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Wagnisse der Anpassung im Arbeitsalltag: Ich, Selbst und soziale Handlung in Fallstudien PDF

279 Pages·1995·6.951 MB·German
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Karola Brede Wagnisse der Anpassung im Arbeitsalltag Karola Brede Wagnisse der Anpassung im Arbeitsalltag I ch, Selbst und soziale Handlung in Fa llstudien Mit Beitragen von Rudolf Schweikart und Mechthild Zeul Westdeutscher Verlag Aile Rechte vorbehalten © 1995 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzul:issig und strafbar. Das gilt ins besondere fUr VervieWiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt Gedruckt auf saurefreiem Papier ISBN 978-3-531-12748-4 ISBN 978-3-322-99824-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99824-8 Vorwort Die vorliegende Untersuchung geht auf ein Forschungsprojekt zuriick, das der Frage nach dem Erleben und den Erfahrungen galt, die in betrieblich-abhiin gigen Beschiiftigungsverhaltnissen gemacht werden. Das Projekt wurde von 1985 bis 1987 vom Hamburger Institut fiir Sozialforschung gefOrdert. Koope rationspartner war das Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt a.M. Neben der Autorin waren an diesem Projekt Mechthild Zeul als Psychoanalytikerin und Rudolf Schweikart als Soziologe beteiligt. Beide sind mit eigenen Beitragen aus dem Projektbericht auch an dieser VerOffentlichung beteiligt und haben mit vielen Anregungen zur Fertigstellung des Manuskripts beigetragen. Mechthild Zeul und Rudolf Schweikart danke ich an dieser Stelle ganz herzlich. Ebenso danke ich allen denen, die im Verlauf der Arbeiten im For schungsprojekt und am Buchmanuskript mit Anregungen, Kritik und Ver schriftung, mit Rat und Tat fiirsorglich beteiligt waren. Wahrend des Projekt verlaufs waren dies an erster Stelle unsere Gesprachspartner, ohne deren Be reitwilligkeit zu berichten ein Einblick in ihr Arbeitsleben gar nicht hiitte gewahrt werden konnen. Marialuise v. Schweinichen hat die Textverarbeitung eingefiihrt. Mario Erdheim und Alfred Lorenzer berieten uns lehrreich' als Supervisoren. Im Verlauf der Arbeiten am Buchmanuskript waren es Renate Cogoy, Werner Bohleber, Helga Haase, Edith Kurzweil, Cordelia Stillke, Christian Schneider, Heidemarie Hessberger, Marion Ebert-Saleh, Wilhelm Schumm, Peter Nick, Herbert Bareuther, Alexander Karp, die mir wertvolle Hinweise gaben und meine Arbeit unterstiitzten. Wichtige AnstoBe verdanke ich ebenso Diskussionen am Sigmund-Freud-Institut und am Hamburger Institut fiir Sozialforschung. Zudem habe ich viel Gewinn fiir dieses Buch aus meiner Lehrtatigkeit an der Frankfurter Universitat wahrend der letzten Jahre ziehen konnen. Frankfurt am Main, im Mai 1995 K.B. Meiner Tochter Nora gewidmet. Inhalt 1. Einleitung.................................. 11 1.1 Interdisziplinaritat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 1.2 Ebenen der Argumentation ................... 15 1.3 Abfolge der Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 18 1.4 Inhalt und Chronologie ...................... 21 2. Analytische Sozialpsychologie als Forschungsprogramm .. 23 2.1 Das utraquistische Dilemma . . . . . . . . . . . . . . . . . ., 24 2.2 Psychologie in der historisch-materialistisch ansetzenden Gesellschaftstheorie . . . . . . . . . . . . . . .. 28 2.3 Analytische Sozialforschung .................. 36 2.4 Ein zentrales Feld analytischer Sozialforschung ..... 42 3. Uber den psychischen Aufbau der sozialen Handlung .... 48 3.1 Die Eigenlogik im psychischen Apparat .......... 54 3.2 Psychologische Reflexivitat ................... 62 3.3 Das (psychoanalytische) Ich . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 67 3.4 Das (soziologische) Selbst .................... 75 3.5 Selbst und Ich ............................ 82 4. Methode und Gegenstand ....................... 87 4.1 Zur Vorgeschichte ......................... 88 4.2 Psychoanalytische Wissensgewinnung ............ 95 4.3 Zur psychoanalytischen Textinterpretation (Mechthild Zeul) ........................ " 104 4.4 Erhebung und Interpretation des Materials in soziologischer Perspektive ...... . . . . . . . . . . . .. 107 Exkurs: Methodische Grundlagen der Erzahlanalyse (Rudolf Schweikart) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 108 4.5 Die Interpretationsstrategie .................. 122 4.6 Die Vorgehensweise ....................... 129 9 5. Die Fallstudien 132 5.1 A.B., Betriebselektriker .................... 132 5.2 I.J., Instandhaltungsschlosser ................. 146 5.3 G.H., Produktionsarbeiter ................... 158 5.4 C.D., Leitungsreferent ..................... 175 5.5 E.F., Computertrainer ...................... 191 6. Identitiit, AutoriHit und Geschlecht als Dimensionen der Verallgemeinerung ........................ 203 6.1 Handlungskompetenz und UnbewuBtes .......... 205 6.1.1 Die Fallskizzen 209 6.1.2 IdentiHitsbildung 218 6.2 Macht, AutoriHit und Unterlegenheit 226 6.2.1 Die Fallskizzen ..................... 226 6.2.2 Angestellten-IndividualWit (und eine weitere Fallskizze) ............ 230 6.2.3 Das Erscheinungsbild eines neuen Autoritarismus ...................... 236 6.2.3.1 Verkntipfungen mit der Soziologie .. 241 Exkurs: Rechtsextremismus-Forschung ..... 243 6.2.3.2 Zeitdiagnostisches: Der Provokateur und sein Adressat ............. 248 6.3 Mannlichkeit im Spiegel ihrer Wahrnehmung durch die Interviewerinnen ...................... 251 6.3.1 Die Fallskizzen ..................... 253 6.3.2 Das Mannliche und das Objektive ........ 258 7. AbschlieBende Uberlegungen ................... 263 Literatur ..................................... 269 10 1. Einleitung Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen fiinf Fallstudien. Sie gel ten drei Arbeitem und zwei Angestellten, ihren Arbeitserfahrungen und ihrem Arbeitserleben in industriellen GroBuntemehmen der Metallverarbeitung und der Elektronik. Die Fallstudien unterscheiden sich von anderen vergleich baren, etwa der subjekt-orientierten Betriebssoziologie der achtziger Jahre, durch das Ziel, psychodynamische Vorgange am Verhalten und Handeln bei der Arbeit in einem Betrieb mit Hilfe der Psychoanalyse sichtbar werden zu lassen. Auf diese Weise sind komplexe Darstellungen entstanden, die das iibersteigen, was unserer Beobachtung des Verhaltens und Handelns einer an deren Person in der Regel zuganglich ist, ja, was uns auch iiber uns selbst nicht ohne weiteres zuganglich ist, wenn wir die Motive unseres Handelns ausweisen. Die Psychoanalyse erlaubt, den Zugang zum Verhalten und Han deln einer Person urn psychologische Gesichtspunkte zu erweitem. Der Ein blick in unbewuBte psychodynamische Vorgange, den sie gibt, lliBt erkennbar werden, wie Impulse und Affekte auf das Handeln einer Person einwirken und ibm einen unerwarteten Sinn geben. So ergeben sich Einsichten, die geeignet sind, soziologische Auffassungen yom Handeln des einzelnen in sozialen Si tuationen - von personlichen Handlungsstilen, von Identitatsbildung und von der Selbstbehauptung in sozial vorstrukturierten Handlungsfeldem - zu veran demo Was aber lliBt sich iiber das Verhalten und Handeln von Personen an ihrem Arbeitsplatz aussagen, die in Gesprachen tatsachlich "nur" davon erzlihlen, ausfiihrlich berichten und zunachst einmal auf eine ihnen fremde Person ein gehen miissen, mit der sie sich iiber ihre Arbeit verstandigen und dabei immer auch etwas iiber sich aussagen? Mit den Fallstudien wurde der Versuch unternommen, auf die Arbeitssitua tion, auf Verhalten und Handeln am Arbeitplatz durch Gesprache zu diesem Thema riickzuschlieBen und sich hierfiir der Beobachtungen im Gesprach als einer besonderen Handlungssituation zu bedienen. Insgesamt gewinnt man auf diese Weise Einblicke in die individuelle Unterhaltung kollegialer und hierar chiebedingter Arbeitsbeziehungen; in die personliche Auseinandersetzung mit den Anforderungen technischer Neuerungen und mit MaBnabmen der betrieb lichen Rationalisierung, die in das eigene Leben eingreifen; in den Umgang mit Unwagbarkeiten der Arbeitsplatzsicherheit und der Gefahr, seinen Ar beitsplatz zu verlieren. Im Mittelpunkt der Falldarstellungen steht, wie die fiinf Beschliftigten sich anpassen angesichts der verschiedenen Bedingungen, die ihr 11 Betrieb ihnen setzt, und jener Bedingungen, die ihnen die unbewuBte Kon flikthaftigkeit ihres Erlebens vorgibt. 1.1 Interdisziplinaritiit Bei dem Versuch, Fallstudien herzustellen, die soziologische und psychoana lytische Einsichten in das Verhalten und Erleben einer Person vereinen, stand von Anfang an das Problem im Vordergrund, wie sieh die beiden, disziplinar unterschiedlichen Zugangsweisen von Soziologie und Psychologie zum Indivi duum wiirden vereinbaren lassen. Die philosophische Reflexion auf das Ver haltnis von Soziologie und Psychoanalyse hat eine inzwischen lange und weit gefacherte Tradition. Sie war immer wieder eine Herausforderung bei dem Versuch, unbefriedigenden gesellschaftstheoretischen Vorstellungen die Un teilbarkeit des gesellschaftlichen Lebensprozesses entgegenzuhalten, auch wenn dieser LebensprozeB in objektive Strukturzusammenhange von Gesell schaft und die Lebenswelt von Individuen, die sieh mit den ihnen vorgegebe nen Strukturen und Prozessen einrichteten, auseinandergefahren zu sein schien. Die gesellschaftstheoretischen Erkenntnisse, die sieh der Reflexion auf das Verhaltnis von Soziologie und Psychoanalyse verdanken, sind gewiB anregend. Sie iiben eine Faszination aus, die mit ihrer Entfernung von Erfahrungstatsa chen zuzunehmen scheint. Man denke an Adornos AuBerung: "An der Psy choanalyse ist niehts wahr als ihre Ubertreibungen" (Adorno 1951, S. 56). Sein Verdikt der von ihm vorgefundenen Arbeitsteilung zwischen Soziologie und Psychologie iiberbietet Adorno mit dem Festschreiben ihrer Zwiespaltig keit als solcher, wenn er schreibt: "Die Trennung von Soziologie und Psycho logie ist unrichtig und richtig zugleich. Unrichtig, indem sie den Verzicht auf die Erkenntnis der Totalitat giriert, die noch die Trennung befiehlt; richtig insofern, als sie den real vollzogenen Bruch unversohnlicher registriert als die vorschnelle Vereinigung im Begriff" (Adorno 1955, S. 57). Die Kehrseite der Faszination scheint die Uihmung zu sein, die eine Einsicht wie diese bewirken kann. Gibt es eine Trennung, die "richtig" ist und dennoch der "vorschnellen Vereinigung im Begriff" entgeht? Ich verneine dies. Aber zwischen der "un richtigen" Leugnung der Totalitat und der ebenso unrichtigen, bloBen Vereini gung im Begriff erOffnet sieh ein weites Feld undurchschauter, von der Will kiir disziplinarer Grenzmarkierungen unterbrochener Lebenspraxis, das sieh den auf Segregation angelegten Wissenschaften von Soziologie und Psycholo gie entzieht. Die Trennung von Soziologie und Psychologie und die Verselbstandigung dieser beiden Wissenschaften gegeneinander ist ein Faktum, dem man sich nicht entziehen kann, auch wenn man bestrebt ist, es zu unterlaufen oder hin ter es zuriickzugehen. Ich habe den Weg gewahlt, diese Trennung als arbeits teiliges Verhaltnis anzuerkennen, urn bedeutsame einzelwissenschaftliche Ein- 12 sichten nutzen zu konnen, ohne daraus eine Verpflichtung auf die Sichtweise einer der beiden Wissenschaften abzuleiten. Freilieh ging es mir insgesamt urn Erkenntnisse, die die Psychoanalyse zur Veranderung von theoretischen Vor steIlungen tiber die soziale Handlung in der Soziologie beisteuern kann. Am kommunikativen Handeln der flinf Manner, die Gesprachspartner der Psychoanalytikerin Mechthild Zeul und von mir als Soziologin in psychonaly tischen resp. soziologischen Interviews waren, galt es, methodisch durch Fremdverstehen siehtbar zu machen, wie sieh soziales Handeln und psychi sches Geschehen zueinander verhalten, welche inneren Vorgange das Handeln einer Person wie beeinflussen und wie ihr andere in einer Situation aufgrund dessen gegentibertreten. Durch diese Herangehensweise unterscheidet sich die vorliegende Untersuchung von anderen, mir bekannten Ansatzen, mit denen angestrebt wird, die Trennung von Soziologie bzw. einer anderen Sozial- oder Kulturwissenschaft auf der einen Seite und Psychoanalyse auf der anderen Seite abzubauen. Der Unterschied liegt nieht so sehr in der Ebene der Ziele, die mit der Relativierung oder gar dem Ignorieren disziplinarer Grenzen zwi schen Soziologie und Psychoanalyse erreicht werden soIlen, als in der Ebene der Herangehensweise. Viele Vertreter der analytischen Sozialpsychologie versuchen, der Verselb standigung von Soziologie und Psychoanalyse gegeneinander dadurch zu ent gehen, daB sie die Perspektive des Forschers auf den Gegenstand fachtiber greifend erweitern. Der Forscher soU soziologische bzw. sozialwissenschaftli che und psychoanalytische Kompetenzen in sieh vereinigen und seinen Unter suchungsgegenstand unabhangig von disziplinaren Zugriffen auf ihn finden. Tatsachlich wird er sich aber disziplinar festgelegten Begriffen - dem, was sie bezeichnen, und den Vorannahmen, auf die sie festgelegt sind - nieht entzie hen konnen. Soweit zudem der besondere Aussagewert der Psychoanalyse flir das Verstandnis geseIlschaftlicher Phanomene demonstriert werden soU, ist die Verwendung einer Wissenschaftssprache ohnehin unumganglich. Ihre "An wendung" auf geseIlschaftliche Phanomene zieht daher die anderer Wissen schaften - hier der Soziologie - mit Notwendigkeit nach sich, soIl der Vor wurf des Psychologismus nieht heraufbeschworen werden. Aus psychoanalytischer Sieht mischt sich soziologisches Denken wie etwas Unzulassiges, zumindest Uberfltissiges in die Bemtihung urn psychologisches Verstehen ein. Und aus soziologischer Sieht drangt sieh nicht zu Unrecht die Frage auf, welchen Nutzen es habe, sieh einer Wissenschaft zuzuwenden, die sieh der Erforschung der Subjektivitat einzelner so radikal hingibt, daB geseIl schaftliche Gebilde aus ihrem Blickfeld verschwinden. Aussichtsreich ist die doppelt marginale Position, die von dieser Tendenz zur wechselseitigen Aus schlieBung erzwungen wird, nur dann, wenn es Untersuchungsfelder gibt, in die Soziologie und Psychoanalyse sieh teilen, hinsichtlich derer ihre Aussagen aber differieren. Unter dieser Voraussetzung kann in einem ersten Schritt ge prilft werden, ob in beiden FaUen, lediglich mit unterschiedlichen sprachlichen 13

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