Ulf Thöle Wahlverhalten älterer Frauen Alter, Geschlecht und Generationszugehörigkeit als Einflussfaktoren politischer Partizipation Wahlverhalten älterer Frauen Alter, Geschlecht und Generationszugehörigkeit als Einflussfaktoren politischer Partizipation Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Dr. rer. pol. im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften an der Universität Kassel Disputation am 8.6.2011 vorgelegt von Ulf Thöle 2 Mein Dank gilt denen die diese Arbeit unterstützt und begleitet haben. Ohne sie wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. allen, die auf unterschiedlichste Weise bei der Durchführung der Inter- views und die Feldphasen unterstützt haben. Dies sind vor allem die Frauen, die durch ihre Bereitschaft zur Teilnahme an Interviews diese Arbeit möglich gemacht haben. Eike Hennig, der nicht nur diese Arbeit betreut hat, sondern auch für die Jahre meiner wissenschaftlichen und beruflichen Entwicklung begleitet, beeinflusst und geprägt hat. Rudolf Speth für die unkomplizierte und kurzfristige Übernahme des zweiten Gutachtens. Sabine Russ und Jens Flemming für die Bereitschaft an der Kommission mitzuwirken. Erwin Lautsch für die freundschaftliche Unterstützung und Förderung. Inge Radde für die gute Zusammenarbeit und die große Hilfe bei Transkription der Interviews. Claudia Oswald-Wintergerst für die Unterstützung bei der Transkription von Interviews in schwierigen Mundarten. Claudia Kunze, Timo Peter, Kathrin Donskoi und Michaela Kirakosian, die als studentische Hilfskräfte auf vielfältige Weise geholfen haben. Ihnen gilt auch stellvertretend für alle Studierenden Dank für Anregungen, Kri- tik und Spaß bei Diskussionen im Kontext. Detlef Sack und Bernd Reef für konstruktive Zusammenarbeit und Dis- kussionen bei gemeinsamen Projekten in der Zeit am Fachbereich. Jörg Dürrschmitt, Andreas Schulz und Renate Pletl für hilfreiche Ratsch- läge. Ulrike Reichhardt und Cyrus Zahiri für die vielen Anregungen und gegen- seitigen Beratungen über einen längeren Zeitraum und Fächergrenzen hinweg. Jens Pfannkuche für Motivation und hilfreiche Gespräche. Moritz Fröhner für souveräne und freundschaftliche Hilfsbereitschaft in allen Computerdingen und darüber hinaus. Alexandra Hertwig, Sonja Kock, Nadine Czarnach, Andre Koch, Lars Hof- mann, Christof Dieterle, Maja Luksch, Rolf Seidenschwanz und Katharina Terörde für die Stunden des Korrekturlesens, die zahlreichen Kommenta- re und sonstigen Hilfen. Verbliebene Fehler sind mein Verschulden. Angelika Wolffrom, Robert und Hiltrud Thöle für die Hilfen diese Arbeit, zwei Berufe, ein Studium und ein Kind zu vereinbaren. Yvonne und Lasse, „We apologize for the inconvenience” Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung: Politische Partizipation älterer Frauen..............................................9 2 Theoretischer Rahmen.....................................................................................12 2.1.1 Colemans Mikro-Makro-Modell als analytisches Ordnungsschema.............................12 2.1.2 Konkurrierende Theorien: Metatheoretische Verortungen und methodologische Positionen...................................................................................................................................................................14 3 Wahlverhalten und Politische Kultur................................................................16 3.1 Modelle des Wahlverhaltens............................................................................................................17 3.1.1 Der mikrosoziologische Ansatz......................................................................................................18 3.1.2 Der sozialpsychologische Ansatz zur Erklärung von Wahlverhalten..........................20 3.1.3 Rational Choice.....................................................................................................................................21 3.1.4 Der makrosoziologische Ansatz....................................................................................................23 3.1.5 Theory of Reasoned Action..............................................................................................................24 3.1.6 Wahlverhalten zwischen sozialstruktureller Determiniertheit und sozial eingebetteter rationaler Entscheidung........................................................................................................26 3.1.7 Einbettung des Wahlverhaltens in Muster politischer Kultur: Grundlegende Verhaltens- und Orientierungsmuster..........................................................................................................28 3.2 Politische Kultur....................................................................................................................................30 3.2.1 Interesse, Kommunikation und Kompetenz als Kern politischer Kultur....................32 3.2.2 Formen politischer Partizipation.................................................................................................34 3.2.3 Politische Sozialisation......................................................................................................................36 4 Alter und Altern...............................................................................................42 4.1 Alterseffekte: Lebensalter, Kohorte und Periode als mögliche Einflussfaktoren.......44 4.2 Theorien von Altern als individueller Prozess..........................................................................45 4.2.1 Gerontologische Perspektiven........................................................................................................45 4.2.2 Perspektive des Disengagement und der Gerotranscendence.........................................46 4.2.3 Perspektive der Aktivität..................................................................................................................49 4.2.4 Perspektive der Kontinuität............................................................................................................50 4.2.5 Gemeinsame Aspekte der klassischen gerontologischen Perspektiven.......................51 4.2.6 Entwicklungspsychologie der Lebensspanne und das Modell der Selektion, Optimierung und Kompensation.....................................................................................................................53 4.3 Theorien von Alter(n) als kollektives Phänomen....................................................................55 4.3.1 Die Kohorte.............................................................................................................................................56 4.3.2 Das Konzept der Generation...........................................................................................................56 4 4.3.3 Altersschichtung...................................................................................................................................58 4.3.4 Lebenslauf................................................................................................................................................60 4.3.5 Lebensverlauf.........................................................................................................................................61 4.3.6 Altern als Makrophänomen: Diskussion....................................................................................62 4.4 Theorien des Alter(n)s und ihre Implikationen für die Analyse politischer Einstellungen und politischer Partizipation............................................................................................64 5 Geschlecht.......................................................................................................70 5.1 Frauen und politische Partizipation..............................................................................................71 5.2 Erklärungsansätze des Gender Gap politischer Partizipation............................................72 5.2.1 Geschlechtsspezifische Barrieren.................................................................................................73 5.2.2 Lebenslagen und Ressourcen..........................................................................................................74 5.2.3 Geschlechtsspezifische politische Sozialisation......................................................................75 5.2.4 Feministische Kritik am Befund des Gender Gap politischer Partizipation..............77 5.2.5 Zusammenhang der Ansätze..........................................................................................................80 6 Zusammenführung der theoretischen Perspektiven: Die Verbindung von politischer Partizipation, Alter(n) und Geschlecht...................................................83 6.1 Dimension Politische Partizipation...............................................................................................83 6.2 Dimension Altern...................................................................................................................................84 6.3 Dimension Geschlecht.........................................................................................................................85 6.4 Politische Partizipation, Alter und Geschlecht: Analytische Perspektiven...................86 7 Verbindende Konzepte und vorliegende Forschungsergebnisse........................90 7.1 Politische Sozialisation und politische Generationen............................................................90 7.2 Politische Generationen in Deutschland......................................................................................96 7.2.1 Theoretische und methodische Zugänge...................................................................................96 7.2.2 Schelskys Skeptische Generation als Generationenbeschreibung.................................97 7.2.3 Schelskys Skeptische Generation als politische Generation.............................................98 7.2.4 Schelskys Beschreibung der Mädchen und jungen Frauen der Skeptischen Generation.................................................................................................................................................................99 7.2.5 Kritik an Schelsky...............................................................................................................................100 7.2.6 Erfahrung und Verarbeitung des Nationalsozialismus als Rahmenbedingungen der politischen Sozialisation...........................................................................................................................102 7.2.7 Politische Sozialisation in der NS-Zeit......................................................................................103 7.2.8 Politische Sozialisation der Mädchen und Frauen in der NS-Zeit...............................104 7.2.9 Auswirkungen des Ende des zweiten Weltkriegs und der NS-Zeit..............................105 5 7.2.10 Das Ende des zweiten Weltkriegs und der NS-Zeit als prägende historische Phase der Situation der Mädchen und jungen Frauen.....................................................................................106 7.2.11 Grenzen der Generationen und angrenzende Generationen.........................................109 7.2.12 Der Einfluss der deutschen Teilung auf die politischen Generationen: Generationszusammenhänge..........................................................................................................................110 7.2.13 Lebenslange Sozialisation und Lebensverläufe in der DDR...........................................112 7.3 Nutzen und Grenzen des Generationenkonzeptes...............................................................114 7.4 Weitere theoretische Aspekte und empirische Befunde zur Gruppe der älteren Frauen..................................................................................................................................................................115 7.4.1 Ressourcenausstattung, Alter und Geschlecht......................................................................115 8 Empirieteil..................................................................................................... 120 8.1 Einleitung...............................................................................................................................................120 8.2 Methodischer Zugang.......................................................................................................................121 8.2.1 Exkurs: Ursprüngliche Planung und Entwicklung des Forschungsdesigns im Forschungsprozess...............................................................................................................................................122 8.2.2 Merkmale der durchgeführten Interviews.............................................................................124 8.2.3 Der Leitfaden und die Interviewdurchführung....................................................................126 8.2.4 Stichprobengewinnung...................................................................................................................130 8.2.5 Feldzugang............................................................................................................................................132 8.2.6 Transkription.......................................................................................................................................134 8.2.7 Zusammenfassung: Datenbasis der empirischen Analyse...............................................135 8.3 Auswertungsmethode......................................................................................................................136 9 Die Befragten: Fallbeschreibungen................................................................. 138 9.1 Kassel 1 Frau Meier...........................................................................................................................138 9.2 Kassel 2 Frau Schulz..........................................................................................................................139 9.3 Kassel 3 Frau Becker.........................................................................................................................140 9.4 Kassel 4 Frau Hoffmann...................................................................................................................140 9.5 Kassel 5 Frau Wagner.......................................................................................................................142 9.6 Kassel 6 Frau Schäfer........................................................................................................................143 9.7 Kassel 7 Frau Schneider...................................................................................................................143 9.8 Brandenburg 1 Frau Müller...........................................................................................................144 9.9 Brandenburg 2 Frau Weber...........................................................................................................145 9.10 Brandenburg 3 Frau Schröder..................................................................................................146 9.11 Erfurt 1 Frau Zimmermann.......................................................................................................147 9.12 Erfurt 2 Frau Bauer.......................................................................................................................148 9.13 Erfurt 3 Frau Klein.........................................................................................................................149 6 9.14 Erfurt 4 Frau Schwarz..................................................................................................................150 9.15 Erfurt 5 Frau Schmidt...................................................................................................................151 9.16 Erfurt 6 Frau Neumann...............................................................................................................152 9.17 Erfurt 7 Frau Wolf..........................................................................................................................153 9.18 Erfurt 8 Frau Fischer....................................................................................................................154 9.19 Nordrhein-Westfalen 1 Frau Krüger......................................................................................154 9.20 Bayernschwaben 1 Frau Richter.............................................................................................155 9.21 Bayernschwaben 2 Frau Koch..................................................................................................156 9.22 Franken 1 Frau Braun..................................................................................................................157 10 Auswertung nach theoretischen Kriterien................................................... 158 10.1 Grundmuster politischer Einstellungen und politischen Verhaltens in der Stichprobe...........................................................................................................................................................158 10.2 Aktuelle Entscheidungsstituationen......................................................................................159 10.2.1 Erste Entscheidung: Wahlteilnahme.........................................................................................161 10.2.2 Zweite Entscheidung: Stimmabgabe.........................................................................................165 10.2.3 Parteien, Kandidaten, Issues und Koalitionen......................................................................167 10.2.4 Wahlteilnahme, Wahlentscheidung und Alter(n)...............................................................169 10.3 Sozialisation.....................................................................................................................................170 10.3.1 Sozialisation im Elternhaus..........................................................................................................172 10.3.2 Geschwister...........................................................................................................................................178 10.3.3 Schule und soziales Umfeld in Kindheit und Jugend..........................................................181 10.3.4 Jugendorganisationen......................................................................................................................182 10.3.5 Ausbildung und Beruf.......................................................................................................................184 10.3.6 Ehe und Partnerschaft.....................................................................................................................188 10.3.7 Kinder und Enkelkinder..................................................................................................................195 10.3.8 Weitere Einflussfaktoren auf die lebenslange politische Sozialisation....................201 10.3.9 Zusammenfassung Sozialisationsinstanzen..........................................................................204 10.4 Kollektive zeitgeschichtliche Erfahrungen der politischen Generation..................206 10.4.1 Generationserfahrung: Nationalsozialismus........................................................................206 10.4.2 Generationserfahrung: Krieg.......................................................................................................211 10.4.3 Generationserfahrung: DDR und Wiedervereinigung......................................................215 10.5 Kollektive Muster der politischen Generation...................................................................220 10.5.1 Politikvermeidung.............................................................................................................................221 10.5.2 Die unpolitische Frau.......................................................................................................................224 11 Zusammenfassung: Typische Muster der politischen Partizipation von älteren Frauen................................................................................................................. 232 7 11.1 Drei empirische Typen.................................................................................................................233 11.1.1 Erklärung der Typen........................................................................................................................236 11.1.2 Die Funktion der (Ehe-)Partner in den drei Typen............................................................236 11.1.3 Effekte der Verwitwung auf die politische Partizipation................................................237 11.1.4 Biographische Brüche in der Jugend.........................................................................................240 11.1.5 Die Rolle der Ressourcen für die Veränderung von politischen Orientierungen..242 11.1.6 Der Anpassung der Ostdeutschen an das westdeutsche politische System.............244 12 Fazit: Diskussion der Ergebnisse und Folgerungen......................... 246 12.1 Zusammenfassung der Ergebnisse.........................................................................................246 12.2 Folgerungen für die Forschung: Methodische Überlegungen.....................................249 12.3 Bedeutung der Ergebnisse für die Wahl- und politische Kulturforschung............251 13 Literatur..................................................................................................... 255 8 1 Einleitung: Politische Partizipation älterer Frauen FRAU BECKER: Die letzten zwei Mal hab ich nicht gewählt, weil ich nicht wusste was ich wählen sollte. (….) Ja Gott, da entscheid ich mich meistens irgendwie kurzfristig. … ich hab eigentlich immer die SPD gewählt. (…) Ja, als mein Mann noch gelebt hat, ja. Da war das ein bisschen anders. Die Männer, die haben sich schon eher mal über Politik unterhalten. Und dann hat man ja auch zugehört, ne. Wenn man dabei war. INTERVIEWER: Und warum haben die Frauen da nicht mitgeredet? FRAU BECKER: Keine Ahnung (lacht). Ich war immer zu wenig informiert um da mitreden zu können. Ich mach das nicht gerne, wenn ich nicht Bescheid weiß, dann red ich auch nicht drüber, ne. (…) Auch nicht, nein. Mein Mann hat sich schon eher informiert über die Politik. Und von dem hab ich mir dann auch immer sagen lassen, was ich wählen soll (lacht). Dieser Auszug stammt aus einem Interview, das vor der Bundestagswahl 2002 geführt wurde. Frau Beckers politische Partizipation entspricht dem Bild von älteren Frauen in der Politikwissenschaft und Öffentlichkeit. Sie ist politisch desinteressiert und hat die meiste Zeit ihres Lebens eine der beiden Volksparteien gewählt. Zu Lebzeiten ihres Mannes waren die politischen Rollen ge- schlechtsspezifisch klar verteilt. Dieses stereotype Bild regt zu einer Reihe von Fragen an. Ist dies tatsächlich das vorherrschende Muster politischer Partizipation in dieser Gruppe? Gibt es andere Formen? Lassen sich Ursachen für dieses Muster ausmachen? Da ältere Frauen überdurchschnitt- lich oft ihre Ehemänner und Partner überleben, lassen sich daraus weitere Fragen ableiten. Woher kommt diese geschlechtsspezifische Rollenverteilung? Was passiert im Fall der Verwitwung? Es lassen sich auch allgemeine Fragen hinsichtlich des Zusammenhangs von politischer Partizipation, Alter und Geschlecht entwickeln. Ändern sich im Alternsprozess politische Orientierungen oder das Ausmaß der Partizipation? Gibt es Veränderungen des Alternsprozess, und wie wirken sich diese aus? Bedingt durch den demographischen Wandel wächst der Anteil der Gruppe der älteren Frauen in der deutschen Wahlbevölkerung in den nächsten Jahren. Allerdings verändert sich diese Gruppe in ihrer Zusammensetzung. Jüngere Geburtskohorten ersetzen ältere. Diese jüngeren Gruppen sind durch andere Sozialisationsziele, Lebensverläufe und historische Ereignisse geprägt. Was sind die 9 Auswirkungen dieser Veränderung? Gibt es spezifische Muster politischer Generationen und blei- ben diese im Alter wirksam? Welchen Stellenwert haben kollektive Erfahrungen im Vergleich zum individuellen Altern? Die Aufmerksamkeit der Politikwissenschaft gegenüber der Gruppe der Älteren im Allgemeinen und der älteren Frauen im Speziellen ist eher gering. Die Diagnose von Wagner und Gehring (1999, 682; Hervorhebungen im Original) kann nach wie vor Geltung beanspruchen: „In der Politikwissen- schaft wird diese Altersgruppe bisher kaum beachtet. Das könnte daran liegen, dass die Betagten als Individuen in absehbarer Zeit aus dem Wahlkörper ausscheiden und ihnen keine bedeutenden gesellschaftlichen Rollen mehr zugestanden werden. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Betag- ten als Altersgruppe ständig im Wachsen begriffen sind und in überschaubarer Zeit sogar einen beträchtlichen Teil der Wahlberechtigten stellen werden.“ Die Aufmerksamkeit gegenüber dieser Gruppe und dem „Grey Vote“ (Goerres 2008) steigt, insbesondere im Vorfeld von Wahlen. Aller- dings sind systematische Zugänge, die Alternsprozesse von Individuen mit kollektiven Mustern verbinden, nach wie vor rar. Das besondere Wechselverhältnis von Alter und Geschlecht, welches sich in Form unterschiedlicher Lebensverläufe und Lebenserwartungen manifestiert, wird dabei oft als ein Randthema behandelt. Diese Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, an dieser Stelle einen Bei- trag zu leisten und die politischen Orientierungen von Frauen, die zwischen 1939 und 1913 gebo- ren wurden, im Vorfeld der Bundestagswahlen 2002 und 2005 zu beleuchten. Die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit – wie wählen und partizipieren ältere Frauen, warum zeigen sie bestimmte Einstellungen und Verhaltensmuster – haben einen Forschungsprozess ange- regt, der sich als schwierig planbar, als von unerwarteten Ereignissen wie der vorzeitigen Neuwahl 2005 nicht verschont und in den Ergebnissen als unkalkulierbar erwiesen hat. Im Forschungspro- zess wurden teilweise weitreichende Veränderungen des Konzeptes vorgenommen. Die nicht im- mer einfachen Entscheidungen über die Frage, welchen Weg diese Bearbeitung einschlagen soll, habe ich versucht, konsequent zu treffen und transparent zu machen. Die Aufgabenstellung dieser Arbeit lässt sich als ein Beitrag zur Theoriebildung charakterisieren. Dies setzt voraus, zunächst relevante Theorien auf ihren Erklärungsgehalt zu prüfen und vorhan- dene Forschungsergebnisse zu sichten. Die aus diesem Wissensbestand abgeleiteten Überlegungen werden dann empirisch auf ihre Tragfähigkeit untersucht. Für diese Arbeit bedeutet dies, dass sich mit sehr unterschiedlichen Disziplinen (Politikwissenschaft, Soziologie, Gerontologie, Psychologie, Geschichtswissenschaft) und ihren Ansätzen, Perspektiven und Terminologien auseinandergesetzt werden muss, die oft zwar erhebliche Schnittmengen aufweisen, aber bisher nur selten miteinan- der in Verbindung gebracht worden sind. Die Darstellung dieses theoretischen Fundus wurde sys- tematisch gestaltet. Die Dimensionen der politischen Kultur und des Wahlverhaltens, Alterns und des Geschlechts werden zunächst getrennt dargestellt. Hierzu wird auf das Colemansche Modell der sozialwissenschaftlichen Erklärung zurückgegriffen. Dieses hat vor allem orientierenden Charakter, um die Vielzahl der Theorien, ihre Erklärungsgehalte und mögliche Schnittmengen herausarbeiten zu können. Die Orientierung an den Grundannahmen von Colemans Modell bedeutet auch, dass 10
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