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"Vogelbilharzien" als Erreger einer Hautkrankheit: die Zerkariendermatitis PDF

11 Pages·2002·1.2 MB·German
by  AuerHerbert
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Preview "Vogelbilharzien" als Erreger einer Hautkrankheit: die Zerkariendermatitis

© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at „Vogelbilharzien" als Erreger einer Hautkrankheit: die Zerkarien-Dermatitis Herbert AUER & Horst ASPÖCK 1 Einleitung 322 2 Historisches 323 3 Biologie der Erreger 323 3.1 Lokalisation und Entwicklung 323 3.2 Übertragung 324 4 Die Verbreitung der Zerkarien-Dermatitis und ihrer Erreger 324 4.1 Mitteleuropa 324 4.2 Die Vogelbilharzien und die Zerkarien-Dermatitis in Österreich 325 5 Die Zerkarien-Dermatitis 325 5.1 Klinische Symptomatik 325 5.2 Pathogenese und Immunologie 325 6 Diagnostik 328 7 Therapie 329 8 Prophylaxe 329 9 Zusammenfassung 329 10 Literatur 329 Denisia 6, zugleich Kataloge des OÖ. Landesmuseums, Neue Folge Nr. 184 (2002), 321-331 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abstract: intermediate hosts. Cercarial dermatits has been known in Austria for more than 30 years, and cases of this helminthic Bird schistosomes as causative orga- disease have been observed in nearh all provinces. Only two nisms of a human skin disease: cercarial species have been determined so far to cause this disease: Tri- chobilharzia szidaliand Bilharziellapolonica. However, we ha- dermatitis ve to assume that several other bird schistosomes occur in our country. Clinical, diagnostic, therapeutic and prophylactic Cercarial dermatitis (swimmer's itch) is a skin disease that aspects are included in this review of a sometimes spectacular occurs troughout the world, and thus also in central Europe- but usually harmless parasitosis. an countries. It is characterized by itching and skin papula- tion and is caused by larval stages of bird schistosomes. The Key words: Cercarial dermatitis, Trichobilharzia spp., Bil- final hosts are birds (e.g. ducks) but pulmonate snails act as harziella polonica, Austria. 1 Einleitung zia, Austmbilharzia, Bilharziella, Trichobilharzia, Gi- gantobilharzia) werden unter dem Begriff „Vogelbilhar- Unter Zerkarien-Dermatitis versteht man jene klini- zien" zusammengefasst, weil Vögel, insbesondere Was- schen Haut-Manifestationen, die durch wiederholtes Ein- servögel, als Endwirte dieser Saugwürmer fungieren. dringen von Schistosomatiden-Larven (Zerkarien) (Tab. I) Zwischenwirte sind im Süß-, Brack- oder Salzwasser le- hervorgerufen werden und durch Juckreiz. Hautrötung an bende Lungenschnecken. den Eindringstellen sowie durch Papel- und Quaddelbil- In Mitteleuropa sind derzeit nur einige wenige Arten dung gekennzeichnet sind. Andere Bezeichnungen für der Genera Bilharziella, Trichobilharzia und Gigantobil- diese Helminthozoonose sind: Badedermatitis, Schwimm- harzia als Erreger einer „Badedermatitis" bekannt (NEU- dermatitis. Reisfeldkrätze, Entenwurm-Krankheit, swim- HAUS 1952; DÖNGES I965; MÜLLER & KIMMIG 1994), un- mer s itch. Die Zerkarien-Dermatitis ist eine weltweit ter diesen kommt den Trichobilharzia-Arten die größte vorkommende Helminthose, fünf Genera (Ornithobilhur- Bedeutung zu. Die systematischen Beziehungen der dem Tab. 1: Übersicht über die wichtigsten, als Dermatitis-Erreger beim Menschen beschriebene Schistosomatiden-Gattungen (nach HORÄK & Koi^ftovA 2001). Genus Vorkommen Zwischenwirt Endwirt Subfamilie S»histosomatinac Austmbilharzia Weltweit Vorderkiemer Vögel Subfamilie Bilharziellinae Bilharziella Nördliche Hemisphäre Lungenschnecken Vögel Trichobilharzia Weltweit Lungenschnecken Vögel Subfamilie Gigantobilharziinae Dendritobilharzia Weltweit Unbekannt Vögel Gigantobilharzia Weltweit Lungenschnecken, Vögel Hinterkiemer Tab. 2: In Europa vorkommende Trichobilharzia-Arten (HORAK 2002)* Problematische Erstbeschreibung, systematische Stellung unsicher, bedarf weiterer Untersuchungen. *Trichobilharzia kowalewskii (EJSMONT. 1929) MCMULLEN & BEAVER, 1945 *Trichobilharzia filiformis (SZIDAT, 1938) MCMULLEN & BEAVER, 1945 'Trichobilharzia ocellata (LA VALETTE, 1855) BRUMPT, 1931 Trichobilharzia szidati NEUHAUS, 1952 Trichobilharzia franki MÜLLER & KIMMIG, 1994 Trichobilharzia regenti HORÄK, KOLAROVA & DVORAK, 1998 Trichobilharzia salmanticensis SIMON MARTIN & SIMON VrNCENTE, 1999 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Genus Trichobilharzia zugeordneten Taxa sind allerdings karien von Bilharziella polonica, einem in den Mesenter- unzureichend geklärt. Drei Zerkarien-Dermatitis erre- ialgefäßen von Enten lebenden Trematoden, sehr ähnlich gende Spezies - T. szidati NEUHAUS, 1952, T.franki MÜL- sind. Auch Emile BRUMPT (1931) konnte in den Folgejah- LER & KJMMIG, 1994 und T. regenti HORAK, KOLÄROVÄ & ren ebensolche Beobachtungen bestätigen, mehr noch, er DVORAK, 1998 — sind gut abgegrenzt und können als va- fand nach experimenteller Infektion von Enten mit „C. lide betrachtet werden (Tab. 2). Eine weitere Spezies, T. ocellata", die Adulttiere sowie die Eier von B. polonica in salmanticensis wurde kürzlich von SIMON MARTIN & Si- den Enten. Schließlich führte BRACKETT im Jahr 1940, MÖNVINCENTE (1999) beschrieben; ob diese Art auch der nach mehreren natürlich erfolgten Infektionen, einen Erreger einer Dermatitis beim Menschen ist, ist noch Selbstinfektionsversuch mit „C. stagnicola" und „C. nicht geklärt. Nach wie vor nicht beantwortbar ist auch ocellata" durch, exzidierte die Hautläsionen 29 bzw. 50 die Frage, was die vor mehr als 100 Jahren von LA VA- Stunden später, konnte allerdings keine Zerkarien, wohl LETTE beschriebene T. ocellata ist und ob eine der oben aber intensive Entzündungsreaktionen nachweisen. genannten Arten ein Synonym darstellt (BLAIRS & ISLAM In den Folgejahren wurden weltweit immer wieder 1983;CEJKA 1998). Fälle von Dermatitiden bekannt, die durch Zerkarien von Arten der Subfamilien Schistosomatinae, Bilharziellinae und Gigantobilharziinae verursacht werden, als deren 2 Historisches Endwirte Vögel und als deren Vektoren Schnecken der Gattungen Chilina, Physa, Planorbis, Polypis, Stagnico- Die Geschichte der Zerkarien-Dermatitis beginnt mit la, Lymnaea und Radix beschrieben wurden (DÖNGES einem zufalligen Ereignis: W.W. CORT, Professor für Hel- 1965; KOLÄROVÄ et al. 1989, 1992, 1997; HORAK & KO- minthologie an der John Hopkins University School of LÄROVÄ 1997). Hygiene and Public Health in Baltimore, sammelte am Morgen des 16. Juli 1927 Schnecken am Nordufer des La- ke Douglas (Michigan/USA) und brachte sie zur Artbe- 3 Biologie der Erreger stimmung in die Biologische Station (CORT 1928). Beim Hantieren und Sortieren der Schnecken hatte er seine lin- 3.1 Lokalisation und Entwicklung ke Hand im Wasser, mehrere Minuten später verspürte er plötzlich ein Prickeln am Handrücken und an den beiden Die natürlichen Endwirte der (mitteleuropäischen) Seiten des Handgelenks; dann wurden zahlreiche an In- Schistosomatidae sind Wasservögel, insbesondere Arten sektenstiche erinnernde Erytheme sichtbar. Er wusch sei- der Familie Anatidae (Enten) (Abb. l). Diese beherbergen ne Hände mit Seifenwasser und badete sie in Alkohol, die adulten 5 bis 6 mm langen Egel in den darmnahen doch innerhalb weniger Minuten entwickelten sich über Blutgefäßen (oder bei Trichobilharzia regenti: Gefäßen den gesamten Handrücken Urticaria-ähnliche Efflores- des Nasenraums), die Weibchen legen die durch einen zenzen, denen während der folgenden 48 Stunden inten- Stachel charakterisierten Eier noch in den Blutgefäßen siver Juckreiz folgte. CORT sortierte die verschiedenen ab, die Eier ulzerieren in den Darm und werden mit dem Schneckenarten in separate Gläser, füllte diese mit Was- Kot ausgeschieden. Im Wasser schlüpfen aus den Eiern ser und konnte schon bald aus drei Individuen der Gattung Larven, die Mirazidien, die sich positiv phototaktisch und Lymnaea massenhaft Zerkarien ausschwärmen sehen, die negativ geotaktisch orientieren und die, von geeigneten er als „Cercaria elvae" identifizierte1. Mollusken (v.a. Lungenschnecken der Familie Lymnaei- Schon einige Monate später bestätigten CHRISTENSON dae) chemotaktisch angelockt, in die Haut dieser & GREENE (1928) die Beobachtungen von CORT an meh- Zwischenwirte eindringen. Innerhalb von zwei bis drei reren Seen in Minnesota, sie konnten „Cercaria elvae" Monaten entwickeln sich die Mirazidien in der Mittel- aus Lymnaea stagnalis isolieren. Noch im selben Jahr darmdrüse der Schnecke über ein Mutter- und Tochter- wurde in einem künstlichen Badegewässer in der Nähe sporozysten-Stadium zu Zerkarien, die noch in der von Cardiff (Wales) ein Badedermatitis-Ausbruch durch Schnecke überwintern. Mit zunehmender Wassererwär- „Cercaria elvae'1 registriert (MATHESON 1930). Im Jahre mung im Frühjahr und Sommer verlassen die Zerkarien 1930 stellten TAYLOR & BAYLIS fest, dass „C. elvae" mit (Abb. 2) die Schnecken und versuchen, in die Haut eines „C. ocellata" identisch ist und dass „C. ocellata" den Zer- geeigneten Endwirtes (z.B. eines Entenvogels) einzudrin- 1 Ehe man die Zerkarien als letztes Larvenstadium der zum Teil längst beschriebenen Trematoden darstellte, konnte man sie also diesen nicht zuordnen und beschrieb sie daher in der Gattung „Cercaria" MÜLLER, 1773. © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Haupt-Endwirt (Anas phttyrhynchos) Fehlwirt adulte Trematoden (Mensch) Trematoden-Eier- Zerkarie Mirazidium Sporocysten Haut/Penetration Zwischen wirt (Radix auricularia) Abb. 1: Entwicklungszyklus von Trichobilharzia sp. (nach ALLGÖWER 1999) gen. Eine Wasserschnecke kann pro Tag mehrere tausend bei eine höhere „Attraktivität" als Fettsäuren von Enten zu Zerkarien ausscheiden, die Überlebenszeit der Zerkarien besitzen (HAAS & VAN DEN ROEMER 1997). Im Menschen hängt von der Wassertemperatur ab und liegt bei 20 °C können sich die eingedrungenen Schistosomula allerdings zwischen 48 und 60 Stunden. Wie die Mirazidien orien- nicht zum Adulttier entwickeln, es gelingt ihnen aber mit- tieren sich auch die Zerkarien positiv photo- und negativ unter, bei einer Erstinfektion bis in die Lungen vorzudrin- geotaktisch. Positive thermo- und chemotaktische Reize gen, wo sie schließlich resorbiert werden. Schistosomula (z.B. Zeramide, Cholesterol) sind für die Wirtsfindung der Spezies T. regenti konnten in Mäusen nicht in der Lun- notwendig (HORÄK & KOLÄROVÄ 2001), Fettsäuren des ge, sondern im Zentralnervensystem nachgewiesen wer- Endwirts stimulieren das Eindringen der Zerkarien in die den. Ob die Affinität der Schistosomula von T. regenti Haut. Die Penetration erfolgt mit Hilfe von Drüsensekre- zum Zentralnervensystem auch im Menschen besteht, ist ten, die u.a. Lektine und andere biologisch aktive Kompo- allerdings noch nicht geklärt. nenten (z.B. Proteinasen) beinhalten (HORAK & KOLÄRO- VA 2001). Vor dem Eindringen in die Haut des Wasservo- gels wirft die Zerkarie den Ruderschwanz ab und wird 4 Die Verbreitung der Zerkarien-Dermatitis zum Schistosomulum, das hämatogen transportiert wird und ihrer Erreger und letztlich in den Mesenterialgefößen (oder Gefäßen des Nasenraumes) zum männlichen oder weiblichen 4.1 Mitteleuropa Adulttier heranwächst; damit ist der Kreislauf geschlossen. Die Zerkarien-Dermatitis ist (mit Ausnahme der An- tarktis) eine weltweit verbreitete, durch mehrere Schisto- 3.2 Übertragung somatiden-Spezies hervorgerufene Hautkrankheit (Tab. l), in Mitteleuropa sind vor allem aus Deutschland, der Die Infektion des Menschen erfolgt durch zufalliges Tschechischen Republik sowie Österreich Beobachtun- Eindringen der (ozellaten Furko-) Zerkarien in die Haut gen über deren Auftreten und der Erreger (ausschließlich beim Waten, Tauchen, Schwimmen oder beim Arbeiten der Genera Trichobilharzia, Bilharziella, Gigantobilhar- und Hantieren im Wasser (z.B. beim Einsammeln biologi- zia) bekannt (NEUHAUS 1952; ZAJICEK 1963; ZDÄRSKA scher Proben oder beim Ausfischen in Fischzuchtanstal- 1963; KILIAS & FRICK 1964; ZAJICEK & VALENTA 1964; ten). Fettsäuren auf der Haut des Menschen scheinen da- DÖNGES 1965; ODENING 1965, 1996; HOHORST& ENDERS © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 1972; KIMMIG & MEIER 1985; KOLÄROVA et al. 1992, 1997; KOLÄROVÄ & HORAK 1996; ALLGÖWER & MA- TUSCHKA 1993; MÜLLER et al. 1993, MÜLLER & KIMMIG 1994;AuERetal. 1999). 4.2 Die Vogelbilharzien und die Zerkarien-Derma- titis in Österreich Die Geschichte der Zerkarien-Dermatitis in Öster- reich beginnt im Jahre 1971, als Gernot GRAEFE im Neu- siedlersee und in Niederösterreich erstmals über das Auf- treten dieser Helminthozoonose berichtete und ihm auch der Nachweis von T. szidati gelang (GRAEFE 1971 )(Tab. 3). Abb. 2: Zerkarie von Thchobilharzia sp. Obwohl bis heute in ganz Österreich - mit Ausnahme von Vorarlberg - Zerkarien-Dermatitis immer wieder, insbe- sondere in heißen Sommern, beobachtet werden konnte, sind bislang ausschließlich zwei Erreger isoliert und be- stimmt worden: Thchobilharzia szidati (aus Lymnaea stagnalis, Radix auhcularia, R. peregra) in Niederöster- reich und Bilharziella polonica (aus Planorbarius cor- neus) im Burgenland (GRAEFE 1971; AUER & ASPÖCK 1995; KOLAROVA et al. 1997, HORAK & KOLAROVA 1997. DVORAK et al. 1999). Nachweise von Trichobilharzia sp. bzw. von ozellaten Furkozerkarien liegen aus den Bundes- ländern Tirol, Salzburg, Wien, Niederösterreich und der Steiermark vor (AUER et al. 1999; SATTMANN et al. 1997). Während der letzten Wochen wurden mehrfach Zerka- rien-Dermatitis-Fälle aus der Steiermark (Weihermühle. Badesee bei Graz) (REINTHALER 2002, persönliche Mittei- lung) und aus einem Badeteich bei Mödling (SATTMANN Abb. 3: Typisches Bild einer Zerkarien-Dermatitis. Sie trat bei 2002, persönliche Mitteilung) bekannt. Es besteht indes Herrn Dr. H. SATTMANN - einem Autor dieses Buches (p.271) - nach Aufenthalt im Badesee Seedörfl (bei Aachau, südöst- kein Zweifel, daß in Österreich - neben T. szidati und B. lich von Wien) auf. Am frühen Nachmittag des 3. Juli 2002, polonica - noch weitere „Vogelbilharzien" (z.B. T.franki, wenige Minuten nach dem Kontakt mit dem Wasser, setzte möglicherweise T. regenti und/oder andere) vorkommen. heftiger Juckreiz ein, der etwa 2 Stunden anhielt und dann allmählich - bis zum Abend völlig - verschwand. Am näch- Entsprechende ökologische und molekular- sten Morgen waren die Beine allerdings mit heftig juckenden epidemiologische Untersuchungen zur Feststellung des Quaddeln übersät. Diese Aufnahme wurde am 5. Juli 2002, Erregerspektrums der Zerkarien-Dermatitis in Österreich also 2 Tage nach dem Kontakt mit den Zerkarien, (während der Vorstandsitzung der Österr. Ges. f. Tropenmed. u. Parasi- werden derzeit vorbereitet (OBWALLER et al. 2001a, b). tologie) gemacht. Die Quaddeln und der Juckreiz blieben noch 2 weitere Tage bestehen und verschwanden dann, eini- ge weitere Tage bestand noch ein Erythem. 5 Die Zerkarien-Dermatitis (Abb. 3). Die Symptomatik klingt nach 10 bis 20 Tagen 5.1 Klinische Symptomatik ab; bei hypersensibilisierten Patienten können Fieber und Regulationsstörungen des Blutkreislaufs auftreten. Erstinfektionen verlaufen in der Regel klinisch inap- parent, es kann jedoch auch schon wenige Minuten nach dem erstmaligen Kontakt ein Prickeln oder leichtes Haut- 5.2 Pathogenese und Immunologie jucken auftreten, das von kleinen Erythemen begleitet ist. Bei sensibilisierten Patienten stellt sich meist erst einige Nach der Penetration der menschlichen Haut werfen Stunden nach der Exposition starker Juckreiz ein, und es die Zerkarien die Glykokalyx ab und bauen eine Doppel- entwickeln sich erythematöse, ödematöse Quaddeln membran auf. Zum Schistosomulum geworden, beginnen © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tab. 3: Übersicht über alle bisher publizierten und mündlich mitgeteilten Hinweise zum Vorkommen von Zerkarien- Dermatitis in Österreich, NW = Nachweis. Gebiet NW v. adulten NW v. ozellaten NW v. ozellaten Auftreten von Autor/ Schisto- Furkozerkarien Furkozerkarien Badedermatitis Beschreiber; somatiden aus dem im Gewässer Literaturquelle im Endwirt Zwischenwirt oder in Wasserproben Vorarlberg - - - - - - Tirol Natterersee Furkozerkarien Registrierung von ALLERBERGER et al. in einer Wasser- 23 Patienten 1994 probe aus dem (Alter zwischen mit Planorbiden 5 und 66 Jahre) besetzten Makro- im Raum phytenbestand des Innsbruck Natterersees (August 1992 Salzburg Wallersee und Auftreten von in KONE«NY & Wolfgangsee Fällen von Bade- SATTMAN 1996 dermatitis (1994) Wallersee Trichobilharzia sp. - - JEKEL & ZICK Schilfgürtel in Stagnicola fuscus 2002 Oberösterreich Attersee Auftreten von in KONE«NY & Badedermatitis SATTMAN 1996 (1992) Niederösterreich Donau-Altarm bei Nachweis von aus Auftreten von GRAEFE et al. Fischamend Lymnaea stagnalis Hautausschlägen 1973 ausschwärmenden bei Kindern Zerkarien (vermut- (August 1971) lich Trichobilharzia szidati) Sitzenberger Trichobilharzia Kleine GRAEFE et al. Badeteiche szidati in 28 von Badedermatitis- 1973 2252 gesammelten Epidemie Lymnaea (Erwachsene, stagnalis; T. szidati Jugendliche, in 1 von 3 Radix Kinder) Juli 1973 auricularia St. Veit an der Auftreten einiger in KONESNY & Gölsen (Gölsen Fälle von Bade- SATTMAN 1996 Wehr) dermatitis (1983) Stopfenreuther Au Auftreten von eini- in KONESNY & gen Fällen von SATTMAN 1996 Badedermatitis (1994) Wr. Wald, Trichobilharzia DvoftÄK et al. Rekawinkel, Am szidati in 7 von 1999 Hagen 128 Lymnaea stag- nalis Schönau/Donau Trichobilharzia sp. DVORAK et al. in 3 von 78 Radix 1999 peregra © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Gebiet NW v. adulten NW v. ozellaten NW v. ozellaten Auftreten von Autor/ Schisto- Furkozerkarien Furkozerkarien Badedermatitis Beschreiber; somatiden aus dem im Gewässer Literaturquelle im Endwirt Zwischenwirt oder in Wasserproben NJederösterreich Schönau/Donau Trichobitharzia sp. KONEWY et al. in 2 von 178 1999 Radix penegru Wien Lobau Nachweis von Auftreten von in KONEBNY & Trichobilharzia Fällen von SATTMAN 1996; ocellata aus Badedermatitis KONECNY et al. Lymnaea (1983) 1999 stagnalis (Prävalenz 1 %) Lobau/Mühl Nachweis von Auftreten von in KONE«NY & wasser Gabelschwanz- einigen Fällen von SATTMAN 1998; zerkarien Badedermatitis KONE«NY et al. (1993) 1999 Schillerwasser/ Nachweis von Auftreten von in KONE«NY & Alte Naufahrt Gabelschwanz- einigen Fällen von SATTMAN 1998; zerkarien Badedermatitis KONE«NY et al. (1994) 1999 Tümpel am Nachweis von CEJKA 1998 Ölhafen Ozellaten Furko- zerkarien in 1 aus 13 Lymneaea stagnalis und 2 aus 77 Radix ovata Burgenland Neusiedler See Büharziella Gelegentliches GRAEFE 1971 Neusiedlersee polonica aus Auftreten bei Planorbarius Badenden, corneus Fischern und (Mörbisch, Biologen an der Juli/August 1969) Westseite in den Jahren 1969 bis Trichobilharzia 1970. szidati aus Lymneaea stagna- lis (Schilfgürtel in Höhe Breitenbrunn; im Juli 1970) Bilharziella DvoftÄK et al. - - polonica in 1 aus 1999 26 Planorbarius corneus Kärnten Moosburger - - - 2 Patienten FREYTAG 1991* Teiche Tigringer Teiche - - - 1 Patient Ehrenbichler - - - 1 Patient Teich Wörther See - - - 5 Patienten Silber See - - - 6 Patienten Weißensee - - - 1 Patient © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Gebiet NW v. adulten NW v. ozellaten NW v. ozellaten Auftreten von Autor/ Schisto- Furkozerkarien Furkozerkarien Badedermatitis Beschreiber; somatiden aus dem im Gewässer Literaturquelle im Endwirt Zwischenwirt oder in Wasserproben Kärnten Hörzendorfer See - - - 3 Patienten FREYTAG 1991* Haidensee - - - 1 Patient PiikerSee - - - 3 Patienten Gösselsdorfer See - - - 2 Patienten Steiermark Mehrere Seen NW von Registrierung von WOLF et al. 1995 und künstliche Trichobilharzia 50 Patienten (Alter Badeteiche im ocellala in zwischen 5 und 72 Raum Graz und Schnecken (Radix Jahre) im Raum der südöstlichen auncuiana) in 7 Graz und der Steiermark von 33 untersuch- südöstlichen ten Badeseen Steiermark (Juli 1994) Weihermuhle Nachweis von Registrierung von REINTHALER 2002. ozellaten 50 Patienten mit persönliche Furkozerkarien klinisch manifester Mitteilung Zerkarien- Dermatitis * Diese Untersuchungsergebnisse basieren auf einer 1990 durchgeführten Umfrage von ca. 170 praktischen Ärzten, Fach- ärzten (Pädiater, Dermatologen) sowie Gemeinde- und Amtsärzten in Städten und größeren Orten im Umkreis von Kärntner Badeseen (Beobachtungszeitraum: 1-40 Jahre). sie mit der Produktion von Eicosanoiden (Prostaglandine, la werfen aber sehr bald die Glykokalyx ab und sind für Leukotriene) die einerseits immunsuppressive und vaso- die gebildeten Immunglobuline nicht mehr „erkennbar". dilatatorische Wirkung haben, andererseits aber auch die Superoxidproduktion von neutrophilen Granulozyten in- hibieren können. Tatsache ist jedenfalls, dass „Vogelbil- 6 Diagnostik harzien" in der Haut (sensibilisierter) Säuger (inklusive des Menschen) vor allem von Leukozyten, Lymphozyten Die Anamnese (Baden in den Sommermonaten in freien Gewässern) und die klinische Symptomatik (Juck- und Histiozyten abgefangen und zerstört werden. Bei Er- reiz, Hautauschlag) fuhren schnell zur Verdachtsdiagnose, stinfektionen können die Schistosomula zu wandern be- die sich dadurch erhärten lässt, daß meist zahlreiche Per- ginnen und je nach Spezies - dies gilt im wesentlichen für sonen nach dem Baden in einem bestimmten Gewässer Bilharziella polonica und alle Trichobilharzia-Arten die Symptomatik zeigen. Der endgültige Beweis erfordert (vielleicht ausgenommen T. regenti) - in die Lunge oder den Nachweis der ozellaten Furkozerkarien im Wasser andere Organe (Leber, Niere, Herz, Darm) des Säugetier- oder in den Schnecken aus dem Gewässer. Die Artbestim- wirtes gelangen, wo sie einige Tage am Leben bleiben und mung der Zerkarien auf der Basis morphologischer Unter- Erythrozyten phagozytieren (HAAS & PIETSCH 1991; HO- schiede ist jedoch schwierig und unsicher, neue moleku- RAK & KOLAROVÄ 2000). T. regenti wandert in der Maus larbiologische Methoden (PCR, Sequenzanalyse) stehen nicht in die Lunge ein, sondern zeigte hohe Affinität für derzeit (auch in unserem Institut) in Erprobung; dafür das Gehirn und das Rückenmark (HORAK et al. 1998, werden vor allem bestimmte mitochondriale DNS-Regio- 1999; KOLÄROVÄ et al. 2001; HRADKOVÄ & HORAK 2002) nen (Cytochrom C Oxidase 1, NADH-Dehydrogenase), Die Produktion spezifischer Antikörper unmittelbar DNS-Abschnitte, die die wichtigsten Moleküle der ribo- nach der Penetration der Haut führt nicht zur Protektivität: somalen RNS kodieren sowie die „internal transcribed Die Antikörper werden gegen Epitope der kohlehydratrei- spacer-Regionen (ITS-1, ITS-2) herangezogen (SNYDER chen Glykokalyx derZerkarien gebildet; die Schistosomu- & LOCKER 2000; OBWALLER et al. 2001a, b; PICARD & © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at JOUSSON 2001; WALOCHNIK et al. 2001; AUER et al. 2002; andere Schistosomatiden-Spezies als Dermatitiserre- DVORAK et al. 2002). ger fungieren. Kapitel über die Klinik, Diagnostik, Therapie und Prophylaxe vervollständigen diesen Der-Nachweis^pezifisclieLÄiitikörper ist grundsätz- ÜbefblicR über diese durch ^Vogelbilharzien" hervor- lich möglich, wird aber im Routinelaboratorium - zumin- gerufene Hautkrankheit. dest derzeit - nicht durchgeführt (WIEDERMANN et al. 1973; KIMMIG & MEIER 1985; KOLÄROVÄ et al. 1994), da Schlüsselwörter: Zerkarien-Dermatitis, Tri- die Diagnose meist sehr leicht aufgrund der Anamnese chobilharzia spp., Bilharziella polonica, Österreich. und der klinischen Symptomatik gestellt werden kann. 10 Literatur 7 Therapie AUERBERGER F., WÖTZER M.P., DlERICH M.P., MORITZ C, FRITSCH P. Die Behandlung der Zerkarien-Dermatitis ist aus- & W. HAAS (1994): Auftreten von Badedermatitis in Tirol. schließlich eine symptomatische und besteht in der Ver- — Immun. Inf. 22: 30-32. abreichung antipruriginärer sowie antiphlogistischer Sal- ALLGÖWER R. (1990): Die Zerkarien- oder Badedermatitis. — ben, Gelen oder Lotionen aber auch in oralen Gaben von Biologie in unserer Zeit 20: 144-148. Antihistamin-Präparaten. AUER H. & H. ASPÖCK (1995): Helminthozoonosen in Öster- reich: Häufigkeit, Verbreitung und medizinische Bedeu- tung. — In: FRICKE W. & J. SCHWEIKART: Krankheit und Raum. Erdkundliches Wissen 115, F. Steiner Verlag 8 Prophylaxe Stuttgart: 81-119. AUER H., CEJKA R. & H. ASPÖCK (1999): Die Zerkariendermatitis Der beste Schutz vor einer Zerkarien-Dermatitis be- in Österreich — Eine Übersicht. Mitt. Österr. Ges. Tro- steht im Verzicht auf Baden in Gewässern mit „Vogelbil- penmed. Parasitol. 21: 57-68. harzien"; die Vermeidung des Aufenthalts in (seichten) AUER H., OBWALLER A., GOLIACKNER B., DEUTZ A., SCHNEIDER R., pflanzenbestandenen Uferbereichen sowie in Gewässern WALOCHNIK J., JANITSCHKE K. & H. ASPÖCK (2002): Cystic mit hoher Schneckendichte und Schwimmen in tieferen echinococcosis in Austria: Two genotypes of Echinococ- Gewässerbereichen senken das Infektionsrisiko erheb- cus granulosus identified. — Vortr. Jahrestagung der lich. Nach dem Verlassen des Wassers sollte die Badebe- Deutschen Gesellschaft für Parasitologie, 20.-22. März 2002, Lübeck, Travemünde: 133. kleidung abgelegt und der Körper mit einem Handtuch kräftig abgetrocknet werden. Reichliche Anwendung von BLAIRS D. & K.S. ISLAM (1983): The life-cycle and morphology of Trichobilharzia australis n. sp. (Digenea: Schistosoma- neutralen fettreichen Salben und Cremes (z.B. Vaseline) tidae) from the nasal blood vessels of the black duck schützt die Haut vor dem Eindringen der Zerkarien weit- {Anas superciliosa) in Australia with a review of the ge- gehend (GRAEFE et al. 1973). nus Trichobilharzia. — Syst. Parasitol. 28: 25-42. BRACKETT S. (1940): Pathology of schistosome dermatitis. — Arch. Dermatol. Syphilis 42: 410-418. 9 Zusammenfassung BRUMPT E. (1931): Cercaria ocellata determinant la dermatite des nageurs provient d'une bilharzie des canards. — Die Zerkarien-Dermatitis ist eine weltweit vor- C. R. Hebdomadaires des Seances de l'Academie des kommende und auch in Mitteleuropa durchaus häuflg Sciences 193: 612-614. beobachtete Hauterkrankung (Juckreiz, Pustel- und CEJKA R. (1998): Untersuchungen über das Vorkommen der- Quaddelbildung), die durch „irrtümlich" in den Men- matitiserregender Zerkarien in Ostösterreich. — Di- schen (= Fehlwirt) eingedrungene Schistosomatiden- plomarbeit, Universität Wien: 1-83. larven hervorgerufen wird. Endwirte dieser Tremato- CHRISTENSON R.O. & W.P. GREENE (1928): Studies on biological den sind Wasservögel, als Zwischenwirte fungieren and medical aspects of „swimmers itch". Schistosome dermatitis in Minnesota. — Minnesota Medicine 11: meist Lungenschnecken. In Österreich ist die Zerka- 573-575. rien-Dermatitis seit mehr als 30 Jahren bekannt, in CORT W.W. (1928): Schistosome dermatitis in the United Sta- nahezu allen Bundesländern konnten Fälle von Zer- tes (Michigan). — J. Amer. Med. Assoc. 90: 1027-1029. karien-Dermatitis beobachtet werden. Als Erreger konnten bis heute nur 2 Arten bestimmt werden: Tri- DÖNGES J. (1965): Schistosomatiden-Cercarien Süddeutsch- lands. —Z. Tropenmed. Parasitol. 16: 304-320. chobilharzia szidati und Bilharziella polonica; es ist DVORAK J., SATTMANN H„ HORAK P. & R. KONECNY (1999): Bird allerdings zu vermuten, dass in Österreich auch noch schistosomes from water snails in Austria, with some © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at notes on current problems (Digenea, Schistosomatidae). chungen, Diagnose und Klinik der Cercariendermatitis - — Mitt. Österr. Ges. Tropenmed. Parasitol. 21: 69-76. Hygienische Bedeutung für Badegewässer gemäßigter Zonen. — Zbl. Bakt. Hyg. I. Abt. Orig. 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