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Vorurteilsbereitschaft und autoritäres Verhalten PDF

168 Pages·1976·12.709 MB·German
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Jürgen Körner Vorurteilsbereitschaft und autoritäres Verhalten Eine empirische Untersuchung an 9-bis 12 jährigen Grund- und Hauptschülern Jürgen Körner Vorurteilsbereitschaft und autoritäres Verhalten Eine empirische Untersuchung an 9- bis 12jährigen Grund- und Hauptschülern J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung Stuttgart CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Körner , Jürgen Vorurteilsbereitschaft und autoritäres Verhalten : e. empir. Unters. an 9- bis 12jährigen Grund- u. Hauptschülern. - 1. Aufl. - Stuttgart : Metzler, 197 6. ISBN 978-3-476-30053-9 ISBN 978-3-476-30053-9 ISBN 978-3-476-99681-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-99681-7 © 1976 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen 1976 bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1. Überlegungen zum Problemgegenstand 7 1.1. Einleitung 7 1.2. Ideengeschichte des Vorurteils 11 1.3. Vorurteilsbereitschaft als Gegenstand politischer Psychologie in den USA und in der BRD 18 1.4. Einzelwissenschaftliche Zugangsweisen 27 1.4.1. Vorbemerkungen 27 1.4.2. Abgrenzung verwandter Begriffe 28 1.4.3. Systematik der Definitionsversuche 29 1.4.3.1. Welches sind die Objekte des Vorurteils? 30 1.4.3.2. Sind Vorurteile immer negative Aussagen? 31 1.4.3.3. Sind Vorurteile universell? 34 1.4.3.4. Sind Vorurteile immer falsche Aussagen? 35 1.4.4. Psychoanalyse der Vorurteilsbereitschaft 37 1.4.4.1. Individualpsychologische Aspekte: Die Persönlichkeit des Vorurteilsvollen 38 1.4.4.2. Sozialpsychologische Aspekte: Genese der Vorurteilsbereitschaft 39 1.4.4.3. Vorurteilstheorie der Frankfurter Schule 43 1.5. Allgemeine methodische Überlegungen 51 2. Empirische Untersuchungen 56 2.1. Fragestellung 56 2.2. Gang der Darstellungen 57 2.3. Vorurteilsbereitschaft als isoliertes Merkmal 58 2.3.1. Konstruktion der Skala» Vorurteile« 58 2.3.2. Methodisch begründete Einschränkungen 60 2.3.3. Faktorenanalysen der Skala» Vorurteile« 61 2.3.4. Gruppierung der Ergebnisse nach Alter und Schichtzugehörigkeit 61 2.3.4.1. Altersspezifische Ergebnisse 61 2.3.4.2. Schichtenspezifische Ergebnisse 62 2.3.5. Zusammenfassung der Ergebnisse zur Vorurteils bereitschaft 64 2.4. Vergesellschaftung der Vorurteilsbereitschaft mit anderen Merkmalen 66 2.4.1. Konstruktion fünf weiterer Skalen 66 2.4.1.1. Ziele und Methoden 66 2.4.1.2. Exkurs: Die Skalen »efficacy« und »Demokratie« 68 2.4.1.3. Die übrigen Skalen 69 2.4.2. Ergebnisse der fünf Skalen 72 2.4.2.1. Globale Analyse über alle Skalen 73 2.4.2.2. Einzelanalysen der Skalen 73 2.4.2.3. Altersspezifische Ergebnisse 74 2.4.2.4. Schichtenspezifische Ergebnisse 75 2.4.3. Vergesellschaftung der Merkmale zu einem Syndrom 77 2.4.3.1. Interrelationen der Merkmale 78 2.4.3.2. Faktoranalytische Gruppierungen 79 2.4.3.3. Kanonische Korrelation 79 2.5. Zusammenfassung der Kinder-Untersuchung 80 2.6. Untersuchung einer ausgelesenen Väter-Stichprobe 83 2.6.1. Gegenstand der Untersuchungen 83 2.6.2. Ziele und Methoden 85 2.6.3. Begründung der Skalen 86 2.6.4. Ergebnisse 88 2.6.4.1. Globale Analyse der Väter-Befragung 89 2.6.4.2. Unterschiede zwischen den Extremgruppen 90 2.6.4.3. Zusammenhänge zwischen Vätern und Kindern 91 2.6.5. Zusammenfassung der Väter-Untersuchung 91 3. Gesamtdiskussion 94 3.1. Überblick über die Ergebnisse 94 3.1.1. Vorurteilsbereitschaft bei 9-bis 12jährigen Kindern 94 3 .1.2. Vergesellschaftung der Merkmale im autoritären Syndrom 96 3.1.3. Genese des autoritären Syndroms in der Vater-Kind Dyade 98 3.2. Zur Kritik des Subjekts 101 3.3. Vorurteilsbekämpfung in der Schule 104 Anmerkungen 109 Literaturverzeichnis 126 Anhang 133 Vorwort Demjenigen, der sich - zumal empirisch - dem Problem des Vorurteils und seiner Entstehung widmet, sind viele Wege vorge zeichnet. Er mag z. B. jenen verfolgen, der die Ursachen für die Vorurteilsbereitschaft ausschließlich im einzelnen Individuum sucht. Dazu könnte er die »Tendenz zu vorurteilshaften Äußerun gen« als Merkmal isolieren und untersuchen, mit welchen anderen Persönlichkeitsäußerungen es überzufällig häufig auftritt. Dieser Weg führt in ein unbegrenzt großes Forschungsfeld, solange die be liebig große Zahl aller möglichen Merkmalspaarungen nicht von vornherein durch eine Theorie eingeschränkt wird. Oder er schließt sich den Versuchen an, die Genese der Vorur teilsbereitschaft allein aus der Wirkung von Umwelteinflüssen her aus zu verstehen. Hier wäre die Vorurteilstendenz zu Erscheinun gen der äußeren Realität in Beziehung zu setzen, z.B. zu den Er ziehungsstilen der Eltern oder zu den objektiven Bedingungen des Wohnens, des Arbeitens usw. Jeder der beiden Wege erschließt jedoch nur einen Teilaspekt des Problems. So mag einerseits mit dem Blick auf das isolierte In dividuum zwar sichtbar werden, daß die Vorurteilsbereitschaft immer wieder mit bestimmten anderen Persönlichkeitsmerkmalen gemeinsam auftritt, und die Betrachtung der Umwelt des Vorur teilsvollen wird andererseits immer wieder ähnliche beschädigende Einflüsse entdecken. Jedoch sind diese beiden Seiten nicht trenn bar, nicht einmal gedanklich. Zwar geht die Vorurteilsbereitschaft ganz gewiß aus Erfahrungen der äußeren Realität hervor. Jedoch bildet sich die Wirklichkeit nicht spiegelgleich im Individuum ab, sondern sie wird vom Subjekt »angeeignet«, d. h., je nach Persön lichkeit, nach eigener bisheriger Lebensgeschichte ganz individuell und verschieden wahrgenommen. Eine empirische Untersuchung der Vorurteilsbereitschaft sollte daher beide Seiten, die intrasub jektive, persönlichkeitsspezifische, und die der äußeren Realität erfassen und vermitteln. Die vorliegende Arbeit versucht, dieser Forderung ein Stück weit nachzukommen. Ihr liegen die Ergebnisse eines Forschungs- 5 projektes zugrunde, das ich gemeinsam mit Fräulein Beate von Bodenhausen, Göttingen, in der Zeit von Anfang 1973 bis Ende 1974 bearbeitete. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand eine Fragebogenerhebung zur Vorurteilsbereitschaft bei 9-bis 12jähri gen Kindern. An die Hauptuntersuchung der etwa 1000 Schulkin der schlossen sich zwei kleinere Befragungen ausgewählter Väter bzw. Mütter an, mit denen jeder der beiden Mitarbeiter einer je ei genen Fragestellung nachging. Das in diesen Untersuchungen erhobene Datenmaterial, die Sta tistiken, methodischen Überlegungen und die Entwicklungsge schichte der Fragebögen ist so umfangreich, daß zu dem vorliegen den Buch ein zweiter, statistisch-methodischer Band verfaßt wur de. Auf diesen Teil B der Arbeit wird im folgenden Text häufig verwiesen. Er kann vom Autor angefordert werden. Jedoch sind die wichtigsten Statistiken sowie die beiden Fragebögen für Kinder bzw. für Väter aus dem Teil B herausgezogen und hier andersfarbig am Ende mit eingebunden. Dabei haben die Tabellen ihre originale Numerierung beibehalten. überdies werden die Statistiken der Kinderbefragung in der noch ausstehenden Veröffentlichung mei ner Mitarbeiterin im Forschungsprojekt noch einmal vorgestellt. Das Forschungsvorhaben zur Genese der Vorurteilsbereitschaft bei Kindern hätte von einer einzelnen Person nicht getragen wer den können. Doch war meine Projektmitarbeiterin, Fräulein von Bodenhausen, immer mehr als die andere Häfte Arbeitskraft. Ihr gilt an dieser Stelle mein ganz besonderer Dank. Dem Leiter des Projektes, Herrn Prof. Dr. E. A. Roloff, Göttin gen, danke ich sehr für die Betreuung des Unternehmens. Ohne seine Geduld und seinen überzeugenden Optimismus wäre die Ar beit gewiß nicht erfolgreich abgeschlossen worden. Der Arbeitskreis Psychologie der Politischen Bildungsarbeit, Frankfurt, ermöglichte durch seine materielle Unterstützung, die an keine Bedingungen gebunden war, die Durchführung der Un tersuchungen. Auch ihm bin ich zu großem Dank verpflichtet. Schließlich möchte ich Frau Ingrid Wenck ganz herzlich danken, die mit niemals nachlassender Sorgfalt das Manuskript übertrug und dabei immer auch Korrektur las. Göttingen, im November 1975 Jürgen Körner 6 1. Überlegungen zum Problemgegenstand 1.1. Einleitung Was ein Vorurteil ist, darüber gibt es im Alltagsverständnis we nige Zweifel: Es ist eine sachlich ungerechtfertigte, häufig diskri minierende Äußerung über eine soziale Gruppe oder ein Mitglied einer sozialen Gruppe, an dem auch dann festgehalten wird, wenn alternative Überzeugungen vieler anderer Menschen dagegenste hen. Dieser Konsens erstreckt sich auch über viele Beispiele: Daß Frauen von Geburt an dümmer sind, daß alle Katholiken gerne lü gen, daß Zigeuner häufig kleine Kinder stehlen - das alles sind un bestreitbar Vorurteile. Dagegen dürfte der Vorurteilscharakter der folgenden Sätze schon durchaus umstritten sein: Gastarbeiter neigen zu Messerste chereien, Farbige sind meistens faul, echte Bayern denken auf eine schlichte Weise, Frauen können keine anspruchsvolle Musik kom ponieren. Gewiß würde die Beurteilung dieser Sätze in verschiede nen befragten Stichproben sehr unterschiedlich ausfallen. In man chen industriellen Ballungsgebieten mag die Ansicht über die Nei gung der Südländer zu Messerstechereien von den meisten Men schen geteilt werden, während andererseits das Urteil über die schlichte Denkweise »der Bayern« von ihnen selbst als klares Vor urteil erkannt würde. Ähnlich der Abhängigkeit von der jeweiligen Stichprobe variiert der Konsens für Vorurteile auch über die geschichtliche Dimen sion: Daß Frauen mit geringerer Begabung »ausgestattet« werden, war noch vor 100 Jahren ein fester Bestandteil der Alltagserfah rung und wurde nur von wenigen bezweifelt. An dieser Ansicht festzuhalten, kennzeichnet heute hingegen den Außenseiter, eben den Vorurteilsvollen. Offenbar ist das Vorurteil im Alltagsverständnis also dadurch gekennzeichnet, daß es - in negativer Richtung - von dem Kon sens, der allgemeinen Meinung über einen sozialen Gegenstand abweicht, in diesem Sinne falsch ist. Ändert sich das Alltagsbe wußtsein, so geraten auch seine Randzonen in Bewegung: Bislang 7 gesicherte Überzeugungen werden vorurteilsträchtig, andere, frü her vorurteilshafte Meinungen werden in den Bestand der unbe streitbar richtigen Ansichten aufgenommen. Insofern das Alltagsverständnis selbst den Maßstab dafür her gibt, welche Aussagen vorurteilshaft sind und welche nicht, sollte die Trennungslinie zwischen Vorurteilen und Nicht-Vorurteilen mit aller Skepsis betrachtet werden. Und die Ansicht, daß man ein Vorurteil eben daran erkenne, daß es falsch sei, könnte sich als ein Vorurteil über Vorurteile erweisen, solange der Beweis für die Wahrheit einer Überzeugung nichts anderes ist als ihr hoher Ver breitungsgrad in einer Gesellschaft. Die Analyse des Vorurteilsproblems muß die Beziehungen von Alltagsbewußtsein und Vorurteilen mit reflektieren. Auf der Su che nach Vorurteilen darf der Bestand an gesicherten, allgemein verbreiteten und akzeptierten Meinungen selbst nicht unbeobach tet bleiben. Erst wenn die Genese und die Veränderungen dieses allgemeinen Konsensus in die Analysen einbezogen werden und wenn die Beziehungen zwischen geschichtlichen Prozessen und ideologischen Bewegungen untersucht werden, kann auch erschei nen, daß die Fluktuation der Vorurteile über geschichtliche Epo chen und Lebensräume hinweg keineswegs zufällig ist, sondern realen Bedingungen unterliegt. Zwei Beispiele mögen diesen angedeuteten Zusammenhang il lustrieren: Die rassistischen Vorurteile über Juden gehörten wäh rend der NS-Zeit zum wenig widersprochenen, allgemeinen Kon sensus. Nun läßt sich zeigen, daß die Juden keineswegs zufällig zum Objekt diskriminierender Urteile wurden: Die ökonomische Kri se, die gerade auch weite Teile des Mittelstandes in ihrer materiel len Existenz bedrohte, konnte in einem »entökonomisierten Den ken« sehr leicht jenen ursächlich zugeschrieben werden, die tradi tionell als Besitzer variablen Kapitals aufgetreten waren: den Ju den. Zum anderen sind Vorurteile gegen andersfarbige Landsleute häufig ein integraler Bestandteil offizieller Politik, z.B. in Südafri ka, Rhodesien und einigen Südstaaten der USA. Die rationale Seite dieser Vorurteile liegt in der Praxis, mit ihnen die ungleiche Verteilung von Bildungs- und Aufstiegschancen sowie die ver schiedene Bewertung gleicher Arbeitsleistungen zu begründen. Unter diesen Überlegungen gerät der Vorurteilsbegriff des All tagsbewußtseins also unter Ideologieverdacht. Die wissenschaftli che Analyse dieser Problematik müßte diesen Zusammenhang un tersuchen. Sie müßte zur Definition des Vorurteils andere Krite rien gewinnen als die statistische Norm, das allgemein Verbreitete. 8 Wie noch zu zeigen sein wird, stützen sich die meisten wissen schaftlichen Definitionsversuche des Vorurteilsbegriffs in der Tat nicht auf den Verbreitungsgrad einer Meinung. Ähnlich dem All tagsverständnis verstehen zwar auch die wissenschaftlichen Defini tionsversuche das Vorurteil zu allererst als falsches Urteil, an dem außerdem noch wider alternative Informationen festgehalten wird, jedoch ist der Begriff der Falschheit nicht mit der Seltenheit des Auftretens gleichgesetzt, sondern stützt sich auf die empirische Widerlegbarkeit von Tatsachenbehauptungen. Demnach ist ein Vorurteil eine negative Aussage über einen sozialen Gegenstand, an dem festgehalten wird und von dem gilt, daß er mit der empi risch abbildbaren Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Gegenüber dem Alltagsverständnis scheint diese wissenschaftli che Bestimmung des Vorurteilsbegriffs entideologisiert-doch nur auf den ersten Blick. Zwar folgt die Beurteilung des Wahrheitsge haltes einer Aussage nicht mehr den Fluktuationen des Alltagsbe wußtseins, jedoch ist auch das Kriterium des empirischen Nachwei ses der Falschheit einer Behauptung keineswegs voraussetzungs los, sondern an eine spezifische Sicht wissenschaftlicher Erkenntnis gebunden. Nun nehmen aber die Methoden empirischer Forschung selbst Einfluß auf ihre eigenen Ergebnisse, so daß diese wiederum - zirkulär-die vorausgegangenen Begriffsbestimmungen und Me thodenwahlen zu verifizieren scheinen. Daher muß die wissen schaftliche Untersuchung des Vorurteilsproblems auch die eigenen wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen, die der Definitionen und empirischen Forschungsmethodik, mit in die Reflexion einbe ziehen. Ein Vorurteilsbegriff, der ganz wesentlich die empirische Überprüfbarkeit einer negativen Aussage über einen sozialen Ge genstand in den Mittelpunkt rückt, dabei aber die Implikationen und Folgen der eigenen theoretischen Vorannahmen unterschlägt, gerät selbst in Ideologie-, in Vorurteilsverdacht. Der in der folgenden Arbeit beanspruchte Vorurteilsbegriff wird sich nicht an der empirisch überprüfbaren Falschheit des Urteils orientieren. Vielmehr soll das Vorurteil als ein Kondensat des All tagsbewußseins - und nicht von diesem künstlich getrennt - be trachtet werden. In ihm spiegeln sich einerseits gesellschaftlich verbreitete Wahrnehmungs- und Erlebnisweisen, zum anderen auch lebensgeschichtlich angeeignete, beschädigende Erfahrungen des Individuums. Die Bedeutung des Vorurteils, seine Funktionali tät wird sich demgemäß nach zwei Seiten hin entfalten: Zum einen ist es Bestandteil der Ideologie einer Gesellschaft, zum anderen be sitzt es für die Psyche des einzelnen Subjektes einen besonderen, symptomatischen Wert. 9

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