Medizinische Informatik und Statistik Herausgeber: S. Koller, P. L. Reichertz und K. Oberla 34 --------------------------------- Clemens E. M. Dietrich Peter Walleitner Warteschlangen-Theorie und Gesundheitswesen Einfuhrende Betrachtungen fur den Praktiker Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1982 Relhenherausgeber S. Koller P. L. Reichertz K Uberla Mltherausgeber J. Anderson G. Goos F. Gremy H.-J. Jesdinsky H.-J. Lange B. Schneider G. SegmOller G. Wagner Autoren Clemens E. M. Dietrich Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH EinsteinstraBe 20, 8012 Ottobrunn Peter WaHeitner Universidad del Valle Departamento de Informaci6n y Sistemas Cali - Kolumbien ISBN-13:978-3-540-11207-5 e-ISBN-13:978-3-642-81754-0 001: 10.1007/978-3-642-81754-0 This work is subject to copyright. All rights are reserved, whether the whole or part of the material is concerned, specifically those of translation, reprinting, re-use of illustrations, broadcasting, reproduction by photocopying machine or similar means, and storage in data banks. Further, storage or utilization of the described programms on date processing installations is forbidden without the written permission of the author. Under § 54 of the German Copyright Law where copies are made for other than private use, a fee Is payable to "Verwertungsgesellschaft Wort", Munich. II:> by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1982 2145/3140-543210 o. VORWORT Dieses Buch entstand in der Absicht, Gefallen am Planen und Ent scheiden mit Hilfe von Warteschlangenmodellen zu wecken. Anschau lichkeit und Anwendungsnahe des dargebotenen Stoffes sollen diese Absicht unterstutzen. Die ausgewahlten Beispiele sind vorwiegend dem Bereich "Krankenhaus- und Gesundheitswesen" entnommen, da sich das Buch vor allem an Personen wenden will, die betraut sind mit der Planung, Erstellung, Leitung und Verwaltung von Einrichtungen des Gesundheitswesens oder sich auf derartige Aufgaben vorbereiten. Der Inhalt des Buches ist in sieben Kapitel unterteilt. Nach einer Darstellung des alltaglichen Charakters der Warteschlangenprobleme und deren unterschiedlichen Wertung in Kapitel 1, werden in Kapitel 2 Beispiele aus dem Krankenhaus- und dem Gesundheitswesen vorgestellt. Kapitel 3 nimmt diese Beispiele wieder auf und entwickelt an ihnen durch schrittweises Abstrahieren das Warteschlangenmodell; das Ka pitel schlieBt mit einer Typisierung von Wartesystemen. Der in der Praxis wichtigen Frage nach den Grenzen der einfachen Anwendbarkeit des Modellansatzes widmet sich Kapitel 4. Damit ist der hinfuhrende Teil des Buches abgeschlossen. In Kapitel 5 werden Beispiele fur haufig vorkommende Wartesituationen mit realistischen Zahlen be handelt. Auf das Wiedererkennen der modellhaften Zusammenhange in den realen Betriebsablaufen wird dabei besonderer Wert gelegt. Ein eigenes Kapitel 6 ist den Simulationsmethoden bei der Losung von Wartesystemproblemen gewidmet. Interessierte finden hier einige Erlauterungen uber das Vorgehen bei nicht geschlossen losbaren Fragestellungen. Das letzte Kapitel zieht aus den vorausgehenden Kapiteln die SchluBfolgerungen fur das praktische Vorgehen. Es wird ein systematisches Vorgehen fur die Losung von Warteschlangenpro blemen angeboten, welches sich auf die vorausgehenden Kapitel ab stutzt, ohne aber auf theoretische Formeln zuruckzugreifen. Dieser systematische Weg solI gleichzeitig das Zutrauen fur das Anpacken von Problemen im eigenen Arbeitsfeld des Lesers starken. IV Oem Charakter dieses einflihrenden Buches entsprechend haben wir auf Literaturverweise ganzlich verzichtet. Statt des sen sind am Ende drei weiterflihrende Literaturstellen angegeben, die dem interessierten Leser die spezielle Warteschlangentheorie und die aktuelle Anwendungsvielfalt dieser Theorie auf die Praxis im Gesundheitswesen erschlieBen helfen. Dieses Buch muBte nicht nur ausgedacht, sondern auch geschrieben werden. Meinen herzlichen Dank hierflir mochte ich gerne an dieser Stelle Frau W. Schenk aussprechen, die auch alle nachtraglichen Veranderungen geduldig in das Buch einarbeitete. Dezember 1981 C.E.M. DIETRICH P. WALLEITNER IABG Universidad del Valle Ottobrunn Cali - Kolumbien Inhaltsverzeichnis Seite AbkUrzungsverzeichnis O. Vorwort 1. Einleitung 2. Phanomenologische Beschreibung von Wartesystemen anhand 2 einfacher Beispiele aus dem Gesundheitswesen 2.1 Das einfache Wartesystem 2 2.2 Das allgemeine Wartesystem 5 3. Das Warteschlangen-Modell 10 3.1 Abstraktionsschritte 10 3.2 Verteilungsfunktionen fUr Ankunft, Bedienung und 17 Zwischenankunftzeiten 3.3 Warteschlangenlangen, Verweildauern 22 3.4 Das Warteschlangen-Modell innerhalb einer Gruppe von 27 Modellen 4. Anwendbarkeit des Warteschlangenmodells 30 4.1 Einfaches Warteschlangenmodell 30 4.2 Phasen-Modell von Erlang 35 4.3 Naherungsrechnungen 38 4.4 Zusammenfassung von Kapitel 4 40 5. Beispielhafte Anwendung des Warteschlangen-Modells 41 5.1 Wartesysteme mit hoher Auslastung 42 44 5.2 VerfUgbarkeit von Bedienstellen im Bedarfsfall 5.3 Ersatz eines M/M/n -Wartesystems durch ein M/M/1-wartesystem 49 p 5.4 EinfluB ungleichmaBiger Bedienzeiten 53 57 5.5 EinfluB ungleichmaBiger Auslastung 5.6 Sich wiederholende Versorgung 58 5.7 Ansatz als zirkulares Wartesystem 58 6. Simulationsmethoden 64 6.1 Einsatzmoglichkeiten der Simulation bei Warteschlangen 64 problemen 6.2 Simulationsansatze 67 6.3 Simulationsprogramm 71 6.4 Erganzende Bemerkungen 75 VI Seite 7. Hinftihrung zum Losen von Warteschlangenproblemen 79 7. 1 Problemformulierung 79 7.2 Phanomenologische Analyse 81 7.3 Lokaler Losungsversuch 84 7.4 Erweiterter Losungsversuch 86 WeiterfUhrende Literatur 88 Anhang 89 Abktirzungsverzeichnis Ankunftrate Bedienrate Standardabweichung f Verkehrsdichte a, b Hilfsparameter D2(X) Streuung der Variablen X E(AS) mittlere Anzahl der Kunden im Wartesystem E(BS) mittlere Bedienzeit En(AS) mittlere Anzahl der Kunden im System, das n parallele Bedienstellen hat mittlere Lange der Warteschlange im System, das n parallele Bedienstellen hat E(VZ) mittlere Verweilzeit E(WS) mittlere Lange der warteschlange E(WZ) mittlere Wartezeit E(X) Erwartungswert H(X) Haufigkeitsverteilung i, j Laufvariable i! Fakultat CD Wartesystem befindet sich im Zustand j k Phasenzahl bei der Erlang-Verteilung M,D,G,Ek Typen von Zwischenankunftszeiten N Anzahl der Kunden n Anzahl der Bedienstellen n parallele Bedienstellen n serielle Bedienstellen RS relative Streuung der Variablen X t Zeit Zeitintervall Wahrscheinlichkeit fUr WartenmUssen Wahrscheinlichkeit, daB das System sich im Zustand j befindet WIt) Wahrscheinlichkeit von Zeit abhangig x Schatzwert der Variablen X x, Y Statistische Variablen 1. EINLEITUNG Zu jeder Zeit warten Menschen. Das Kind wartet auf Weihnachten. Der Bauer wartet auf den Regen. Der Patient wartet auf das Nachlassen der Schmerzen. Der Doktor wartet auf den Patienten. Die Hausfrau wartet mit dem Essen. Der Bus wartet nicht. Er fahrt weg. Das Warten fuhrt Menschen zusammen und entzwe~t Familien. Warten verursacht Arger und sorgt fur Entspannung. Warten kostet Zeit und gibt Gelegenheit zum Nachdenken. Es warten nicht nur Menschen, es warten auch Tiere und leblose Waren, beliebige Dinge und bloBe Ge danken. Warten erfolgt in zahlreichen Formen und unter vielerlei Gestalt und ist doch immer wieder dasselbe. Was ist also das typische am Warten? Wenn wir diese Frage beant worten wollen, tun wir uns leichter, wenn wir vorher die Sprach ebene wechseln. Die abwechslungsreiche, konkrete Sprache, die der Vielfalt der Erscheinungsformen entspricht, tauschen wir ein gegen eine mehr eintonige, abstrakte Sprache, die besser geeignet ist, die gleichbleibende, aber verborgene Struktur hinter den Erschei nungen zu erfassen. Die uns im Zusammenhang mit Wartevorgangen interessierenden Fragen und Antworten sind im Modell und Sprach schatz der Warteschlangentheorie eingefangen. Das Modell der Warte schlangentheorie bedient sich hierbei des Systemgedankens. Dieser stellt den Wartenden in Beziehung zu seiner raumlichen und zeit lichen Umwelt. Der Wartevorgang wird als ein ablaufender ProzeB begriffen. Betriebsablaufe im kleinen wie im groBen werden als ein vielfaches Hintereinander und Nebeneinander von Harteschlangen und Bedienstellen, von Ankunften und Abfertigungen gesehen. Beginnen wollen wir mit dem phanomenologischen Aufbau einer all gemeinen Warteraumsituation anhand einfacher Beispiele aus dem Gesundheitswesen. 2. PH~NOMENOLOGISCHE BESCHREIBUNG VON WARTESYSTEMEN ANHAND EINFACHER BEISPIELE AUS DEM GESUNDHEITSWESEN Die Grundstruktur eines allgemeinen Wartesystems solI im folgenden aus einer Reihe von Beispielen aus dem Gesundheitswesen abgeleitet werden. Betrachten wir zunachst das "einfache" Wartesystem. 2.1 DAS EINFACHE WARTESYSTEM Es besteht, wie das nachfolgende Schema zeigt, aus e i n e r Warteschlange und e i n e r Bedienstelle. ----- ----- Bedienende @Bediente . Warteschlange Stelle Kunden OO OOQ ~ ----- ~ ----- ~ ~ Bild 2.1: Schema eines einfachen Warte-Systems Die nachfolgenden Beispiele 1 bis 4 stellen Realisierungen von "einfachen" Wartesystemen dar. Beispiel 1: ~rztliche Sprechstunde Ankommende Patienten Behandelnder Behande lte Arzt Patienten ( I Bild 2.2: ~rztliche Sprechstunde