverst(cid:127)andliche Voraussetzung gewesen ist. Im Gegenteil, einige der Verst(cid:127)andnis sozialer Realit(cid:127)at zu gewinnen. fu(cid:127)r die Entwicklung der Soziologie ma(cid:25)geblichen Autoren haben ganz explizit eine Version soziologischen Wissens angestrebt, die auf der An- 2. Beginnen wirdamit,etwas genauer aufdie unterschiedlichen Formen nahme beruht, da(cid:25) soziale Akteure nur u(cid:127)ber sehr beschr(cid:127)anktes Wissen zuachten,indenensichumgangssprachlichesRedenaufRealit(cid:127)atbezieht. verfu(cid:127)gen k(cid:127)onnen. Ein hervorragendes Beispiel ist Emile Durkheim, wie Die folgende Zusammenstellungkann eine erste Orientierung liefern. etwa die folgende Passage deutlich macht: a) Wir reden u(cid:127)ber Dinge und tre(cid:11)en dabei zahlreiche Unterscheidun- Diese Idee, da(cid:25) das gesellschaftliche Leben nicht mit Hilfe der gen; insbesondere zwischen Akteuren und Nicht-Akteuren und zwi- " Begri(cid:11)e derjenigen erkl(cid:127)art werden sollte, die an ihm teilnehmen, schenArtefaktenundnatu(cid:127)rlichenDingen.Einbesonders gro(cid:25)erTeil sondern austieferliegendenUrsachen, diedemBewu(cid:25)tsein entge- umgangssprachlichen Redens bezieht sich auf Artefakte, insbeson- hen, halte ich fu(cid:127)r au(cid:25)erordentlich fruchtbar, und ich glaube auch, dere Werkzeuge, alsoDinge, die durch eine Bezugnahme auf Hand- da(cid:25)diese Ursachen haupts(cid:127)achlichinder Art undWeise zu suchen lungsm(cid:127)oglichkeitende(cid:12)niert sind. sind, in welcher die assoziierten Individuen sich gesellschaftlich b) Wir sprechen u(cid:127)ber Ereignisse, die stattgefunden haben. Geburts- gruppieren. Nur so kann allem Anschein nach die Historie eine tagsfeiern, Fu(cid:25)ballspiele, die Bildung einer neuen Regierung. Und 11 Wissenschaft werden und die Soziologie selbst existieren.\ natu(cid:127)rlich streiten wir uns gelegentlich daru(cid:127)ber, wie diese Ereignisse genau abgelaufen sind. Die Problematikdieses Vorschlags wird deutlich, sobald mansich u(cid:127)ber- legt, welchen Sinn die Erarbeitung soziologischen Wissens haben soll. c) Wirreden u(cid:127)ber andere Menschen, ihre Eigenschaften undinsbeson- Gehenwirdavonaus,da(cid:25)sozialeAkteureimmerschonWissenu(cid:127)berihre dere ihr Verhalten, und es macht uns meistens keine besonderen gesellschaftlichen Verh(cid:127)altnisse haben, kann Soziologie bestenfalls bean- Schwierigkeiten, dembeobachtbaren Verhalten Motiveund Absich- spruchen, zur Verbesserung dieses Wissens beitragen zu k(cid:127)onnen. Dieser ten zu unterstellen. Es scheint so, da(cid:25) solche Unterstellungen schon Anspruch setzt jedoch voraus, soziale Akteure als die schlie(cid:25)lich ent- in einen Gro(cid:25)teil der Worte, die uns die Umgangssprache zur Be- scheidenden Tr(cid:127)agervonWissenu(cid:127)ber gesellschaftlicheVerh(cid:127)altnisse anzu- schreibung von Verhaltensweisen anbietet, gewisserma(cid:25)en einge- " erkennen. baut\ sind. Natu(cid:127)rlich kennen wir auch Beispiele, bei denen solche Unterstellungen fragwu(cid:127)rdig sind. d) Wir erz(cid:127)ahlen Geschichten, durch die Ereignisse in historische Ab- l(cid:127)aufe eingeordnet werden. Leitfrage ist oft, wie es zu einem Ereig- 10 Obwohl die folgende Formulierungo(cid:11)ensichtlich u(cid:127)berzogen\ ist, machtsie das " nis oder einer als Sachverhalt (cid:12)xierbaren Situation gekommen ist. hiervorliegendegrunds(cid:127)atzlicheProblemgutdeutlich: DieGesellschaftschreibtuns " Meistens handelt es sich um Wie-Fragen, zum Beispiel: Wie ist die n(cid:127)amlichnichtnurvor,waswirzutun,sondernauch,werwirzuseinhaben.\(Berger [1977,S.106]) gegenw(cid:127)artigeBochumerStudienordnungfu(cid:127)rSoziologenzustandege- 11 ZitiertnachdemAbdruckinWinch[1965,S.35]. kommen?Wie ist es zum Zusammenbruch der DDR gekommen? 15 16 12 e) Wir reden in unterschiedlichen Varianten u(cid:127)ber M(cid:127)oglichkeiten. Drei sehen k(cid:127)onnen, und Ereignisse, die wir nicht selbst beobachtet haben. Basisvariantensind: a)Wenn unsere Kenntnisse unzureichend sind; VoneinigenerhaltenwirindirektKenntnis,durchBerichte,Erz(cid:127)ahlungen, etwa: Sie ist gestern mit dem Fahrrad verunglu(cid:127)ckt; es k(cid:127)onnte sein, Fotos. Im allgemeinen zweifeln wir nicht daran, da(cid:25) es sich auch dann da(cid:25) sie sich ein Bein gebrochen hat, aber ich wei(cid:25) es nicht genau. umreale Ereignisse handelt,die sich inder Realit(cid:127)at\ abgespielt haben. " b) Wenn wir uns auf die Zukunft beziehen: m(cid:127)oglicherweise wird es Oder genauer gesagt:wir glauben aneine Basisunterscheidung zwischen morgen wieder regnen. c) Wenn wir u(cid:127)ber Handlungsm(cid:127)oglichkeiten realen und (cid:12)ktiven, blo(cid:25) vorgestellten Ereignissen und Sachverhalten. nachdenken:Ichk(cid:127)onntejetztaufh(cid:127)oren,andiesemTextzuschreiben, Wirunterscheiden zumBeispieldierealeWeltvonderjenigen,dieunsin und stattdessen einen Spaziergang machen. einemRomanodereinemSpiel(cid:12)lmvorstellbargemachtwird.Wirwissen auch, da(cid:25) die Grenze nicht immer scharf gezogen werden kann. Wenn f) Wirreden u(cid:127)ber Erwartungen. Icherwarte, da(cid:25)ermichheute abend wir etwa durch eine Erz(cid:127)ahlung Kenntnis von einem Ereignis erhalten, anrufenwird.Icherwarte,da(cid:25)esamWochenendewiederzuzahlrei- k(cid:127)onnen wir uns vorstellen, da(cid:25) die Erz(cid:127)ahlung das Ereignis nicht so dar- chen Verkehrsunf(cid:127)allen kommenwird.Ich erwarte, da(cid:25)dieGeschwo- stellt,wiees tats(cid:127)achlichstattgefunden hat.Dieserzeugt jedochmeistens renen zu einem Schuldspruch kommen werden. Wiederum erlaubt keinen grunds(cid:127)atzlichen Zweifel ander Unterscheidung zwischen Realit(cid:127)at uns die Umgangssprache zahlreiche Di(cid:11)erenzierungen: ich vermute, undFiktion,sondern fu(cid:127)hrt nurzu der Schlu(cid:25)folgerung,da(cid:25)wiroftnicht ich glaube, ich halte es fu(cid:127)r wahrscheinlich, usw. oder nicht genau wissen, was gewesen ist. 3. WennwirMeinungenformulierenundzu begru(cid:127)nden versuchen, kom- 5. Schwieriger wird es, wenn es sich um das Verhalten von Menschen mendieseArtenvonAussagenmeistensnichtisoliertvor.Gedankeng(cid:127)an- handelt(alsoauchbeiEreignissen,anderen Zustandekommenmenschli- ge bestehen aus einem mehr oder weniger komplexen Zusammenhang cheAkteurebeteiligtsind).Fu(cid:127)rdasalltagspraktischeRedenisteskonsti- einzelner Aussagen, je nachdemwiees das Themaund dieSchreib- oder tutiv,Akteuren MotiveundAbsichten zuunterstellen.Wirsprechen von Diskurssituation sinnvoll erscheinen lassen. Zum Beispiel sind an vielen Unterstellungen,weilwirMotiveundAbsichten nichtunmittelbarbeob- Ereignissen Menschen beteiligt, und bei ihrer Beschreibung wird dann achten k(cid:127)onnen.Dashat einigePhilosophenveranla(cid:25)tzu glauben,da(cid:25)es darauf bezug genommen, wie sich die beteiligten Menschen verhalten sich bei Motiven und Absichten nur umtheoretische Fiktionen handelt. haben. Und meistens wissen wir nicht genau, wie es gewesen ist, und DieU(cid:127)berlegungberuhtaufderAnnahme,da(cid:25)nursinnlichwahrnehmba- mu(cid:127)ssen dann sagen, da(cid:25) es sich so oder auch anders verhalten haben reSachverhalterealexistieren.AlltagspraktischeDiskurseku(cid:127)mmernsich k(cid:127)onnte. Und wenn wir an zuku(cid:127)nftigen Folgen eines Ereignisses interes- umdieseU(cid:127)berlegungjedochmeistensnicht.Zeigtdas,da(cid:25)sievergleichs- siert sind, sind wir schon wieder bei m(cid:127)oglichen Folgen; und wenn uns weise gedankenlos ablaufen? Nicht unbedingt; es scheint vielmehr so zu dies nicht genu(cid:127)gt, mu(cid:127)ssen wir Erwartungen bilden. sein, da(cid:25)inalltagspraktischen Diskursen nicht vonder Annahmeausge- Man kann infolgedessen sagen, da(cid:25) sich ein Verst(cid:127)andnis einzelner gangen wird, da(cid:25) sich Realit(cid:127)at auf sinnlich wahrnehmbare Ph(cid:127)anomene S(cid:127)atze imallgemeinenerst aus dem Kontext, in dem er gesagt wird oder beschr(cid:127)ankt. Das kann man allerdings auf zwei unterschiedliche Weisen geschrieben steht, ergibt. Hier geht es uns jedoch nicht in erster Linie zu verstehen versuchen. Ineiner Variantek(cid:127)onnte gemeintsein, da(cid:25)gele- darum,dieBedeutungvonAussagenzure(cid:13)ektieren,sondernanhandvon gentlichmitFiktionen so umgegangenwird,als ob es reale Sachverhalte Beispielen herauszu(cid:12)nden, wie durch sie auf Realit(cid:127)at Bezug genommen w(cid:127)aren.EinezweiteVarianteorientiertsichanderEinsicht,da(cid:25)unserRe- wird. den u(cid:127)ber reale Sachverhalte unvermeidlichInterpretationen dieser Sach- verhaltebeinhaltet.ZumBeispiel:DiesisteinTextfu(cid:127)reinSeminar,nicht 4. BeginnenwirmitdemRedenu(cid:127)berDingeundEreignisse.Imallgemei- nur eine merkwu(cid:127)rdige Ansammlungeinzelner Buchstaben. nen zweifeln wir nicht daran, da(cid:25) es die sinnlich wahrnehmbaren Dinge Es du(cid:127)rfte schwer sein zu bestreiten, da(cid:25) unser gesamtes Reden, mit wirklich gibt, und begru(cid:127)nden damit auch die Realit(cid:127)at der Ereignisse, durch die sich Dinge ver(cid:127)andern. 12 In einer lesenswerten Untersuchung hat C. Wilson [1995] gezeigt, wie sich das Wirhaben auch gelernt,mitder Beschr(cid:127)anktheit unserer jeweilseige- allgemeine,auchwissenschaftlicheundphilosophischeVerst(cid:127)andnisvonRealit(cid:127)atdurch nen Erfahrung umzugehen. Wir wissen, da(cid:25) es Dinge gibt, die wir nicht dieEr(cid:12)ndungdesMikroskopsver(cid:127)anderthat. 17 18 15 dem wir uns auf Realit(cid:127)at beziehen, immerschon Interpretationen bein- gangssprachliches Reden. Demkorrespondiert als Basiserfahrung, da(cid:25) haltet;Interpretationen, diekontroversdiskutierbarsindundsich(infol- aus Zukunft eine (cid:13)u(cid:127)chtige Gegenwart wird, die dann in der Vergangen- 13 gedessen) ver(cid:127)andern k(cid:127)onnen. Jedenfalls im Kontext diskursiver Wis- heit verschwindet. sensbildung ben(cid:127)otigen wir immer schon eine Sprache, um uns auf Rea- Es liegt nahe, dementsprechend Aussagen u(cid:127)ber die Vergangenheit, lit(cid:127)at beziehen zu k(cid:127)onnen; denn in diesem Kontext mu(cid:127)ssen Verweise auf Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden. Da(cid:25) solche Unterschiede im die Bescha(cid:11)enheit der Realit(cid:127)at die Form von Argumenten, also selbst umgangssprachlichen Reden oft gemacht werden, wei(cid:25) jeder. Die onto- eine sprachliche Form, annehmen. Um zu begru(cid:127)ndeten Aussagen u(cid:127)ber logischen Implikationen werden jedoch erst sichtbar, wenn man darauf die Realit(cid:127)at zu gelangen, k(cid:127)onnen wir nicht einfach unsere sprachlichen achtet,woru(cid:127)ber indiesen unterschiedlichen sprachlichen Formengespro- Aussagen miteiner nicht schon durch Sprache gepr(cid:127)agten Wahrnehmung chenwird.VonSonntagsredenabgesehen,wirdinalltagspraktischenDis- der Realit(cid:127)at vergleichen. Aus der Vorstellung eines solchen Vergleichs kursen normalerweise nicht u(cid:127)ber die Gegenwart\, die Vergangenheit\ " " kann insbesondere kein Kriterium gewonnen werden, um wahre\ Aus- oder die Zukunft\ gesprochen, sondern u(cid:127)ber Dingeund Ereignisse. Un- " " sagen zu de(cid:12)nieren. Das ist allerdings in der philosophischen Diskussi- sere gew(cid:127)ohnlichenRealit(cid:127)atsvorstellungenbeziehen sichinsofernaufDin- 14 onumstritten. VielePhilosophen und Wissenschaftler m(cid:127)ochtenander geundEreignisse.EinDingistunsetwas,das inderRealit(cid:127)at\ existiert, " Vorstellung festhalten, da(cid:25) Wahrheit\ de(cid:12)niert werden kann, weil sie undstattdessen sagen wirauch, da(cid:25)es inder Zeit\ existiert. Durch die " " befu(cid:127)rchten, da(cid:25) es andernfalls nur beliebiges Gerede geben kann. Aber Erfahrung,da(cid:25)sichDingeimZeitablaufver(cid:127)andern,werden sieunsnicht mu(cid:127)ssen wir diese Befu(cid:127)rchtung teilen? Ich glaube nicht. Jeder ernsthaf- unwirklich, sondern wir verstehen dies als eine wesentliche Eigenschaft te Diskurs beruht doch darauf, da(cid:25) man durch ihn zu besseren, besser derArtundWeise,wiedieDingeexistieren.Beiallengew(cid:127)ohnlichenDin- durchdachten, besser durch Argumente gestu(cid:127)tzten Ansichten kommen gen, auf die sich das alltagspraktische Reden bezieht, unterstellen wir, m(cid:127)ochte. Und zugleich auf der Voraussetzung, da(cid:25) niemand berechtigt da(cid:25)sieeine Lebensdauer haben,dieindieZukunft hineinreicht.Beiden ist, im Namen der Wahrheit zu sprechen. Also: nur Argumente sollen meisten Dingen unterstellen wir auch, da(cid:25) sie einen Anfang in der Zeit z(cid:127)ahlen; und der Verweis auf Argumente erlaubt es uns, zwischen mehr und eine endliche Lebensdauer haben. oderwenigergutbegru(cid:127)ndetenAu(cid:11)assungenzuunterscheiden.Dasliefert Zu einer wesentlichen Di(cid:11)erenzierung kommtes erst, wenn wir u(cid:127)ber uns zwar kein Entscheidungskriterium, wohl aber eine Orientierung. Ereignisse sprechen. DasWortwirdinder Umgangsspracheaufvielf(cid:127)alti- Es liefert auch eine Orientierung zumbesseren Verst(cid:127)andnis der oben ge Weise verwendet. Es kann sich auf zeitlich und r(cid:127)aumlich (cid:12)xierbare getro(cid:11)enen Feststellung,da(cid:25)unser Redenu(cid:127)berdieRealit(cid:127)atimmerschon Ver(cid:127)anderungen bei einzelnen Dingen beziehen; es wird aber im u(cid:127)brigen Interpretationen beinhaltet. Daraus folgt ja nicht, da(cid:25) wir die Realit(cid:127)at zumVerweisaufallevorstellbarenArtenvonVorkommnissenverwendet. nachBeliebendeutenund er(cid:12)nden\ k(cid:127)onnten.Wirsprechenjavon Rea- Seine umgangssprachliche Bedeutung gewinnt das Reden von Ereignis- " " lit(cid:127)at\,weilund insoweitdies nicht m(cid:127)oglichist.Die Schlu(cid:25)folgerungsoll- sendurch einenKontrast zumReden vonProzessen. VoneinemEreignis te vielmehr sein, da(cid:25) jeder Versuch, zu begru(cid:127)ndeten Aussagen u(cid:127)ber die sprechen wir, wenn wir einen Komplex von Geschehnissen als eine Ein- Realit(cid:127)atzugelangen,aufdieInterpretationsschemataachtenmu(cid:25),diein heit ansprechen m(cid:127)ochten; zum Beispiel einen Verkehrsunfall oder eine unser Reden u(cid:127)ber die Realit(cid:127)at immer schon eingebaut, aber gleichwohl Hochzeit. Von einem Proze(cid:25) sprechen wir, wenn wir die Aufmerksam- 16 re(cid:13)ektierbar und ver(cid:127)anderbar sind. keit auf eine zeitliche Abfolge von Geschehnissen richten m(cid:127)ochten. Bei der Unterscheidung von Dingen und Ereignissen setzt nun auch 6. Wesentliche Di(cid:11)erenzierungen des umgangssprachlichen Realit(cid:127)ats- eineDi(cid:11)erenzierunginunseremRealit(cid:127)atsverst(cid:127)andnisein.VonDingensa- verst(cid:127)andnisses ergeben sich aus der Zeitlichkeit menschlicher Existenz. Eine Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft 15 Es ist bemerkenswert, da(cid:25) die traditionelle Logik, wie sie immer noch oft als durchzieht, schon durch dieGrammatikerzwungen, unser gesamtes um- eineGrundlagefu(cid:127)rdiewissenschaftstheoretischeKl(cid:127)arungwissenschaftlicherTheorien angenommenwird(eineeinfacheundlesenswerteEinfu(cid:127)hrung(cid:12)ndetsichbeiSalmon 13 Zum Nachdenkendieser U(cid:127)berlegung wird der kurze Text von Anscombe [1958] [1973]),jedeBezugnahmeaufZeitausklammert. empfohlen. 16 Zu einer Vertiefung dieser U(cid:127)berlegungenwird das Kapitel States, Events, and 14EinenlesenwertenEinstiegindieDiskussiongibtderAufsatzvonSchneider[1995]. Change\inGalton[1984]zurLektu(cid:127)reempfohlen. " 19 20 genwir,da(cid:25)essiegibt(entwedertats(cid:127)achlichoderinunsererEinbildung); menschlicherWissensbildungberu(cid:127)cksichtigt werden,diesichanderAuf- bei Ereignissen sagt mannicht, da(cid:25) es sie gibt, sondern da(cid:25) sie stattge- gabeorientieren,wieMenschen mitihrerWeltsinnvollumgehenk(cid:127)onnen. funden haben. U(cid:127)ber Dinge kann man reden, w(cid:127)ahrend es sie gibt; u(cid:127)ber EreignissekannmanjedochetwasBestimmteserstsagen,wennsiestatt- gefundenhaben,d.h.wennsieVergangenheitgewordensind.Wasichzur Diskussion stellen m(cid:127)ochte ist die Au(cid:11)assung, da(cid:25) das alltagspraktische Realit(cid:127)atsverst(cid:127)andnis (das ja auch fu(cid:127)r wissenschaftliche Theoriebildung durchaus folgenreichist) wesentlich andie Vorstellungrealexistierender Dinge gebunden ist.Dadurch kannes sich (wennauch nichtvollst(cid:127)andig) von einigen der Schwierigkeiten und Paradoxien befreien, die die Erfah- rung unserer Zeitlichkeit fu(cid:127)r die Wissensbildung erzeugt. 7. Man kann dieses alltagspraktische Realit(cid:127)ats- und Zeitverst(cid:127)andnis nach zwei Richtungen hin infrage stellen. Nach der einen Seite hin kann man versuchen, den ontologischen Primat von Dingen infrage zu stel- len und versuchen, ein Weltverst(cid:127)andnis zu entwickeln, in dem sich Rea- lit(cid:127)atineinekontingenteFolge(cid:13)u(cid:127)chtigerGeschehnisse au(cid:13)(cid:127)o(cid:25)t.DieseIdee kann sicherlich Ausgangspunkt fu(cid:127)r interessante philosophische Denkex- perimente sein, sie ist aber als Grundlage fu(cid:127)r Wissensbildung jedenfalls dann nicht geeignet, wenn mit dem Wissen eine Stabilisierung unserer Handlungs-und Denkm(cid:127)oglichkeitengewonnenwerden soll.Nach deran- deren Seite hin kann man versuchen, die Zeitlichkeit der Dinge als eine subjektive Erfahrung\ zu deuten, diemitder tats(cid:127)achlichen Bescha(cid:11)en- " heit der Realit(cid:127)at nichts zu tun hat, eben nur unsere subjektive Erfah- rung dieser Realit(cid:127)atcharakterisiert. Es erscheint durchaus m(cid:127)oglich,da(cid:25) 17 maninder theoretischen Wissensbildung dieser Richtungfolgenkann. Fu(cid:127)r die Wissensbildung ist diese Richtung tats(cid:127)achlich attraktiv; denn sie befreit die Theoriebildungvon allden Problemen,die aus der Erfah- rung(oder nur Vorstellung?)erwachsen, da(cid:25)es eine ontologischrelevan- te Di(cid:11)erenz zwischen Vergangenheit und Zukunft gibt, da(cid:25) die Zukunft kontingent ist. Zumindest als Fragestellung ist das an dieser Stelle rele- vante philosophische Argument auch einsehbar: Warumsollte es fu(cid:127)r die Bescha(cid:11)enheit der Realit(cid:127)at relevant sein, da(cid:25) menschliche Subjekte die Zukunft als kontingent erleben? Soformuliert,kanndasArgumentallerdingsauchumgedrehtwerden. Wir k(cid:127)onnen sagen: Gerade weil die Erfahrung der Kontingenz eine Ba- siserfahrung der Menschen ist, sollte sie jedenfalls in denjenigen Teilen 17EineZusammenfassungdergegenw(cid:127)artigenDiskussiongibtdervonOaklanderund Smith[1994]herausgegebeneSammelband TheNewTheoryofTime\.Einweiterer " lesenswerterBeitragistMittelstrass[1993].
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