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Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt: Essays zur Naturgeschichte PDF

391 Pages·1986·7.167 MB·German
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Stephen Jay Gould Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt Essays zur Naturgeschichte Springer Basel AG Die Originalausgabe erschien 1983 unter dem Titel: <<Hen's Teeth and Horse's Toes. Further Reflections in Natural History>> bei W. W. Notton & Company, New York. © 1983 Stephen Jay Gould Aus dem Englischen von Stephen Cappellari CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gould, Stephen Jay: Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt : Essays zur Naturgeschichte I Stephen Jay Gould. [Aus d. Eng!. von Stephen Cappellari]. Einheitssacht.: Hen's teeth and horse's toes (dt.) ISBN 978-3-0348-6466-4 ISBN 978-3-0348-6465-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-0348-6465-7 Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren reproduziert oder in eine für Maschinen, insbesondere Datenverarbeitungsanlagen, verwendbare Sprache übertragen werden. Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag, Funk und Fernsehen sind vorbehalten. © 1986 Springer Basel AG Ursprünglich erschienen bei Birkhäuser Verlag, Basel 1986 Softcoverreprint of the bardeover 1st edition 1986 Umschlaggestaltung: Bruckmann & Partner, Basel ISBN 978-3-0348-6466-4 Für meine Mutter Gute Frau Weise Eule Inhalt Prolog ........... . 9 1 Vernünftige Seltsamkeiten 1 Große Fische, kleine Fische 19 2 Nichtmoralische Natur ... 30 3 Der Guanoring . . . . . . . 44 4 Kurzes Leben und knifflige Veränderungen 54 2 Persönlichkeiten Drei Geologen 5 Der Titularbischof von Titiopolis 67 6 Huttons Lebensaufgabe . . . 77 7 Die Stinksteine von Oeningen • 92 Drei Biologen 8 Agassiz auf den Gahipagos. . . . . . . . . . . . . . . . 105 9 Ein Wurm für alle Jahreszeiten und für ein Jahrhundert 118 10 Eine Anhörung für Vavilov . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3 Adaptation und Entwicklung Adaptation 11 Hyänenmythen und Hyänenwirklichkeiten 145 12 Ein Reich ohne Räder 156 13 Selbstbezogene Gene . . . . . . . . . . . . 164 Entwicklung 14 Hühnerzähne und Pferdezehen . 175 15 Hilfreiche Monstren . . . . . . 185 4 Teilhard und Piltdown 16 Die Piltdown-Verschwörung 199 17 Eine Antwort an die Kritiker . 225 18 Unser natürlicher Platz . 239 5 Wissenschaft und Politik Kreationismus 19 Die Evolution als Tatsache und als Theorie . 251 20 Ein Besuch in Dayton . 261 21 Moon, Mann und Otto . . . . . . . . . . . 278 Rasse und Glaube 22 Wissenschaft und jüdische Einwanderung 288 23 Die Politik der Volkszählung . . . . . 300 6 Aussterben 24 Der phyletische Größenschwund der Hershey-Schokolade . . . . 309 25 Der Gürtel eines Asteroiden 316 26 Zufälliger Reichtum . . . 328 27 Grab, wo bleibt dein Sieg? . 339 7 Eine Zebratrilogie 28 Was, wenn überhaupt etwas, ist ein Zebra? 351 29 Wie das Zebra zu seinen Streifen kommt . 363 30 Quaggas, gewundene Austern und dünne Fakten 373 Bildnachweis . . 384 Quellennachweis 385 Bibliographie 386 Index . . . . . . 391 9 Prolog Jahrhundertfeiern sind auf der ganzen Welt beliebt; wir können der Versuchung nicht widerstehen, in einer rauhen und unsicheren Welt etwas Reines und Stetes zu feiern. Ich habe diesen dritten Band von Essays anlässlich der weltweiten dritten Jahrhundertfeier zu Ehren Darwins in unserem Jahrhundert zusammengestellt. Die erste, im Jahre 1909, hatte Darwins Geburtstag zum Anlass; die zweite, 1959, waranlässlich des lOGjährigen Jubiläums der Veröffentlichung seiner <<Ürigin of Species»; und die dritte, 1982, war zum Gedenken seines Todestages vor 100 Jahren. Darwin und die Evolutionstheorie waren das Hauptthema beim Schreiben der folgenden Betrachtungen. (Meine persönliche Ehrung Darwins zu diesem dritten Jubiläum erscheint als Essay 9 dieses Buches.) Die Reihenfolge der Jahrhundert feiern liefert uns sowohl einen Überblick über die Evolutionstheorie in unserem Jahrhundert als auch Einblick in ihre gegenwärtigen Erfolge und Tiefpunkte. Während der Vorbereitung ihrer Hagiographie zum Jahrhun dertband im Jahre 1909 mussten die Veranstalter der festlichen Ver sammlung der Universität von Cambridge eine peinliche Tatsache verbergen. Obwohl1909 kein intelligenter Mensch die Tatsache der Evolution bezweifelte, erfreute sich zu diesem Zeitpunkt Darwins eigene Theorie über deren Mechanismus-natürliche Auslese-nicht gerade höchster Beliebtheit. Inmitten der absoluten Überzeugung, dass die Evolution stattgefunden habe, stellte das Jahr 1909 den Gipfelpunkt allgemeiner Verwirrung dar, die um die Frage kreiste, wie sie nun eigentlich vor sich gegangen sei. Eine umkämpfte Gruppe strenger Darwinisten, in England vom alternden A. R. Wallace und in Deutschland von A. Weisman angeführt, beharrte darauf, dass sämt liche evolutionäre Veränderung aus der kumulativen Kraft der natür lichen Auslese herzuleiten sei, indem sie aus dem Rohmaterial zufälli ger genetischer Variationen die Anpassung Schritt für Schritt aufbaue. 10 Prolog Der Lamarckismus dagegen behielt seine Wichtigkeit bei und bot eine andere Möglichkeit der natürlichen Auslese an, die zum allmählichen Aufbau der Anpassung führe: durch die kreative, organische Reak tion auf wahrgenommene Notwendigkeiten und mittels der Verer bung erworbener Merkmale komme es zur Überlieferung dieser be günstigenden Reaktionen auf die Nachkommenschaft. Das richtige Verständnis der Mendelschen Vererbungslehre beeinflusste den Streit zugunsten Darwins; sie hatte jedoch 1909 (in ihrer jugendlichen Unausgegorenheit) lediglich noch mehr Verwirrung verbreitet. Dies, indem sie noch einen dritten Mechanismus, den des Entstehens einer vollständig neuen Gattung durch grosse und zufällige Mutationen, in die damals tobende Kontroverse eingeführt hatte. Bis 1959 war diese Verwirrung in den entgegengesetzten aber auch nicht wünschenswerten Zustand der Selbstgefälligkeit überge gangen. Der strenge Darwinismus hatte gesiegt. Das Blühen der Mendelschen Genetik hatte endlich den Lamarckismus zur Ruhe gebettet, da die Wirkungsweise der DNS keinen Mechanismus für die Vererbung erworbener Eigenschaften zuliess. Die ursprüngliche Fas zination der sprunghaften Mutationen hatte der Erkenntnis Platz gemacht, dass sehr häufige und kontinuierliche Variationen auf klein ster Ebene ebenso ihre Grundlage in Mendel hatten. Zudem lieferte diese Theorie eine weit bessere Erklärung für das Rohmaterial evolu tionärer Veränderung als gelegentliche und nachteilige grosse Muta tionen. Eine zufällige Variation auf niedrigster Ebene jedoch erzeugt von selbst keine Veränderung und bedarf zur Erhaltung und Verstär kung ihrer günstigen Eigenschaften einer formenden Kraft. Bis zum Jahre 1959 waren fast alle Evolutionsbiologen zum Schluss gekom men, dass es eben doch die natürliche Auslese sei, die diesen kreativen Mechanismus der evolutionären Veränderung erzeugte. Im Alter von 150 Jahren hatte Darwin gesiegt. In der Aufregung des Triumphes jedoch entwarfen seine neuen Jünger eine Version seiner Theorie, die weit enger gefasst war, als Darwin selbst dies je zugelassen hätte. Diese strenge Version ging weit über die einfache Behauptung hinaus, dass die natürliche Auslese als vorherrschender Mechanismus evolutionären Veränderungen zu Grunde läge (gegen diese Vorstel lung habe ich auch nichts einzuwenden). Aber sie betonte ein For schungsprogramm, das nicht weit davon entfernt war, den Organis mus in eine Mischung seiner verschiedenen Bestandteile aufzulösen, wobei jeder Teil durch die langsame aber unaufhaltbare Kraft der natürlichen Auslese die ihm höchstmögliche Vollkommenheit er reicht. Dieses <<adaptionistische Programm>> vernachlässigte die nicht zu verleugnende Tatsache, dass Organismen integrierte Gebilde sind, Prolog 11 deren Entwicklungsmöglichkeiten durch Vererbung begrenzt werden. Sie sind eben nicht wie Modellierton, der von bestimmten Umwelt faktoren in jede beliebig anpassbare Richtung geformt werden kann. Durch ihre Betonung der überaus zahlreichen, überaus kleinen, zufäl ligen Variationen, die durch die natürliche Auslese quälend langsam, jedoch ausdauernd geformt werden, schliesst die strenge Version ein, dass alle Vorgänge der Evolution in grossem Masstab (Makroevolu tion) das allmählich akkumulierte Ergebnis unzähliger Schritte sind, von denen jeder eine winzige Anpassung innerhalb einer lokalen Population an sich verändernde Bedingungen darstellt. Diese <<extra polationistische>> Theorie sprach der Makroevolution jegliche Selb ständigkeit ab und deutete sämtliche evolutionären Ereignisse auf hoher Ebene (Ursprung des Grundbauplans, Langzeittendenz, Aus sterbemuster und Veränderung der Gestalt) als eine sich langsam ansammelnde Mikroevolution (Erprobung von Änderungen kleinen Masstabs innerhalb einer Art). Zuletzt suchten die Vertreter der strengen Version die Quelle aller Veränderung im adaptiven Kampf zwischen individuellen Organismen. Somit sprachen sie den anderen Ebenen innerhalb der reichhaltigen Hierarchie der Natur mit ihren <<Individuen» sowohl unterhalb der Stufe eines Organismus (z. B. Gene) als auch oberhalb dieser Stufe (z.B. Arten) jede direkte kausale Bedeutung ab. Auf einen Nenner gebracht betonte die strenge Version die allmähliche, adaptive Veränderung, die durch das Einwirken der natürlichen Auslese auf Organismen allein hervorgerufen wird. Anlässlich der zweiten Jahrhundertfeier beteuerten einige Fachleute sogar, die unüberschaubare Verflechtung der Evolution sei endgültig geklärt worden. Eine führende Persönlichkeit stellte in einem berühmten Essay fest: <<Sicherlich gibt es in recht nebensäch lichen Punkten noch Meinungsverschiedenheiten, und viele Einzel heiten müssen noch hinzugefügt werden, aber die Grundsätze für die Erklärung der Geschichte des Lebens sind nun wahrscheinlich festge legt worden.» Jetzt, zur dritten Jahrhundertfeier, erfreut sich Darwins Theo rie einer ausgezeichneten Gesundheit. Das Vertrauen in den Mecha nismus der natürlichen Auslese als Basis liefert einen theoretischen Unterbau und einen grundsätzlichen Konsens, der uns über die pessi mistische Anarchie des Jahres 1909 hinaushebt, und gleichzeitig Iok kern sich die Einschränkungen der übermässig strengen Version, die sich 1959 so grosser Beliebtheit erfreut hatte. Aufregende Entdeckun gen in der Molekularbiologie und in der Untersuchung embryolo gischer Entwicklung haben von neuem die Integrität der organischen Form unterstrichen und auf Veränderungsarten hingewiesen, die sich

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