~ J.B.METZLER Jutta Heinz (Hrsg.) Wieland- Handbuch Leben – Werk – Wirkung Verlag J. B. Metzler Stuttgart · Weimar Bibliografische Information der Deutschen National- bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über © 2008 Springer-Verlag GmbH Deutschland http://dnb.d-nb.de abrufbar. Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH inStuttgart 2008 ISBN 978-3-476-02222-6 ISBN 978-3-476-05021-2 (eBook) www.metzlerverlag.de DOI 10.1007/978-3-476-05021-2 [email protected] Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. V Inhaltsverzeichnis Vorwort XII 3.2.3. »Rosemunde« 175 3.3. Unvertonte Libretti 178 3.3.1. »Das Urtheil des Midas« 178 I. Wielands Leben und 3.3.2. »Pandora« 179 Wirken 1 3.4. Bearbeitungen 179 4. Versdichtungen und Märchen 181 1. Wielands Leben 1 4.1 »Comische Erzählungen« 181 2. Editionsgeschichte 26 4.1.1. Die einzelnen Erzählungen 181 3. Rezeptions- und Forschungsgeschichte 36 4.1.2. »Combabus« 190 4.1.3. »Schach Lolo« 191 4.2. »Musarion« 196 II. Wieland und die Diskurse 4.3. Versepen und Gedichte I 201 seiner Zeit 53 4.3.1. »Der neue Amadis« 202 4.3.2. »Der verklagte Amor« 205 1. Wieland und die Religion 53 4.3.3. »Aspasia oder die platonische 2. Wieland und die Künste 68 Liebe« 205 2.1. Theater 68 4.3.4. Gedichte an Olympia 206 2.2. Musik 72 4.3.5. »Die erste Liebe. An 2.3. Tanz 73 Psyche« 207 2.4. Wielands Singspieltheorie 75 4.3.6. »Sixt und Klärchen« 207 2.5. Bildende Künste 78 4.3.7. »Das Leben ein Traum« 207 3. Wieland und die Philosophie 83 4.3.8. »Bruchstücke von Psyche, 4. Wieland und die Politik 95 einem unvollendet gebliebnen 5. Wieland und die Wissenschaften 105 allegorischen Gedichte« 208 6. Wieland und die Weltliteratur 109 4.3.9. »Nadine« 208 6.1. Antike 109 4.3.10. »Erdenglück. An Chloe« 208 6.2. Französische Literatur 118 4.3.11. »Celia an Damon« 208 6.3. Italienische Literatur 123 4.3.12. »Die Grazien« 209 6.4. Englische Literatur 127 4.4. Märchen 210 6.5. Deutsche Literatur 132 4.4.1. »Idris und Zenide« 213 4.4.2. »Das Wintermährchen« 217 III. Wielands Werke 141 4.4.3. »Das Sommermährchen« 218 4.4.4. »Hann und Gulpenheh« 220 1. Wielands Schreibweisen 141 4.4.5. »Pervonte« 221 2. Frühwerk 150 4.4.6. Die »Dschinnistan«-Samm- 3. Dramatische Werke 169 lung 223 3.1. Schauspiele 169 4.4.7. »Die Wasserkufe« 226 3.1.1. »Lady Johanna Gray« 169 4.5. »Oberon« 227 3.1.2. »Klementina von Porretta« 170 4.6. Versepen II 237 3.2. Singspiele 170 4.6.1. »Gandalin oder Liebe um 3.2.1. »Alceste« 170 Liebe« 237 3.2.2. »Die Wahl des Herkules« 173 4.6.2. »Klelia und Sinibald« 242 VI Inhaltsverzeichnis 5. Prosawerk 248 6.2.1. »Gedanken von der Freiheit 5.1. Romane 248 über Gegenstände des Glaubens 5.1.1. »Theages oder die Unterre- zu philosophieren« 362 dungen von Schönheit und 6.2.2. »Das Geheimnis des Kosmo- Liebe« 248 politenordens« 368 5.1.2. »Araspes und Panthea« 249 7. Zeitschriftenherausgeber 374 5.1.3. »Die Abenteuer des Don Sylvio 7.1. »Der Teutsche Merkur«und »Der neue von Rosalva« 251 Teutsche Merkur« 374 5.1.4. »Geschichte des Agathon« 259 7.2. Das »Attische Museum« und das 5.1.5. »Nachlaß des Diogenes von »Neue Attische Museum« 391 Sinope« 274 8. Übersetzungen 394 5.1.6. »Der Goldne Spiegel oder die 8.1. Shakespeare 394 Könige von Scheschian«, 8.2. Horaz 403 »Geschichte des Philosophen 8.3. Lukian 411 Danischmend und der drey 8.4. Aristophanes 419 Kalender« 284 8.5. Isokrates 423 5.1.7. »Geschichte der 8.6. Xenophon 425 Abderiten« 295 8.7. Euripides 430 5.1.8. »Peregrinus Proteus« 305 8.8. Cicero 433 5.1.9. »Agathodämon« 314 9. Briefwerk 446 5.1.10. »Aristipp und einige seiner Zeitgenossen« 322 IV. ›Wielandizität‹. Versuch einer 5.2. Erzählungen und Novellen 333 5.2.1. »Das Hexameron von Rosen- Charakteristik 457 hain« 333 5.2.2. »Menander und Glycerion«, V. Anhang 467 »Krates und Hipparchia« 344 6. Essayistik und Literaturkritik 350 6.1. Literatur- und kunstästhetische Siglen 467 Essays 355 6.1.1. »Unterredungen zwischen W** Autorinnen und Autoren 471 und dem Pfarrer zu ***« 355 Titelregister 472 6.1.2. »Gedanken über die Ideale der Alten« 357 Personenregister 479 6.1.3. »Briefe an einen jungen Dichter« 360 6.2. »Die Zuchtrute der Kritik« und die wahre Bestimmung des Menschen – Politische Essays 362 VII Vorwort Vom Verlust eines Nationalautors oder: und Denker ersten Ranges, scheint unwieder- Von der Schwierigkeit, Wieland zu lesen bringlich dem Vergessen anheimgegeben. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der erste und Für seinen Zeitgenossen Goethe war er eine einfachste ist die schwierige Zugänglichkeit der ›Weltmonade‹, ein ›Stern erster Größe‹, der ›un- Texte. Werkausgaben – die zudem bei Wielands endlich viel auf die geistige Bildung der Nation‹ umfangreichem Werk unter einem besonderen gewirkt habe; für den die nachrückenden Ro- Unstern zu stehen scheinen und nur selten zur mantiker vertretenden Friedrich Schlegel nur Vollständigkeit gedeihen – sind teuer und mit noch ein ›negativer Classiker‹. Die jugendlichen nicht immer leserfreundlichen wissenschaftli- Schwärmer des Göttinger Hainbundes verbrann- chen Apparaten beladen; Einzelausgaben schei- ten feierlich seine Bücher; Napoleon verlieh ihm tern, trotz vorbildlicher Bemühungen verstreuter nach einem persönlichen Gespräch einen Orden. Wieland-Enthusiasten, meist an den zweifelhaf- In seinem langen Leben war er Hauslehrer, Kanz- ten ökonomischen Erfolgsaussichten bzw. dem leiverwalter, Philosophieprofessor, Prinzenerzie- mangelnden Kaufwillen des Publikums. her, Zeitschriftenherausgeber, Landwirt und – Der zweite Grund ist das sprachliche Niveau vielleicht nicht ganz zuletzt – Dichter. Sein unge- der Texte. Wielands Romane sind zu lang für eine heuer produktives Schaffen erstreckte sich von immer kurzatmiger werdende Moderne, von sei- den 1750er Jahren bis ins erste Jahrzehnt des 19. nen Sätzen ganz zu schweigen. Wieland schreibt Jahrhunderts. Es umfasst literarische Werke in – und auch das ist gleichzeitig ein Qualitätsmerk- fast allen Genres – Lehrgedichte, Singspiele, Dra- mal wie ein Verdammungsurteil – eleganteste men, Versepen, Romane in allen Facetten und Verse und elaborierteste Prosa: lange Sätze, ver- Spielformen, Novellen. Dazu kommt eine kaum schlungene Sätze, Sätze mit eigenen Satzmelo- überschaubare Vielzahl politischer, philosophi- dien, die beim Lesen wie beim Mit-Denken eben scher, kulturgeschichtlicher, philologischer, äs- einen langen Atem erfordern. thetischer, wissenschaftlicher Essays, die Heraus- Der dritte Grund liegt in den behandelten The- gabe zweier Zeitschriften, die Übersetzung bei- men und Geschichten selbst. Wielands Welt ist nahe des gesamten Shakespeare sowie einer poetisch globalisiert, mit einem deutlichen stattlichen Reihe antiker Autoren. Christoph Schwerpunkt auf der Antike: Beinahe alle seine Martin Wieland war in seiner Zeit zwar umstrit- Romane und Versepen spielen in vergangenen ten, aber ein viel gelesener und gedruckter Autor; Zeiten sowie entlegenen Räumen und sind bis heute hingegen ist er außerhalb der Literaturwis- zum Bersten gefüllt mit mythologischem Perso- senschaft so gut wie unbekannt. Seine Geschichte nal, Phantasiefiguren aus Märchenwelten, Zita- des Agathon hat es immerhin als sogenannter ten aus anderen Texten und Kontexten, Anspie- ›Vorläufer‹ des Bildungsromans Goethescher lungen auf alles nur Denk- und Wissbare. Die- Prägung in einen etwas erweiterten Kanon ge- sem Bildungskosmos steht der heutige, ganz schafft; aber auch sie gilt, wie Wielands Werk ins- anders globalisierte Leser fremd gegenüber. Und gesamt, als anachronistisches Beispiel einer un- auch der philosophische und politische Autor, tergegangenen literarischen Epoche und als für der Essayist Wieland, macht es ihm nicht einfa- heutige Leser unlesbar. Wieland, einst der erste cher. Er verfügt souverän über ein Diskursuni- ›deutsche Nationalautor‹, derjenige, der die deut- versum, das philosophische und kulturhistori- sche Literatur im europäischen Vergleich wettbe- sche Traditionen von ihren ersten Anfängen in werbsfähig gemacht hatte, zudem ein Aufklärer der Antike bis hin zu den verzweigten philoso- VIII Vorwort phischen Richtungen und Debatten der europä- pologischer Fragen, und nicht zuletzt für eine ischen Aufklärung umfasst. neue Diskussionskultur. Das Handbuch richtet Das leitet über zum vierten und vielleicht sich dazu nicht ausschließlich an akademische grundlegendsten Verständnishindernis ange- Benutzer – wenn auch sicherlich in erster Linie –, sichts der Wielandschen Werke, ihrer spezifi- sondern an den ambitionierten Dilettanten. Im schen ›Wielandizität‹. Wielands Texte rechnen Interesse dieser Intention der ›Leseförderung‹ mit einem mündigen, engagierten, aktiven Leser; steht auch der essayistische Charakter einiger für eine schnelle, leichte und oberflächliche Lek- Beiträge – der vielleicht durchaus im Sinne Wie- türe sind sie, trotz ihres Unterhaltungswertes, lands gewesen wäre und etwas von der erwähn- nicht zu haben. Sie führen ein Gespräch und hal- ten ›Wielandizität‹ vermitteln könnte. Die Artikel ten keinen Monolog, sie stellen eine offene Dis- sind dabei so konzipiert, dass sie auch einzeln kussion dar und verkünden keine dezidierten sinnvoll gelesen und verstanden werden können; Meinungen oder dogmatischen Theorien; viel- eine ergänzende Lektüre der Überblicksartikel leicht sind sie sogar eher eine Form gewordene erschließt dann weitere Verständnisperspekti- Geistes- und Lebenspraxis als ein Kunstwerk. Das ven. verstößt gegen tief eingewurzelte modernistische Die Gliederung des Bandes ergibt sich aus der Grundüberzeugungen wie diejenigen vom Wert Vielfalt von Wielands Schaffen. Im ersten Kom- unbedingter Originalität, unvergleichlicher Sub- plex – I. Wielands Leben und Wirken – werden jektivität, unhintergehbarer Autonomie des ausführlich und grundlegend die Biographie so- Ä sthetischen, unvermeidlicher Spezialisierung wie die Editions-, Rezeptions- und Forschungs- der Fachdiskurse. Bei Wieland ist (fast) alles geschichte dargestellt. Daran schließen sich in schon einmal gesagt und gedacht worden, die Fi- einem zweiten Komplex – II. Wieland und die guren entsprechen relativ konstanten psychologi- Diskurse seiner Zeit – eine Reihe von Überblicks- schen Grundtypen und Charaktermustern inner- artikeln an, die Wielands Verhältnis zur Religion, halb eines weiten Spektrums, das Kunstwerk ist Philosophie, Politik sowie den Wissenschaften eingebunden in das universelle interkulturelle und Künsten behandeln. Sie verfolgen das Ziel, Diskurskontinuum der Menschheit, und der ein- die Texte in ihren Ursprungskontext zu stellen zige Experte für Fragen, die eben diese Mensch- und ihre Verbundenheit mit zeitgenössischen heit und ihre unendlichen, immergleichen Pro- Diskussionen und Denkmodellen zu zeigen – bleme betreffen, ist jeder Einzelne – so er seinen wobei sowohl die Einflüsse dieser Diskurse auf Verstand gebrauchen kann und auch will und die Wieland und sein Werk als auch umgekehrt die damit nun einmal verbundenen Mühen nicht Wirkung seiner Gedanken und Texte auf die Dis- scheut. kurse thematisiert werden. Der dritte Teil – III. Wielands Werke – behan- delt in nach Genres und der Chronologie des Er- Gliederung des Handbuchs scheinens geordneten Werkartikeln Wielands Tä- Ein einzelnes Handbuch kann diesen grundle- tigkeit als Dichter, Essayist, Zeitschriftenheraus- genden und real existierenden Problemen nicht geber, Übersetzer und Briefschreiber. Angesichts abhelfen. Es kann aber vielleicht da und dort die des Umfangs des Wielandschen Œuvres musste Lektüre erleichtern und befördern. Wieland soll, dabei eine gewisse Auswahl getroffen werden; das ist das Grundanliegen dieses Bandes, besser weder jeder einzelne Essay noch jeder poetische lesbar und verstehbar gemacht werden – denn all Text konnte in einem eigenen Artikel behandelt die Probleme, die die Beschäftigung mit seinem werden. Insgesamt sollte jedoch eine möglichst Werk aufwirft, sind gleichzeitig Chancen: für ein große Breite der behandelten Einzelwerke er- besseres Verstehen der eigenen kulturellen Her- reicht werden – zum einen im Interesse des kunft und deren Wurzeln, für ein verfeinertes Handbuch-Charakters, zum anderen, um die Re- Sprachbewusstsein, für eine erweiterte Wahrneh- zeption möglichst vieler, auch sehr ›vergessener‹ mung politischer, philosophischer und anthro- und vernachlässigter Wielandscher Werke zu be- Vorwort IX fördern. Der Preis dafür war angesichts einer not- den andere literarische oder sonstige im Beitrag wendigen Beschränkung des Umfangs der Ver- erwähnte Primärtexte angegeben. Die ›For- zicht auf längere Überblicksartikel zu Wieland als schung‹ schließlich umfasst die wichtigsten For- literarischer Autor, als Übersetzer, als Publizist schungsbeiträge. Auf eine vollständige Bibliogra- und Essayist zugunsten von konkreten Texten. phie wurde verzichtet, da fortlaufende Wieland- Den Schluss – IV. ›Wielandizität‹ – bildet ein Bibliographien in den Wieland-Studien und in Essay, der versucht, die unterschiedlichen Facet- der Internationalen Bibliographie zur deutschen ten und Charakteristika des Wielandschen Schaf- Klassik vorliegen. Um die Literaturverzeichnisse fens in ihrer Entwicklung zusammenfassend dar- in den Artikeln zu entlasten, werden die Wie- zustellen und ein Gesamtbild von Wieland als land-Ausgaben sowie wichtige Monographien Autor in seiner Zeit sowie seiner Bedeutung für und gebräuchliche Fachzeitschriften mit Siglen die Gegenwart zu geben. zitiert. Angesichts der unübersichtlichen Editionslage war es nicht möglich, Wielands Werke einheitlich Aufbau der Artikel und Zitierweise nach einer Werkausgabe zu zitieren. Als Standard Um die Werkartikel zusätzlich in den allgemei- gelten prinzipiell die Ausgabe letzter Hand, also nen Kontext des Wielandschen Schaffens einzu- die Sämmtlichen Werke, die als Reprint recht weit ordnen, verweisen Querverweise v.a. auf die verbreitet und gut zugänglich sind, sowie die Überblicksartikel in Teil II. Hingegen wurde da- Akademie-Ausgabe (v.a. bei dem in den Sämmtli- rauf verzichtet, bei jeder einfachen Nennung ei- chen Werken nicht vollständig erhaltenen Früh- nes Einzelwerks einen entsprechenden Querver- werk und den Übersetzungen). Das hat zur Folge, weis auf den einschlägigen Werkartikel einzufü- dass häufig nicht die schwer zugänglichen Erst- gen, um so die Übersichtlichkeit der Artikel zu drucke, sondern die teilweise stark überarbeite- erhalten. Der besseren Erschließung des Hand- ten Fassungen letzter Hand als Textgrundlage buchs und der internen Vernetzung der Artikel dienen – was dann in den Werkartikeln jeweils untereinander dienen darüber hinaus das Werk- thematisiert wird. Die ebenfalls von Wieland teil- und das Personenregister. Letzteres enthält keine weise später geänderten Werktitel verzeichnet Textfiguren, mythologische oder historische Per- das Titelregister. sonen, sondern nur die in den Beiträgen erwähn- ten Autoren und Künstler. Zum Abschluss ist es mir ein Vergnügen, der – Die Überblicksartikel setzen freie Schwer- mit Wieland gesprochen – ›schönen Pflicht der punkte innerhalb ihres Themenbereichs, die Dankbarkeit‹ zu genügen. Allen Autorinnen und Werkartikel folgen hingegen grob einem vorge- Autoren sei Dank für ihre spontane Bereitschaft gebenen Schema. Sie enthalten in einem ersten zur Mitarbeit und die zügige Fertigstellung, Teil zunächst Grundlageninformationen zur Ent- Überarbeitung und Anpassung der Artikel, ins- stehung, den Quellen und der Druckgeschichte. besondere jedoch Hans-Peter Nowitzki und Daran schließen sich eine Inhaltswiedergabe so- Klaus Manger, deren Wieland-Kenntnisse und wie eine Charakterisierung wichtiger formaler umfangreiche Vorarbeiten für die derzeit entste- und stilistischer Merkmale an. Der dritte Teil gibt hende Oßmannstedter Ausgabe der Werke Wie- Deutungsansätze unter Einbeziehung der For- lands eine unschätzbare Hilfe waren; Jan Philipp schungsgeschichte. Den Schluss bildet ein Kapitel Reemtsma für finanzielle und Oliver Schütze für zu Rezeption und Wirkung. verlegerische Unterstützung; Andrea Heinz für Das Literaturverzeichnis ist gegliedert nach die ständige Beratung in allen Wieland-Zweifels- Ausgaben, (ggf.) Quellen und Forschungslitera- fragen; Katharina Ernst, Cornelia Blidon, Chris- tur. Die ›Ausgaben‹ verzeichnen die Druckorte tin Prätor und Jan Gräfje für die sorgfältigen Zu- des jeweiligen Werks in den wichtigsten Gesamt- arbeiten bei Formatierung, Korrektur und Regis- und Teilausgaben sowie Neudrucke ohne An- ter. spruch auf Vollständigkeit. Unter ›Quellen‹ wer- Jutta Heinz 1 I. Wielands Leben und Wirken 1. Wielands Leben Kindheit und Jugend (1733–1752) 1742 besuchten Biberacher Lateinschule erwies er sich als außerordentlich begabt, weshalb ihn Christoph Martin Wieland wurde am 5. Septem- der Vater von 1743 an nur noch privat unterrich- ber 1733 im oberschwäbischen Dorf Oberholz- ten ließ. In jenen Jahren begann er mit ersten heim geboren. 1736 zog die Familie ins nahe Bi- heimlichen Dichtungen: »vom 9ten Jahre an berach, wo dem Vater Thomas Adam Wieland [habe ich] ohne Anweisung Verse, lateinische (1704–1772) die Pfarre an der Marien-Magdale- und teutsche, gemacht [und], um diese Beschäfti- nen-Kirche übertragen wurde. Wie schon der gung zu verbergen, mit Anbruch der Morgen- Großvater Thomas Adam Wieland d. Ä. war auch röthe aufstehen müßen« (WBr 1, 378). In diese der Vater Pfarrer in Oberholzheim (seit 1728). Zeit reichen die Anfänge seines Klavierspiels. Sein juristisches Studium in Tübingen brach er Dazu erhielt er Unterricht in Musik und Musik- ab, als sein älterer Bruder, der Theologe, starb, theorie von einem Biberacher Organisten (s. Kap. und widmete sich der Theologie in Halle, wo er II.2.2.). vom Pietismus geprägt wurde. Familiäre Verbin- Von Winter 1747 bis Sommer 1749 besuchte dungen nach Halle bestanden insofern, als die Wieland die pietistisch geprägte Internatsschule Frau des berühmten August Hermann Francke, Klosterbergen bei Magdeburg, um sich auf ein des Begründers des Pietismus, eine Verwandte Theologiestudium vorzubereiten. Hier las er, was der Wielands aus Biberach war. Der Urgroßvater er an moderner Philosophie und Literatur be- des Dichters, Martin Wieland (1624–1685), war kommen konnte. Hier traf er auf den verständ- hier Bürgermeister gewesen. Die Mutter des nisvollen Abt Steinmetz, den Leiter der Schule, Dichters, Regina Katharina Wieland, geb. Kick und insbesondere auf den Pastor Räther, der ihm (1715–1789), war die Tochter von Johann Chris- Zugang zu Pierre Bayles Dictionnaire historique toph Kick (1663–1741), eines Majors im badi- et critique verschaffte. Diese von kritischem Geist schen Militär, der aus Lindau stammte und von geprägte Lektüre brach mächtig in die christli- seiner Verheiratung 1713 an in Biberach wohnte. chen Vorstellungen ein. Die Lektüre Voltaires Unter den Geburtseintrag Wielands in der Pfarr- folgte ebenso wie die von Demokrit, Leibniz und matrikel Oberholzheim hat offenkundig dieselbe Wolff, die ihn viel stärker in die philosophische Hand, die das Sterbedatum »zu Weimar den 20. und literarische als in die theologische Richtung Jan. 1813« nachgetragen hat, hinzugefügt: »Der zogen (s. Kap. II.3.). gröste Dichter seines Zeitalters«. Als Wieland 1749 von Klosterbergen nach Von Wielands Geschwistern blieb nur ein Bru- Hause zurückkehren sollte, nahm er den Weg der am Leben, der wie sein Vater und Großvater über Erfurt, wo er ein ganzes Jahr bei Johann hieß, Goldschmied wurde und bereits 1764 starb. Wilhelm Baumer blieb, einem Verwandten seiner Auch Wieland war von zarter Konstitution. Wie Mutter, der an der dortigen Universität lehrte. An sein Bruder litt er unter einer ›Brustschwäche‹, der Universität Erfurt hat sich Wieland auch im- die ihm wohl mehr zum Vorwand als zum Anlass matrikuliert. Dieser Umweg war wohl der Ver- diente, die Familientradition, Geistlicher zu wer- such, dem erwarteten Theologiestudium zu ent- den, nicht fortzusetzen. kommen. Das Bleibende jener Erfurter Zeit cha- Vom vierten Lebensjahr an erhielt Wieland rakterisiert Wieland so: »Das beste was er an mir von seinem Vater Unterricht im Lateinischen; that, war ein sogenanntes Privatissimum, das er vom fünften Lebensjahr an übte er sich bei einem mir über – den Don Quichote las« (WBr 9.1, 359). Lehrer im Schönschreiben. In der von 1739 bis Im Frühjahr 1750 kehrte er nach Biberach zu-