ebook img

Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie: Beobachtungen zum Bundestagswahlkampf 1998 im Spiegel früherer Erfahrungen PDF

134 Pages·1999·2.891 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie: Beobachtungen zum Bundestagswahlkampf 1998 im Spiegel früherer Erfahrungen

Albrecht Müller Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen Band 30 Albrecht Müller Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie Beobachtungen zum Bundestagswahlkampf 1998 im Spiegel früherer Erfahrungen Leske + Budrich, Opladen 1999 Der Autor: Albrecht Müller, Jahrgang 1938, Diplom-Volkswirt, war Ghostwriter für Bundeswirtschaftsminister Kart Schiller. 1972 verantwortete er im Wahlkampf von Willy Brandt die Konzeptplanung und deren kommunikative Umsetzung. Heute ist der Autor als Politik-und Unternehmensberater tätig. Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Müller, Albrecht: Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie : Beobachtungen zum Bundestagswahlkampf 1998 im Spiegel früherer Erfahrungen IAlbrecht Müller. - Leverkusen : Leske und Budrich, 1999 (Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein Westfalen ; Bd. 30) ISBN 978-3-8100-2283-7 ISBN 978-3-322-95175-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95175-5 © 1999 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist oh ne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Werkstatt tür Typografie in der Berthold GmbH. Offenbach Umschlaggestaltung: disegno, Wuppertal Vorwort des Herausgebers Die Landesanstalt für Rundfunk (UR) ist die Zulassungs- und Aufsichtsbe hörde für den privaten Rundfunk in Nordrhein-Westfalen. Zu den Aufgaben der UR gehört es unter anderem, die Medienentwicklung durch Forschung zu begleiten. Die Forschungstätigkeiten erstrecken sich auf die Bereiche des lokalen und landesweiten Rundfunks sowie auf den Jugendschutz. Seit 1990 hat die LfR eine Reihe kommunikationswissenschaftlicher Projekte an unab hängige Einrichtungen der Kommunikationsforschung vergeben. Im Rahmen der nun vorgelegten Studie hat Albrecht Müller vor dem Hin tergrund seiner Erfahrungen als Wahlkampfmanager und Politikberater den Bundestagswahlkampf 1998 und die Berichterstattung über diesen Wahl kampf beobachtet. Das sensible Spannungsverhältnis zwischen Medien, Po litikern und Politikmanagern und die Konsequenzen der aktuellen Entwick lung dieses Spannungsverhältnisses für die demokratische Qualität unserer Gesellschaft werden dabei besonders in den Blick genommen. Die Studie will einen Beitrag leisten zur Diskussion des Verhältnisses zwischen Medien und Politik - einer Diskussion, die im Wahljahr 1998 ver stärkt wurde durch Fragen nach der ,,Amerikanisierung" des Wahlkampfes, nach der Inszenierung von Wahlkampfereignissen, schließlich auch: nach der nachhaltigen Durchsetzungskraft von Stereotypen in der politischen Bericht erstattung. Indem Albrecht Müller diese - und andere - Fragen aufgreift und diskutiert, gibt seine Studie zugleich Hinweise für die Forschung. Wir wün schen uns daher, daß die Gedanken und Hypothesen, die im vorliegenden Band entworfen werden, ihren Weg entsprechend nicht nur auf die Agenda der (Medien-)Öffentlichkeit, sondern auch in die Wissenschaft finden. Dr. Norbert Schneider Helmut Hellwig Direktor der LfR Vorsitzender der Rundfunkkommission der UR Inhalt Dr. Norbert Schneider: Einführung ................................................................ 9 A. Einführung und Übersicht... .............................................................. 13 B. Zum Wahlkampf 1998 ....................................................................... 19 1. Zu den Strategien, den Botschaften und Themen des Wahlkampfes, zum Stimmungsbild und zum Ergebnis .............. 19 2. Das Fernsehangebot im Wahlkampf oder: Operation Overkill ...................................................................... 31 C. Amerikanisierung, Inszenierung, Theater? Sind das die gravierenden Veränderungen unserer Wahlkämpfe? .................... 39 1. Die Inszenierung und die Auflösung von politischen Inhalten in der Form der Darstellung und im theatralen Auftritt ............................................................ 41 2. Personalisierung - keine so neue Erscheinung ........................... 43 3. Zunehmende Emotionalisierung? ............................................... 45 4. Ereignisplanung - eine neue Erscheinung? ................................ 46 5. Themen-, Message- und Konfliktmanagement ........................... 49 6. Spindoctoring .............................................................................. 51 7. Professioneller war der Wahlkampf nie? .................................... 53 8. Nutzung von Umfragen ............................................................... 55 9. Metakommunikation über die Professionalität des Wahlkampfes ........................................................................ 57 D. Über die Machtverschiebung von Parteien zu Medien und damit verbundene demokratierelevante Veränderungen ....... 59 1. Mehr mediale, weniger personale Kommunikation .................... 59 2. Größeres Angebot - geringere Nachfrage: Die Fragmentierung des Publikums ............................................ 60 3. Sinkender Bildungsstand ............................................................. 62 4. Sinkende Wahlbeteiligung, geringeres politisches Interesse und geringere Parteienbindung ................................................... 65 5. Mitwirkung der Parteien an der Willensbildung - Wie war das früher? .................................................................... 66 7 6. Wie ist es heute? Willensbildung durch Medien- und Parteieliten ........................................................................... 68 7. Wo haben die Medien im Wahlkampf Themen gesetzt, Meinung gemacht und Entscheidungen beeinflußt? ................... 71 (1) Die Nominierung Gerhard Schröders zum Kanzlerkandidaten der SPD ...................................... 71 (2) Das Denken im Schema von Gut und Böse ...................... 72 (3) Magdeburg und der Benzinpreis von 5 DM ...................... 73 (4) Das Drängen auf die Große Koalition in Sachsen-Anhalt ............................................................. 75 (5) ,,Reform" - Steuerreform und Reform des Sozialstaats einschließlich Rentenversicherung ................ 75 (6) Das Phänomen Stollmann ................................................. 79 (7) Weitere Themensetzungen ................................................ 79 8. Der Zugriff der Medien auf die innere Meinungsbildung der Parteien ............................. 80 E. Die demokratische Qualität der Mediendemokratie ....................... 83 1. Selektive Wahrnehmung und die Lust an Stereotypen ............... 84 2. Eine eigene Meinung? Oder: Orientierung am Mainstream? .......................................................................... 88 3. Geringe Neigung zu Kritik und Aufklärung ............................... 91 4. Einseitigkeit statt Pluralität ......................................................... 94 5. Zeit zum Nachdenken oder: Die Hohe Zeit der ,,Fast-thinker"? .............................................. 97 6. Den Spielraum für zukunftsorientierte Entscheidungen öffnen. - Haben die Medien im Wahlkampf einen Beitrag dazu geleistet? ................................................................ 99 7. Förderung von Politikverdrossenheit - Kein Beitrag der Medien zum Funktionieren der Mediendemokratie ............ 100 8. Die Orientierung der Journalisten an den Interessen der eigenen Schicht ................................................................... 10 1 F. Der medial geprägte Bundestagswahlkampf 1998 war kein Beweis für die Leistungsfähigkeit der Mediendemokratie - ein Thema für die Öffentlichkeit, ein Thema für die Medien ...... 105 Anhang 1: Chronologie von wichtigen Themen und Ereignissen im Wahljahr 1998 ................................................................... 107 Anhang 2: Übersicht über die wahlkampfspezifischen Sendungen der fünf beobachteten Sender ARD, ZDF, RTL. SAT.I und ProSieben ......................................................................... 135 8 Einführung Dr. Norbert Schneider Daß Fernsehen auf Wahlentscheidungen erheblich einwirkt, wird von nie mandem ernsthaft bestritten. Aber welche Wirkungen sind das im Näheren? Und wie verläuft der Weg vom Schirm in die Wahlurne? Wirkung - auf und für wen? Und auf welche Weise, ausgelöst wodurch? Durch Themen, durch Personen? Durch das Erzeugen von Klima, von Stimmungen? Durch Weg lassen und Verschweigen, durch kaum merkliche Akzente? Und wer ist ge gen solche Einflüsse gewappnet, wer ist ihnen wehrlos ausgesetzt? Oder: Wirkung ganz einfach durch Masse, durch einen bestimmten Marktanteil, aus dem sich ganz von selbst ergibt, was der Gesetzgeber vorherrschende Mei nungsmacht nennt? Ob für politische Parteien oder die Medienwissenschaft, Journalisten oder Rundfunkaufsicht, Parlamentarier oder Börsianer - für sie alle und viele andere wäre es schön und gut, und es wäre im Effekt gewiß demokratieför dernd, wenn sie hier Genaueres oder sogar Genaues wüßten. Doch die Frage nach der Wirkung von Fernsehen, der Wirkung von Sendungen auf die Mei nungsbildung und insofern auch auf eine konkrete Wahlentscheidung der Bürger führt auf ein ziemlich weißes, ein weites Feld. Es handelt sich um jene Fragesorte, die man mindestens als höchst komplex bezeichnen muß. Manche gehen noch weiter und sagen, daß dieser komplexe Zusammenhang überhaupt nicht angemessen aufgehellt werden kann. Für solche, die es gern gradlinig und monokausal haben, ist hier jedenfalls nichts zu holen. Diesem Tatbestand einer sachbezogenen Unklarheit widerspricht nur auf den ersten Blick, daß es viele Beobachter und Beteiligte an dieser Beziehung von Fernsehen und Wahlen gibt, die behaupten, sie wüßten eigentlich doch recht genau, was sich hier abspielt. Je weniger Wissen, so hat man den Ein druck, desto mehr Besserwissen! Im Umfeld und Verlauf jener Bundestags wahlen, auf die Fernsehen konkret einwirken konnte, sind immer wieder Er klärungsversuche und Theorien präsentiert worden, die die Vorgänge in die sem Kernbereich der demokratischen Entwicklung abschließend klären soll- 9 ten. Die Liste der Thesen und Hypothesen ist lang. Keine Frage: Geheimnisse provozieren. Keiner dieser Erklärungsversuche kann jedoch für sich beanspruchen, die Wirkungsfrage umfassend oder gar abschließend behandelt zu haben. Im Zuge dieser Debatte ist zunächst nur klarer geworden, wie kompliziert die Dinge liegen. Der Wert von kleinen Antworten hat dabei zugenommen. Und mindestens so anregend wie am Ende doch unbeweisbare Behauptungen haben sich solche Beiträge erwiesen, die sich - nur Teilbereiche des Themas aufgreifend - ein wenig bescheidener um plausible Hypothesen bemüht ha ben. Schon hier sei angemerkt, daß Albrecht Müllers Arbeit zu solchen Bei trägen zu rechnen ist. Einer dieser vielen Teilbereiche ist die Rolle des Fernsehens im Kontext von Wahlen. Diese kleinere Frage nach der Rolle ist von der großen Frage nach der Wirkung zu unterscheiden, wie eine Funktion von einem Effekt. Es leuchtet ein, daß diese Rolle nicht ein für allemal festliegt, sondern sich in dem Maß verändert, in dem sich die Rolle und Funktion des Fernsehens in der Gesellschaft im ganzen verändert. Auch in dem Maße natürlich, in dem sich das Publikum verändert, was unter anderem dazu führt, daß Theorien aus der Frühzeit der Medienwissenschaft wie etwa die Gatekeeper-Theorie heute ihren Gegenstand fast völlig verloren haben. Diese Rolle, die das Fernsehen spielt, läßt sich besonders gut beschreiben, wenn man in der Lage ist zu vergleichen: welche Rolle hat das Fernsehen in früheren Jahren und bei zurückliegenden Wahlen gespielt und was hat sich daran mit Blick auf heute verändert? Vor Jahren hatte sich die ARD zum Beispiel vor Wahlen eine Satirepause auferlegt. Inzwischen ist sie davon abgekommen. Die Frage nach der Rolle ist keine Frage nach etwas Absolutem. Sie zielt nicht auf ein erklärendes Konstrukt, sondern sie zielt mitten ins Relative, ins Mehr oder Weniger. War die Rolle des Fernsehens früher weniger wichtig, weniger umfänglich als heute? Oder verhält es sich sogar umgekehrt, nach dem Fernsehen im dualen System heute insgesamt an integrativer Bedeutung für die Gesellschaft verloren hat, nachdem seine Autorität, sein Deutungs monopol entschieden abgenommen hat? Auch und vor allem: nachdem kommerzielle Veranstalter von Fernsehen sich der Kontrolle von politischen Parteien eher entziehen können als öffentlich-rechtliche? Oder ist - wieder um im Sinne eines Zuwachses an Bedeutung - das Fernsehen als Ort und In strument der Inszenierungen, für events, für Themen wie Personen, heute viel bedeutender als in früheren Jahren? Ist in diese Rolle ein Mehr an politischer Macht eingeflossen? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Programm Performance und der Performance von Programmen, von Wahlprogrammen? Welche Auswirkungen hat die ubiquitäre Entwicklung von Fernsehen, die technologisch bedingt ist? Jederzeit überall sein zu können, wo Politik statt- 10 finden könnte, ist tatsächlich Vorsprung durch Technik. Aber wer profitiert davon? Und auf wessen Kosten? Eine besonders wichtige Frage stellt sich mit Blick auf das Stichwort Amerikanisierung. War dies - im Unterschied zu bisherigen Wahlkämpfen tatsächlich ein ,JUllerikanischer"? (Was in deutscher Lesart bedeutet: völlig medienfixiert und inhaltsleer) oder ist ein solches Urteil dem Umstand ge schuldet, daß vergangene Wahlkämpfe nicht mehr angemessen erinnert wer den. Die Rolle des Fernsehens ist vor allem die Rolle, die das Programm spielt. Für dieses Programm interessiert sich Medienaufsicht nicht aus Interesse allein. Fernsehprogramme sind ein natürlicher Gegenstand von Regulierung. Die Landesanstalt für Rundfunk gibt daher schon seit Jahren Forschungspro jekte in Auftrag, über sehr unterschiedliche Themen, über "Talkshows" als Teil von Affektfernsehen, über ,,Medienerziehung im Kindergarten" ebenso wie über ,,Kinder und Werbung" und über die ,,Entwicklung von Programm sparten". Fragen nach der Fernseheinwirkung auf Wahlentscheidungen müßten selbstverständlich Fragen der und an die Medienwissenschaft sein. Es wäre wichtig, sie könnten nicht nur gestellt, sondern auch beantwortet werden. In absehbarer Zeit. Es wäre wichtig, es gäbe Mittel und dann auch Wege, die Wirkungsforschung auf diesem besonders sensiblen Gebiet für die Entwick lung der Demokratie voranzubringen. Hier sind auch die Landesmedien anstalten gefragt. Hier ist Forschung ihrer schieren Größe wegen nur noch machbar als eine Gemeinschaftsaufgabe. Doch so wichtig wie die Forschungsprojekte selbst ist die Ausarbeitung der Fragestellungen an die Forschung. Das ist Arbeit im Vorfeld. Im Vorfeld von Forschung kommt es auf die erwähnten intelligenten Hypothesen an, die dann die Fragen für die Forschung bringen. Die Landesanstalt für Rundfunk hat sich mit der jetzt vorgelegten Experti se ins Vorfeld der Forschung begeben. Sie hat Albrecht Müller, einen Fach mann für Wahlkampagnen aus früheren Jahren, einen Politikmanager und einen Politiker, gebeten, seine Beobachtungen von früher und heute zusam menzubringen und plausible Hypothesen zu bilden, mit denen sich die Rolle des Fernsehens im Bundestagswahlkampf 1998 bewerten und beschreiben läßt. Es ist wichtig, diese Zuordnung zu machen. Wir haben uns nicht für die Frage interessiert, ob die eine oder andere Partei mit und wegen des Fernse hens die Wahl gewonnen oder verloren hat. Wir haben nicht nach Belegen und Fakten gefragt, sondern nach Einschätzungen, nach Wahrnehmungen, vor allem solchen, die sich beim Vergleichen ergeben. Wir haben nichts aus zählen lassen - wobei angemerkt sei, daß auch Fernsehforschung wie For schung insgesamt gegen allen Anschein mehr ist als Zählen und Gezähltes 11

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.