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Was geschah mit Inga Andersson PDF

369 Pages·2016·0.95 MB·German
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Björn Larsson Was geschah mit Inga Andersson? scanned 01-10_2007/V1.0 Die Soziologin Inga Andersson möchte auf einer französischen Konferenz über den US-Geheimdienst NSA referieren, der über riesige Abhöranlagen verfügt. Unterstützung erhält Inga dabei von dem Schriftsteller Anders Ingesson, der von ihr fasziniert ist. In Frankreich beginnt Inga jedoch eine Affäre mit dem amerikanischen Professor Frank Clifford, dem sie vertraut, obwohl er sich etwas zu sehr für ihren NSA-Vortrag interessiert. Als Ingesson eine Entdeckung über die NSA macht, versucht er, Inga vor Clifford zu warnen. Doch die Warnung kommt zu spät … ISBN: 978-3-442-46145-5 Original: Den sanna berättelsen om Inga Andersson (2002) Aus dem Schwedischen von Lotta Rüegger und Holger Wolandt Verlag: Wilhelm Goldmann Erscheinungsjahr: 1. Auflage 2006 Umschlaggestaltung: Design Team München Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!! Buch Die Soziologin Inga Andersson hat sich auf die Bekämpfung geheimer Organisationen spezialisiert. Als sie nur knapp einem Anschlag entgeht, zieht sie sich in einen kleinen Fischerort an der dänischen Küste zurück, wo sie inkognito lebt. Dennoch nimmt sie die Einladung zu einer Konferenz in Frankreich an. Unterstützung erhält Inga von dem Schriftsteller Anders Ingesson, der von der intelligenten Frau fasziniert ist. Für die Tagung bereitet Inga einen Vortrag über die amerikanische Geheimorganisation NSA vor, die in der Lage ist, mit ihrem »Echelon«-System jeden überall und zu jedem Zeitpunkt abzuhören. In Frankreich trifft Inga den amerikanischen Professor Frank Clifford, der auch an der Konferenz teilnimmt. Clifford überredet Inga, ihren Vortrag nicht zu halten, sondern ihn stattdessen später in einer amerikanischen Zeitschrift zu veröffentlichen. Obwohl Inga das Gefühl hat, dass Clifford etwas zu sehr an ihrem NSA-Artikel interessiert ist, lässt sie sich auf eine Affäre mit dem geheimnisvollen Mann ein. In der Zwischenzeit hat Anders Ingesson in Menwith, England, riesige Abhöranlagen entdeckt, deren Existenz Inga bisher nur vermute- te. Ingesson reist nach Frankreich, um Inga vor Clifford zu warnen. Doch Inga hört nicht auf ihn – bis sie Cliffords Papiere entdeckt und auf ein dunkles Geheimnis stößt. Autor Björn Larsson wurde 1953 geboren. Als leidenschaftlicher Segler verbringt er die Sommer auf seinem Boot, den Rest des Jahres lehrt er französische Literatur an der Universität von Lund. Weil wir hochsensible Informationen verarbeiten, werden häufig Mutmaßungen über uns angestellt. In den Medien erscheinen dann fantastische Artikel, die vollkommen aus der Luft gegrif- fen sind. Es ist jedoch wichtig, Fakten von Fiktion zu unterscheiden. (National Security Agency, USA, www.nsa.gov:8080/) Ich traf Inga Andersson zweimal, zuerst zum Jahresende 2000 und danach knapp zwei Monate später. Außerdem telefonierte ich kurz mit ihr vor und nach unserer ersten Begegnung. Insgesamt verbrachte ich etwa ein Dutzend Stunden in ihrer Nähe. Ich wünschte, ich hätte ihr Geheimnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt geahnt. Doch das konnte ich nicht. Ich wünschte, ich hätte eher begriffen, welche Risiken sie eingegan- gen und welcher Bedrohung sie ausgesetzt gewesen ist. Auch das konnte ich nicht. Damit sie mir nicht vollständig entglitt, unternahm ich einen vergeblichen Versuch, ihr Leben zu erzählen: anhand der wenigen Fakten, die ich aufzuspüren vermochte, sowie anhand dessen, was ich in der kurzen Zeit, die ich mit ihr verbracht hatte, selbst gesehen und gehört hatte. Vieles war fehlerhaft, obwohl ich mich bemühte, nur das niederzuschreiben, was ich sicher wusste. Aber die Wahrheiten, die mir zur Verfügung standen, waren armselig und leblos. Die Geschichte von Inga Andersson, die ich später schreiben musste, trägt noch immer deutliche Spuren eines Romans, der von einem Menschen wie Inga Andersson, aber nicht von der wirklichen Inga Andersson handeln sollte. Ich entschied mich schließlich doch, dem endgültigen Dokument die Form eines Romans zu geben, weil es jetzt am wichtigsten ist, zu zeigen, dass Inga Andersson ein lebender Mensch und nicht nur wahr ist. Kaum jemand wird bestreiten, dass ein gelungener Roman eine gelungene Biografie übertrifft, wenn es darum geht, den erzählten Personen Leben zu verleihen, gleichgültig, ob diese nun wirklich sind oder nicht. Damit will nicht gesagt sein, dass ausgerechnet mir dies gelungen sein soll oder dass es unkompli- zierter wäre, die Formen der Literatur zu verwenden, um die Wirklichkeit zu beschreiben. Es passiert leicht, dass die Wahr- heit auf dem Altar des Lebens geopfert wird. Außerdem gibt es, zumindest in der literarischen Ästhetik von heute, eine Regel, die besagt, dass man in seinen Romanen nicht selbst vorkommt, 5 sofern man keinen Skandal heraufbeschwören will. Dass ich trotzdem in der Geschichte von Inga Andersson auftrete, liegt daran, dass ich ihr Leben stellenweise entscheidend beeinflusst habe. Wer jedoch die Wahrheit über mich zu erfahren hofft, wird enttäuscht. Inga Anderssons Leben ist von Bedeutung und muss erzählt werden, nicht das meine. 6 1 I nga Andersson schloss die Tür und hielt vor ihrem mehrere hundert Jahre alten Haus inne, das nur einen Steinwurf vom Hafen entfernt im Fischerdorf Gilleleje an der Nordspitze von Seeland stand. Fern und trotzdem deutlich hörte sie das dumpfe Tosen der Brandung und das Klappern abertausender rund gewaschener Kiesel. Um Inga herum strömte der Regen die Dächer und Regenrinnen hinab. Das Geäst des großen Baumes gegenüber knarrte. Das Ladenschild des Töpfers schaukelte an seiner rostigen Aufhängung hin und her und quietschte wie immer bei einer steifen Brise aus West und Nordwest. Es war wie an jedem Sonntagabend gegen Ende des Winters in Gillele- je: öde und ungemütlich. Nach einer Weile ging Inga die wenigen Schritte zum Havne- vej hinauf. Sie blickte sich um, ehe sie sich in die Lichtkegel der Straßenlaternen wagte, aber es war kein Mensch zu sehen. Sie überquerte den Havnevej und setzte ihren Weg geradeaus fort. Das Restaurant Karen og Mari hatte wegen mangelnder Kund- schaft bereits geschlossen. Das Schaufenster des Glasbläsers wirkte mit seinen angestrahlten Vasen in grellen Sommerfarben wie aus einer anderen Welt. Im Hafen lagen die Fischkutter von Gilleleje und rissen an ihrer Vertäuung. In einem brannte Licht. Als Inga näher kam, sah sie, dass es ein schwedisches Schiff war, vermutlich ein Fischer von der anderen Seite des Öresunds, der seinen Fang am Morgen angelandet hatte und vom Unwetter überrascht worden war. Inga schob sich an der windgeschützten Wand der Filetfabrik entlang. Das Tosen der Brecher schluckte alle Geräusche. Selbst die kreischenden Fischmöwen von Gilleleje, die sonst zu tausenden auf den Dächern der Häuser saßen und auf den Kais herumstolzierten, waren verschwunden. Vielleicht waren sie 7 hinter den östlichen Pier auf der anderen Seite des Hafens geflüchtet. Inga zog den Reißverschluss ihrer Regenjacke zu und rückte die Kapuze zurecht, bis sie dicht schloss. Der Wind riss sie mit, sobald sie die Filetfabrik hinter sich gelassen hatte. Sie wandte das Gesicht ab, damit kein Sand in ihre Augen flog, rannte über den Wendeplatz und stellte sich unter das Vordach, wo der Pier begann. Hier konnte sie einen Augenblick verschnaufen, obwohl es so stark windete, dass der Regen mehr von der Seite als von oben peitschte. Immer wieder verschwanden Teile des halbmondförmigen Piers unter den Wassermassen. Die Pierenden waren mit weißem Schaum bedeckt, der sich mit der Regelmäßigkeit eines Metronoms im Schein der Leuchtfeuer zu beiden Seiten der Hafeneinfahrt rot und grün verfärbte. Inga krümmte den Oberkörper und ging weiter. Wenn sie hörte, dass sich eine besonders große Welle näherte, duckte sie sich hinter den meterhohen Holzzaun, der vor der See und dem Wind Schutz bieten sollte. An vielen Stellen hatte er große Löcher, und weiter draußen war er ganz zusammengefallen. Vor langer Zeit hatte sie sich einmal verschätzt, war von einer riesigen Welle erfasst und ins Hafenbecken gespült worden. Einen kurzen Augenblick, vielleicht ein paar Sekunden lang, hatte sie nichts unternommen. Dann war die Angst gekommen, nicht vor dem Tod an sich, sondern davor, in Ungewissheit zu sterben. Mit wenigen Schwimmzügen war es ihr gelungen, dem Wellenbrecher im inneren Hafenbecken, an dem sie sonst zerschmettert worden wäre, zu entkommen und sich auf einen Felsblock zu retten. Dieses Mal stürmte es jedoch nicht so sehr, wie sie geglaubt hatte, oder das Unwetter hatte noch nicht lange genug gedauert, dass die Wellen ihre maximale Höhe ausschöpften. Jedenfalls konnte sie ohne große Mühe das Ende des Piers erreichen. Hier kniete sie sich hin und hielt sich mit einer Hand am Eisengestell des Leuchtfeuers der Hafeneinfahrt fest. 8 Eine Welle nach der anderen spülte über sie hinweg. Manch- mal mit der Kraft eines Hammers, gelegentlich nur als Gischt. Sie schmeckte das Salz, es brannte in ihren Augen, Wasser tropfte in den Halsausschnitt, und die Kälte drang durch ihre Regenkleidung. Schließlich richtete sie sich auf. Sofort musste sie sich mit aller Kraft festhalten. Sie wartete, bis es einigen Brechern fast gelungen wäre, ihren Griff zu lockern. Dann schloss sie die Augen und schrie in die Dunkelheit hinaus. Sie schrie einmal, ein zweites und schließlich ein letztes Mal. Dann verharrte sie vollkommen reglos und klammerte sich an die rostigen Eisenträger. War selbst ein Echo zu viel verlangt? Doch in ihr blieb es still. Sie hatte nicht vergessen, aber ihre Erinnerung war verstummt. Um leben zu können, war sie gezwungen gewesen, sie zum Schweigen zu bringen. Inga schrie, um der Erinnerung ihre Stimme zurückzugeben, solange sie sich auf dem Pierende festklammern konnte. Aber niemand antwortete. Seit mehreren Jahren schon antwortete niemand mehr. Als sie sich umdrehte, um zurückzugehen, waren die Schreie schon längst vom Wind fortgeweht, in den Wassermassen begraben und von der Dunkelheit verschluckt worden. 9 2 A uf dem Rückweg blieb Inga mehrmals stehen. Sie duckte sich hinter den Holzzaun und lauschte. Aber die Stille in ihr war ebenso betäubend wie der Lärm um sie herum. Unter dem Vordach überprüfte sie noch mal, ob sie ihre Notizbücher wirklich dabeihatte. Sie steckten wie immer ordentlich in eine Plastiktüte verpackt in der Innentasche. Sie hatte gerufen. Niemand hatte geantwortet. Im Kanalkroen würden Henning und Morten jeder vor einem Pils sitzen und auf sie warten. Genau wie immer. Sie ging langsam den Kai entlang und starrte in das schwarze Wasser. Bisweilen fuhr eine kräftige Bö in das Hafenbecken. Sofort kräuselte sich das Wasser zu einer Welle, die auf die Dünung stieß, die vom äußeren Hafen heranrollte. Bei Adamsons Fischgeschäft bog Inga rechts ab. Am anderen Ufer des kleinen Flusses schlugen die Persenningen der Boote, die in Winterverwahrung lagen. Hier hatte der Wind wieder freie Bahn, und Inga musste sich vorbeugen, um vorwärts zu kommen. Sie blieb stehen, als sie den Kanalkroen erreichte. Durchs Fenster sah sie, dass er an diesem Abend nicht gut besucht war. Aber Henning und Morten waren da. Sie warteten auf ihre Rückkehr, um ihr den Rest des Abends Gesellschaft zu leisten. Genau wie immer. Und trotzdem stimmte irgendetwas nicht. Sie setzte sich mit dem Rücken zum Kanalkroen und mit Blick auf den Fluss auf das Geländer. Ihr fiel auf, dass er Hochwasser führte. Laut neuester Berechnungen würde wegen der globalen Erwärmung der Wasserstand in den nächsten hundert Jahren um zwei Meter ansteigen. Dann würden die alten Häuser in Gilleleje direkt am Wasser stehen und bei jeder steifen Brise über- schwemmt werden. Ihr eigenes Fischerhaus, das seit Mitte des 10

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