P H E N O M E N O L O G Y & M I N D Herausgegeben von / Edited by Arkadiusz Chrudzimski • Wolfgang Huemer Band 4 / Volume 4 Ralf Busse Wahrnehmung, Indexikalität und Reflexion Hector-Neri Castañedas Ontologie und Wahrnehmungstheorie und die Möglichkeit einer phänomenologischen Reflexion ontos verl ag Frankfurt I Paris I Ebikon I Lancaster I New Brunswick Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliographie; detailed bibliographic data is available in the Internet at http://dnb.ddb.de North and South America by Transaction Books Rutgers University Piscataway, NJ 08854-8042 [email protected] United Kingdom, Ire, Iceland, Turkey, Malta, Portugal by Gazelle Books Services Limited White Cross Mills Hightown LANCASTER, LA1 4XS [email protected] 2005 ontos verlag P.O. Box 15 41, D-63133 Heusenstamm nr Frankfurt www.ontosverlag.com ISBN 3-937202-76-5 2005 No part of this book may be reproduced, stored in retrieval systems or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, microfilming, recording or otherwise without written permission from the Publisher, with the exception of any material supplied specifically for the purpose of being entered and executed on a computer system, for exclusive use of the purchaser of the work Printed on acid-free paper ISO-Norm 970-6 FSC-certified (Forest Stewardship Council) This hardcover binding meets the International Library standard Printed in Germany by buch bücher dd ag Für Moni und Horst Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 EINS Die phänomenologische Reflexion und Loars und Sellars‘ Scheitern an ihrer Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 I. Die reflexive Aufweisbarkeit phänomenaler Züge . . . . . . . . . . . 11 II. Brian Loars Theorie phänomenaler Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . 17 1. Die zentrale Rolle ‚phänomenaler‘ Begriffe bei Loar . . . . . . 17 2. Phänomenale Begriffe als besondere selbst-orientierte Rekognitionsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Wilfrid Sellars: Sinneseindrücke ohne ‚Mythos des Gegeben‘ 30 1. Sellars‘ Versuch: Ablehnung des ‚Mythos des Gegebenen‘, aber positive Funktion für Sinneseindrücke . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Sellars‘ via antiqua: Postulieren von Sinneseindrücken, analogisch-modellbezogene Begriffsbildung und ultimative Homogenität der wahrnehmbaren Eigenschaften . . . . . . . . . . 39 3. Sellars‘ via moderna: Phänomenologie und Rekategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 IV. Konsequenzen aus der Diskussion von Loar und Sellars . . . . . . 73 ZWEI Castañedas Projekt einer phänomenologischen Ontologie . . . . . 81 I. Castañedas Methodologie und das Projekt einer phänomeno- logischen Ontologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Grundzüge von Castañedas Methode und die strikt interna- listische Fassung des phänomenologisch-ontologischen Projekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Gewöhnliche Gegenstände in einer internalistischen Ontologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 II. Grundzüge und Probleme der allgemeinen Theorie der Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Wesentliche Prinzipien der Gestaltungstheorie und Erläuterung ihrer ‚kanonischen Notation‘. . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Probleme: Konflation, Konsoziation und relationale Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 DREI Der erfahrungshafte und ausführungshafte Charakter von Bezugnahmen in der ersten Person Singular . . . . . . . . . . . . 149 I. Castañedas These des erfahrungshaft-präsentational-ausfüh- rungshaften Charakters indexikalischer Bezugnahmen und ihre besondere Problematik hinsichtlich der ersten Person Singular . 149 II. Die begriffliche Falschheit der Beispielaussage (BA) als Datum und das Problem ihrer Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Die begriffliche Falschheit der Beispielaussage (BA) . . . . . . 160 2. Erklärungsversuch mit D. Lewis‘ funktionalistischer Theorie 171 3. Das Verbindungsproblem und seine Lösung durch eine Verbindungsklausel mit Striktheitsanforderungen . . . . . . . . . 178 III. Die Ganzheits- und Organisationsgestalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 VIER Manifest präsentierendes Bewußtsein, abstraktes Denken und Daten über den demonstrativen Inhalt des Wahrnehmens . . 207 I. Manifest präsentierendes Bewußtsein und abstraktes Denken . . 209 1. Der Begriff der manifeste Präsenz eines Inhaltes und zwei Anwendungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Der zeichenhafte und operational-diagrammatische Charakter des abstraktes Denken und die natürliche Sprache als Mittel des Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Bedeutungskonstitutive Dispositionen und die Inhalte des abstrakten Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1. Bedeutungskonstitution durch Gebrauchsdispositionen . . . . . 239 2. Einige Aspekte von Horwichs Theorie und Differenzen zu Castañedas Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 III. Aspekte der phänomenologischen Linguistik der Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Wichtige Aspekte der phänomenologische Linguistik der Wahrnehmung: Zuschreibungs- und Ausdrucksformen von perzeptuellen Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Verwendungen von Demonstrativa zum Ausdruck perzeptueller Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 FÜNF Wahrnehmungsfelder und die Reflexion auf ihre Inhalte . . . . . . 299 I. Wahrnehmungsfelder und ihre räumliche Struktur . . . . . . . . . . . 299 1. Wesentliche Bestimmungen und Probleme von Castañedas Theorie der Wahrnehmungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2. Erste Deutung eines antireduktionistischen Argumentes: Die Vereinbarung von interner Perspektivität und voluminöser Dreidimensionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 3. Zweite Deutung: Die natürliche Räumlichkeit von Feldele- menten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 II. Demonstrativ-perzeptuelle Inhalte, Revision der Gestaltungs- theorie und eine Erklärung der phänomenologischen Reflexion 357 1. Die offizielle Form demonstrativer Gestaltungen und ihre Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 2. Eine revidierte Auffassung perzeptueller Felder und Konsequenzen für Grundbegriffe der Gestaltungstheorie . . . . 375 3. Das bewußte ‚Eindringen‘ in Felder und die Hierarchie propositionaler Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 4. Die Einheit des abstrakten Dies-Denkens und des manifesten Präsentierens eines Gestaltcharakteristikums und die phänomenologische Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Anhang: Die wichtigsten Notationen der Gestaltungstheorie . . . . . . . . . 427 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 7 Einleitung Viele Philosophen sind überzeugt, daß unsere bewußten Erlebnisse durch besondere Charakteristika gekennzeichnet sind – durch Qualia oder, um einen kategorial neutralen Ausdruck zu verwenden, durch phänomenale Züge. Viele halten sie für intrinsische Charakteristika der Erlebnisse, ande- re hingegen für externe Bestimmungen, die aufgrund kontingenter Ver- hältnisse Inhalte der Erlebnisse sind. Im zweiten, externalistischen Lager wird eingeräumt, daß diese Auffassung erhebliche Probleme hat zu erklä- ren, wie wir wissen können, daß wir phänomenale Erlebnisse haben – daß wir keine ‚Zombies‘ sind.1 Die Internalisten sind hier sicherlich im Vorteil. Ihnen zufolge sind phänomenale Züge intrinsische Bestimmungen der je eigenen Erlebnisse selbst. Jeder sollte ihrer daher grundsätzlich habhaft werden können, indem er sich auf seinen eigenen geistigen Zustand be- sinnt. Internalistische Qualia-Freunde nehmen typischerweise diese Fähig- keit in Anspruch, phänomenale Züge in der Einstellung der ersten Person auszumachen. Viele von ihnen ergreifen jedoch zugleich Sicherheitsmaß- nahmen, die es ihnen erlauben zu behaupten, die wahre Natur dieser Phä- nomene lasse sich grundsätzlich in der unpersönlichen Sprache der Natur- wissenschaft erfassen. Aber reicht die bloße Annahme, phänomenale Züge seien intrinsische Bestimmungen von Erlebnissen, bereits aus, um erklären zu können, wie wir in einer phänomenologischen Reflexion von ihnen als ausgezeichneten Charakteristika unseres geistigen Lebens wissen können? Ich werde zunächst im ersten Teil der Arbeit an zwei physikalistisch ge- sonnenen Qualia-Internalisten zeigen, daß es sich keineswegs so einfach verhält: Die ganz unterschiedlichen Konzeptionen B. Loars und W. Sel- lars‘ scheitern beide beim Versuch, das Ausmachen phänomenaler Züge in der Einstellung der ersten Person zu erklären. Dieses zweifache Scheitern läßt den Schluß zu, daß physikalistisch-internalistische Qualia-Freunde das Problem der reflexiven Einsicht in das Auftreten von Qualia erheblich un- terschätzen. Das bedeutet zunächst, daß wir es uns einfach nicht leisten können, die Aufklärung der Möglichkeit eines reflexiven Ausmachens phänomenaler Züge durch physikalistische Vorannahmen zu belasten. All- gemeiner bedeutet es, daß wir diese Aufklärung mit gar keiner objektivisti- 1 Siehe F. Dretske, Zombie.