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Weißbecker Manfred - Adolf Hitler PDF

1006 Pages·2016·6.4 MB·German
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Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker Adolf Hitler Eine politische Biographie Directmedia Publishing GmbH • Berlin 2007 ISBN: 978-3-89853-307-2 Manni 2008 Kapitel 1 Braunau – Linz – Wien 1889 bis 1913 Es ist kaum etwas mehr als ein halbes Jahrhundert her, als die Kinder in deutschen Schulen wissen mußten, wo auf einer Landkarte die österreichische Kleinstadt Brau- nau zu finden war. Denn: Dort wurde der »Führer« gebo- ren. Wenig später und dann für Generationen hatten Schüler die Bezeichnung von Orten zu lernen, die auf ganz andere Weise mit dem Leben des Mannes verbun- den waren, der aus der Kleinstadt kam, wo der Fluß Inn die Grenze zwischen den Monarchien der Habsburger und der Hohenzollern bildete. Die Namen, die nun zu behalten waren, lauteten Coventry und Stalingrad, Bu- chenwald und Auschwitz, Ardennen und Seelower Hö- hen. Die Rede ist von Klara Hitlers am 20. April 1889 ge- borenem Sohn, den sie und ihr Ehemann Alois einige Tage später auf den Namen Adolf katholisch taufen lie- ßen. Sie hofften sehr, daß der Neugeborene das Kindesal- ter überleben werde, da die drei Erstgeborenen der Fami- lie früh gestorben waren. Adolf indessen gedieh und wuchs mit zwei Halbgeschwistern auf. Diese, eine Schwester und ein Bruder, entstammten der zweiten Ehe des Alois Hitler, der sich im österreichischen Zolldienst bis zur Stufe eines Oberoffizials emporgedient hatte und mit staatlichen Medaillen dekoriert worden war. 2 Hitlers Vorfahren1 lebten im nördlichen Teil Nieder- österreichs, dem Waldviertel, das sich zwischen der Do- nau und der böhmisch-mährischen Grenze erstreckt. In seinen vorwiegend ländlichen, von den Hauptverkehrs- wegen weit entlegenen Landstrichen ging es meist ärm- lich zu. Adolfs Vater war, nachdem er seiner Schulpflicht genügt hatte, nach Wien gegangen. Dort erlernte er das Handwerk eines Schuhmachers, übte es jedoch nach Abschluß der Lehrzeit nicht mehr aus. Er strebte den sozialen Aufstieg an und fand einen Weg dafür. Daß ihm das gelang, zeugt von Ausdauer, Fleiß, Energie und Zielstrebigkleit eines Mannes, der sich als treuer und schließlich wohlangesehener Diener der Monarchie über Jahrzehnte bewährte. Diese Eigenschaften wünschte er auch seinem Sohn Adolf anzuerziehen. Der Zollbeamte Hitler trug übrigens bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr den Nachnamen Schicklgruber; so hieß seine Mutter, die ihn unehelich zur Welt gebracht hatte. Wer der Vater war, läßt sich nicht sicher sagen. So blieb Raum für Spekulationen: Die Vaterschaft wurde unter anderem einem Juden zugeschrieben. Hohe Wahr- scheinlichkeit besitzt aber einzig die Version, die einen der beiden Brüder Hitler als Erzeuger des Alois annimmt. Dokumente bezeugen, daß der Überlebende der beiden Anfang 1877 mit einem Aufgebot von drei schreibun- kundigen Zeugen beim Pfarrer der Gemeinde Döllers- heim erschien, seinen toten Bruder als den Kindesvater angab und so Alois, dessen Einverständnis vorlag, ver- spätet zu einem beurkundeten Vater und einer Namens- änderung verhalf. Das Ereignis lag zwanzig Jahre vor Adolfs Geburt. Als der Sohn zu einer Figur politischen Kults geworden war, ist dennoch darüber gewitzelt wor- 3 den, wie sich als »deutscher Gruß« der Ruf »Heil Schicklgruber« ausgenommen und angehört hätte. Die Tätigkeit des Alois Hitler brachte es mit sich, daß die Familie in den neunziger Jahren mehrmals ihren Wohnsitz wechselte. Sie lebte 1895, als der Sohn einge- schult wurde, in Hafeld, einer kleinen Gemeinde bei Lambach an der Traun. Dort hatte sich der im gleichen Jahre wegen seiner angegriffenen Gesundheit frühzeitig und ehrenhaft aus dem Staatsdienst ausgeschiedene Vater zunächst niedergelassen. Er gab jedoch alsbald den Ver- such auf, ein kleines Gut zu bewirtschaften, und verzog mit der Familie in das Städtchen Lambach. Hier lernte sein Sohn weiter gut, wie dessen Zeugnisse auswiesen. Zudem nahm man ihn aufgrund seiner angenehmen Stimme in den Sängerchor des dortigen Stiftes auf, eine Tatsache, die allen zu glauben schwerfallen dürfte, die später den Agitator je reden hörten. Schon 1899 aber zog der Pensionär mit seiner Familie abermals weiter. Er kaufte ein Haus in Leonding, einer Ortschaft im Weichbild von Linz, wo er mit seiner Fami- lie lebte, die sich inzwischen durch eine Tochter, Adolfs sechs Jahre jüngere Schwester Paula, vergrößert hatte. Hier absolvierte der Sohn die vierte Klasse der Volks- schule und ging danach zur Realschule in Linz über. Mit diesem Schritt verband sich für den Vater die Absicht, den Sohn in seine eigenen Bahnen zu lenken und ihm durch eine bessere schulische Ausbildung, als er sie selbst erhalten hatte, einen Zugang zur höheren Beamten- laufbahn zu eröffnen. Später schilderte Adolf Hitler diesen väterlichen Plan als die Ursache seines ersten Lebenskonflikts.2 Manches deutet darauf hin, daß zwischen Sohn und Vater in des- sen letzten Lebensjahren weitere, über die Wahl des 4 Berufsweges hinausgehende Meinungsverschiedenheiten bestanden. Sie nahmen jedoch keine dramatischen For- men an, obwohl der kaisertreue Staatsdiener nicht ver- hindern konnte, daß sich sein Filius der großdeutschen Schwärmerei hingab. Daß Hitler, wie er rückblickend versicherte, diesen Vater verehrt, ja geliebt hat, will man ihm nicht recht glauben. Der Mann, der an Jahren sein Großvater hätte sein können, besaß ein herrisches Wesen. Seine Lebens- grundsätze waren patriarchalisch und autoritär. Was in der Familie zu geschehen, was zu unterbleiben hatte, bestimmte selbstredend allein er. Alois, der Halbbruder Adolfs, floh das Vaterhaus bereits als Vierzehnjähriger. Unschwer läßt sich vorstellen, daß dieser Vater den spä- ter in Wien herumlungernden Sohn mit keinem Groschen unterstützt hätte. Doch wurde ihr Verhältnis auf diese Probe nicht gestellt, weil der kränkelnde Pensionär im Jahre 1903 während eines Wirtshausbesuches starb. Er hinterließ dem Sohn ein Erbteil, das dieser, sobald er mit Genehmigung des ihm bestellten Vormundes darauf einen Zugriff hatte, in einer Weise vertat, die den Absich- ten des Verstorbenen geradezu entgegengesetzt waren. In einer Hinsicht stimmten indessen Vater und Sohn überein: Wie jener in jungen Jahren vom Grunde der Gesellschaft nach oben gestrebt hatte, so auch dieser – freilich mit zwei erheblichen Abweichungen vom väterli- chen Wege. Adolf hatte nicht die Absicht, zunächst einen praktisch-handwerklichen Beruf zu erlernen. Jedwede Tätigkeit, die ihn ähnlich der des Vaters zu einem regel- mäßigen Tages- und Arbeitsrhythmus gezwungen hätte, schien ihm – nach eigenem späterem Geständnis – nicht erstrebenswert. Dem Verlangen des Vaters, ihn zu einem Staatsbeamten zu machen, setzte der Sohn den Plan ent- 5 gegen, sich zum Kunstmaler auszubilden. Daß es dazu mehr brauchen würde als ein bloßes Zeichentalent, das ihm Schulzeugnisse wiederholt bescheinigten, hat sich der Knabe jedoch nicht klarzumachen vermocht. Während der Volksschuljahre konnte Hitler den offen- bar bescheidenen Anforderungen dank einer raschen Auffassungsgabe ohne irgendwelche Anstrengungen leicht genügen. Doch änderte sich die Situation sofort, als er in die Realschule eintrat. Er scheiterte bereits in der ersten Klasse, die er wiederholen mußte. Von Jahr zu Jahr war er gezwungen, um seine Versetzung zu bangen, erreichte sie zweimal auch nur, nachdem er sich einer Wiederholungsprüfung unterzogen hatte. Für diesen unrühmlichen Gang seiner Schulausbildung gab Hitler später drei Ursachen an: Er verwies erstens auf die gerin- ge Fähigkeit seiner Lehrer, das Interesse ihrer Schüler für den jeweiligen Stoff zu wecken; zweitens gestand er ein, daß seine Aufmerksamkeit für die Mehrzahl der Unter- richtsfächer besonders schwer zu erregen gewesen sei, weil er deren Angebot für einen künftigen Kunstmaler für absolut überflüssig hielt; drittens aber erklärte er den eigenen Lernunwillen samt dessen Folgen als gewollt, da sein schlechtes Fortkommen in der Schule doch als Ar- gument gegen die Pläne dienen konnte, die der Vater mit ihm hegte. Vom Wahrheitsgehalt dieser Darstellung, die Hitler niederschrieb, als er bereits ein Mann in der Mitte der Dreißiger war, mag man halten, was immer man will. Die letzte der Begründungen büßte ihre Stichhaltigkeit mit dem Tode des Vaters ohnehin ein. Nach dem Tode des Vaters besuchte Hitler die Real- schule noch mehr als zwei Jahre, wechselte allerdings die Anstalt. Das Schuljahr 1905/1906 absolvierte er in Steyr. 6 Es sollte sein letztes sein. Irgendein Reifeschub wurde in seinem Verhalten nach der frühen Witwenschaft der Mutter nicht erkennbar. Das bezeugte sein abschließen- des Schulzeugnis,3 in dem ihm Leistungen zwischen »befriedigend« und »genügend« attestiert wurden, wobei die schwächere der beiden Noten überwog. In Fächern, die ohne permanenten Fleiß nicht zu bewältigen waren, hatte der Schulabgänger durchweg nur mit genügenden Ergebnissen abgeschnitten, wobei berücksichtigt werden muß, daß sich in Abgangszeugnissen schon damals oft die Erleichterung von Lehrern ausdrückte, einen Lern- unwilligen los zu sein, so daß sie zu wohlwollenden Beurteilungen neigten. In Geometrie und im geometri- schen Zeichnen konnte dem vorzeitigen Schulabgänger erst nach einer Wiederholungsprüfung das Prädikat »ge- nügend« zugestanden werden. Auch in keinem naturwis- senschaftlichen Fach war er darüber hinausgelangt. Sein Lehrer für die deutsche Sprache, der ihm für den ersten Abschnitt des Schuljahres noch »nicht genügend« be- scheinigen mußte, stufte dieses Urteil nun einen Rang nach oben. Die Ausbildung in Stenographie, die mit dem gleichen negativen Ergebnis verlaufen war, schien Hitler inzwischen aufgegeben zu haben. Befriedigend nannten seine Lehrer die Leistungen des Absolventen in der Reli- gionslehre, im Gesang und sein »sittliches Betragen«. Das Lob »vorzüglich« hatte er hingegen im Freihand- zeichnen und im Turnen erreicht. Wenn sich Hitler fragte, was er, der inzwischen Sech- zehnjährige, mit einem derartigen Zeugnis wohl anfangen konnte, dann mochte in einer Zeit, da sich turnerische Fähigkeiten für eine Karriere außerhalb von Zirkus, Va- rieté und Armee kaum verwerten ließen, die Antwort naheliegen. Er konnte versuchen, etwas aus seinem Zei- 7 chentalent zu machen. Ob ihm die Erleuchtung, »Kunst- maler« sei der ihm bestimmte Lebensweg4, bereits im Alter von zwölf Jahren gekommen war, wie der Autobio- graph Jahrzehnte später behauptete, mag dahingestellt sein. Möglich ist auch, daß das Resümee der zehnjähri- gen Schulzeit entscheidend war. Mit Sicherheit läßt sich dagegen feststellen, daß der Jüngling die Schule verließ, weil er nicht länger systematisch lernen wollte, wohl auch, weil ihm das Sitzenbleiben wieder drohte. Jeden- falls gibt es keinen Beleg, der dafür spräche, daß Hitler die Schule wegen der sozialen Lage der Familie hätte beenden und zum Unterhalt von Mutter und Schwester beitragen müssen. Dreieinhalb Jahrzehnte später, als die Soldaten der Wehrmacht vor Moskau und Leningrad froren und erfro- ren, hat der inzwischen zum Feldherrn Aufgestiegene in abendlicher Runde in seinem Hauptquartier immer wie- der über seine Schulzeit schwadroniert. Wie schon im 1924 niedergeschriebenen Text legte er Wert darauf, den Zuhörern vor allem sein frühes Interesse an einem Fach zu beteuern, der Geschichte. In seinen »Lieblingsfä- chern«, der Geographie und »mehr noch der Weltge- schichte«, habe er die weitaus besten Leistungen erzielt. Da sei er der Klasse »vorgeschossen«, und schon damals habe er die Weltgeschichte »ihrem Sinn nach verstehen und begreifen« gelernt.5 Den Lehrern in Steyr müssen die Früchte dieser Geschichtsstudien entgangen sein. Sie bewerteten Hitlers Leistungen in Geographie und Ge- schichte, für die seinerzeit eine gemeinsame Note erteilt wurde, im ersten der beiden Semester, die zu den letzten ihres Schülers werden sollten, noch mit »genügend« und konnten sich bei der endgültigen Verabschiedung auch nur zu einem »befriedigend« aufraffen. 8 In der Öffentlichkeit hat sich Hitler in späterer Zeit mit Äußerungen über seine Schulzeit zurückgehalten. Sein Leben schien, von dunklen Erwähnungen einer Tätigkeit »auf dem Bau« abgesehen, erst als Frontsoldat des Ersten Weltkriegs begonnen zu haben. So verfuhr er wohl mit Rücksicht darauf, daß er auch um die Stimmen der Leh- rer warb und deren Einfluß seiner Partei nutzbar zu ma- chen trachtete. Intern aber sprach er nur abfällig über die »Professoren«, die ihn um die Jahrhundertwende unter- richtet hatten. Er charakterisierte sie als dumm, tölpelhaft und völlig ungeeignet, sich auf die Gedanken- und Ge- fühlswelt von Kindern und Jugendlichen einzustellen. Lehrer dieses Typs waren gewiß in allen Ländern anzu- treffen, insbesondere seit die allgemeinbildende Schule existierte und ein Massenaufgebot von Unterrichtenden verlangte. Für Hitler blieb aber der Maßstab kennzeich- nend, nach dem er Lehrer beurteilte. Sie sollten Führer- naturen entwickeln und sich entwickeln lassen. Ihre Auf- gabe sah er vollends als erfüllt an, wenn sie an der Spitze ihrer Klassen in Kriege zögen. Von den generalisierenden Anklagen nahm Hitler einzig einen seiner Geschichtslehrer aus. Ihn rühmte er nicht wegen herausragenden Wissens, sondern aufgrund der Fähigkeit, in seinen Schülern Emotionen zu wecken, die bis zum Tränenausbruch geführt hätten. Diesem Manne sagte Hitler auch einen nachhaltigen Einfluß auf seine erste politische Orientierung nach. Zwar verriet er nicht, welche Tagesprobleme ihn und seine Mitschüler »damals in Atem hielten«6, wohl aber berichtete er, daß jener Lehrer ihn zu einem großdeutschen Nationalisten erzogen habe, der »heiße Liebe« für seine »deutsch- österreichische Heimat« empfand und zugleich »tiefen Haß gegen den österreichischen Staat«.7 Nach Hitler 9 waren die Habsburger und die ihnen hörigen Politiker dafür verantwortlich, daß Österreich nicht zu dem von Bismarck geschaffenen großen deutschen Reich gehörte, welches er bewunderte. In dessen Geschichte allein, namentlich im Kriege von 1870/1871, fand er Erbauli- ches, Ruhm und Glanz.8 Demgegenüber sei ihm die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie wie ein verwesender Leichnam vorgekommen. Man mag im Zweifel sein, ob dieses Urteil wirklich das des heranwachsenden Knaben war oder sich erst in späteren Jahren bildete. Doch kann man diesem Selbst- zeugnis wohl glaubhaft entnehmen, daß Hitler frühzeitig zu den Kritikern der mürben Großmacht gehörte. Seine Abneigung erregte freilich nicht, daß sie für viele, vor- wiegend slawische Völker ein Gefängnis war, sondern vielmehr das angebliche Versagen der Regierungen bei der Verfechtung der deutsch- österreichischen Interessen. Wien erschien Hitler schon aus der Ferne als eine »undeutsche Stadt«. Diese Ansicht stützte er auf die Tatsache, daß im Zentrum der Monarchie die Deutsch- sprechenden nicht unter sich waren. In den Mauern der Hauptstadt lebten und arbeiteten auch Angehörige ande- rer Nationen, obgleich sie einen vergleichsweise geringen Prozentsatz der Einwohnerschaft bildeten. In ganz Nie- derösterreich, wozu damals Wien gehörte, machten im Jahre 1900 die Tschechen etwas mehr als viereinhalb Prozent der Bewohner aus, Bruchteile nur entfielen auf Polen, Ruthenen, Slowenen, Kroaten und Italiener. 95 Prozent der Einwohnerschaft verstanden sich als Deut- sche. Eine Überfremdung oder gar die Gefährdung des Deutsch-Österreichertums waren mithin reine Phantasie- produkte. Sie geisterten jedoch im Kopfe des jungen 10

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