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Vom traditionellen China zum modernen Taiwan: Die Entwicklung funktionaler Differenzierung am Beispiel des politischen Systems und des Religionssystems PDF

818 Pages·2004·37.05 MB·German
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Chih-Chieh Tang Yom traditionellen China zum modern en Taiwan SOZIALWISSENSCHAFT Chih-Chieh Tang Yom traditionellen China zum modernen Taiwan Die Entwicklung funktionaler Differenzierung am Beispiel des politischen Systems und des Religionssystems Deutscher Universit~its-Verlag Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet tiber <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Dissertation Universitat Bielefeld, 2002 1. Auflage November 2004 Aile Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004 Lektorat: Ute Wrasmann / Ingrid Walther Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.9s unzulassig und strafbar. Das gilt insbe sondere fUr Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dtirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN-I3:978-3-8244-4543-1 e-ISBN-13:978-3-322-81311-4 001: 10.1007/978-3-322-81311-4 Vorwort Gegenstand dieser Untersuehung ist die gesellsehaftliehe Entwieklung yom arehaisehen iiber das traditionelle China bis zum modemen Taiwan. Sie wird anhand ihrer eigenen Dynamik und vor allem in Bezug auf die Problematik der funktionalen Differenzierung besehrieben. Zunaehst wird eine soziologisehe Analyse dieser Gesehiehte angestrebt und daran an sehlieBend eine kiinftige mogliehe Theoriebildung anvisiert. lnsofem ist das hier vorliegende Ergebnis nur ein grobes Programm fur kiinftige Untersuchungen und unvermeidlieh liieken haft sowie verbesserungsbediirftig. leh habe es deshalb gewagt, soleh ein umfangreiehes Thema ungeaehtet meiner Unzulangliehkeiten als ein AnHinger in der Wissensehaft zu behan deln, weil ieh denke, dass man nieht aus dem Bliekfeld des gegebenen Paradigmas treten konnte, wenn man imrner nur ein einzelnes, eng umrissenes Thema unter der Regie desselben untersuehte. Andererseits ist es bedauerlieh und den ehinesiseh spreehenden bzw. den mit China befassten Soziologen reeht peinlieh, dass die meisten der heutigen Soziologen noeh immer nur Max Webers klassisehes Werk zitieren, wenn sie iiber ehinesisehe Verhaltnisse reden, und offenbar keine Ambitionen haben, den betraehtliehen Ergebnissen der naeh der Zeit Webers vorgenommenen einzelnen sinologisehen Forsehungen Aufmerksamkeit zu sehenken. Wenn meine synthetisehe Arbeit aus soziologiseher Perspektive zum Austauseh zwischen der Soziologie und der Sinologie beitragen kann, so hat sieh mein riskanter Versueh trotz maneher Mangel gelohnt. Ohne Zweifel ware eine Untersuehung solehen Urn fangs ohne die Hilfe anderer Men sehen unvorstellbar gewesen. Zunaehst moehte ieh Herm Prof Rudolf Stichweh und Herm Prof Dirk Baecker fur ihre Betreuung meines Dissertationsvorhabens danken. Von ihnen bekam ieh nieht nur oft hilfreiehe Vorsehlage und freundliehe Ermutigung, sie reagierten aueh mit vertrauensvoller Toleranz. Auch des groBen Theoretikers Niklas Luhmann gedenke ieh in groBer Wertsehatzung, aueh wenn ieh leider keine Chance hatte, ihn personlich kennen zulemen. Erst seine Systemtheorie hat mir das Motiv und den Mut gegeben, mieh an diese anspruehsvolle und riskante Untersuehung zu machen. Ihr Einfluss ist innerhalb meiner Arbeit leicht zu erkennen. Aueh den vielen Autoren, deren Werke in meinem Bueh zitiert wurden, mochte ieh meinen Respekt zollen, egal, ob ich ihre jeweiligen Meinungen teile oder nieht. Meine Untersuehung ware ohne ihre vorausgegangenen Bemiihungen als Basis ganz unvorstellbar gewesen. Daneben ist es mir wichtig, dem DAAD meine Dankbarkeit bezeugen. Olme seine finan zielle Unterstiitzung ware meine Untersuchung unmoglieh gewesen. Auch die vielen Freunde in Bielefeld sind zu erwiihnen. Sie boten mir sowohl Unterstiitzung hinsiehtlich meiner allgemeinen Lebensumstande als aueh beziiglieh meiner wissensehaftlichen Arbeit. Unter ihnen mochte ieh namentlieh Kuei-Hsien Lu, lui-Hsiang Huang und Chung-Chih Chen wegen ihres direkten Einflusses aufmeine Arbeit Dank sagen. Ebenso sei die Fiirsorge von Professor Chung-Hwa Ku und die GroBziigigkeit von Professor Chih-Ming Ka, mir sein jiingstes Buch v zu tibereignen, hier mit herzlichem Dank erwahnt. AuBerdem war die Korrektur meines deutschen Freundes Michael ein nicht zu vemachlassigender Beitrag zu meiner Arbeit. An seiner Arbeits- und Denkweise erkarmte ich, was deutsche Griindlichkeit im positiven Sinne sein karm. Hier mochte ich auch Frau Walther fur ihre sorgfliltige redaktionelle Hilfe Dank sagen. Unvergesslich ist noch die Untersttitzung der zahlreichen Freunde in unterschiedlichen Weltgegenden, die mir bei der Materialsammlung behilflich waren. Obwohl eine Liste ihrer Namen leider zu lang ware, urn hier angefuhrt zu werden, lebt ihre Freundlichkeit immer in meinem Herzen. Last but not least sei vor allem meiner Familie gedankt. Ihre UnterstUtzung war die wichtigste vorantreibende Kraft fur mein Studium. Ohne die Ermutigung und die Hilfe meiner lieben Frau, Ling-Yee Lee, hatte ich angesichts der Trauer tiber den Tod meines Vaters den Selbstzweifel wahrend meines Promotionsstudiums kaum bewaltigen konnen. So glticklich ich war, endlich meine Promotion erlangt zu haben, so traurig war es, dass es so spat geschehen ist, so dass mein Vater dies nicht mehr erleben konnte. Erst jetzt karm ich nachvollziehen, warum die alten chinesischen Gelehrten gegentiber einem Absolutheit beanspruchenden Wissensdrang eher einen vorsichtigen Agnostizismus vertreten und dem Ahnenkult - mit seiner Vorstellung der moglichen Existenz von Geistem - sowohl aus der Absicht der Belehrung als auch aus dem Grunde des Vermissens der Ahnen immer treu geblieben sind. Dem Gedenken meines Vaters Chi-lung Tang sei das Buch gewidmet. VI Inbaltsverzeicbnis Vorwort V Inhaltsverzeichnis IX Hinweise zur Transkription und Verwendung chinesischer Bezeichnungen XV Zeittafel XVII Taiwans Geschichte im Oberblick XIX I. Fragestellung: Ein anderer Weg zur funktionalen Differenzierung 1.1. Funktional differenzierte Weltgesellschaft I 1.2. Selbst-/Fremdreferenz 2 1.3. Beobachtung zweiter Ordnung 5 1.4. Taiwan als Transformationsgesellschaft 8 1.5. Einige Erkliirungen zum Ansatz II 1.6. Gliederung 16 2. Die traditionelle chinesische Gesellschaft und die Besonderheiten der gesellschaftlichen Entwicklung Taiwans 17 2.1. Von der Siedlung zum "Stadtstaat" 19 2.1.1. Die Ausdifferenzierung der Familie und die Form der Segmentation 19 2.1.2. Die Asymmetrie als Anlass zum Strukturwandel der segmentaren Gesell- schaft 22 2.1.3. Verdiensthelden, segmentare Lineagen und My then der Ahnen 23 2.1.4. Die Institution von Li und die rituellen Gerate 26 2.1.5. Der Krieg und die Stadt!Land-Differenzierung 29 2.1.6. Die Entstehung des Stadtstaates im Kontext der Stratifikation, der Stadt! Land-Differenzierung und der Segmentation zwischen den Staaten 30 2.2. Das Feudalreich: Eine spezielle Kombination der Stratifikation und Zentruml Peripherie-Differenzierung 34 2.2.1. Die Belehnung und die Biirokratie als funktionale Aquivalente der Regierung 34 2.2.2. Der Feudalismus als eine evolutionare Errungenschaft 38 2.2.3. Die bewaffuete Kolonisation als Kern des Feudalismus der Zhou-Zeit 43 2.2.4. Die Merkmale der Form des Feudalreiches 45 2.2.5. Die Institution Zongfa 50 2.2.6. Die Beziehung zwischen dem Monarchen und dem Beamten und die Ethik "Xinyi" 54 VII 2.2.7. Der Zusammenhang zwischen der Ausdifferenzierung des Systems auf hoherer Ebene und seiner internen Differenzierung 57 2.2.8. Die Kosmologie des "Denkens des Einen" und die Ersetzung von Ti durch Tian 61 2.2.9. Die Homologie zwischen der sozialen und der kosmischen Ordnung 65 2.2.10. Die Entstehung des "Mittelstaates" im Kontext der Unterscheidung HuaxiaiManyi 67 2.3. Der Obergang zur funktionalen Differenzierung und der Aufstieg des biiro- kratischen Reiches 73 2.3.1. Die selbstzerstorerischen Faktoren im Feudalismus 74 2.3.2 Die Leistungsorientierung und die Auflosung der geschlossenen Status- hierarchie 75 2.3.3. Yom Feudalismus zum biirokratischen Verwaltungssystem "Junxian" 78 2.3.4. Die Entstehung der Gesellschaft des "Bianhu-Qimin" 81 2.3.5. Die Ausdifferenzierung der Funktionssysteme 83 2.4. Ein langfristiger Stillstand ohne Veranderungen? 92 2.4.1. Die neuen Situationen nach der politischen Vereinigung 92 2.4.2. Der Aufstieg der Gelehrten-Lineagen und die Entstehung der Mendi- Gesellschaft 99 2.4.3. Der Strukturwandel wahrend der Tang-und der Song-Zeit 106 2.4.3.1. Die Verstarkung der Autokratie und die Errichtung der Staatspriifung 106 2.4.3.2. Die Intensivierung der Geldwirtschaft und die Lockerung der per- sonlichen Angehorigkeit 110 2.4.3.3. Das neue Muster der Urbanisierung und der Aufstieg der volkstiim- lichen Konsumptionskultur 124 2.4.3.4. Die religiose Wende zur Sakularisierung 126 2.4.3.5. Die Innovation des Verbreitungsmediums 126 2.4.4. Die Gentrygesellschaft, die neue Hierarchie der Status und die Reaktion des politischen Systems auf die Tendenz zur VerselbsUindigung der anderen Funktionssysteme 130 2.5. Bemerkungen zu einigen Merkmalen der traditionellen chinesischen Gesell- schaft 143 2.5.1. Die Ultrastabilitat der traditionellen chinesischen Gesellschaftsfonnation 143 2.5.2. Die traditionellen chinesischen Denkmuster und die YinfYang-Dual- struktur 149 2.5.3. Der Personenbezug, der Familismus und die personliche Beziehung 158 2.6. Die Besonderheiten der Entwick1ungen Taiwans 166 2.6.1. Die sich in der Situation an der iibersehenen Grenze befindende Emi- grantengesellschaft 167 VIII 2.6.2. Die Wende zur Modernisierung in der japanischen Kolonialzeit 172 2.6.3. Das schnelle Vergessen und das rasche Tempo des gesellschaftlichen Wandels in der Emigrantengesellschaft 183 3. Der Staat, die Macht, die Demokratie und die Nation 191 3.1. Der Staat 192 3.1.1. Die Politik 194 3.1.2. Tianxia versus Staat 202 3.1.3. Nation 221 3.1.4. Die Entstehung des Staates als Machtorganisation und als Selbstbe schreibung des politischen Systems in Taiwan 237 3.2. Die Macht 248 3.2.1. Die moralische Politik, die symbolische Politik und die YinlYang-Dual- struktur 249 3.2.2. Kaisertum versus Kanzlerschaft 265 3.2.3. Die an die Gentry gekoppelte doppelgleisige Machtstruktur 279 3.2.4. Der Klientelismus nach der Einfuhrung des modernen Wahlmechanismus 290 3.3. Publikum, offentiiche Meinung und Offentlichkeit 309 3.3.1. Die "Wahl" und die politische Inklusion im traditionellen China 309 3.3.2. Offentiiche Meinung und Offentlichkeit im traditonellen China 315 3.3.3. Die Offentiichkeit in der neuen Gesellschaftsformation und die Geburt des Publikums 326 3.4. Nichttriviale Regimetransformation 358 3.4.1. Die autoritare Herrschaft des KMT-Regimes 359 3.4.2. Die Initiierung der politischen Transformation 378 3.4.3. Die Wahlen als die Entwicklung des politischen Systems antreibender Mechanismus 411 3.4.4. Die Anderung der politischen Strukturen wahrend der Demokratisierung 427 3.5. Die "Shengji", die Ethnien, die Nation und der Streit urn VereinigungiUnab- hangigkeit 438 3.5.1. Das traditionelle territoriale Bewusstsein der Herkunft "Jiguan" 440 3.5.2. Die Entstehung einer Identitat der Taiwaner in der japanischen Kolo- nialzeit 453 3.5.3. Die "Shengji"-Differenz unter der autoritaren Herrschaft der KMT 478 3.5.4. Der ethnische Streit und der Streit urn VereinigungiUnabhangigkeit in der politischen Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg 490 3.5.5. Die neue Entwicklung der Wende zu den Diskursen der Ethnien und des "Staates der Staatsbtirger" 503 IX 4. Die Humanisierung, die Segmentierung, die Sakularisierung und die religiose Unordnung 511 4.1. Humanisierung 513 4.1.1. "Abbruch des Kommunikationskanals zwischen Himmel und Erde" versus "Turmbau zu Babel" 514 4.1.2. Die Trennung zwischen der mensch lichen Welt und der Geisterwelt 515 4.1.3. Die Vorstellungen iiber die Seele und der Glaube an Gotter und Toten- geister 517 4.1.4. Die positiven und die hemmenden Auswirkungen des Konfuzianismus auf die Ausdifferenzierung der Religion 520 4.1.5. Das Himmelsmandat und die staatlichen Kulte - die strukturelle und operative Koppeiung zwischen dem politischen und dem religiosen System 524 4.1.6. Der Volksglaube - der Sensor des Religionssystems f1ir seine auBere Umwelt 527 4.2. Segmentiire Differenzierung 530 4.2.1. Segmentation: Eine voraussetzungslosere Form der Differenzierung 530 4.2.2. Der Fall des Ahnenkultes: Eine aus "Fang" bestehende segmentiire Hierarchie 532 4.2.3. Der Fall des Volksglaubens: Der Opferkreis, der Glaubenskreis und die Hierarchie von Xianghuo 540 4.2.4. Der Fall des Taoismus: Der Wohnort des patrimonial en Himmelsmeisters, der Berg Longhu, als Zentrum? 544 4.2.5. Der Fall des Buddhismus: Die Differenzierung der verschiedenen Schulen unter dem einheimischen Rahmen von Panjiao 550 4.2.6. Der kompositorische Glaube unter der Form der Segmentation 555 4.2.7. Die Reflexionsform des Synkretismus 559 4.3. lnklusion 564 4.3.1. Die schwierige Lage des traditionellen Volksglaubens 565 4.3.2. Die Beschriinkung des religiosen Taoismus als einer einheimischen Religion 568 4.3.3. Die Paradoxie der buddhistischen Form "Chujia" 570 4.3.4. Der Durchbruch der buddhistischen Chan-Siidschule und des Glaubens an Jingtu 573 4.3.5. Der Aufstieg der Volksreiigionen 580 4.4. Sakularisierung 585 4.4.1. Eine Erkliimng der Begriffsverwendung 586 4.4.2. Die Selbstbeobachtung und die Reaktion des Religionssystems 590 4.4.3. Die Zunahme der Leistungsorientierung 593 x

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Seit Max Webers Artikel "Konfuzianismus und Taoismus" sind im Hinblick auf das makrosoziologische Wissen über China keine grundlegenden Fortschritte zu verzeichnen. Ausgehend von den Gegebenheiten des heutigen Taiwan in der modernen Weltgesellschaft untersucht Chih-Chieh Tang die gesellschaftliche
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