D 5662 !mpulse 2 15 für ansteckenden Glauben Wer hat Angst vor ... Bibelarbeit Wie man Angst mit Furcht bekämpft Thema Und wenn es nicht reicht? Erlebt Einmal Angst und zurück inhalt Wie man Angst mit Furcht bekämpft 4 Bibelarbeit Urlaub mit Herz. Land entdecken | Menschen helfen Und wenn es nicht o0Ad6ueGP4sr1rf eIüo-rnhs9mfpr7oale5@inck1hyt8G.:eo-Ar5r gi0N - rTehiecmhat? 8 Einmal Angst und zurück 10 Erlebt Reisen Sie in ein GAiN-Projekt land. Begegnen Sie Menschen. Lernen Ein Jahr ganz dabei 12 Sie Land und Kultur kennen. Helfen Sie bei humanitären Einsätzen, Bau projekten oder Kinder programmen. Studentenbewegung Gruppenreisen 2015 Individualreisen 2015 Lettland 26.7.-8.8. 520 € zzgl. Flug Haiti : 20 € pro Nacht/Person Armenien 14.-28.8. 690 € zzgl. Flug Israel : 25 € pro Nacht/Person Die eigene Geschichte Israel 18.-29.10. 1.599 € inkl. Flug mit Gott 19 Mensch Missionar G.O.D. Einklinken. Mitmachen. Großes erleben. Editorial 3 Unter dem Motto „Jeder Leitgedanken 11 kann jemanden erreichen“ Gibt es ein Leben nach dem findet auch dieses Jahr wie- Studium? 14 der ein G.O.D. statt – der Global Outreach Day. Wenn Steine ins Rollen kommen 15 Die Idee: Am 30. Mai setzen Ich bin Jesus-Nachfolgerin Sie und ich uns mit Millionen anderer Christen in Bewegung und erklären geworden 16 ein oder zwei Menschen das Evangelium. Geduld, Enttäuschung Die Folge: Christen werden ermutigt, über und Frucht 17 ihren Glauben zu reden, und viele Men- Partnerschaft mit Potenzial 18 schen begegnen Jesus. Ich will sie einfach willkommen Bisher haben sich über 8 Millionen Christen, heißen 20 Tausende von Gemeinden und zahlreiche „Geh hinaus, mach einen Hilfe, ich falle 21 Organisationen der G.O.D.-Bewegung ange- Schritt im Glauben. Tu Für Sie gelesen 22 schlossen. Sind Sie auch dabei? etwas, was du vorher noch Impressum 22 nie getan hast!“ www.globaloutreachday.com Veranstaltungen 2015 23 Nick Vujicic 2 !mpulse 2/15 editorial Ein amerikanischer Cartoonist lässt Jesus am Kreuz sagen: „Ich habe mich nie von der Angst vor Ver- sagen, Zurückweisung oder gar Tod in meinem Denken, Reden und Handeln bestimmen lassen. Nur deshalb habt ihr überhaupt etwas von mir gehört.“ Auf der anderen Seite stehen wir – und Angst spielt durchaus eine Rolle in unserem Leben. Denn egal, wie mutig wir von außen erscheinen, wir D DEWAL kennen alle das Gefühl, dass sich in unserem Magen ein Klumpen bildet, die Füße wie an den Bo- UDIA den genagelt erscheinen und sich in unserem Hirn ein Gedanke ausbreitet, der keinen anderen ne- O:CLA OT ben sich zulässt: Angst. F Jesus hat die Angst sehr realistisch gesehen. „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“, stellt er im Johannesevangelium fest. Darin stecken die beiden Feststel- lungen, dass Angst zum menschlichen Leben offensichtlich dazugehört und nie ganz verschwindet. Und dass Jesus die Welt (samt der dazugehörigen Angst) überwunden hat. Doch was heißt das für uns ganz praktisch? Darum geht es in dieser Impulse. Manfred Stedtler stellt auf der folgenden Seite die provokante These auf, dass sich viele Ängste am besten mit Furcht bekämpfen lassen. Dies gilt gerade für die Zukunftsängste, die uns beim Blick in die Nachrichten schnell gefangen nehmen. Danach beleuchte ich einen besonderen Aspekt von Angst, der eigentlich nur unter Christen verbreitet ist: die Furcht, dass das, was wir tun und sind, Gott nicht reichen könnte. Um diese Frage geht es auf Seite 8. Andrea Wegener fragt dann ab Seite 10, was Muslime mit Angst zu tun haben. Wie immer erfahren Sie auch in dieser Impulse Neues aus der Arbeit von Campus für Christus: Warum Sigi Klose keine Angst vor den Bärten der Musli- me in Gießen hat (Seite 20) und was das eindrücklichste Erlebnis von Teenagern beim Klettercamp gewesen ist (Seite 21). Seien Sie auch wieder dabei, wenn Julia Spanka auf Seite 12 die Studenten in Darmstadt besucht. Ich wünsche Ihnen gute Impulse mit dieser Impulse. Seien Sie herzlich gegrüßt, Hauke Burgarth Übrigens: Noch ist der kostenlose Bibelkurs von Campus für Christus und Rigatio online und Sie können ihn unter www.campus-d.de/bibelkurs abrufen. !mpulse 2/15 3 THBEMIBAELARBEIT Wie man Angst mit Furcht bekämpft „Ich habe Angst vor Europas Zukunft“, Praktische Hilfen – postete kürzlich eine Bekannte von mir biblische Perspektiven auf Facebook. Ich konnte ihr nur zu- stimmen, denn viele der täglichen Un- glücksmeldungen (Krieg, Terrorismus, Wirtschaftskrise) sind viel näher und betreffen unsere eigene Zukunft viel di- rekter, als wir es von früheren Jahren her gewohnt sind. Dazu kommen die per- sönlichen Ängste, z. B. vor Unfällen oder Einbrüchen, Jobverlust und Altersarmut. Vielen sitzt die Angst im Nacken. Da ist es gut, dass die Bibel so oft mit unter- schiedlichen Formulierungen „Fürchte dich nicht“ sagt. 4 !mpulse 2/15 O bwohl mir manche dieser „Fürchte-dich- wetter-Gott haben, ist unser Glaube bei nicht“-Stellen schwer zu kauen geben. Gegenwind in Gefahr. Die Größe Gottes Zum Beispiel die in Offenbarung 2,10, wo zeigt sich gerade darin, wie er uns durch Jesus zu der Gemeinde in Smyrna sagt: alles hindurchträgt. Unseren besten Lob- „Fürchte dich nicht vor dem, was du lei- preis singen wir, indem wir ihm trotz Leid den wirst! Siehe, der Teufel wird einige treu bleiben. Das ist ein Trost angesichts von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr einer Welt, die außer Kontrolle zu geraten geprüft werdet, und ihr werdet Bedräng- scheint: Gott ist weder überfordert noch nis haben zehn Tage. Sei treu bis zum gleichgültig, er hat uns nicht den Rücken Tod! Und ich werde dir den Siegeskranz zugewandt, sondern in Kriegen und Ka- des Lebens geben.“ tastrophen erfüllt sich das, was er ange- Hm, eigentlich lautet die Botschaft die- kündigt hat. ses Bibelwortes ja: „Fürchte dich nicht“. Konstruktive Angst Aber wenn ich weiß, dass Leid und Ge- fängnis auf mich zukommen, kann ich Aber wie gehe ich damit um, wenn mir nicht mehr ruhig schlafen. Wenn schon die täglichen Nachrichten Angst ma- Leiden unvermeidbar sind, warum sagt Je- chen? Dabei kann es sinnvoll sein, diese sus es auch noch vorher und lässt die Ge- Angst sogar erst einmal zu steigern, in- meinde nicht wenigstens die Zeit genie- dem ich mir nämlich klar mache, dass der ßen, in der es noch ruhig ist? größte Anlass zur Furcht Gott selber ist. Vor Waffen kann man fliehen, in Wirt- 1. Trost: Gott hat alles schaftskrisen kann man Glück haben – unter Kontrolle aber Gott entkommen wir nicht, und vor seinem Gericht geht es um die Ewigkeit! Der Herr der Weltgeschichte spricht hier Wie kann ich vor Gott bestehen? Das wie ein Arzt, der sagt: „Das wird jetzt ein Wenn wir ist die wichtigste Frage, die geklärt wer- bisschen weh tun, aber es geht vorüber den muss. Ich kann meine Angst vor Gott nur einen und dient der Besserung.“ Es ist alles un- konstruktiv nutzen, wenn sie mich dazu ter Kontrolle und hinterher ist es viel bes- Schön- antreibt, mein Leben mit ihm in Ordnung ser als vorher. zu bringen. wetter- Manchmal sagt Jesus schlimme Dinge Auf der gesundheitlich-körperlichen voraus, damit wir nicht irritiert sind, wenn Gott Ebene ist Angst Teil des natürlichen Über- sie geschehen. Er sagt uns, dass Leid dazu- lebenstriebes und bewahrt uns vor so haben, gehört. Und dass das Leid nicht das letzte mancher Dummheit. Genauso kann die Wort hat. Denn Jesus sagt der Gemeinde ist unser Angst vor Gottes Gericht, das schlechte in Smyrna, dass es nur „zehn Tage“ dauern Gewissen dem Allmächtigen gegenüber, Glaube bei wird, und uns weist er damit darauf hin, uns dazu treiben, Vergebung zu suchen dass er das Leid begrenzt, dass es ein Ende Gegen- und das reale Problem unserer Trennung haben wird und er schon vorher weiß, wie wind in von Gott zu lösen (bzw. die angebotene lange es dauert. Lösung anzunehmen). Das ist es, was die Gefahr. Was Gott tut, ist gut. Warum beschäf- Bibel meint, wenn sie sagt: „Die Furcht tigt sich die Bibel dann überhaupt mit des Herrn ist eine Quelle des Lebens, um den dunklen Seiten des Lebens? Damit die Fallen des Todes zu meiden“ (Sprüche wir auch in der Dunkelheit sein Licht se- 14,27). hen können. Wenn wir nur einen Schön- !mpulse 2/15 5 Das Leben aus Christus beinhaltet die Vergebung der Sünden – damit brauche ich mich vor Gottes Gericht nicht menschlichen Lebens etc.). Diese politische mehr zu fürchten. Durchschlagskraft verliert die frühe Kirche mit d 2. Trost: Leben aus Christus vergällt ihnen die Tage, an denen alles gut geht. Wer von Angst getrieben wird, kann auch das Gute nicht genießen und würdi- Unser zweiter Trost, der uns im Leben wie im Sterben Halt gibt, gen. ist das Leben aus Christus. Dieses Leben aus Christus macht aus uns Gottes Kinder, die sich nicht mehr zu fürchten brauchen 3. Trost: Verlieren lernen (Römer 8,15). So erhalten wir neues Urvertrauen geschenkt und Dahinter steht die Angst vor Verlust. Wenn ich nun bereit bin, können mit Paulus sprechen (Römer 8,38-39): „Ich bin über- die Dinge, die mir so wichtig sind, für Jesus aufzugeben, wenn zeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürsten- ich sie also innerlich schon verloren habe, fällt diese Angst tümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewal- weg. Wenn ich zum Beispiel nichts verpassen will, ist es ganz ten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf schlimm, wenn zu Beginn meiner Lieblingsserie im Fernsehen uns scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Je- das Telefon klingelt. Wenn ich die Sendung „aufgebe“ und be- sus ist, unserem Herrn.“ reit bin, auf sie zu verzichten, gehe ich ohne innere Anspannung Das Leben aus Christus beinhaltet die Vergebung der Sünden durch den Tag und freue mich umso mehr, wenn ich unverhofft – damit brauche ich mich vor Gottes Gericht nicht mehr zu fürch- doch Zeit habe, sie zu sehen. ten. Es beinhaltet die Hoffnung auf das ewige Leben in Herrlich- Mit wichtigen Dingen ist es genauso, deshalb haben wir hier keit – damit brauche ich den Tod nicht mehr zu fürchten und als dritten Trost eine geheimnisvolle Lebensregel: Wir können nur kann auch Verluste in diesem Leben hinnehmen und die Befrei- das behalten, was wir aufgeben. Wer mit aller Gewalt den zwit- ung von falschen Hoffnungen, die mich an dieses Leben und die- schernden Vogel festhalten will, tötet ihn; nur wer ihn fliegen sen Leib binden. lässt, wird auch in Zukunft den Gesang hören. Manchmal klam- Gottesfurcht als Schlüssel mern sich Ertrinkende so an ihren Retter, dass dieser sich nicht mehr bewegen kann und beide umkommen. In ähnlicher Wei- Der Schlüssel zum Umgang mit Angst ist, Gott mehr zu fürchten se muss man manchmal einem Menschen Freiheit lassen, um die als alles andere. Jesus sagt: „Fürchtet euch nicht vor denen, die Beziehung zu erhalten, und ihm die Möglichkeit geben, Abstand den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürch- zu wahren, damit Nähe möglich wird. Auch die Freude im Herrn tet vielmehr den, der sowohl Seele als Leib zu verderben ver- und den tiefen „Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt,“ mag in der Hölle“ (Matthäus 10,28). Ja, tatsächlich, die bib- erlebe ich nur dann, wenn ich meine Sorgen ihm überlasse und lische Antwort auf Angst ist Furcht – Gottesfurcht! Wer Gott damit auch ihn entscheiden lasse, ob ich Überfluss habe oder fürchtet, braucht vor nichts anderem Angst zu haben. Ein paar Mangel leide (vgl. Philipper 4,6-7.11-13). Verse weiter sagt Jesus noch etwas, das schwer zu akzeptieren Damit sagt Jesus nicht, dass wir unser Leben leichtfertig weg- ist, das aber unser Leben tiefgreifend verändern kann: „Wer sein werfen sollen, sondern dass wir bereit sein sollen, es um seinet- Leben findet, der wird es verlieren, und wer sein Leben verliert willen zu verlieren. Wer rast, in der Kurve überholt oder sein Le- um meinetwillen, wird es finden“ (Matthäus 10,39). ben leichtsinnig aufs Spiel setzt, erfüllt diese Aufforderung Jesu Mit anderen Worten: Man muss bereit sein, etwas zu verlie- nicht. Richtig handelt derjenige, der das, was Jesus ihm anver- ren, um es empfangen, behalten und genießen zu können. Das traut hat (Leben, Gesundheit, Zeit, Geld, Freundschaft), mit Sorg- hängt so zusammen: Ohne Gott ist es natürlich mein Hauptan- falt behandelt, aber bereit ist, es aufzugeben, falls das nötig ist. liegen, mein Leben zu erhalten und auszukosten. Auch für viele, die mit Gott leben, ist dies weiterhin wichtig. Warum auch nicht. Und praktisch? Solange ich mein Herz nicht daran hänge, ist Wohlergehen nichts Dies sind schwierige Gedanken. Vielleicht scheinen einige davon Schlechtes, sondern eine gute Gabe Gottes, für die ich ihn loben im Moment unverdaulich und zu groß, um sie schlucken zu kön- kann und soll. Bei vielen Menschen klappt allerdings das Genie- nen. Dann lohnt es sich, weiter darauf „herumzukauen“, denn ßen nicht so richtig, obwohl sie Gutes erleben. Aus Angst, etwas wenn sie einmal verdaut sind, geben sie langanhaltende Kraft! zu verpassen, wird selbst ihre Freizeit zum Stress. Aus Angst vor Was bedeutet das nun praktisch? Wie gehe ich mit den gro- Krieg bekommen sie von dem Frieden in ihrem Land nur wenig ßen Ängsten im Leben um? Wie sieht das Leben ohne Angst aus? mit. Die Angst vor Unfall, Krankheit und anderen Katastrophen 6 !mpulse 2/15 Als Theologe und Historiker weiß Manfred Stedtler, dass es wenig Neues unter der Sonne gibt. Als Politik-Interessierter versteht der Pas- tor der Freien evangelischen Gemeinde Halle (Saale) aber auch manche aktuellen Ängste. Zuerst einmal muss ich realistisch sein: Leid ist Teil des Lebens auf dieser Erde. Aber oft wird Leid durch Angst sinnlos verschärft – und solche Angst gilt es zu entlarven und abzulegen. Zu diesem Realistischsein gehört auch anzuerkennen, dass jeder vor unter- schiedlichen Dingen Angst hat und haben darf. Und dass Gott je- den ernst nimmt. Die Ängste der Christen in den Händen des IS sind ihm nicht zu groß – und unsere alltäglichen Sorgen im siche- ren Westen sind ihm nicht zu klein. Aus der Angst ein Gebet machen In diesem Wissen kann ich meine Angst im Gebet an Gott abge- ben. Ein großes Vorbild dafür ist David, der aus allem, was ihm geschah, Gebete und Lieder machte. Viele davon sind uns im Buch der Psalmen überliefert und können uns beim eigenen Be- ten unterstützen. Wenn man sich wie David „von Feinden um- geben“ fühlt, kann es eine Hilfe sein, Klagepsalmen wie Psalm 3, 42, 56 oder 57 nachzubeten. Manchmal habe ich Gott meine Sorgen im Gebet gebracht und für kurze Zeit Erleichterung verspürt. Wenn nun die bedroh- lichen Gedanken zurückkommen, dann muss ich sie wieder weg- schicken. Zu der Angst vor einem Unfall oder Terroranschlag sage ich: „Es ist nicht klar, ob so etwas passiert. Wenn es passiert, ist es immer noch früh genug für Trauer, und bis dahin freue ich mich und lasse mir von dir (Angst) nicht den Tag verderben.“ Zu der Angst vor dem Zahnarzttermin nächste Woche sage ich: „Es wird dadurch nicht besser, dass ich mich vorher verrückt mache.“ Übung ist nötig Eine gute Übung ist dabei, sich das Bibelwort „Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Sorge hat“ zum Leitvers zu machen (Matthäus 6,34) und sich jeden Tag zu sagen: „Für heute will ich mich nur auf das Problem konzentrieren, das ich jetzt lösen muss. Alle anderen Sorgen können warten, bis ihre Zeit gekommen ist.“ Und dann? Dann ist es wichtig, dass ich mein Handeln nicht von Angst bestimmen lasse. Anstatt zum Beispiel vor Menschen Angst zu haben, kann ich dann darum beten, sie mit Gottes Augen zu sehen, und da- rüber nachdenken, wie ich die Liebe Jesu an sie weitergebe. Manfred Stedtler !mpulse 2/15 7 THTEHMEAMA Und wenn es nicht reicht? Die Angst, nicht genug – nie genug – zu glauben Es gibt viele Ängste, schwerwiegende Ängste, Ängste, die das Leben im ursprünglichen Wortsinn „eng“ machen. Von einigen war in dieser Impulse schon die Rede. Und es gibt Ängste, die sehr viel mit unserem Leben als Christen zu tun haben können. Die geradezu daraus erwachsen. Nicht, dass der Glaube an sich angstmachend ist. Das halte ich für eine falsche Annahme. Aber es gibt eine Art von Glauben, die Angst erzeugt. Dazu gehört zum Beispiel die Überzeugung, dass nichts von entgegenstellen und behaupten, dass ich allein alles richtig ma- dem, was ich denke, glaube oder tue, jemals genügt. Immer chen würde? Sicher nicht. Wer die Frage von seiner persönlichen kann ich, meine Gemeinde und vor allem Gott darauf schauen Erfahrung her angeht, wird zu einem ähnlichen Ergebnis kom- und sagen: Das reicht nicht. Menschlich ausgedrückt: Du hast men. Jeder Blick in den Spiegel überzeugt mich neu davon: Ich versagt. Fromm ausgedrückt: Du hast gesündigt. bin nicht vollkommen. Weder optisch noch charakterlich. Falls jemand zu einem anderen Ergebnis kommt, habe ich einen Tipp Lieber Gottesfurcht als gar keine Angst? parat: Heiraten Sie! Ihre Partnerin oder Ihr Partner werden Ihnen Eine Wurzel dieser Haltung liegt im falschen Verständnis von sehr deutlich zeigen, dass Sie nicht perfekt sind. Gottesfurcht. Dieser biblische Begriff wird schnell als Aufforde- rung verstanden, Angst vor Gott zu haben. Getreu dem Motto: Die Rolle der Sozialisation „Ein bisschen Angst hat noch niemandem geschadet.“ Die Bi- Dass wir als Menschen nicht vollkommen sind, dass wir Defizite bel gebraucht den Begriff der Gottesfurcht allerdings völlig an- haben, scheint also offensichtlich. Die Frage ist nur, ob das be- ders. Da ist keine Rede von Angst. Die Bibel definiert Gottes- deutet, dass mich die Angst beherrschen sollte, nicht zu genü- furcht nirgendwo, aber sie stellt den Begriff in Zusammenhänge. gen. Hier spielt sicher meine Sozialisation eine entscheidende In Zusammenhänge, die mit Angst, Schrecken und Furcht so gar Rolle. Mein Vater zum Beispiel hat mir immer zu verstehen ge- nichts zu tun haben, wie zum Beispiel 5. Mose 10,12: „Nun, Is- geben, dass mein Wert von meiner Leistung abhängt. Und dann rael, was fordert der HERR, dein Gott, noch von dir, als dass hat er meine Leistung infrage gestellt … Eigentlich war eine du den Herrn, deinen Gott, fürchtest, dass du in allen seinen Zwei in Englisch ja eine gute Note, doch es hätte ja auch eine Wegen wandelst und ihn liebst und dem Herrn, deinem Gott, Eins sein können. Auf dieser Basis habe ich jahrelang meinen dienst von ganzem Herzen und von ganzer Seele.“ Worum geht Glauben gelebt. Ich habe gehört: „Gott liebt dich.“ Und selbst es hier? Um Nachfolge, Liebe und Dienst. Aber nicht um Angst in Gedanken ergänzt: „Wenn du all das tust, was er erwartet.“ vor der Begegnung mit Gott. Ich bin an sich kein ängstlicher Mensch, aber ich habe ge- lernt, dass dieses komische Gefühl gegenüber Gott, dieses Den- Wir Menschen haben Defizite ken, nicht zu genügen, letztlich nichts anderes ist als Angst. Da- An vielen anderen Stellen scheinen die Bibel und unsere eigene bei geht es mir nicht darum, mein gesamtes Glaubensleben in Wahrnehmung allerdings zu unterstreichen: Du genügst nicht. tiefenpsychologischer Manier auf frühkindliche Erfahrungen zu- Du bleibst hinter deinen Möglichkeiten zurück. Wer du bist rückzuführen. Allerdings merke ich, dass meine Vergangenheit und wie du lebst, das reicht nicht. Wer mich eben doch geprägt hat. Dass mein Vaterbild mein Gottes- die Frage biblisch angeht, denkt da- bild beeinflusst. Und die Frage, wie ich mit meiner eigenen Un- bei wahrscheinlich schnell an Aus- zulänglichkeit umgehe, ihre Wurzeln oft eher in meiner Familie sagen wie diese aus dem Römer- als in der Bibel hat. brief: „Sie sind alle abgewichen und allesamt verdorben. Da ist Der Perfektionist in mir keiner, der Gutes tut, auch nicht Mein innerer Perfektionist ist nicht besonders ausgeprägt, aber einer.“ (Römer 3,12, ein Zitat aus es gibt ihn. Immer mal wieder meldet er sich zu Wort und be- Psalm 14) Soll ich mich dem etwa hauptet: Da solltest du längst weiter sein. Ist das alles, was du 8 !mpulse 2/15 „Ich glaube nicht daran, dass die Angst vorm Verlieren dich eher zum Sieger macht als die Lust aufs Gewinnen.“ Jürgen Klopp anzubieten hast? Jetzt kommt es stark darauf an, was ich aus konstruktive Perspektive, wenn ich meine Schwächen, Feh- dieser Situation mache. Unterstützt dies mein ängstliches „Wis- ler und mein Versagen sehe? Dass sie mir keine Angst ma- sen“, dass ich wieder einmal versagt habe? Oder halte ich die chen, sondern ich einfach in Bewegung bleibe? Gott ist hier- Spannung aus, dass ich mich weiterhin nach Vollkommenheit bei nicht derjenige, der sich enttäuscht von mir abwendet ausstrecke und gleichzeitig weiß, dass ich sie noch nicht erreicht und sagt: „Das hätte ich nicht von dir gedacht.“ Er ist vielmehr habe? Der Fußballtrainer Jürgen Klopp hat das einmal so be- derjenige, der sich mit mir freut: „Hey, das war schon ganz schrieben: „Es ist natürlich so, dass ich in meinem Beruf nach gut. Und jetzt zeige ich dir, wie es noch besser werden kann.“ Perfektion strebe. Allerdings weiß ich, dass es die nicht gibt. Und es lässt mich nicht unglücklich werden, dass ich danach Ein Klima der Angstfreiheit strebe. Das ist kein Hinterherlaufen, sondern es ist einfach nur Für mich, für meine Familie und Gemeinde wünsche ich mir der Versuch, sich ständig weiterzuentwickeln.“ daher ein Klima der Angstfreiheit. Ich möchte Dinge versu- chen dürfen, selbst wenn ich dabei auf die Nase falle. Ich Sportlich glauben – statt ängstlich wünsche mir, dass die Fehler, die ich habe und mache, ein- Ich hoffe, dass es bisher deutlich geworden ist: Glaube und fach dazugehören. Ich will sie nicht schönreden, aber auch Angst gehören nicht zusammen! Gleichzeitig haben wir als nicht verteufeln. Ich möchte nicht in Angst leben, sondern Christen durchaus Defizite, die wir angehen sollen. Die Frage die Gnade feiern. Das bedeutet für mich, dass ich den sport- ist: Aus welcher Perspektive tun wir das? Noch einmal Jürgen lichen Aspekt des Glaubens nicht vergessen will (ausstrecken, Klopp: „Ich glaube nicht daran, dass die Angst vorm Verlieren kämpfen, verändern). Gleichzeitig soll mich die Angst, nicht dich eher zum Sieger macht als die Lust aufs Gewinnen. Die- zu genügen, nie lähmen. Ich bin unvollkommen. Na und? Ob se Lust aufs Gewinnen ist das, worum es geht. Das macht dich das für Jesus eine echte Überraschung ist? stark.“ So ähnlich hat es auch Paulus ausgedrückt: „Ich schät- ze mich selbst noch nicht so ein, dass ich‘s ergriffen habe. Eins Hauke Burgarth ist seit 34 Jahren mit Jesus unterwegs. Er interessiert sich nicht wirklich für Fußball, doch er gibt Jürgen Klopp völlig recht: aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich Es geht nicht um die Angst vor dem Verlieren, sondern um die Lust aus nach dem, was da vorne ist.“ (Philipper 3,13) Habe ich diese aufs Gewinnen – auch im Glauben. 9 !mpulse 2/15 9 THEERMLAEBT Einmal Angst und zurück Zwei Begegnungen Ich lerne sie auf einem Flug von Istanbul kennen: Neben mir sitzt eine Deutschtürkin ungefähr in meinem Alter. Die Augen blitzen freundlich unter ihrem Kopftuch hervor und wir kommen leicht ins Gespräch. Der Flughafen ist voller Leute gewesen, die anlässlich des islamischen Opfer- fests ihre Familien im Nahen Osten besuchen, und Gruppen von Pilgern auf dem Weg nach Mekka hatten sich auf allen Sitzplätzen ausgebreitet. „Wahnsinn! Meine Nachbarin erklärt mir, was es mit dem Opferfest auf sich hat und warum so viele Muslime Zeit, Mühe und eine Menge Geld investieren, um einmal im Leben die Ich muss gar Pilgerreise nach Mekka zu unternehmen, die eine der fünf Säulen des Islam ist. Mus- limische Gemeinden organisieren die Reise; man pilgert gut vorbereitet und hat ein straffes Programm vor sich. „Aber die Mühe lohnt sich“, versichert mir meine Ge- nichts mehr tun, sprächspartnerin. „Für die Pilgerreise bekommt man alle Sünden erlassen.“„Dann war- ten doch vermutlich viele Leute mit der Reise, bis sie alt sind, oder?“, spekuliere ich, um mit Gott pragmatisch wie ich bin. Sie lächelt: „Weil es dann mehr zu vergeben gibt? Nein, zu alt sollte man nicht sein, die Pilgerfahrt nach Mekka ist wirklich sehr anstrengend.“ Ob ins Reine zu sie die Reise schon unternommen hat, frage ich sie. „Nein“, schüttelt sie nachdenklich den Kopf, „ich bin noch nicht so weit.“ kommen.“ In diesem Moment wird unser Gespräch durch eine Ansage und die Bordunterhal- tung abgebrochen. Ich bin bestürzt. Für mich geht es hier um eine fremde Kultur, die ich mir mit meinen neugierigen Fragen zu erschließen versuche. Für meine Nachbarin 10 !mpulse 2/15
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