Markus Philipp Zehnder Wegmetaphorik im Alten Testament Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von Otto Kaiser Band 268 Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999 Markus Philipp Zehnder Wegmetaphorik im Alten Testament Eine semantische Untersuchung der alttestamentlichen und altorientalischen Weg-Lexeme mit besonderer Berücksichtigung ihrer metaphorischen Verwendung Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999 © Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme [Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft / Beihefte] Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft. — Berlin ; New York : de Gruyter Früher Schriftenreihe Reihe Beihefte zu: Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Bd. 268.. Zehnder, Markus Philipp: Wegmetaphorik im Alten Testa- ment. - 1999 Zehnder, Markus Philipp: Wegmetaphorik im Alten Testament: eine semantlsche Untersuchung der alttestamentlichen und altorientalischen Weg-Lexeme mit beson- derer Berücksichtigung ihrer metaphorischen Verwendung / Markus Philipp Zehnder. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft; Bd. 268) Zugl.: Basel, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-11-016300-4 © Copyright 1998 by Walter de Gruyter GmbH & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikro- verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin Vorwort Das Thema der vorliegenden Untersuchung verdankt sich einem Hinweis von Prof. E. Jenni auf die folgende Bemerkung K. Kochs in seinem Artikel über "γπ" im ThWAT: "Die vielschichtige Rede von menschlichem oder göttlichem Weg und Wandel, die in weisheitlichen, prophetischen und apokalyptischen Büchern für religiöse Anschauungen eine zentrale Stellung bekommt, ist noch nicht aufgearbeitet. Weder ist die nach Epochen und Lebensberei- chen wechselnde Begrifflichkeit ausgesondert, noch ist das seman- tische Wortfeld erfasst worden".1 Es ist das Ziel der vorliegenden Untersuchung, einen Beitrag zur semantischen Erschliessung des im Alten Testament2 häufig anzutreffenden Wortfeldes "Weg" zu leisten und damit die von K. Koch eingeforderte Arbeit in Angriff zu nehmen. Freilich ist bereits an dieser Stelle einzuräumen, dass auch in der vorliegenden Untersuchung nicht alle Aspekte berücksichtigt sind, die sich mit dem Wortfeld "Weg" verbinden. Insbesondere die folgenden Fragenkomplexe bedürfen einer weiteren, über die bisherigen Veröffentlichungen hinausgehenden systematischen Bearbeitung: Wie sieht die Verwendung der Weg-Lexeme im nachbiblischen Judentum, im Neuen Testament und im frühen Christentum einerseits und in der antiken griechischen Philoso- phie andererseits aus? Wie unterscheidet sich die Verwendungs- weise der Weg-Lexeme in diesen Bereichen von derjenigen des Alten Testaments? Und weiter: Welche semantischen Unter- schiede bestehen zwischen Bewegungsmetaphern mit und solchen ohne Weg-Lexemen? Um die zuletzt genannte Frage einer Klä- 1 K. Koch, Art. "im" 288. 2 Die Verwendung der Bezeichnung "Altes Testament" (bzw. "alttestament- lich") bedeutet nicht, dass in der gegenwärtigen Diskussion um eine angemes- sene Bezeichnung des Kanons der hebräischen Bibel eine betont "konservative" Position vertreten werden soll, die sich polemisch gegen neuere Bezeichnungen wie "Erstes Testament" oder "Älteres Testament" stellt. An der traditionellen Terminologie wurde aus "pragmatischen" Gründen festgehalten, weil sie wei- terhin die am häufigsten verwendete ist; sie lässt sich auch durch die seman- tische Beobachtung rechtfertigen, dass "alt" keineswegs - wie das bei der Bezeichnung "Altes Testament" leider oft vorgekommen ist - notwendig pejora- tiv verstanden werden muss. VI Vorwort rung näher zu führen, müssten zunächst die Verben der räum- lichen (Fort-)Bewegung - in Analogie zur vorliegenden Untersu- chung über die Weg-Lexeme - umfassend untersucht werden. Während in den genannten Bereichen also noch weitere Arbeit zu leisten ist, um wesentliche Lücken zu einem umfassenden Ver- ständnis der biblischen Wegmetaphorik zu schliessen, soll mit der vorliegenden Untersuchung eine andere Lücke geschlossen wer- den, nämlich diejenige, die in bezug auf den altorientalischen Hintergrund der alttestamentlichen Wegmetaphorik besteht. Aus diesem Grunde sind neben den alttestamentlichen auch die altori- entalischen Weg-Lexeme umfassend in die Untersuchung einbe- zogen worden, was sich für das Verständnis der Verwendung der Weg-Lexeme im Alten Testament als sehr fruchtbar erwiesen hat. Eine Besonderheit der vorliegenden Untersuchung liegt darin, dass der Beschreibung der die Arbeit leitenden Methodik relativ breiter Raum zugemessen ist. Das hängt mit dem Anliegen des Verfassers zusammen, in der wissenschaftlichen Arbeit möglichst wenig von "stillschweigenden Voraussetzungen"3 auszugehen, sondern die den wesentlichen Arbeitsschritten zugrundeliegende Methodik transparent zu machen. Eine weitere Besonderheit der Untersuchung liegt darin, dass bei der Beschreibung der theologi- schen Implikationen der alttestamentlichen Wegmetaphorik dem phänomenologischen bzw. thematischen Aspekt der Vorrang vor der historischen und gattungsmässigen4 Untergliederung einge- räumt wird. Das hängt mit der Gesamtanlage der Arbeit zusam- men, die primär von semantischen Interessen geleitet ist. Dass eine stärker historisch und gattungsmässig ausgerichtete Beschrei- bung der alttestamentlichen Wegmetaphorik keine wichtige und lohnende Arbeit darstellt, ist damit keineswegs gesagt; aber eine solche Beschreibung ist von der phänomenologisch bzw. thema- tisch orientierten Beschreibung klar abzuheben und von ihren Resultaten abhängig. Somit bleibt eine historisch und gattungs- mässig ausgerichtete Untersuchung einem zweiten Durchgang vorbehalten, der erst noch in Angriff zu nehmen ist. Es ist die Hoffnung des Verfassers, dass die am Schluss der Un- tersuchung angefügte tabellarische Übersicht über die Bedeutungs- zuordnung sämtlicher Belege der Weg-Lexeme künftigen Exegeten Oder von nicht mehr hinterfragbaren Hypothesen. "Gattungsmässig" bezieht sich hier auf die "Grossgattungen" (Geschichtsbü- cher, Gebets- und Weisheitsliteratur usw.). Die Unterscheidung nach den ein- zelnen biblischen Büchern bzw. ihren Verfassern kann unter dem Terminus "hi- storisch" subsumiert werden. Vorwort VII bei ihrer Auslegung von Texten, in denen Weg-Lexeme auftau- chen, von besonderem Nutzen sein möge.5 Zum Schluss bleibt der Dank an diejenigen, die zum Zustande- kommen der vorliegenden Arbeit unmittelbar beigetragen haben: Meinem Doktorvater Prof. E. Jenni danke ich für die wertvollen Anregungen, Hinweise und Hilfestellungen und für die geduldige Begleitung seines Doktoranden; Prof. K. Seybold danke ich für die Übernahme des Korreferates und für die freundliche Ermutigung während der Entstehung der Dissertation; Prof. H.-P. Mathys danke ich für die Übernahme des Drittgutachtens und für sein Engage- ment bei der Besprechung zahlreicher Einzelheiten der Arbeit im Hinblick auf die Drucklegung - ein Engagement, das weit über das hinausgeht, was man sonst von einem "Drittgutachter" erwarten darf; Dr. H. Jenni danke ich für ihre Hinweise zur ägyptischen Literatur und Sprache im allgemeinen und für die Hilfe bei der Bestimmung der ägyptischen Weg-Lexeme im besonderen; VDM D. Labhard danke ich für alle Hilfestellungen im Zusammenhang mit der "Computer-technischen" Seite der Arbeit; Pfr. Dr. B. Weber danke ich für die Durchsicht und kritische Kommentierung des Manuskripts. Weiter möchte ich Prof. O. Kaiser für die Bereitschaft, die vorlie- gende Arbeit in die Reihe der "Beihefte zur Zeitschrift für die altte- stamentliche Wissenschaft" aufzunehmen, herzlich danken, eben- so den Mitarbeitern des De-Gruyter-Verlages, die mit der Publika- tion meiner Arbeit unmittelbar betraut waren, namentlich A. Aurich und K. Otterburig. Für die Gewährung eines Überbrückungsstipendiums aus den Mitteln des Mary-Elizabeth Preiswerk-Dixon-Fonds nach dem Ab- lauf meiner Beschäftigung als Assistent an der Theologischen Fa- kultät der Universität Basel danke ich Dr. C.J.C. Albrecht. Schliesslich wären zahlreiche Namen von Angehörigen und Freunden, die meinen Weg während der Entstehung der Disserta- tion in der einen oder anderen Weise begleitet haben, zu nennen. Da es nicht möglich ist, alle zu nennen, beschränke ich mich auf zwei: Marianne Piatti-Stricker und Lukas Weinhold-Haag; ihnen soll dieses Buch gewidmet sein. Riehen bei Basel, im Juni 1998 Ebenso wäre es im Sinne des Verfassers, wenn das in diesen Tabellen ge- sammelte Material Anstösse gäbe zu weiteren Einsichten in bezug auf den Zusammenhang zwischen Syntax und Semantik. Inhaltsverzeichnis Vorwort V I. Ziel und Methodik der Untersuchung 1. Ziel 1 2. Grundsätzliche Erwägungen zur semantischen Untersuchung von Wörtern 2 2.1. Die Bedeutung von "Bedeutung" 2 2.2. Textsprache und Metasprache 4 2.3. Korpus und Diachronie 5 2.4. Probleme des Textes 8 2.5. Besonderheiten der semantischen Interpretation von Texten 9 2.6. Quantitative Bestimmung des zu untersuchenden Materials 10 2.7. Paradigmatische Relationen 11 2.8. Syntagmatische Relationen 15 2.9. Weitere Kontextbeziehungen 17 2.10. Das Verhältnis von paradigmatischen und syntagmatischen Relationen 19 2.11. Komparative Philologie 21 2.12. Bedeutungskomponenten 23 2.13. Kernbedeutung und Bedeutungswandel 25 2.14. Ambiguität, Polysemie, Homonymie 29 2.15. Satz-und Textsemantik 31 2.16. Lexikon und Kultur 33 2.17. Probleme der semantischen Klassifizierung 35 X Inhaltsverzeichnis 3. Zur Definition und semantischen Relevanz der Metapher 36 3.1. Vorbemerkung 36 3.2. Zur Charakterisierung der Tropen im allgemeinen 36 3.3. Die tropologische Einordnung der Metapher 37 3.4. Die Semantik der Metapher - Ausgewählte Theorien 38 3.4.1. Emotive Theorie und intuitionistische Theorie 38 3.4.2. Vergleichstheorie 39 3.4.3. Substitutionstheorie 39 3.4.4. Konnotationstheorien 40 3.4.5. Interaktionstheorien 41 3.4.6. Bewertung der Hauptmodelle 45 3.5. Grundzüge der Semantik der Metapher 47 3.5.1. Die Stellung der Metapher im Sprachsystem 47 3.5.2. Unterscheidbarkeit der Metaphern von wörtlicher Rede 47 3.5.3. Die semantische Ebene der Metapher 48 3.5.4. Der metaphorische Prozess: Interaktion und Übertragung ("Metapherdefinition") 49 3.5.5. Das Erkennen einer Metapher; die Widerspruchs-Theorie 52 3.5.6. Die Frage der Referenz des metaphorisch verwendeten Ausdrucks 54 3.5.7. Voraussetzungen und Grundlagen der Metaphorik 57 3.5.8. Metapher und Vergleich 58 3.5.9. Die Bedeutung von Metaphern 60 3.5.10. Funktion und Leistimg der Metapher 64 3.5.11. Kühnheit der Metapher; tote Metaphern 68 3.5.12. Auflösbarkeit der Metapher 70 3.5.13. Allegorie 71 3.6. Abgrenzungen ...75 3.6.1. Metonymie und Synekdoche 75 3.6.2. (Linguistische) Analogie 77 3.6.3. Gleichnis 77 3.7. Besonderheiten der Metaphorik im Alten Testament 78 4. Besonderheiten der Untersuchung der alttestamentlichen Weg-Lexeme 82 4.1. Zur Auswahl der Lexeme 82 4.2. Die Klassifizierung der Bedeutungsgruppen 83