Wasser - der bedrohte Lebensstoff Ein Element in der Krise Berichte, Analysen, Argumente Die Taschenbuchreihe Fakten wird herausgegeben von Dieter Beste und Marion Kälke SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH Die Deutsche Bibliothek - CIP Einheitsaufnahme Wasser- der bedrohte Lebensstoff: ein Element in der Krise ; Berichte, Analysen, Argumente I [Konzeption: Dieter Beste und Marion Kälke (Hrsg.)]. - Düsseldorf: VDI Ver!., 1996 (Ia schenbuchreihe Fakten) ISBN 978-3-540-62741-8 ISBN 978-3-662-00869-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-00869-0 NE: Beste, Dieter [Hrsg.] © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996 Ursprünglich. erschienen bei VDI Verlag GmbH, Düsseldorf 1996 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen fotomechanischen Wiedergabe (Fotokopie, Mikrokopie), der elektronischen Datenspeicherung (Wiedergabesysteme jeder Art) und das der Übersetzung vorbehalten. Konzeption: Dieter Beste und Marion Kälke (Hrsg.), Mediakonzept, Düsseldorf Redaktion: Dr. Norbert Poßberg, Mediakonzept, Düsseldorf Gestaltung: Monika Anzinger, MediaCompany, Bonn Satz: Michael Adrian, MediaCompany, Bonn Fotos Umschlag: MediaCompany (2), F. Krügler, M. Lauff I IKSR ISBN 978-3-540-62741-8 Vorwort Wasser ist der Lebensstoff. Aber: Nur auf etwa 40 Prozent der kontinen talen Erdoberfläche regnet es in ausreichendem Maße, um Landwirtschaft ohne künstliche Bewässerung betreiben zu können, schreiben Frank Wendland und Ralf Kunkel. In vielen Ländern der Erde übersteige bereits heute der Wasserverbrauch der Menschen das erneuerbare Wasservolu men - in Saudi-Arabien um mehr als das Doppelte. Langfristig ist also ein sparsamer, an die örtlichen Gegebenheiten angepaßter Umgang mit der überlebenswichtigen Ressource Wasser un vermeidbar. Was ist zu tun? Zuallererst muß mit der überlieferten Vorstellung, Wasser sei "ubi quitär", also ein überall, zu jeder Zeit und in jeder Menge vorhandenes Gut, radikal gebrochen werden. Wasser ist nicht nur in der Wüste, sondern auch in Deutschland kostbar. Als Grundwasser bedarf es des besonderen Schutzes, denn Grundwasser ist hierzulande die wichtigste Quelle für die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. Leider ist die Qualität des Grundwassers - vor allem in den oberflä chennahen Grundwasserleitern - mittlerweile in besorgniserregendem Ausmaß gefahrdet, berichtet Rolf Meyer. Ursachen sind Altlasten im Boden, Industrieanlagen, undichte Kanalisation und vor allem die inten sive Landwirtschaft. Dürfen wir alles tun, was wir (technisch) können? Diese Frage stellt sich zum Beispiel im Braunkohlentagebau - übrigens ganz unabhängig von der Frage, wie sehr die Verfeuerung dieser fossilen Energieressource dem Klima schadet. Die Lausitz in Ostdeutschland hat den Ruf, die am stärksten vom Menschen veränderte Landschaft Mitteleuropas zu sein. Ihre Gewässer- und Wasserhaushaltsstrukturen wurden so tiefgreifend verändert, daß nun, da der Abbau aus wirtschaftlichen Gründen zurück geht, eine paradox anmutende Situation entsteht: "Wenn der Bergbau geht, fangen die eigentlichen Wasserprobleme erst an", resümiert Uwe Grünewald. Hellmut Trumpff von der Rheinbraun AG und Dirk Jansen 3 vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) liefern sich in dieser Frage ein heftiges Pro und Kontra. Ihr Thema ist der geplante Braunkohlentagebau "Garzweiler II" in Nordrhein-Westfalen. Der vorliegende Band der Taschenbuchreihe "Fakten" beleuchtet das Thema "Wasser" aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Autoren aus Wirtschaft und Wissenschaft, Politik und Kultur geben auf der Grundlage solider Informationen eine Übersicht und diskutieren Handlungsperspek tiven. Die Beiträge dieses Buches zeigen auch auf, daß wir inzwischen gelernt haben. So war es etwa ein Fehler, die vielen kleinen Flußläufe zu begradigen. Dem erwarteten - lokalen - Nutzen standen unerwartete Hochwasserschäden andernorts gegenüber. Jan Schilling beschreibt am Beispiel der Hunte, was nun bei einem Rückbau alles zu beachten ist. Bernd Martin führt vor, wie auch die Industrie heute einen sorgsamen Umgang mit Wasser befördern kann, zeigt, daß es möglich ist, die in einer Lackiererei benötigten Wassermengen weitgehend im Kreislauf zu führen. Tom Koenigs stellt das "Frankfurter Modell" vor. In der Main Metropole beginnt die Wasserwende mit einem Programm zur rationellen Wassernutzung. Erste erfolgreiche Schritte auf dem Weg zum Sustainable Development in der Wasserwirtschaft. Düsseldorf, im August 1996 Dieter Beste und Marion Kälke 4 lnhalt 1 Lebensstoff Wasser Monika Weiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2 Das Wasser der Erde Frank Wendland und Ralf Kunkel ... 13 3 Der Niederschlag - ein "schwieriges Kapitel"? Rainer Roth ... 33 4 Grundwasser bedarf des besonderen Schutzes RolfMeyer ............. . ... 41 5 Grundwasserprobleme in der Lausitz Uwe Grünewald . . . . . . . . . . ........ 53 6 Garzweiter li und die Folgen (I) Wasserwirtschaftliche Maßnahmen der Rheinbraun AG zur Schonung von Wasserhaushalt und Feuchtgebieten Hellmut Trumpff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1 Garzweiter II und die Folgen (II) BUND: Der Wasserhaushalt wird für Jahrtausende geschädigt Dirk Jansen . 77 8 Hydrotherapie- Wasser in der Medizin Jürgen Kleinschmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 7 9 Mineralwasser - eine Spezialität der Natur Wolfgang Stubbe . . . . . . . . . . . . ..... 95 10 Die öffentliche Trinkwasserversorgung in Deutschland Michaela Schmitz . . . . . . . . .... 103 5 11 Lachs 2000 - die Entwicklung der Gewässergüte des Rheins Anne Schulte-Wülwer-Leidig • . . . . .. 113 12 Hydrodynamische Numerik und wasserbauliche Modellversuche Christian Forkel und Christian Jokiel . . . . . . . .. 123 13 Renaturierung von Flußläufen am Beispiel der Hunte in Niedersachsen Jan Schilling . . . . . . . . . . . .... 135 14 Hochwasser - Segen und Fluch RalfMull ........ . 147 15 Zum Thema Abwasser >< Ulrich Oehmichen . . ............. 159 16 Wasser und Recht Michael Reinhardt . 165 17 Abwasserreduzierung in der Automobilindustrie "- Bernd Martin . . . . . . . . . 175 18 Frankfurt - die Wasserwende Tom Koenigs . . . . . . . . . . 179 Die Autorinnen und Autoren 191 6 Lebensstoff Wasser Von Monika Weiner lm Wasser liegt der Ursprung des Lebens; am Wasser siedelten die ersten Menschen; Wasser wurde zum Motor der Entwicklung. Wasser kann aber auch zum Verhängnis werden; Hochwasser und Springfluten können Leben zerstören. Der Mensch versucht, die Kraft des Wassers zu nutzen und zu zähmen, durch Bewässerungssysteme, Stau dämme und Kraftwerke. Wasser ist lebenswichtig und Wasser ist knapp - zumindest gutes Trinkwasser. Wasserressourcen zu nutzen und zu erhalten ist eine der heraus ragenden Aufgaben der Zukunft. W ie wichtig Wasser ist, wußten die Leben und Wachstum. Gleichzeitig war das Menschen, lange bevor Naturwis Wasser aber auch eine Gefahr: Hochwasser senschaftler herausgefunden hat fluten bedrohten das Leben in den Tälern, ten, daß Wasser aus Sauerstoff- und Was- anhaltende Dürre ließ die Flüsse austrock serstoffatomen besteht, daß es bei Null Grad nen, Pflanzen verdorren, Tier und Mensch Celsius gefriert und bei vier Grad über Null verdursten. "Das Prinzip aller Dinge ist seine höchste Dichte hat, daß die Körper Wasser", schrieb vor 2600 Jahren der Philo substanz der meisten Lebewesen zu 60 bis soph Thales von Milet, "aus Wasser ist alles, 70 Prozent aus Wasser besteht. und ins Wasser kehrt alles zurück." Die Geschichte der Menschheit ist ver Wasser als Mythos bunden mit dem Element Wasser. Am Was ser lagen die ersten Siedlungen der Zahlreiche Mythen der verschiedensten Kul Menschheitsgeschichte. Mit dem Wasser aus turen zeugen von der zentralen Bedeutung Euphrat, Tigris und Indus beispielsweise des Wassers. Wasser ist ein Symbol für et wurden die ersten Äcker bewässert, wurden was Lebenspendendes und zugleich Bedroh die ersten Viehherden getränkt. Alle frühen liches. Bei den Ägyptern war es Osiris, der Hochkulturen lagen an Flüssen. Die Flüsse wohltätige Gott des Nils, dessen Widersa waren der Tropf, an dem die Zivilisation cher Seth, der Repräsentant der Dürre und über Jahrtausende hing. Wasser bedeutete Unfruchtbarkeit, war. Am ägyptischen Neu- 7 tbensstoffWaswr I1 jahrstag, der 20. Juli, wurde im Zyklus von aus dem dritten Jahrtausend vor Christus. Osiris Tod und Wiedergeburt das Nilhoch Die Dämme wurden quer zur Nilströmung wasser begrüßt. errichtet - offenbar um das Tal in große Im Aztekenmythos Altmexikos bildet Becken abzuteilen, in denen der fruchtbare je eine sintflutartige Katastrophe den Ab Nilschlamm bei Hochwasser aufgefangen schluß einer Sonnenära. Das Versinken der wurde. Durch die Anlage von Dämmen und alten Existenzform schafft Raum für neues Staumauern lösten die Ägypter ein weiteres Leben. In der christlich-jüdischen Tradition fundamentales Problem. Sie bekamen nun ist es die Sintflut, die den Beginn einer neu einen Wasservorrat für Dürrezeiten. Bereits en Epoche bedeutet. Die Menschheit ertrank 2000 vor Christus ließen ägyptische Könige bis auf die Überlebenden der Arche Noah. einen Seitenarm des Nils bis zum Fayum Im Hinduismus spielt das Wasser im becken, einer Wüstensenke, verlängern. ewigen Kreislauf irdischer Wiedergeburten Diesen künstlichen Fluß gibt es noch heute, eine entscheidende Rolle. Ein reinigendes er heißt Josephskanal. König Amenemhet III Bad im heiligen Fluß Ganges verspricht Er ließ am Eingang dieser Oase einen großen lösung; es gilt als Privileg, wenn der Leich Staudamm bauen. Mit dem aufgestauten nam dem Fluß übergeben wird, meistens Nilwasser konnte eine Dauerbewässerung wird die Asche der Toten in den Ganges eingeführt und damit die Wüste fruchtbar gestreut. Der Fluß ist Beginn und Ende des gemacht werden. Lebens. Die Feldbewässerung führte bereits damals zu Innovationen im Maschinenbau. Wasser als Motor der Technik Um Felder am Rande der Wüste zu bewäs Über Jahrtausende war der Mensch der Ge sern, mußte Wasser häufig ein Stück weit walt des Wassers ausgeliefert. Mit Technik ,.bergauf' fließen. Die Ägypter verwendeten lernte er, die Kraft des Wassers zu zügeln. dazu das ,.Schaduf', einen Hebel, an dem Schon früh begann man, mit Wasserleitun auf einer Seite ein Eimer und auf der ande gen, Zisternen, Abwasserkanälen, Brunnen ren Seite ein Gewicht befestigt war. Der Nil und Staudämmen dem Wasser seine Bedro war für die Ägypter außerdem das Trans hung zu nehmen und es in eine nutzbare portmedium Nummer Eins. Ägypten war Ressource zu verwandeln. Wasser wurde da eine Kultur ohne Rad und Wagen, alles mit zur Triebfeder technischer Entwicklung. wurde auf Schiffen transportiert. Selbst die Bereits die Ägypter hatten ausgetüf riesigen Gesteinsblöcke für den Pyramiden telte Bewässerungssysteme für ihre Felder. bau wurden auf Kähnen über den Nil heran Archäologen fanden Reste von Dämmen geschafft. Die Nutzung des Nilwassers war 8 also eine starke Antriebskraft im ägypti schen Staat. Manche Archäologen sehen darin gar den Grund für das Zusammen schließen verschiedener Sippen und damit die Bildung des ägyptischen Staatssystems schlechthin. Um 700 nach Christus bauten die Araber in Ägypten die ersten Wasserräder, die von der Strömung angetrieben wurden. Töpfe, die am äußersten Radkranz befestigt waren, schaufelten Wasser nach oben und Modell einer Pfahlbauhütte am Bodensee aus entleerten sich - am obersten Punkt des vorgeschichtlicher Zeit Foto: D~tsches Mus~m Rads angekommen - in einen Bewässe rungsgraben. Die Voraussetzung für eine hundert Höhenmeter konnten auf diese automatische Bewässerung war geschaffen. Weise überwunden werden. In Pergarnon sind noch heute die steinernen Fassungen Antike Wasserversorgung der Leitungen erhalten. Die Entwicklung In der Antike entwickelten die Römer eine von Wasserleitungen war damit der Schlüs Wasserversorgung für ihre Städte. Bereits sel für die Erschließung neuer Lebensräume. 312 vor Christus wurde Rom mit einer Was serleitung versorgt - einem Aquädukt von Wasser heute 16 Kilometern Länge. Das Wasser in den Mittlerweile ist Wasser für die meisten Men Leitungen mußte damals - der Schwerkraft schen in den industrialisierten Ländern zu folgend - bergab fließen. Täler konnten nur einer Selbstverständlichkeit geworden. Die mit hohen Brückenbauten überwunden wer moderne Technik vermittelt den Eindruck den. Um Christi Geburt wurde Rom bereits von Sicherheit und Überfluß. Die elementare von 14 Aquädukten versorgt; das Leitungs Macht des Wassers, einstmals Bedrohung, system hatte damals bereits eine Länge von scheint gebrochen zu sein; Staudämme 90 Kilometern. schützen vor Überschwemmungen, Stau Die Griechen entwickelten die ersten seen sichern die Wasserversorgung in Trok Druckleitungen, in denen Wasser durch kenperioden. Rohre hangaufwärts gepreßt werden konn In der Wüste sind Städte entstanden, ten. Mit Druckleitungen wurden hochgele in Trockengebieten wurden Felder angelegt. gene Städte Kleinasiens versorgt; mehr als Die Ballungsgebiete werden über lange 9
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