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Weimar — Archäologie eines Ortes PDF

216 Pages·2001·36.983 MB·German
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Georg Bollenbeck Jochen Golz Michael Knoche Ulrike Steierwald Hg. Weimar – Archäologie eines Ortes Weimar - Archaologie eines Ortes WEIMAR Arcbdologie eines Ortes Im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik herausgegeben vonGeorgBollenbeck,Jochen Golz, Michael Knoche und Ulrike Steierwald 2001 Verlag Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar Redaktion:ReinerSchlichting,StiftungWeimarerKlassik Fotos:RolandDreBler, SigridGeske,KulturstiftungDessau-Worlitz,MichaelNiedermeier,Laura Padgett,AngelikaSchneider,ThiiringischesStaatsarchivGotha,Universitats-undForschungsbiblio thekErfun/Gotha DieDeutscheBibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Weimar- ArchaologieeinesOnes/ imAuftr.derStiftungWeimarerKlassik hrsg.vonGeorgBollenbeck ... - Weimar: VerI.HermannBohlausNachf.,2001 ISBN978-3-7400-1159-8 ISBN978-3-7400-1159-8 ISBN978-3-476-02792-4(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-02792-4 AIleRechtevorbehalten.OhneschriftlicheGenehmigungdesVerlagesistesnichtgestattet,dasWerk unterVerwendungmechanischer,elektronischerund andererSystemeinirgendeinerWeisezuver arbeitenundzuverbreiten.InsbesonderevorbehaltensinddieRechtederVervielfaltigung- auchvon TeilendesWerkes- aufphotomechanischemoderahnlichemWege,dertontechnischenWiedergabe, desVonrags,derFunk- und Femsehsendung,der SpeicherunginDatenverarbeitungsanlagen, der ObersetzungundderliterarischenoderanderweitigenBearbeitung. © 2001Springer-VerlagGmbHDeutschland UrsprunglicherschienenbeiVerlagHermannBohlausNachfolgerWeimar GmbH&Co.2001 www.boeWausnf.de [email protected] Inhalt ZurEinfuhrung 7 SIGRID WEIGEL DerOrtalsSchauplatz desGedachtnisses. ZurKritikder ,Lieuxdememoire', mit einem OrtsterrninbeiGoetheundHeine 9 MICHEL ESPAGNE Das kulturelle Gedachmis imKontext deutsch-franz6sischerKulturbeziehungen .. 23 ROLF BOTHE ZurEntstehungder KunstsamrnlungeninWeimar 38 MARTIN WARNKE DieKulturwissenschaftlicheBibliothekWarburg .......................... 74 ULRIKE STEIERWALD SamrnlungskonzepteanJahrhundertwenden. DieWeimarerBibliothek 1800und 2000 80 ULRICH OTT Text-Geschichten.Yomprivatenzum6ffentlichenArchiv ....... ............ 98 JOCHEN GOLZ Das LiteraturarchivalsGedachtnisortund Ortder Kanonbildung ............. 109 MICHAEL NIEDERMEIER "Die ganzeErde wird zu einem Garten".Gedachtniskonstruktionenimfriihen deutschenLandschaftsgartenzwischen Aufklarung und Geheimnis ............ 120 6 Inhalt JDRGENJAGER Parkkunsrwerk- Erinnenmgssriitte- Naturraurn. 150Jahre Auseinanclersetzung urn dasBilclder Weimarer Parkanlagen .... ............................ . 176 EDGAR WOLFRUM Das "Hausder Geschichte der BunclesrepublikDeutschland" imKontexteiner vierzigjahrigenGeschichtskultur .......................... ............ 185 GERHARD SCHMID NationaleForschungs-und Gedenkstattender klassischen cleutschenLiteratur inWeimar.Gewinnund Verlustvon 35jahren"Erbepflege" inder DDR 196 GEORG BOLLENBECK NormativeHoheundtieferFall. Weimar- der cleutscheSymbolort 206 Autoren ........................................................ 216 Zur EinfUhrung Dervorliegende Band ist Ergebnis einer durch die StiftungWeimarer Klassik veranstalte ten Tagung "Weimar - Archaologie eines Ones", die vom 30.Septemberbis 2.Oktober 1999inWeimarstattfand.WissenschaftlerunterschiedlicherDisziplinen wareneingeladen, sichdem kulturellen Phanomen "Weimar" zu nahern, Gefragt wurde nicht nurnach den historischen Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen dieses Ones, sondem auch nach den Voraussetzungen, unterdenen er heutewahrgenommenwird. Das Thema "Archaologie einesOnes" zieltaufdieAnalyse verdeckterRahmenbedin gungen, die kulturellenTraditionen zugrundeliegen.Ihre sozialen und politischen Funk tionen miissen distanziert betrachretwerden, bevorsichneue Zielefiir die heutigen, Kul tur verwaltenden Institutionen der .Kulturstadr Europas 1999" definieren lassen. In den gegenwanigenoffentlichen DebattenspielenBegriffewie "Erinnerungskultur", "Gedacht nis"oder"kollektive Erinnerung"einetragendeRolle.Dieslegtden SchluBnahe, daEiiber einzelneoffizielleGedenkanlassehinauseinlangfristigesBediirfnisbesteht,quaErinnerung sinnstiftendfur Gegenwan und Zukunftzu wirken. Freilichkann diese Erinnerung nicht mehrauffestenationalpadadogische "Identitatsmuster" (AleidaAssmann) zuriickgreifen. Ein allgemeinerkommunikativer Verschleillder nationalkulturellenTraditionsbestande laBt sich beobachten. ImUnterschied zur Zeit vor 1945kommt den Denkmalem der Kultur heroen, den Jahresfeiem und nationalen Mythen keine symbolisch vergesellschaftende Kraft mehr zu. Dennoch: Da6 eseinen Bedarfan Erinnerungund Traditionsvergewisse rung gibt, zeigtsichgerade inWeimar,demambivalentenSymbolort, In den Sozial- und Kulturwissenschaften bestehtKonsens dariiber, da6 Erinnem auch einekonstruktiveLeistung ist,eineLeistung, diegegenwartigen Bediirfnissen nach Hand lungsorientierungundSinnsetzungunterstelltist.Glaubtman dem franzosischen Soziolo genMaurice Halbwachs,so gibteskeinGedachtnis"au6erhalbderjenigenBezugsrahmen, deren sichdiein einer GesellschaftlebendenMenschen bedienen, urn ihre Erinnerungzu fixierenundwiederzufinden".Die Weimarer Tagungmachte sichzurAufgabe, diesen Be zugsrahmen im FaIledes Syrnbolortes Weimar naher zu bestimmen. Die auf den ersten BlickalsZentrumder WeimarerKlassikfestgelegteStadt fachert sichbeinahererBetrach tung in ein Ensemble unterschiedlicherGedachtnisorte auf.Die Formen des Gedachmis ses habenin Museen, Bibliotheken, Archiven und auch in Garten und Parkanlagenihre Institutionalisierunggefunden. Die Weirnarer Institutionensehensich heute nicht in der Traditionvon Denkmalern,dieeineunmittelbareWrrksarnkeit desVergangenensuggerie- 8 Zur Einfuhrung renunddamitalsLieferantenkulturellerIdentifikationsmusterdienenkonnten.Vielmehr solltensichdieSammlungenundArchive,dieAusstellungenundInszenierungennachden VoraussetzungenihrerEntstehungund Uberlieferungbefragenlassen. Zu Beginnderdreiriigigen VeranstaltungwurdengrundsatzlicheFragennachdemUr sprung von Sammlungskonzepten und nach den Funktionen kultureller Gedachtnislei stungendiskutiert.Sigrid Weigel (Berlin) zeigte, daB dieKonstruktioneines.Gedachtnis ortes'dieAusloschungderGedachtnisspurendesOrtesvoraussetztunddieDialektikvon Erinnem und Vergessen konstitutivfurdieAnbindungvonKulturen anraurnliche Ord nungsmusterist.Michel Espagne(paris) beschrieb dieFormeninterkultureller Gedacht nisleistungenimKontextdeutsch-franzosischerKulturbeziehungen. Das Selbsrverstandnis der StiftungWeimarerKlassik, diedieAutgabe hat, vergangene Spurenzu bewahrenund in den sichwandelndenStrukturender Offentlichkeit zu ver mitteln,wurdedaraufhinmitKonzeptenverglichen,dieananderenOrtenpraktiziertwer den.HinsichtlichderWeimarerTopographieeinerMuseumslandschaftrekonstruierteRolf Bothe (Weimar) einefriihe Ausstellungskonzeption des 19. Jahrhunderts im Sinneder mnemotechnischenraumlichenWiederbelebungeinesvergangenenMuseums.DieSamm lungskonzeptederWeimarerBibliothek (UlrikeSteierwald) standeninRelation zur Kul turwissenschaftlichen BibliothekWarburg (Martin Warnke, Hamburg). Wahrend das Weimarer Goethe- und Schiller-Archiv alstraditioneller Ort derKanonbildung erschien (jochenGolz),vollzogsichim DeutschenLiteraturarchiv exemplarisch dieEntwicklung vonprivatenSammlungenzurInstitutioneinesoffentlichenArchives(UlrichOtt,Marbach a.N.).DieWeimarerParkanlagen(jiirgenjager)wurdenvorderFoliederKonzeptefriiher deutscherLandschaftsgarten(MichaelNiedermeier,Berlin)betrachtet, WelchepolitischenImplikationenmitderBewahrungundKonservierung,insbesondere aberauchmitderVermittlungunddenInszenierungenkulturellerTraditionenverbunden sind, wurde am Beispieldes Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (EdgarWolfrum,Berlin), der.Erbepilege" derDDR (GerhardSchmid)und imHinblick aufdieGeschichtedesSymbolortes"Weimar" (GeorgBollenbeck,Siegen) analysiert, EinKonzeptoderProgrammfurdiezukiinftigenAufgabenderStiftungWeimarerKlas sikhabenwederdieTagungdesJahres1999nochder nun vorliegendeBandergeben. 1m Gegenteil: In den Vortragen und DiskussionendieserdreiTage im Herbst desKultur stadtjahresbrachenUnterschiedeinHerangehensweiseundZielsetzungkulturellerTradi tionsbildung erst recht auf. Diese Bilanz war dennoch konstruktiv fur das zukiinftige Selbstverstandnis.1mVerlusteineseindeutigen"Kulturauftrages",einer.Erbepflege"oder "Leitkultur"liegtdieMoglichkeitzuPluralitatimUmgangmitGeschichtebegrundet.Die Provokation,diesichdurchdiezahlreichenund heterogenenKonfrontationenmithistori scherUberlieferungergibt,wirddieAufgabenderStiftungWeimarerKlassikniealsgelose erscheinenlassen. SIGRID WEIGEL Der Ort als Schauplatz des Gedachtnisses Zur Kritik der ,Lieux de memoire', mit einem Ortstermin bei Goethe und Heine L Ortstermin:GoetheundHeinein Verona ImSeptember1786brach der 37jahrigeJohannWolfgangGoethebekanntlichzu einerIan gerenReiseauf,urn sich fur eineinhalbJahre den WeimarerVerpflichtungenzu entziehen. SeinWegfiihrte ibnvon Karlsbad iiber Miinchen, den Brenner,Trient und den Gardasee nach Verona,das in gewisser Weisealserste Station seiner Italienreisegeltenkann.Denn hierwar erinjenemLand angekommen,mit dem erdieVerheillungseinerReiseverband: DieTradition der standesiiblichen Bildungsreisesollte durchibnumgewandeltwerden in dasProjekt einervollkommenenEmeuerungder eigenenPerson, dieeralseineArt ritede passageder Lebensreise in Szene setzte.InsofemistdieLandschaft Italiensin der .Jtalie nischen Reise"immerschon alseineTopographie zu verstehen, denn dieReisealsBewe gungdurchfremde Orteistdarinmitder allegorischenBedeutungderLebensreise- alsle bensgeschichtlicher (Um-)Weg der Reifung- symbolischiiberblendet.DabeiwardasZiel der Reiseweniger das zeitgenossische Italienalsvielmehr der imaginare Raum jener An tike, dessenBilddem StudiumderWmckelmannschenSchriftenentsprungenwar.Mitder Geographie Italiensbetrat Goethe also einen Bildraum, der den Namen der Antike trug und indem er sicheinesinnlicheBegegnung mit deren Kultur innaturam versprach.Be deutete dieReiseindasfremde Landibmsomiteher eineReiseindievergangene Zeit, so war der darnit betretene Bildraum doch langst mit Bildem besetzt, die der Lektiire von Schriften,dieder Bibliothek, dem Archiv unddem Museumentstammten. DasProgrammder Wiedergeburt, das dieDarstellungder .JtalienischenReise" dorni niert, kann dabei betrachtet werden als eine Subjektivierung und Individualisierung des WmckelmannschenBildungsziels,sichauf dem Wegeder Nachahmungder Griechen als ,Original' zu schaffen: .DereinzigeWegfur uns, groB, ja,wenn esmoglich ist, unnach ahmlich zu werden, istdieNachahmungder Alten."! Rombildetfur diesesUnterfangen nicht nurVorbildundVorlage,esstelltzugleichdiehistorische undtopographische Mitte zwischen der griechischenAntikeundder sachsischenGegenwartdar - inder Goethege geniiber dem Modell seinesVorlauferslediglichWeimar gegenDresden eingetauscht hat. Hatte Wmckelmann noch stolz verkundet: "und Dresden wird nunmehr Athen fur die JohannJoachimWmckelmann, GedankeniiberdieNachahmungdergriechischen WerkeinderMalerei undBildhauerkunst(1755),Stuttgart1982,S.4und14. 10 SigridWeigel Kiinstler", so wird Goethe, von der romischen Reise zuriickgekehrt, nicht nur Weimar zum deutschen Kunst- und Museumszentrum auszubauen suchen, sondem diesen Ort auch als Eingangshalle in die Kunst des Altertums bezeichnen und inszenieren, was er symbolisch im Titel der 1798gegriindeten Kunstzeitschrift .Propylaen" zum Ausdruck bringt. Doch zunachst muf er, urn sich alsNachfahre Wmckelmanns zu positionieren, ihm buchstablichnachfahren.IndiesemUntemehmenverkehrtsichdasVerhaltnisvonFremde undKunstgegeniiberder WmckelmannschenSchrift,diedieFremde alsMetapherfur die Kunst eingefuhrt harte: dank der InitiativendessachsischenHofes - Wmckelmann nennt August den Starken - seien "die Kiinste, als einefremde Kolonie, in Sachsen eingefuhrt worden'VWahrenddurch dieWmckelmannscheMetapher, mit der der DresdnerKunst sammlungdieBedeutungeiner,geistigen'Athen-Reisevor Ortzugeschrieben wird,derin BesitzgenommenengriechischenAntikenoch Spuren ihrerfremden (orientalischen)Her kunftanhaften, bedeutetder Aufbruch seinesNachfolgers GoetheindieFremdedasleib haftigeBetreten der fremden Kolonie. Diesewird von GoethealsNarurlandschaftder an tiken Kunst verstanden, die er bereisen muii, urn sich darin zu bilden und hemach eine vollkommenereAntikeinSachsenheimischmachen zu konnen, Aufden Spuren desVor gangersfolgter den Spuren der antiken Kultur: Vor ein und dreilligJahren, in derselbenJahreszeit kam er,ein noch armerer Narr als ich, hierher, ihmwar esauch so deutsch Emst urn das Griindliche und Sichreder Al tertiimerund derKunst.Wiebrayundgutarbeitete ersichdurch! Undwasistmirnun aber auch dasAndenkendiesesMannesaufdiesem Platze! (Rom, 13.Dezemberj' Das AndenkendesVorlauferserscheint hierinFormder EinnahmeseinesPlatzes,alseine leibhaftigeNachahmung vor art also. Es ist die Stadt Rom, in der Goethes Ortsterrnin Antike stattfindetund diedarnitauch dieStatteder ersehntenWiedergeburtdarstellt:"Die Wiedergeburt, die mich von innen heraus umarbeitet, wirkt immer fort." Der Satz, der dieserFeststellungvorausgeht,.Llnddoch istdasallesmehrMiiheund SorgealsGenuB"4, spricht von den Anstrengungenund der Bemuhtheit, diedem ganzen Untemehmen von Anbeginndeutlich anhaften. Dabei sind dieseAnstrengungennicht alleindurch dierecht bald sicheinstellendeEin sichtgepragt, wieschwierigesist,sich,ausdem gegenwartigenItaliendieKunst der Alten herauszuklauben', und durch die Miihe, sich die Gegenwart, so gut es geht, aufDistanz bzw. vom Leibe zu halten. Der GenuB ist auch dadurch getriibt, daBGoethe der sehn suchtsvollgesuchten AntikeinItalienbereitsin derFormvon konservierten,archivierten, oft beschrifteten Uberresten begegnet. In ihnen ist die Arbeit der Zeit an den Dingen weitgehend stillgestellt, urn letztere als Monumente und Dokumente der vergangenen Kultur zu bewahren. Die Sammlungmit griechischen und romischen Grabsteinen und -reliefsbeispielsweise,dieGoetheam 16.September1786imAtriumdesMaffei-Theaters 2 Ebd.,S.3(Hervorhebungen- S.W.). 3 JohannWolfgang Goethe, ltalienische Reise, hrsg. vonChristophMichel und Hans-GeorgDewitz, Frankfurta.M.1993,2Bde,Teil1,S.159. 4 Ebd.,S.160.

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