ebook img

Von China lernen? PDF

210 Pages·1978·3.329 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Von China lernen?

Jahan Galtung . Fumika Nishimura Von China lernen? Johan Galtung . Fumiko Nishimura Von China lernen? Westdeutscher Verlag CIP-Kurztite1aufnahme der Deutschen Bibliothek Galtung, Joban. Von China lemen? / Jo han Galtung; Fumiko Nishimura. [Aus d. EngJ. iibers. von Hanne Herkommer]. - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1978. ISBI!J;-13: )978-3-53:1c11443-9 e-ISBN-13: 978-3-322-84111-7 DOl: 10.1007/978-3-322-84111-7 NE: Nishimura, Fumiko: Dieses Exemplar ist yom Land Nordrhein-Westfalen beschafft und fiir Zwecke der politischen Bildung kostenlos abgegeben worden. Der Minister fUr Wissenscbaft und Forscbung des Landes Nordrbein -Westfalen - Landeszentrale fUr politiscbe Bildung - Aus dem Englischen iibersetzt von Hanne Herkommer. ©1978 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Biirkle, Darmstadt Satz: Vieweg, Wiesbaden Aile Rechte vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervie1fliltigung des Werkes (Fotokopie, Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Veri ages. ISBN~ 13: 978±3-I;81-11 443-9 Inhalt Vorwort .... . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . ... .. . . 7 1. Der erste Eindruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11 2. Ober chinesisches Denken und chinesische Gesellschaftskosmologie . . . . . . . . .. 15 3. Ober die Kulturrevolution ................. 50 4. Ober chinesische Erziehung und Bildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 78 5. Ober chinesische Produktion und Konsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 98 6. Ober chinesische AuBenpolitik . . . . . . . . . . . . .. 134 7. Ober Widerspriiche in der chinesischen Gesellschaft .................. 162 8. Konnen wir von China lernen? . . . . . . . . . . . . .. 184 9. China nach Mao . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 197 5 Vorwort Die Autoren des vorliegenden Buches verbrachten im Herbst 1973 zwei Wochen in der Volksrepublik China. Der Aufenthalt war vom Chinesischen Internationalen Reisebilro Lilxingshe in Peking organisiert und bot Gelegenheit zum Besuch - mit Dis kussionen - zweier Volkskommunen ( der Kummune 1. Juli am Rande von Schanghai und der Musterbrigade Tachai in der Tachai Kommune in der Nahe von Yangching), zweier Fabriken (einer Produktionsstatte filr Werkzeugmaschinen in Schanghai und der Baumwollmuhle Nummer 2 in Peking), zweier Universitaten (Fu Tan in Schanghai und Peita in Peking, mit vorrangigem Interesse an den Instituten fur internationale Beziehungen, Philosophie, Ge schichte, C>konomie und Verwaltungswissenschaft), zweier Schu len (eines Kindergartens oder einer Vorschule je nach Wahl und der 26. Mittelschule in Peking), zweier Kliniken (die eine in der Kommune 1. Juli, die andere, eine Augenklinik, in Peking), zweier Ladengeschafte (eines Ladens im Kung Chung-StraBenkomitee in Schanghai und eines groBen Kaufhauses in Kanton), diverser kul tureller Institutionen (des Kulturparks in Kanton, einer Akroba tentruppe in Schanghai, der Chinesischen Mauer, der Ming-Graber, der "Verbotenen Stadt" etc. in Peking und alter Palaste in Schang hai), zweier Ausstellungen ilber den Stand der Produktion in China (der Handelsmesse in Kanton und der Industrieausstellung in Schanghai) und schlieBlich zweier Einrichtungen, die im Hin blick auf die AuBenpolitik interessant sind (das Institut filr Aus landsbeziehungen der Volksrepublik China und die unterirdi schen Tunnels in Peking). Hinzu kamen Einladungen in Familien und die Besichtigung verschiedener Wohnviertel, insbesondere im Rahmen des Besuchs beim StraBenkomitee in Schanghai und bei der Brigade in Tachai. Insgesamt kamen dabei annahernd 30 "Besuche" zusammen, stets begleitet von Diskussionen, die in der Regel zwei bis drei Stunden dauerten. In allen wesentlichen Punkten war das Programm von uns selbst initiiert. 7 In diesem Zusammenhang mochten wir den chinesischen Be horden in Peking und der chinesischen Botschaft in Oslo fUr die freundliche Unterstiitzung bei der Planung der Reise ebenso herz lich danken wie unseren Gastgebern yom ReisebUro LUxingshe fUr die gelungene Regelung aHer praktischen Einzelheiten - unser be sonderer Dank gilt unseren FremdenfUhrern von Kanton nach Kanton. Dabei ist hervorzuheben, daB uns all unsere WUnsche er fUHt wurden bis auf einen, den Wunsch radzufahren; man war offensichtlich der Meinung, dies sei fUr Leute aus dem Westen zu schwierig. Dagegen konnten wir UberaH hingehen, wohin immer wir woHten; und da meine Frau Japanerin ist und geschriebenes Chinesisch versteht, waren wir in der glUcklichen Lage, nicht nur Wandzeitungen lesen, sondern auch mit den Bewohnern des Lan des jederzeit Kontakt aufnehmen zu konnen, indem wir uns eben schriftlich mit ihnen unterhielten. Das vorliegende Buch ist ein Ergebnis dieser Reise. Zunachst aHerdings einige Worte dariiber, was es nicht ist: Es ist kein Rei sebericht; die Zeiten der TagebUcher Uber Entdeckungsreisen nach China - Folge jenes westlichen Entdeckerkomplexes! - sind vor bei. Ein getreues Spiegelbild der Reise in Textform darf der Leser also nicht erwarten; dennoch beziehen wir uns natiirlich in aHem, was wir sagen, auf das, was wir gesehen und erlebt haben, insbe sondere auf Diskussionen. Uns zum Teil auf Tonbandaufnahmen stUtzend, geben wir einige der gefUhrten Gesprache so wortlich wie moglich wieder, zum einen, urn einen unmittelbaren Eindruck des Diskussionsstils zu vermitteln, zum andern, weil uns das FUr und Wider von Diskussionen als nUtzliche Form der Darlegung erscheint. Das Buch ist auch keine erschopfende Beschreibung Chinas - ja, es erhebt noch nicht einmal den Anspruch, ein sachlich kor rektes Bild zu liefern. Eine Bescheidenheit, die aHerdings ihre Griinde hat: Erstens sind die Autoren keine China-Experten, wir haben ganz bewuBt nicht zuviel Literatur im voraus gelesen; und zweitens ist offensichtlich, daa sowohl die Zeit, die uns zur Ver fiigung stand, als auch die Auswahl der Dinge, die wir sahen, ange sichts eines Landes von fast 800 Millionen Einwohnern, die Uber ein riesiges Gebiet verstreut leben (eine Durchschnittsprovinz ist so groB wie eine typische westeuropliische "GroBmachtU), doch 8 ziemlich begrenzt waren. Wir wissen sehr genau, dag die Mittel, iiber die wir verfiigen, in keinerlei verniinftigem Verhaltnis zu einer Aufgabe dieses Umfangs stehen - aber darauf wollten wir auch gar nicht hinaus. Hatten wir mehrere Jahre in China ge!ebt und vie!, vie I mehr gesehen, dann waren wir wahrscheinlich un fahig gewesen, iiberhaupt dariiber zu schreiben. Worum uns in diesem Buch zu tun ist, geht eigentlich aus dem Tite! hervor, der die Frage impliziert: Was konnen wir vom chine sischen Volk lernen. - Eine Frage, mit der zugleich zwei konkrete Hinweise auf die Intention des Buches gegeben sind. Erstens: Das Buch stellt die Bemiihung dar, etwas zu lernen. Streng genommen ist es eigentlich ein Buch iiber die Reflexio nen, die durch die enorme Anregung einer Reise ins heutige China in uns in Gang gesetzt wurden, und sagt als solches vermutlich iiber die Autoren mehr aus als iiber China. Der Leser mug se!bst entscheiden, ob es sich fiir ihn lohnt, den Gedanken von zwei Friedensforschern, einem Norweger und einer Japanerin, zu fol gen - Gedanken, die wir uns anhand von Notizen iiber unzahlige Diskussionen und Eindriicke gemacht haben, wobei uns unter anderem zustatten kam, dag wir nur zu zweit und dadurch in der giinstigen Lage waren, die gleichen Fragen so systematisch wie moglich stellen und die Antworten darauf vergleichen zu konnen (iibrigens auch der Grund, weshalb wir immer zwei In stitutionen jeder Kategorie auswahlten, es kam uns auf den Kontrasteffekt an). Unsere eigene Rechtfertigung dafiir, dag wir ein Buch iiber China geschrieben haben, besteht gerade darin, dag wir keine China-Experten sind, sondern auf der Basis frisch gewonnener Eindriicke berichten konnen, die nicht allzusehr durch Voraus-Lektiire gepragt sind; der Leser wird aus diesem Grunde auch weder Anmerkungen und Fugnoten noch Litera turhinweise finden. Da der Kontakt zu China nach wie vor ein geschrankt ist, besteht einfach die Gefahr, dag Autoren, die iiber China schreiben, vie! zu sehr voneinander abschreiben. Auger dem: Wir verfolgen mit unserem Buch die Absicht, davon zu be richten, was China fiir uns, und nicht nur, was es fiir die Chinesen bedeutet. Zweitens: Das Buch stellt die Bemiihung dar, yom chinesischen Volk zu lernen. Ganz bewugt haben wir darauf verzichtet, mit 9 den offiziellen GroBen zu sprechen - kaum etwas zeugt deut licher von westlichem Unverstand als die typisch amerikanische Frage: "Haben Sie Mao gesehen? Oder Tschou?" - schlieBlich be stand die wichtigste Idee der chinesischen Revolution gerade dar in, das Yolk zu Akteuren und nicht zu Marionetten zu machen. Wir versuchten, soweit wir dazu in der Lage waren, zu ergriinden, wie die Menschen in China denken und handeln, wie ihr Alltag beschaffen ist - und die dabei angestellten Oberlegungen sind in dieses Buch eingeflossen. Dabei wollen wir nicht nur die Chinesen verstehen, sondern anhand dessen, was wir gesehen haben, sei es nun reprasentativ oder nicht, auch zu einigen Schlussen im Hin blick auf unsere eigenen Gesellschaften kommen. So gesehen treten unsere Unzuliinglichkeiten im Umfang mit China vielleicht sogar ein wenig in den Hintergrund. Das Buch ist entstanden im Rahmen des "Trends of Western Civilization"-Projekts am Lehrstuhl fur Konflikt-und Friedensfor schung an der Universitat Oslo - ein groBangelegtes Forschungs vorhaben, dessen zentrale Aufgabe darin besteht zu versuchen, zu einem tieferen Verstlindnis der westlichen Zivilisation unter ande rem durch die Herausarbeitung ihres Gegensatzes zur chinesischen, japanischen, indischen und mohammedanischen Kultur und Sozi alstruktur zu gelangen. Wir bedanken uns bei allen, die an diesem Projekt mitgearbeitet haben, insbesondere danken wir Erik Ru deng und Ole Aabenhus fUr ihre kritischen Kommentare - das selbe gilt fur die Vielen, die uns durch Fragen, Kritik und Anmer kungen im Rahmen von Vorlesungen, Seminaren und Gesprachen uber unser Thema - in mehr als 20 Landern - geholfen haben. Zu danken haben wir auBerdem der Berghof Stiftung, die uns die Reise nach und den Aufenthalt in China finanziell ermoglicht hat, sowie der Universitlit Oslo fur die groBziigige Beurlaubung und schlieBlich Margo Ohrn fur ihre sorgfliltige Arbeit bei der Er stellung des Manuskripts. Oslo, Juni 1975 Johan Galtung Fumiko Nishimura 10 1. Der erste Eindruck Wir geben viel auf den ersten Eindruck - er ist irgendwie wahrer, wei! noch nicht interpretiert. Gewia, streng genommen, ist das eine Illusion: denn alles, was wir sehen, sehen wir durch den Filter irgendwelcher Interpretationsrahmen, und ein solcher Rahmen ist das "Vorausbild" von China, zu dem sicherlich Hong kong, aber mehr noch die zahllosen kleinen Momentaufnahmen beitragen, die uns die Massenmedien vermitteln. Aber wie dem auch sei, der erste Eindruck war ohne Zweifel voller Oberraschun gen. So hatten wir zum Beispiel eine recht uniforme Masse von Chinesen erwartet: gleiche Kleidung, gleiches Auftreten, laclielnd, aber reserviert, humorlos, mit Standardantworten aufwartend und dazu neigend, aus jenem kleinen roten Buch zu zitieren. Was wir statt dessen in Kanton erlebten, war das genaue Gegenteil: betrachtliche Vielfalt in Schnitt und Farben der Kleidung, durch aus unterschiedliche Standpunkte, wenn die Diskussion innerhalb ihres recht weitgesteckten Bezugrahmens gefiihrt wird - etwa dariiber, wie der Sozialismus im Bereich der Familie aussehen konnte oder sollte -, Lacheln und spontanes Lachen, einen sehr ausgeprligten Sinn fiir Humor, Freude am Diskutieren, auch unter einander, und Neugier bei neuen Argumenten und unerwarteten Reaktionen. Natiirlich fan den wir auch das, was dem Standard bild entspricht; dann aber vornehmlich in Peking und dort wieder um vornehmlich unter Biirokraten. Sie trugen einheitliche Klei dung, waren formell, in ihren Antworten kurz und auaerten kor rekte, aber nicht ganz iiberzeugende Auffassungen - so normiert wie auch norwegische oder japanische Geschliftsleute und Tech nokraten auf den Flughlifen von Oslo oder Tokio sie auaern, wahrend sie auf den Aufruf in die Friihmaschine warten, die sie zur ersten Konferenz des Tages bringen soIl. Generell jedoch 11 vermittelt der Chinese den Eindruck von Liebenswiirdigkeit, Freundlichkeit und Offenheit, ohne servil zu sein, er lachelt, ist hilfsbereit - und gleichzeitig wiirdevoll. Wir konnten jede poli tische Frage stellen - dagegen blieben personliche Dinge eher aus gespart -, und nach einer Stunde bereits war klar, dag die grogte Siinde dessen, der nach China kommt, nicht darin besteht, die falsche Frage zu stellen, sondern auf kritische Fragen iiberhaupt zu verzichten. Andererseits hatten wir nicht damit gerechnet, d~ das Land, materiell gesehen, so arm sein und dem nach Schonem Ausschau haltenden Auge so wenig bieten wiirde. Ganz sicher ist China nicht das, was man im Westen als "Entwicklungsland" bezeichnet - das Land ist wirtschaftlich autonom, die Grundbediirfnisse der Massen haben absolute Prioritat. Aber zumindest fur unsere westlichen Augen war der erste Eindruck der eines Landes, in dem praktisch nichts neu aussieht, nichts glitzert; alles ist sauber, aber irgendwie geflickt, repariert, grau und ein wenig zusammen gewiirfelt. Man schaut bei einer den Fremden freundlich heran winkenden und lachelnden Familie herein, die in einer sehr klei nen Wohnung lebt, und begreift unmittelbar, dag die Asthetik, die mit China assoziiert wird, Merkmal und Vorrecht der feudalen Oberschichten gewesen sein mug. Oder man kommt, fast andach tig, in eine Volkskommune oder eine Fabrik, und der erste Ein druck ist bloge Unordnung, Unrat hier, Arbeitsmaterial dort, kleine und groge Hauser, vollig unterschiedlich in Typ, Form und Bauweise, einfach durcheinander, Staub, praktisch kein Busch, keine Blume, die das Auge erfreuen konnten. Spater verbinden sich diese beiden Haupteindriicke zu einer Art Einheit, die sich vielleicht in die Formel fassen lagt: 1m We sten entwickeln wir Dinge, nicbt Menscben - bier dagegen steben die Menscben im Mittelpunkt; im Westen und in Japan haben wir eine glitzernde Oberfiache, gelackt und poliert, unter der sich eine konventionelle und ungerechte Sozialstruktur verbirgt - hier ist die Struktur der zentrale Punkt, weil sie die Voraussetzung fiir die Entfaltung des Menschen bildet.So denkt man aber zunachst nicht, man iiberl1igt sich vielmehr den viel faltigen Eindriicken, die auf einen einstiirmen. 12

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.