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Wesen und Wandel der ägyptischen Kultur PDF

169 Pages·1969·4.637 MB·German
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Verstandliche Wissenschaft Band 100 • " . - ~ Eberhard' Otto Wesen und Wandel der agyptischen Kultur Springer-Verlag Berlin· Heidelberg· New York 1969 Herausgeber der geisteswissenschaftlichen Abteilung: Prof. D. Hans Frh. v. Campenhausen, Heidelberg Prof. Dr. Eberhard Otto Agyptologisches Institut der Universitiit Heidelberg Umschlaggestaltung: W. Eisenschink, Heidelberg Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darE ohne schriftliche Genehmi gung des Springer-Verlags iibersetzt oder in irgendeiner Form vervielEaltigt werden. © by Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1969. Library of Congress Catalog Card Number 70-80069. Titel-Nr. 7233 ISBN-13 : 978-3-540-04746-9 e-ISBN-13 : 978-3-642-88702-4 DOl : 10.1007/978-3-642-88702-4 Vorwort Es ist das Ziel des Buches, das Wesen der aldigyptischen Kul tur zu beschreiben, nicht eine Kulturgeschichte zu geben. Die unver wechselbare Eigenart, wie sie am augenfalligsten in der agyptischen Kunst zutage tritt, soll an moglichst zahlreichen Erscheinungen der Kultur aufgezeigt werden, also nicht allein in der Kunst, sondern auch der Literatur, der Gesellschaft, der Geschichtsschreibung usw. Denn, wer die Dinge naher anschaut, wird schnell gewahr, daB die unverwechselbare Eigenart, der Kulturstil, sich in allen AuBerungen dieser Kultur wieder finden laBt. Die groBartige Einheitlichkeit des Agyptischen ist also der Gegenstand dieser Darstellung. Frei lich waren der agyptischen Kultur offenbar bestimmte Grenzen gezogen, deren Einhaltung oft den Eindruck eines bewuBten Ver zichtes auf Leistungen macht, die zu verwirklichen scheinbar so nahe gelegen hatte. Urn das deutlich zu machen, bemuhe ich mich, am konkreten Einzelbeispiel auch auf die Punkte hinzuweisen, an denen eine eingeschlagene Entwicklungsrichtung schein bar abge brochen wird, ein erwarteter Schritt nicht getan worden ist. So ergab sich die Notwendigkeit, das Wesen dieser Kultur nicht nur als etwas sozusagen Statisches zu beschreiben, sondern auch die Hauptlinien ihrer Wandlungen herauszuarbeiten. Der hierfur zur Verfugung stehende, notwendig beschrankte Raum erwies sich dabei als ein Vorteil. Zwang er doch dazu, die charakteristischen Linien ubersichtlich herauszuarbeiten, und gab die Freiheit, bekannte Einzelerscheinungen unter sie einende Ge sichtspunkte zu stellen und in groBerem Zusammenhang zu ver deutlichen. Die gesellschaftliche Gliederung und ihre Entwicklung, das Erscheinen der Stadt, aber auch geistige Gebilde wie die Osiris my the konnen in neuem Lichte gesehen und dargestellt werden. Das Buch ist nicht fur den Fachmann geschrieben. Deshalb habe ich eine kurze chronologische Obersicht uber die Ereignisgeschichte v beigefiigt, in cler cler Leser aIle erwahnten Konigsnamen und Epo chenbezeichnungen finden kann. Auf Abbildungen hingegen glaubte ich verzichten zu konnen; das Angebot an guten Bildbanden in allen GroBenordnungen ist iiberaus reich. Die Anmerkungen er setzen weder eine Bibliographie, noch geben sie Quellenhinweise im einzelnen. 1ch habe mich vielmehr bemiiht, Arbeiten zu nen nen, die einen Gedanken oder einen Tatbestand im besonderen behandeln und damit den Leser weiter in die Materie einfiihren konnen. Heidelberg, im Friihjahr 1969 EBERHARD OTTO VI Inhaltsverzeichnis 1. Das Vorgegebene . 1 1. Das Land . . . . . 3 2. Das Yolk und sein Charakter. 8 3. Erbe der Vorzeit . 21 II. Staat und Gesellsmaft 28 1. Das Werden des Staates . 28 2. Das gottlime Konigtum . 32 3. Staat und Gesellsmaft . 39 4. Familie und Stellung der Frau 56 5. Ethik . . . . . . . . 60 III. Gesmimtsbild und Wirklimkeit . 64 1. Gesmimtstheologie: Der Konig als Vollzieher 65 2. Gesmimtssmreibung . . . . 69 3. Der Einzelne in der Gcsmimte . . 74 4. Depravierung der Gesmimte . . . 78 IV. Ordnung der Welt: Gotter und Kulte . 81 1. Weltsmopfung und Weltentstehung . 83 2. Weltende und Tod . . . . . 87 3. Orts- und Gaugotter. . . . . . 93 4. Der Osiriskreis als Konigsmythe. . 98 V. Reprasentation der Welt: Kunst und Literatur . 108 1. Darstellende Kunst . . . . . 113 a) Thematik und Anlasse. . . 113 b) Wiedergabe der Wirklimkeit . 123 2. Literatur. . . . . . 129 a) Lehrhafte Literatur . 132 b) Erzahlende Literatur 141 c) Poesie 147 VI. Smlu£. . . 151 Tabellarismer Uberblick tiber die Gesmimte 155 Namen- und Samverzeimnis. . . . . . 161 VII I. Das Vorgegebene Mehrere gute Griinde lassen sich dafiir anfiihren, daB sich die Beschreibung einer Kultur nicht grenzenlos in die Vergangenheit hinaufverlegen laBt: Da sind zunachst die Grenzen, die die Funde und Quellen unserem Wissen ziehen; so fruchtbar und fordernd die reine Bodenforschung scheinbar endlose Perioden menschlicher Ur geschichte erschlossen hat, so heikel bleibt immer noch die Aufgabe, diese Perioden als Geschichte zu erfassen. Sodann soUte nicht der Unterschied verwischt werden, der zwischen einer spezifischen so und nicht anders geformten historischen Kultur besteht und ihren tiber wie lange Zeitspannen auch immer nachweisbaren Vorgangern oder Vorformen. GewiB ist jene das Produkt von diesen; aber zu gleich ist sie mehr: Sie ist es in dem Sinne, als ihre Vorformen zu ihrer Entstehung beigetragen haben, in sie eingegangen und in ihr umgeformt worden sind. Sie ist aber nicht die bloBe mathematische Summe, die sich notwendig aus ihnen ergibt, sondern enthalt zu gleich eine besondere Formkraft und ein besonderes SelbstbewuBt sein, das eben jenen fehlt. Trotzdem soUte bei Betrachtungen auch friiherer historischer Kultur nie vergessen werden, daB ihr historisch unfaBbare Perioden menschlicher Existenz, menschheitsgeschicht licher Entwicklungen und Erfahrungen vorausgehen; auch in den Anfangsstadien einer historischen Kultur fassen wir in keinem FaUe primitive, d. h. einfache urspriingliche unabgeleitete Zustande. Auch sie stellen bereits hochst komplexe Formen dar, deren Inhalte vielfach umgedeutet, miteinander verflochten, ja miBverstanden sind. Fiir die agyptische Kultur bedeutet das aber folgendes: Wir konnen die Existenz von Menschen im spateren agyptischen Kultur raum seit dem Altpalaolithikum nachweisen, genauer seit den Kul turstufen des Chelleen-Acheuleen urn 200000-100000 v. Chr.l. 1 E. Drioton et J. Vandier: L'tgypte. 4. Auf!. Paris 1962. - William C. Hayes: Most ancient Egypt. Chicago-London 1965. t OttO, Agypti.che Kultur 1 Wir konnen die Sonderentwicklung Nordafrikas (Capsien, 50000 bis 10000 v. Chr.), dann die itgyptens bis ins Neolithikum ver folgen. Jetzt lassen sich im Niltal und der Landsdlaft Fajjum lokal begrenzte, durch ihre Hinterlassenschaft unterscheidbare Kulturen fassen, die in mehreren Entwicklungsstufen sich vereinheitlichend unmittelbar an und in die historische Zeit fiihren. Freilich, was eigentlich an Geschichte hinter ihnen steht, wissen wir nicht. Die immer gern herangezogenen Theorien von Einwanderungen neuer Volkerschaften hangen in der Luft, weil wir zwar Veranderungen als solche beobachten konnen, aber nichts finden iiber ein Woher, und wei! es noch keine allgemein giiltigen Kriterien dafiir gibt, welche Veranderungen der materiellen Kulturhinterlassenschaft auf Volkerverschiebungen, welche auf soziale Veranderungen, welche auf irgendwelche Entwicklungsmoglichkeiten zuriickzufiih ren sind. Wir konnen ferner die geologische und klimatische Ent stehung der Niltallandschaft verfolgen, die etwa zur Zeit des Neo lithikums ihre gegenwartige Gestalt erhalten hat, wobei allerdings der ProzeB der Wiistenbildung sich noch bis tief in die historische Zeit fortsetzte. AIle diese Erscheinungen und ihre Veranderungen konnen heute mit sich vergroBernder Deutlichkeit aufgezeigt werden. Und doch geniigen sie in keiner Weise, das Phanomen agyptische Kultur zu erklaren, das uns in einer relativ kurzen Formungsepoche um 3000 v. Chr. als organische Einheit und als historisches Faktum (historisch auch im Sinne eines geschichtlichen SelbstbewuBtseins) entgegentritt. Insofern diirfen diese Vorgange bei einer Betrachtung der historischen agyptischen Kultur als das Vorgegebene betrachtet wer den, das zwar unerlaBlich ist, aus dem aber das Historische sich nicht im genauen Sinne ableiten laBt. 1m folgenden solI dieses Vorgegebene in seinen drei dominie renden Themen behandelt werden - als Land, als Yolk und als materiell kulturelles Erbe. Es erUbrigt sich, nach clem Gesagten nochmals darauf hinzuweisen, daB diese drei Faktoren nicht die Ingredienzen sind, aus denen sich notwendig die agyptische Kultur ergab, sondern das Gegebene, das ihre Moglichkeit enthalt. 2 1. Das Land 1m wesentlichen haben wir uns das altagyptische Land und seine Landschaft ahnlich wie die heutige vorzustellen: Als eine riesige FluBoase in nur nordslidlicher Ausdehnung und relativ klarer Begrenzung nach Norden, Ostefl. und Westen. Selbst wenn im 3. Jahrtausend die Wasserverhaltnisse in den heutigen Wlisten gebieten etwas besser waren und diese vielleicht eher Steppen charakter hatten, herrschte der ausgepragte Gegensatz zwischen der Lebenshaltung der Niltalbewohner und der Nomaden. Ebenso hat der Gegensatz zwischen dem Nildelta und Oberagypten bestanden: Ersteres ein weitraumiges Schwemmland mit Weideland und dlinenahnlichen Erhebungen, letzteres ein in seiner Breite wech selnder Streifen Fruchtland zu beiden Seiten des Flusses, dessen A<kerland alljahrlich liberschwemmt war. Nach Sliden boten die Talengen Moglichkeiten einer natlirlichen Grenzziehung. In vor geschichtlicher Zeit scheint einmal bei Gebel es-Silsileh eine Grenze bestanden zu haben; in historischer Zeit liegt die Landesgrenze beim 1. Katarakt (Assuan). Hier beginnt die kanonische Einteilung des Landes in Gaue. Doch zeigen Denkmaler, daB bereits die Konige der 1. Dynastie bis zum 2. Katarakt slidlich Wadi HaIfa vordrangen, wo ein Hartsteinriegel (Grauwacke, Serpentin, Granit) den FluB in schwer passier bare Arme teilt. Schon die letzte der vorgeschichtlichen Kulturen hatte slidlich des 2. Kataraktes archao logische Reste hinterlassen. Dieses frlihe Hinausgreifen liber den Lebensraum hatte zweifellos okonomische Grlinde: Gewinnung von Hartstein (Diorit, Granit) und Gold und die Sicherung des Transithandels nach Nordost-Afrika. Man spricht gem von einer natlirlichen Isoliertheit des agypti schen Lebensraumes; und das ist bis zu einem gewissen Grad richtig. Nur sollte man sich darunter nicht Kontaktlosigkeit vorstellen. Nicht nur nach Sliden griffen die itgypter bereits zu Beginn der geschichtlichen Zeit liber ihren natiirlichen Raum hinaus. Nach Westen flihrten mehrere Karawanenwege zur »GroBen Oase" und von dort nach Sliden, jene KarawanenstraBe, die im Mittelalter Darb el-Arba'in »Weg der 40 Tage" genannt wurde. 1m Osten diente das Wadi Hammamat als Verbindungsweg zum Roten Meer; nach archaologischen Funden war es bis Bir Laqeita bewohnt. 1* 3 Auch nam Nordosten zum Sinai griff Xgypten friih iiber das Niltal hinaus. 1m Wadi Maghara wurde seit dem Beginn des Alten Reiches Kupfer und Tiirkis gewonnen. Von der Kiiste der Sinai Halbinsel aus brachen wahrend des Alten Reiches die Expeditionen durchs Rote Meer nach dem Weihrauchiand Punt (Somalikiiste) auf. Weiter nordwarts nam Byblos (Jebail) hat seit der 2. Dynastie zu mindest regeimaBiger Handelsverkehr bestanden. Moglicherweise ist mit einem solchen schon in spatvorgeschichtlicher Zeit zu rech nen. Will man die Umweltbeziehungen der agyptischen Kultur charakterisieren, so kann man sagen, daB sie in der ersten Phase (d. h. wahrend des Alten und Mittleren Reiches) im wesentlichen dem Bezug von Rohstoffen (Metalle, Halbedelsteine, Holz, 01, Wein) dienten, wobei im ganzen keine koionialen expansiven Methoden angewandt wurden. Nur der unternubische Raum (zwi schen 1. und 2. Katarakt) und die Sinai-Halbinsel wurden mehr oder weniger fest einbezogen. Eine solche Haltung war moglich, weil in der unmittelbaren Umgebung Xgyptens kein kulturell und politisdt gleichwertiger Staat existierte. Das anderte sidJ. grund legend in der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. Ais Xgypten selbst in mehreren Teilstaaten Vasallenstaat der Hyksos gewesen war, als sidJ. im Siiden ein Land KusdJ. konstituiert hatte, als im syrisch-palastinensisdten Raum Stadtstaaten entstanden waren, als in Kleinasien die Reiche der Mitanni und spater Hethiter bliihten, als - kurz gesagt - der Raum yom oberen Nil bis Kleinasien mit aneinander grenzenden politischen und kulturellen Einheiten ge fiillt war, entstand mit Notwendigkeit der Gedanke der Herrschaft eines iiber andere, die konkurrierende Machtstellung unterschied lich machtiger Reiche, damit Politik im eigentlichen Sinn, zugleich aber auch eine bisher unbekannte gegenseitige Befruchtung mit neuen Gedanken und ein intensiver Austausch von Kulturgiitern. Doch trat Xgypten in diese Phase seiner geschichtlichen Existenz bereits in einem Zustand des Geformtseins, daB aIle sich daraus ergebenden Ereignisse seine Kulturgestalt wohl bereichern und ab andern, nicht aber in ihren Grundziigen verandern konnten. Das geschah im Grunde erst nach der romischen Eroberung (30 v. Chr.), als Gnosis und Christentum auf einem wesentlich abgestorbenen Kulturboden neues Leben entstehen lieBen. 4

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