ISBN 978-3-663-04023-1 ISBN 978-3-663-05469-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-05469-6 Inhalt Einführung I. Begriff und Typologie der wirtschaftlichen Entleerungsgebiete in Industrie- ländern ............................................................. 9 a) Begriff...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 b) Typologie ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. In der Entwicklung zurückgeworfene Gebiete ...................... 9 2. In der Entwicklung zurückgebliebene Gebiete ...................... 9 II. Gang der Untersuchung .............................................. 10 Teil 1 Die Herausbildung wirtschaftlicher Entleerungsgebiete im marktwirtschaftlichen Industrialisierungsprozeß A. Der marktwirtschaftliche Prozeß der Industrialisierung als Wachstums- und Differenzierungsprozeß ............................................... 11 I. Die Industrialisierung als relativer Wachstumsprozeß .................. 11 a) Begriff der Industrialisierung .................................... 11 1. Die Wachstumskomponente .................................. 12 2. Die Strukturkomponente .................................... 13 b) Industrialisierungsimpulse .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 11. Die regionale Verteilung des industriellen Wachstums . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17 a) Die räumlichen Differenzierungen von Wachstumschancen als Wesens- merkmal des marktwirtschaftlichen Industrialisierungsprozesses ...... 17 b) Differenzierungsanreize im Prozeß der Industrialisierung ............ 18 1. Der Einfluß der einzelnen Differenzierungsanreize auf die regionale Verteilung der Wachstumsimpulse im Prozeß der Industrialisierung 18 aa) Die Raumwirkungen des Verkehrssystems ..... ..... ........ 18 11. Methode und Werkzeuge der Analyse.................. 18 aaa) Methode der Analyse ........................... 18 bbb) Werkzeuge der Analyse ......................... 19 111. Verkehrswertigkeit ........................ 19 222. Affinität ................................. 20 22. Die Verkehrs situation in der vorindustriellen Zeit ....... 20 33. Änderung der Verkehrs situation nach Einführung der Eisenbahn ......................................... 21 44. Die Eigendynamik des Industrialisierungsprozesses ...... 23 3 aaa) Die Differenzierungswirkung der Transportkostenunterschiede ... 23 bbb) Die Differenzierungswirkung der langfristigen Grenzkostenverläufe 24 ccc) Die Differenzierungswirkung der räumlichen Streuung der Ein- kommenseffekte und der volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Kapazitätseffekte einer Investition ............................ 26 55. Ausweitung punktueller Industrialisierungszentren zu Industriebändern . 30 66. Die Gestaltungskraft einzelner Verkehrsmittel ...................... 33 aaa) Die Gestaltungskraft der Eisenbahn .......................... 33 bbb) Die Gestaltungskraft der Binnenwasserstraßen ................. 35 ccc) Die Gestaltungskraft des Straßenverkehrs ..................... 37 111. Die Gestaltungskraft der Bundes- und Landstraßen ........ 37 222. Die Gestaltungskraft der Autobahn .................... " 39 ddd) Die Gestaltungskraft der Mineralölfernleitungen ............... 42 eee) Die Gestaltungskraft des Seeverkehrs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49 77. Die räumliche Differenzierung der Wirtschaftstätigkeit unter dem Einfluß der Zonengrenzziehung .......................................... 52 aaa) Die Veränderung der Struktur der interregionalen Verkehrsströme 52 111. Die Veränderung des Umfangs und der Richtung der Ver- kehrsströme .......................................... 52 222. Die Veränderung der räumlichen Reichweite der Verkehrs- ströme ............................................... 54 bbb) Die Veränderung der Struktur des Verkehrssystems ............ 55 bb) Die Rolle des technischen Fortschritts im Differenzierungsprozeß . . . . . . . . .. 55 11. Wandlungen in der Organisation des technischen Fortschritts ......... 55 22. Beziehungen zur räumlichen Streuung des technischen Fortschritts .... 57 aaa) Bei Vorherrschen von zufälligen Erfindungen durch Einzelerfinder 57 bbb) Bei systematischer Erforschung und Anwendung des technischen Fortschritts ............................................... 57 111. Verstärkung der Differenzierungswirkungen .............. 57 222. Nivellierungswirkungen ............................... 62 aaaa) Abschwächung der Differenzierungswirkungen . . . . .. 62 bbbb) Das Entstehen von »in der Entwicklung zurück geworfenen Räumen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63 cc) Der Einfluß des Finanzsystems auf die räumliche Ordnung der Wirtschaft .. 63 11. Die Standortrelevanz des Finanzsystems ........................... 64 22. Schaffung von unterschiedlichen Standortqualitäten durch das Finanz- system .............................................. ,. '" . . .... 65 aaa) Raumwirkungen eines Finanzsystems mit Finanzautonomie der dem Gesamtstaat untergeordneten Gebietskörperschaften ............ 65 bbb) Die Raumwirkungen bei zentralistischem Finanzsystem. .. . .. . ... 67 33. Beziehungen zum vom Verkehrssystem geprägten marktwirtschaftlichen Differenzierungsprozeß .......................................... 68 aaa) Bei einem Finanzsystem mit Finanzautonomie der dem Gesamtstaat untergeordneten Gebietskörperschaften ....................... 68 bbb) Bei zentralistischem Finanzsystem ............................ 70 44. Zusammenfassung .............................................. 72 dd) Das Sparen in der Dynamik des marktwirtschaftlichen Industrialisierungs- prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 72 4 11. Das Sparen als abhängige Variable des Prozesses der räum- lichen Differenzierung .............................. 73 aaa) Das Kontensparen der Privaten in Abhängigkeit von der regionalen Differenzierung der Sozial- und Altersstruktur ................................ 73 111. Die Veränderung der räumlichen Einkommens verteilung in ihrem Einfluß auf die regionale Differenzierung des Kontensparens ......... 73 222. Die Veränderung der interregionalen Alters struktur in ihrem Einfluß auf die regionale Differenzierung des Kontensparens ......... 77 bbb) Wertpapier-, Versicherungs- und Bausparen in regionaler Differenzierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 79 22. Das Sparen als unabhängige Variable des Prozesses der räumlichen Differenzierung .......................... 82 aaa) Zur Frage der Investitionsfunktion .............. 82 bbb) Die Differenzierungskraft der interregionalen Spar- struktur ..................................... 84 ccc) Der Einfluß der räumlichen Mobilität des Sparens. 86 ee) Der Einfluß der Wirtschaftsintegration auf die Entwicklung der rückständigen Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 87 2. Das Zusammenwirken der einzelnen Differenzierungsanreize im Hinblick auf die regionale Verteilung der Wachstumsimpulse im Prozeß der Industrialisierung ................................ 88 B. Die Merkmale wirtschaftlicher Entleerungsgebiete ........................ 90 I. Abgrenzung der wirtschaftlichen Entleerungsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Ungleichmäßige Raumstruktur als Ergebnis des Industrialisierungs- prozesses .................................................... 90 1. Kriterium der differenzierten Raumstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 90 2. Einteilung in Industrie- und Agrarzonen ...................... 92 b) Abgrenzung der Notstandsgebiete in Agrar- und Industriezonen mit Hilfe der Werte für das Pro-Kopf-Einkommen und seiner Entwicklung 94 1. Notstandsgebiete in Agrarzonen ............................. 94 2. Notstandsgebiete in Industriezonen .......................... , 95 11. Kennzeichnung von Notstandsgebieten ............................. 96 a) Wirtschaftsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 96 1. Bevölkerungsentwicklung ................................... 97 aa) In der Bundesrepublik insgesamt ......................... 97 bb) In den vorwiegend agrarischen Bundesländern ............. 100 cc) In den industriereichen Bundesländern .................... 101 dd) In den Notstandsgebieten ............................... 102 2. Beschäftigtenstruktur ....................................... 104 aa) Entwicklung in der Bundesrepublik insgesamt ............. 104 bb) Entwicklung in den Ländern ............................ 104 cc) Beschäftigtenstruktur in den Notstandsgebieten ............ 106 5 3. Produktionsstruktur ........................................ 107 aa) Die Entwicklung in der BRD ............................ 107 bb) Die Entwicklung in den Bundesländern ................... 108 cc) Entwicklungstendenzen der Produktionsstruktur in den Not- standsgebieten ......................................... 109 11. In zurückgebliebenen Räumen ....................... 109 22. In den zurückgeworfenen Räumen ................... , 110 b) Die Struktur des Verkehrswesens ............................... 110 1. In zurückgebliebenen Gebieten ............................... 110 aa) Das Verkehrswegenetz .................................. 110 11. Das Schienennetz .................................. 11 0 22. Das Straßennetz ................................... 121 aaa) Die Straßendichte ............................. 121 bbb) Die Breitenstruktur ............................ 122 ccc) Die Straßendecken ............................ 125 bb) Die Verkehrsbedienung ................................. 129 11. Die Verkehrsbedienung im Güterverkehr ............. 130 22. Die Verkehrsbedienung im Personenverkehr ........... 131 2. Die Struktur des Verkehrswesens in zurückgeworfenen Gebieten . 135 aa) Das Verkehrs system in zurückgeworfenen Gebieten des Typs A 136 bb) Das Verkehrssystem in zurückgeworfenen Gebieten des Typs B 136 c) Finanzstruktur von Gebietskörperschaften in Notstandsgebieten ..... 137 1. Das Steuersystem in der BRD ............................... 137 2. Die Bedeutung der Realsteuern für die Gemeinden ............. 138 3. Umfang der Finanzzuweisungen ............................. 139 4. Verstärkte Bildung von Notstandsgebieten durch das bestehende Finanzsystem .............................................. 140 d) Die regionale Gliederung des volkswirtschaftlichen Sparprozesses ... 144 1. Vorbemerkung ............................................ 144 2. Sparerdichte, Kontendichte und Spareinlagen in regionaler Difl'eren- zierung ................................................... 144 aa) Sparerdichte ........................................... 144 bb) Kontendichte .......................................... 145 cc) Die regionale Gliederung der Spareinlagen 1948/66 ......... 146 11. Die Dynamik der Gesamteinlagen .................... 146 22. Die Dynamik der Durchschnittseinlagen . . . . . . . . . . . . . .. 149 3. Der Geltungsbereich der Ergebnisse .......................... 152 Teil 2 Möglichkeiten und Grenzen einer aktiven Regionalpolitik A. Die Zielsetzung der regionalen Wirtschaftspolitik ........................ 159 1. Das Leitbild der aktiven Regionalpolitik ............................ 159 a) Begriff der aktiven Regionalpolitik .............................. 159 6 b) Das Leitbild der aktiven Regionalpolitik in der nationalen und inter- nationalen Diskussion ......................................... 159 c) Der derivative Charakter des regionalpolitischen Leitbildes ......... 161 II. Die Gestaltungsziele der regionalen Wirtschaftspolitik ................ 161 a) Kennzeichnung des Zielsystems ................................. 162 1. Die Dezentralisierung der Wirtschaftskraft .................... 162 2. Die Krisenfestigkeit der Raumstruktur ........................ 162 3. Die Produktivität der Raumnutzung .......................... 162 4. Die Proportionalität der räumlichen Wirkungsfaktoren .......... 163 b) Das Verhältnis der einzelnen Ziele zueinander .................... 163 B. Bisherige regionalpolitische Maßnahmen ................................ 163 I. Darstellung der bisherigen Maßnahmen ............................. 163 a) Das regionale Förderungsprogramm der Bundesregierung .......... 163 1. Förderung der Zonenrandgebiete ............................ 164 2. Förderung der Bundesausbaugebiete .......................... 164 3. Förderung der Bundesausbauorte ............................ 165 b) Förderungsprogramme der Länder .............................. 166 1. Das Landesergänzungsprogramm in Rheinland-Pfalz ............ 166 2. Der Grenzlandfonds in Rheinland-Pfalz ....................... 167 3. Das Landeskreditprogramm in Nordrhein-Westfalen ............ 167 4. Die Grenzlandhilfe in Nordrhein-Westfalen .................... 167 c) Der Grüne Plan .............................................. 167 d) Förderung aus dem ERP-Sondervermögen ....................... 167 e) Gemeinsame Programme mehrerer Körperschaften ................ 168 1. Das Emsland-Programm .................................... 168 2. Das Programm Nord ....................................... 168 II. Beurteilung der bisherigen Maßnahmen ............................. 169 C. Möglichkeiten weiterer regionalpolitischer Maßnahmen ................... 171 I. Regionalpolitik mit Hilfe der Verkehrspolitik ........................ 171 a) Grundsätzliche Überlegungen zu einer verkehrspolitischen Konzeption 171 b) Die Investitionspolitik im Verkehr .............................. 174 1. Investitionen bei der Eisenbahn .............................. 174 2. Investitionen im Straßenverkehr ............................. 176 c) Die Verkehrsbedienung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 178 1. Verkehrsbedienung im Personenverkehr ...................... 178 2. Verkehrsbedienung im Güterverkehr ......................... 180 d) Die Tarifpolitik im Verkehr .................................... 181 1. Vorbemerkung ............................................ 181 2. Möglichkeiten für Transportkostenunterschiede im Raum ....... 182 7 3. Die Bedeutung von Transportkostenänderungen für die Unter- nehmen in den Entleerungsgebieten .......................... 184 aa) Heterogene Güter ...................................... 184 11. Monopolmarkt .................................... 184 22. Wettbewerbsmarkt ................................. 185 bb) Homogene Güter ...................................... 186 11. Möglichkeiten regionalpolitischer Maßnahmen auf dem Sparsektor sowie auf den Finanzmittelmärkten ...................................... 187 a) Die Beeinflussung der Sparstruktur und der interregionalen Mobilität des Sparens .................................................. 187 1. Das Gestaltungsziel ........................................ 187 2. Die Mittel zur Zielverwirklichung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 188 aa) Regionale Zins- und Prämiend ifferenzierungen im Rahmen der Sparförderung ......................................... 188 bb) Die Veränderung der institutionellen Komponente des Spar- prozesses .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 190 cc) Die Parallelität von Industrieansiedlung und Errichtung neuer Institutionen des Geld- und Kreditsystems . . . . . . . . . . . . . . . .. 191 b) Regionale Geld-, Kredit- und Kapitalhilfen ....................... 192 1. Die Begünstigung der Inanspruchnahme der Finanzmittelmärkte durch wirtschaftlich schwache Gebiete ........................ 192 2. Die Verbesserung der Geldschöpfungsmöglichkeiten in den kritischen Regionen ........................................ 193 UI. Steuerpolitische Maßnahmen ...................................... 194 a) Verbesserungen des kommunalen Steuersystems . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 194 b) Weitere einnahmepolitische Maßnahmen ......................... 195 1. Finanzausgleich............................................ 195 2. Steuerpräferenzen .......................................... 196 IV. Direkte staatliche Investitionstätigkeit .............................. 196 D. Die Grenzen einer aktiven Regionalpolitik .............................. 198 I. Institutionelle Hemmnisse für eine ausreichende Finanzierung der Re- gionalpolitik .................................................... 198 11. Grenzen der Wirksamkeit der Regionalpolitik durch die bestehende Rechtsordnung .................................................. 201 IU. Grenzen der Wirksamkeit der Regionalpolitik durch mangelnde Bereit schaft, notwendige Änderungen zu vollziehen oder hinzunehmen . . . . . .. 202 Literaturverzeichnis ..................................................... 205 Anmerkungen .......................................................... 213 8 Einführung I. Begriff und Typologie der wirtschaftlichen Entleerungsgebiete in Industrieländern a) Begriff Seit der Weltwirtschaftskrise stand die Frage der Beschäftigung im Mittelpunkt der wirt schaftspolitischen Diskussion. An ihre Stelle ist mit der Wandlung der wirtschaftlichen Gegebenheiten die wachstumsorientierte Fragestellung getreten. Ein Blick in die Wirklich keit zeigt, daß das industrielle Wachstum sich im Industrialisierungsprozeß nicht räumlich gleichmäßig verteilt hat. In allen Industriestaaten gibt es besonders stark industrialisierte Gebiete, die den größten Teil des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks, der Bevölkerung und der natürlichen Ressourcen sowie des Sozialprodukts auf sich vereinigen. In allen Industrieländern bestehen neben diesen Gebieten aber auch Regionen, die in ihrer Wirt schaftskraft und in ihrem Wohlstandsniveau weit unter dem Durchschnitt des jeweiligen Landes liegen. Solche Gebiete sind als Entleerungsgebiete zu bezeichnen: Entleerung ist insofern ein relativer Begriff (1). b) Typologie 1. In der Entwicklung zurückgeworfene Gebiete Die wirtschaftlichen Entleerungsgebiete werden in dieser Untersuchung nach einer Eintei lung von VITa (2) unterschieden in Gebiete, die in der Entwicklung zurückgeblieben sind, und in solche, die in der wirtschaftlichen Entwicklung zurückgeworfen wurden. Diejenigen Problemgebiete, die in der wirtschaftlichen Entwicklung zurückgeworfen wurden, haben zwar schon einen hohen Industrialisierungsgrad erreicht, befinden sich jedoch in einem Zustand der Stagnation oder der Rückentwicklung, der sich entweder auf die gesamte Wirtschaft oder aber zumindest auf die tragenden Wirtschaftszweige dieser Räume erstreckt. 2. In der Entwicklung zurückgebliebene Gebiete In unserer Untersuchung befassen wir uns in erster Linie mit der Entstehung von in der Entwicklung zurückgebliebenen Gebieten. Hierbei handelt es sich um solche Regionen, die entweder im Grad der Industrialisierung nicht mit den übrigen Gebieten eines Lande~ Schritt halten können (erste Untergruppe) oder gar in vielen Fällen kaum eine Industriali sierung erreicht haben (zweite Untergruppe). Die erste Untergruppe der in der Entwicklung zurückgebliebenen Gebiete ist dadurch gekennzeichnet, daß die von ihr umfaßten Räume zwar schon einen gewissen Industriali sierungsgrad aufweisen, jedoch der Industrialisierungsprozeß im Vergleich zu den Pro speritätszonen des Landes nur langsam und schwach vorangeht. Diese Gebiete haben zwar die Stufe des »Take off« überschritten, sind jedoch hinsichtlich des Einkommensniveaus nicht sehr weit von jenen Räumen entfernt, die diese Stufe noch nicht übersprungen haben. Die Gebiete der zweiten Untergruppe befinden sich in einem Stadium der wirtschaftlichen 9 Entwicklung, in dem noch nicht das » Take off«, d. h. der Umbruch zur Industrialisierung stattgefunden hat. Gerade in jüngster Zeit wird den wirtschaftspolitischen Bestrebungen zur Entwicklung von Entleerungsgebieten in Industrieländern große Beachtung gewidmet. Damit sind neben den weltweiten Differenzierungen in den wirtschaftlichen Aktivitäten auch jene Diffe renzierungen in der Wirtschafts kraft, die auf Grund des marktwirtschaftlichen Industriali sierungsprozesses innerhalb der begünstigten, hochindustrialisierten Staaten zustande gekommen sind, stärker in den Vordergrund der wirtschaftspolitischen Diskussion getreten. II. Gang der Untersuchung Die Untersuchung gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wird in einer Kombination von theoretischer und empirischer Methode die Entstehung wirtschaftlicher Entleerungs gebiete im marktwirtschaftlichen Industrialisierungsprozeß analysiert. Dabei wird von dem Begriff des marktwirtschaftlichen Industrialisierungsprozesses ausgegangen, wie er in der Literatur anzutreffen ist. Die vielfach heterogen anmutenden Begriffsbestimmungen werden für den Zweck dieser Untersuchung auf ihre Grundzüge reduziert, so daß zwei Komponenten des Begriffs der Industrialisierung, nämlich die Wachstumskomponente und die Strukturkomponente erkennbar werden. In die regionale Entwicklung dieser bei den Komponenten greifen - was dem Wesen des marktwirtschaftlichen Industrialisierungs prozesses entspricht - verschiedene Differenzierungsfaktoren ein, die eine räumlich un terschiedliche Streuung der Industrialisierungsimpulse und der Industrialisierungseffekte bewirken und neben begünstigten, hochindustrialisierten Räumen wirtschaftliche Entlee rungsgebiete entstehen lassen. Zunächst wird der Einfluß der einzelnen Differenzierungs anreize auf die regionale Verteilung des industriellen Wachstums analysiert. Es sollen ins besondere die Raumwirkungen des Verkehrssystems, die Rolle der Energie und des tech nischen Fortschritts im Differenzierungsprozeß, der Einfluß des Finanzsystems auf die räumliche Ordnung der Wirtschaft und das Sparen als abhängige und unabhängige Va riable des Prozesses der räumlichen Differenzierung untersucht werden. Anschließend werden die wirtschaftlichen Entleerungsgebiete als Ergebnis des industriellen Prozesses der räumlichen Differenzierung an Hand einiger Beispiele aus der BRD charakterisiert. Dabei geht es insbesondere um die Kennzeichnung der Siedlungs-, Wirtschafts- und Ver kehrsstruktur, um die steuer- und finanzpolitische Situation in den wirtschaftlichen Ent leerungsgebieten und die regionale Gliederung der privaten Spartätigkeit. Wenn auf diese Weise die Kräfte herausgearbeitet worden sind, die zur Entstehung wirt schaftlicher Entleerungsgebiete geführt haben, sowie die ökonomische und soziale Struktur dieser Problemgebiete gekennzeichnet ist, so sind damit auch die Ansatzpunkte für regio nalpolitische Maßnahmen gegeben. Im zweiten Teil der Untersuchung soll daher ein regio nalpolitisches Programm zur Angleichung der wirtschaftlichen Aktivitäten in Entleerungs und Ballungsgebieten erarbeitet werden. Dabei sind sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen der aktiven Regionalpolitik zu erfassen. Der Katalog der möglichen Maß nahmen knüpft an die Differenzierungsfaktoren an und gliedert sich dementsprechend, während als Begrenzungen der aktiven Regionalpolitik insbesondere finanzielle, recht liche und soziologische Hemmungsgründe herausgestellt werden sollen. 10 Teil 1: Die Herausbildung wirtschaftlicher Entleerungsgebiete im marktwirtschaftlichen Industrialisierungsprozeß A. Der marktwirtschaftliche Prozeß der Industrialisierung als Wachstums-und Differenzierungsprozeß Der marktwirtschaftliche Industrialisierungsprozeß, dessen Einfluß auf die Entstehung wirtschaftlicher Entleerungsgebiete im folgenden untersucht wird, ist gleichzeitig ein Wachstums- und ein Differenzierungsprozeß. Nicht jeder Wachstumsprozeß ist ein In dustrialisierungsprozeß, sondern dieser ist vielmehr ein Wachstumsprozeß besonderer Art, ein »relativer« Wachstumsprozeß. Seine Wesensmerkmale werden unter All dargestellt. Als Differenzierungsprozeß bringt die marktwirtschaftliche Industrialisierung im Zeit ablauf ständig Begünstigungen oder Benachteiligungen einzelner Räume einer Volkswirt schaft mit sich. Die Ursachen und Wirkungen dieser regionalen Differenzierung von Ent wicklungschancen werden unter All und B analysiert. I. Die Industrialisierung als relativer W achstumsprozeß (3) a) Begriff der Industrialisierung Der Begriff der Industrialisierung wird im in- und ausländischen Schrifttum mit stark unterschiedlichem Inhalt verwendet (4). Seit dem Beginn der industriellen Revolution in England gegen Ende des 18. Jahrhunderts und der Entstehung der »manufacturing in dustry« wurde mit diesem Begriff eine Vielzahl von Tatbeständen gekennzeichnet, die sich ». .. auf die Form der Entwicklung dieser Industrie, ihre regionale Ausbreitung über die ganze Erde, ihren Einfluß auf die übrigen Wirtschaftszweige, ihre Wirkung auf die soziale Struktur der Bevölkerung, auf das Verhalten der Individuen und gesellschaftlichen Grup pen zueinander und schließlich auf die geistige Verfassung der Menschen schlechthin be ziehen« (5). Aus der großen Zahl der ökonomischen Definitionen des Begriffs der Industrialisierung seien insbesondere die von KLATT, GIERSCH und HOFFMANN angeführt. Nach KLATT ist der Begriff Industrialisierung ein Gesamtausdruck für ». .. alle jene Veränderungen wirt schaftlicher Maßnahmen und Einrichtungen, die mit der Ausdehnung jener Bereiche wirt schaftlicher Tätigkeit in einer Volkswirtschaft verbunden sind, in denen die ,moderne, fortschreitende Technik' durch den Einsatz kontrollierter und gesteuerter biologischer, chemischer und physikalischer Prozesse das Wirtschaften wesentlich unterstützt und seine Ergiebigkeit außerordentlich erhöht« (6). »Der Industrialisierungsprozeß ist gekennzeich net durch einen im Verhältnis zum Arbeitskräfte- und Bodeneinsatz zusätzlichen und zu nehmend überwiegenden Sachkapitaleinsatz, insbesondere in Form von Maschinen, Mo toren, Retorten zuzüglich der komplementären thermischen und mechanischen Energien (an Stelle menschlicher undloder tierischer Arbeitskraft), ferner Apparaten und Werkzeu gen usw. und die damit im Zusammenhang stehenden gesellschaftlichen und wirtschaft lichen Umstellungen (Wandlungen). Das äußere Erscheinungsbild des über mehrere Perio den hinweg (d. h. langfristig) zusätzlichen und zunehmend überwiegenden Sachkapital einsatzes sind kapitalintensive, großbetriebliche Einheiten in einzelnen Zweigen der Wirt- 11