D Vechtaer Beiträge zur Gerontologie o s c h Erna Dosch Wie Männer W pflegen i e M ä n n e Pflegearrangements r p f l häuslich pflegender Männer e g e n im erwerbsfähigen Alter Vechtaer Beiträge zur Gerontologie Reihe herausgegeben von F. Frerichs, Dortmund, Deutschland E. Kalbe, Vechta, Deutschland S. Kirchhoff-Kestel, Vechta, Deutschland H. Künemund, Vechta, Deutschland H. Theobald, Vechta, Deutschland U. Fachinger, Vechta, Deutschland Die Gerontologie ist eine noch junge Wissenschaft, die sich mit Themen des indi- viduellen und gesellschaftlichen Alterns befasst. Die Beiträge in dieser Reihe dokumentieren den Stand und Perspektiven aus verschiedenen wissenschaftlichen Blickwinkeln. Zielgruppe sind nicht nur Forschende und Lehrende in der Geronto- logie, sondern auch in den Bezugswissenschaften – insbesondere aus der Soziolo- gie, Psychologie, Ökonomik, Demographie und den Politikwissenschaften – sowie Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13099 Erna Dosch Wie Männer pflegen Pflegearrangements häuslich pflegender Männer im erwerbsfähigen Alter Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Hildegard Theobald Erna Dosch Vechta, Deutschland Dissertation Universität Vechta, 2017 u.d.T.: Erna Dosch: „Zur Konstruktion von Pflegearrangements häuslich pflegender Männer im erwerbsfähigen Alter.“ Vechtaer Beiträge zur Gerontologie ISBN 978-3-658-22703-6 ISBN 978-3-658-22704-3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-22704-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Geleitwort der Doktormutter Vor dem Hintergrund des demographischen und sozialen Wandels gewinnt die Versorgung älterer pflegebedürftiger Menschen zunehmend an Bedeutung. Die Mehrzahl der Familienmitglieder mit Pflegebedarf wird überwiegend von Frauen in der häuslichen Umgebung versorgt. Allerdings weisen die Daten darauf hin, dass die Pflegebeteiligung von Männern zugenommen hat und ihr Anteil derzeit ca. ein Drittel beträgt. Trends zeigen auf, dass der Anteil der häuslich pflegenden Männer, beispielsweise aufgrund der zunehmenden Frauenerwerbstätigkeit, weiter anwachsen könnte. Vor dem Hintergrund, dass männliche Pflegende eine wichtige zukünftige Ressource darstellen und damit „Care“ in der Familie stärker geschlechtsunabhängig geleistet werden kann, wird die Auseinandersetzung mit der Einbeziehung von Männern in die informelle, familiäre Pflege zu einem zentralen Thema. Bisher existieren nur wenige, vertiefende qualitative Studien, die sich mit der Beteiligung von häuslich pflegenden Männern im erwerbsfähigen Alter an der familiären, informellen Pflege beschäftigen. Die vorliegende empirische Untersuchung befasst sich aus einer Genderperspektive mit informell pflegenden Männern im erwerbs- fähigen Alter. Im Fokus der Betrachtung steht dabei insbesondere, wie sie in dem weiblich konnotierten Bereich agieren und sich selbst sehen. Ein zentrales Ergebnis der Forschung ist die Entwicklung einer Typologie der Arrangements von Pflegetätigkeiten. Erkennbar wird dabei, dass sich die vorhandenen Pflegearrangements von Männern sehr stark unterscheiden und sie keineswegs nur Organisationsarbeit leisten, sondern – abhängig vom jeweiligen Typ – durchaus in die direkte Pflege involviert sind. Es lassen sich vier Typen des Pflegeverhaltens differenzieren: „organisierende Pflegetätigkeit“, „supplementäre Pflegetätigkeit“, „prävalente Pflegetätigkeit“ und „solitäre Pflegetätigkeit“. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der verschiedenen Ausprägung der Merkmale, z. B. in der Delegationsart, in der Art der Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen und dem Pflegeverhalten. Die unterschiedliche Lebensgestaltung und die damit in Zusammenhang stehende Delegationsart bewegt sich zwischen vollständiger Delegation der Pflegetätigkeiten bis zur vollständigen Übernahme der Pflege. Die Frage der Identifikation zwischen Beruf und Pflege wird in dieser Studie zum zentralen Ansatzpunkt in der Auseinandersetzung mit dem weiblich konnotierten Bereich der familiären Pflege. Die befragten Männer verleihen ihrer Pflegetätigkeit im Sinne von „doing gender“ einen „maskulinen“ Anstrich. Sie stellen ihre aktuelle Erwerbstätigkeit in den Mittelpunkt. Wenn sie nicht mehr berufstätig sind, begreifen sie die Pflege als Berufstätigkeit bzw. als Weiterführung der Erwerbstätigkeit. Die Identifikation mit der Berufstätigkeit verleiht den Männern die nötige Sicherheit, Pflegetätigkeiten verrichten zu können und ihre Geschlechtergrenze zu übertreten. Aus der Analyse der Dimensionen der Lebenslagen, z. B. Erwerbstätigkeit und 6 Geleitwort der Doktormutter gesundheitliche Lage, geht weiter hervor, wie relevant positive strukturelle Bedin- gungen am Arbeitsplatz sind und wie stark diese mit wahrgenommenen Belastungs- grenzen und Zeiten der Regeneration und Partizipation in Zusammenhang stehen. Die Studie enthält auch einen Vergleich der empirisch identifizierten Motive der pflegenden Männer mit den Untersuchungsergebnissen von Motiven pflegender Frauen. Daraus resultiert, dass neben den Gemeinsamkeiten, beispielsweise hinsichtlich der Betonung von Reziprozität und ethischen Normen, auch Unterschiede bestehen. Insbesondere Töchter sind stark von verinnerlichten Normen und gesellschaftlichen Zuschreibungen beeinflusst, weshalb sie sich stärker als Söhne zur Pflege verpflichtet fühlen. Ebenfalls können biographische Erfahrungen, z. B. Pflege als Tradition in der Familie und Erfahrungen im Rahmen von Praktika oder ehrenamtlicher Arbeit, eine spätere Pflegeübernahme erleichtern. Die Studie regt aufgrund der entwickelten Typologie des Arrangements der Pflegetätigkeiten, der damit verbundenen unterschiedlichen Einbindung der Pflege in die Lebensgestaltung und der sich zeigenden Identifikationen zu einer differenzierten Betrachtungsweise des Pflegeverhaltens von häuslich pflegenden Männern und deren Hintergründe an. Sie liefert damit einen sehr innovativen Beitrag zum wissenschaftlichen Erkenntnisstand und damit zur weiteren Diskussion in der Gerontologie und der Genderforschung. Vechta, im Februar 2018 Prof. Dr. Hildegard Theobald Danksagung Auf dem Weg des Verfassens dieser Arbeit gab es einige Personen, die mich tatkräftig unterstützt haben. Diesen möchte ich von Herzen danken. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Doktormutter Professorin Dr. Hildegard Theobald, die mir durch ihre konstruktive Kritik stets zur Seite stand und mir wertvolle Hinweise zur Anfertigung dieser Arbeit gab. Des Weiteren bedanke ich mich bei meiner Zweitgutachterin Professorin Dr. Birgit Riegraf sowie den weiteren Mitgliedern der Prüfungskommission Professor Dr. Frerich Frerichs, Professor Dr. Hans-Joachim von Kondratowitz und Professor Dr. Harald Künemund. Ferner danke ich Professor Dr. Manfred Langehennig für die Bereitstellung von Interviews aus seinem Forschungsprojekt in Frankfurt am Main. Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Interviewpartnern. Sehr hilfreich war für mich die Unterstützung durch konstruktive Kritik von Dr. Ludwig Amrhein, Dr. Julia Hahmann und Gabriele Ziese. Darüber hinaus gilt mein besonderer Dank meinem Lebensgefährten Frank Küppers und meinen Freund(inn)en, die mir zur Seite standen. Hier möchte ich Angelika Lückert, Lüder Engelbrecht, Svetlana Radojicic, Astrid Orendi, Nadja Dickopp, und Jördis Barran erwähnen. Ebenfalls danke ich Margot Gehrs und Heiner Biener für die schöne gemeinsame Zeit. Ferner bedanke ich mich für die stets große Hilfsbereitschaft und Geduld bei Tamara Spruth und Magdalena Gelhaus. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................ 19 1.1 Erkenntnisinteresse und Forschungsfragestellungen ......................................... 21 1.2 Methodisches Vorgehen ..................................................................................... 23 1.3 Aufbau der Arbeit .............................................................................................. 25 2 Familiäre Pflege in Deutschland ........................................................................... 29 2.1 Demografische Entwicklung in Deutschland .................................................... 29 2.2 Entwicklung des Pflegebedarfs .......................................................................... 35 2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen ....................................................................... 38 2.4 Von Männern geleistete familiäre Pflege .......................................................... 51 3 Theoretische und empirische Perspektiven ......................................................... 63 3.1 Vergeschlechtlichte Pflege- und Sorgetätigkeit ................................................. 63 3.1.1 Gender und Identität................................................................................ 63 3.1.2 Pflege und Sorge als weiblich konnotierte Tätigkeit .............................. 70 3.1.2.1 Care im Kontext von Pflege- und Sorgearbeit ................................... 70 3.1.2.2 Pflege im Kontext von Pflege- und Sorgearbeit ................................. 73 3.1.2.3 Männer in der Historie der professionellen und häuslichen Krankenpflege..................................................................................... 75 3.1.3 Vergeschlechtlichte Arbeitsteilung ......................................................... 79 3.2 Lebenslagen und Pflege ..................................................................................... 84 3.3 Pflege und soziale Unterstützung ....................................................................... 90 3.3.1 Beziehungen und soziale Unterstützung ................................................. 90 3.3.2 Soziale Unterstützung bei Hilfe- und Pflegebedürftigkeit ...................... 92 3.4 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf .................................................................. 95 3.4.1 Gender Regime ....................................................................................... 96 3.4.2 Erwerbsbeteiligung ............................................................................... 104 3.4.3 Beweggründe zur Pflegeübernahme ..................................................... 112 3.4.4 Strategien bei der Vereinbarkeit ........................................................... 119 3.5 Stand der Forschung ........................................................................................ 125 3.5.1 Studien der Pflegeforschung ................................................................. 125 3.5.2 Studien zur Vereinbarkeitsforschung .................................................... 137 3.5.3 Resümee des Forschungsstandes .......................................................... 143 10 Inhaltsverzeichnis 4 Fragen und Forschungsdesign der empirischen Studie .................................... 147 4.1 Fragestellungen ................................................................................................ 147 4.2 Erhebungsmethode ........................................................................................... 149 4.2.1 Interviewmethode .................................................................................. 149 4.2.2 Interviewverlauf .................................................................................... 152 4.2.3 Der Einfluss des Geschlechts bei der explorativen Erhebung .............. 156 4.2.4 Auswahl und Gewinnung der Interviewpartner .................................... 157 4.3 Beschreibung des Samples ............................................................................... 160 4.4 Auswertungsverfahren ..................................................................................... 167 4.4.1 Qualitative Inhaltsanalyse ..................................................................... 167 4.4.2 Netzwerkanalyse ................................................................................... 171 5 Empirische Ergebnisse ......................................................................................... 175 5.1 Typologische Beschreibung der Arrangements der Pflegetätigkeiten ............. 175 5.1.1 Typ 1: Organisierende Pflegetätigkeit .................................................. 182 5.1.1.1 Gestaltung des Pflegearrangements .................................................. 182 5.1.1.2 Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen ............................. 185 5.1.1.3 Pflegeverhalten ................................................................................. 190 5.1.1.4 Organisierende Pflegetätigkeit im Lebenslagenkontext ................... 192 5.1.2 Typ 2: Supplementäre Pflegetätigkeit ................................................... 195 5.1.2.1 Gestaltung des Pflegearrangements .................................................. 195 5.1.2.2 Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen ............................. 199 5.1.2.3 Pflegeverhalten ................................................................................. 203 5.1.2.4 Supplementäre Pflegetätigkeit im Lebenslagenkontext ................... 206 5.1.3 Typ 3: Prävalente Pflegetätigkeit .......................................................... 213 5.1.3.1 Gestaltung des Pflegearrangements .................................................. 213 5.1.3.2 Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen ............................. 217 5.1.3.3 Pflegeverhalten ................................................................................. 221 5.1.3.4 Prävalente Pflegetätigkeit im Lebenslagenkontext .......................... 223 5.1.4 Typ 4: Solitäre Pflegetätigkeit .............................................................. 229 5.1.4.1 Gestaltung des Pflegearrangements .................................................. 229 5.1.4.2 Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen ............................. 231 5.1.4.3 Pflegeverhalten ................................................................................. 235 5.1.4.4 Solitäre Pflegetätigkeit im Lebenslagenkontext ............................... 236 5.1.5 Zusammenfassung der typisierenden Beschreibung ............................. 239 5.2 Fallvergleichende Themenstellungen .............................................................. 248 5.2.1 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf im Kontext der Lebenslagen ....... 248 5.2.2 Beweggründe zur Pflegeübernahme ..................................................... 252