Wie die Polizei verhört und wie wir uns dagegen verteidigen können Projet-Evasions Dieses Buch entstand aus vielerlei Kompliz:innenschaften; Gegenlesung, kritische Diskussionen zum Inhalt, Ermutigungen, Illustrationen, Layout, Übersetzungen, Finanzierung, Druck und Verteilung. Ein warmes Dankeschön an euch alle, die dieses Projekt möglich gemacht haben. Das Buch kann bestellt werden über die Seite von projet-evasions.org. Eine PDF Version in verschiedenen Sprachen steht frei zur Verfügung. Verteilt gegen Spende oder 4 CHF / 4 Euro Veröffentlichung: Juni 2022 Wie die Polizei verhört und wie wir uns dagegen verteidigen können Ein Buch des Projet-Evasions Inhaltsverzeichnis Einführung 9 Vor dem Verhör 15 1. Kontexte eines Verhörs 16 2. Funktionsweisen der Justiz 19 Unschuldsvermutung 22 Die Parallelkonstruktion 25 3. Der Ablauf einer Anklage 27 Ermittlungsakte 28 Beweise und Indizien 29 Bedeutung des Verhörs in der Ermittlung 31 Das Geständnis 32 Das Verhör 37 4. Vorbereitung 38 Profiling 38 Informationsklassifizierung 39 Verteidigunsstrategien voraussehen 40 5. Generelle Manipulationsstrategien 42 Sympathie erzeugen 43 Das Prinzip der Gegenseitigkeit 43 Aversives Zuhören 44 Das Falsche predigen, um das Wahre zu erfahren 44 Misstrauen erwecken 46 Erniedrigen und Abwerten 48 Glaubenssätze und Sensibilitäten ausnutzen 49 Rezenzeffekt 51 Harpunierung 51 Hoffnung und Enttäuschung 52 Die Tür vor der Nase zu knallen 54 Falsche Versprechungen 54 Ausweichvorschlag 55 6. Verhörstrategien 57 Good cop, bad cop 57 Treibsand 60 Trichter&Verpflichtung 62 Mechanismus der unbewussten Akzeptanz 65 Beziehung humanisieren & der “Rettungsring” 66 Stockholm Syndrom 68 Emotionale Ansteckung 69 Naive Polizist:innen 70 Synchron-Verhör 72 Körperliche Veränderungen aufzeigen 74 Maximierung und Minimierung 75 Die Schuld Anderen zuschieben 78 Ermutigen die Wahrheit zu sagen 80 Schmeicheln und Verhöhnen 81 Über die Mittel der Ermittlung spekulieren 82 7. Die verschiedenen Fragearten 85 Offene Fragen 85 Geschlossene Fragen 86 Spekulative Fragen 86 Testfragen 87 Suggestivfragen 87 Projektionsfragen 88 Rückfragen 88 Spiegelfragen 89 Rund um das Verhör 91 8. Verhörprotokoll 92 9. Nonverbale Kommunikation 94 10. Dolmetscher:innen 96 11. Antwält:innen 98 12. Zeugenvernehmung 100 13. Polizeigewahrsam und Untersuchungshaft 101 Meine Zelle? 105 14. Einige Worte über Gewalt 106 Sich verteidigen 111 15. Die Lüge als Falle 112 16. Falsche Überzeugungen, die zur Aussage drängen 114 Ichbinverpflichtet,dieFragenderPolizeizubeantworten114 Wenn ich nicht rede, wirke ich verdächtig 118 Anstatt zu schweigen, wird mir Lügen aus der Patsche helfen 118 Ich habe mir nichts vorzuwerfen 119 Wenn ich wenigstens ein bisschen rede, wird der Druck aufhören 119 17. Sich durch Schweigen schützen 120 Einige geschichtliche Hintergründe 121 Polizeiliche Gegenwehr 122 Die Ausnahme, die die Regel bestätigt 125 18. Mentale Verteidigung 127 Stressquellen abmildern 127 Distanzierung von der Polizei 131 Die Entscheidungsmacht behalten 132 Loslassen 134 19. Projektion und heroische Haltung 136 20. Auf sich selber und andere aufpassen 138 Gesprächsrunde 139 Briefe an Gefangene schreiben 139 21. Und wenn alles schiefgeht? 141 Polizei und Justiz überwinden 145 22. Transformative Gerechtigkeit 148 23. Ein langfristiger Prozess 150 Die Parabel von den fünf Student:innen 154 Ein paar abschließende Worte 155 Glossar 156 Ressourcen 157 Ein Verhör ist kein friedlicher Austausch zwischen zwei Menschen. Es ist ein Konflikt. Einführung Comprendre pour se défendre Unsere Unwissenheit macht sie stark. Dieser Satz fasst sehr gut zusammen, worauf ein Polizeiverhör basiert: auf unserer Unkenntnis. Unkenntnis darüber, wie die Polizei arbeitet, Unkenntnis über die zur Anwendung kommenden Manipulationsstrategien, Unkenntnis über den juris- tischen Rahmen und schlussendlich, die Unkenntnis über unsere Verteidigungsmöglichkeiten. Ein Verhör ist kein friedlicher Austausch zwischen zwei Individuen, die sich ebenbürtig sind. Es ist ein Konflikt. Im Gegensatz zu einem physischen Konflikt, bei dem eine Person ihre eigene Kraft nutzt um die andere Person anzu- greifen, wird die Polizei bei einem Verhör unsere Schwächen gegen uns verwenden und uns damit angreifen. Zu unseren Schwächen zählen die Informationen, die wir beim Verhör liefern und aus denen sich die Kraft der Polizei und der Justiz zusammensetzt, um uns unter Druck zu setzen – sei es um ihre Strategien und Manipulationen für zukünftige Verhöre zu stärken oder in Form von Beweisen und Indizien vor dem Gericht. Hier kommen wir zu einem zentralen Punkt, um zu verstehen, wie wir uns verteidigen können: Um ihre Arbeit gut machen zu können, ist die Polizei auf unsere Mitarbeit beim Verhör angewiesen. Mit der Zeit habe ich etwas festgestellt: Die Mehrheit der Menschen mit denen ich mich ausgetauscht habe, die der Polizei Informationen lieferten und somit der Polizei ermöglichten, ihre Arbeit zu tun, fühlten sich nicht von der Polizei ausgenutzt. Vielmehr denken sie, sie hätten gar nichts Wichtiges gesagt, hätten nur von sich gesprochen, müssten sich nichts vorwerfen oder glauben sogar, es wäre ihnen gelungen die Polizei anzulügen und zu verar- schen. Darum geht es in diesem Buch: Die beste Verteidigung bei 10