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Vertiefung der Funktionentheorie, WS 2009/2010 [Lecture notes] PDF

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Vertiefung der Funktionentheorie Wintersemester 2009/2010 Universit¨at Bayreuth Michael Stoll Inhaltsverzeichnis 0. Wiederholung 2 1. Der Residuensatz 4 2. Anwendungen des Residuensatzes 7 3. Das Null- und Polstellen z¨ahlende Integral 18 4. Die Riemannsche Zahlenkugel 24 5. Konforme Abbildungen und Automorphismen 30 6. Folgen, Reihen und unendliche Produkte holomorpher Funktionen 41 Literatur 50 2 0. Wiederholung In diesem Abschnitt stellen wir die wichtigsten Begriffe und S¨atze zusammen, die aus der Einfu¨hrung in die Funktionentheorie“ bekannt sein sollten. ” 0.1. Isolierte Singularit¨aten und Laurentreihen. Sei D ⊂ C ein Gebiet, z ∈ D. Ist f ∈ O(D\{z}), so heißt z isolierte Singularit¨at von f. Allgemein gilt, dass sich eine holomorphe Funktion f auf einem Kreisring {z ∈ C | r < |z −z | < R} 0 in eine konvergente Laurentreihe entwickeln l¨asst: ∞ X f(z) = a (z −z )n n 0 n=−∞ mit (fu¨r r < ρ < R beliebig) Z 1 a = (ζ −z )−n−1f(ζ)dζ. n 0 2πi |ζ−z0|=ρ Dabei heißt die Laurentreihe P∞ a (z−z )n konvergent an einer Stelle z ∈ C, n=−∞ n 0 wenn die beiden Reihen P∞ a (z −z )n und P∞ a (z −z )−n konvergieren; n=0 n 0 n=1 −n 0 der Wert der Laurentreihe ist dann die Summe der Werte dieser beiden Reihen. Insbesondere gilt: Ist z eine isolierte Singularit¨at der holomorphen Funktion f, 0 dann ist f holomorph auf einer punktierten Kreisscheibe {z ∈ C | 0 < |z −z | < r} = U (z )\{z } 0 r 0 0 und ist dort gegeben durch eine konvergente Laurentreihe ∞ X f(z) = a (z −z )n. n 0 n=−∞ Ist f auf einer solchen punktierten Kreisscheibe beschr¨ankt, dann sind fu¨r n < 0 alle a = 0, die Singularit¨at ist hebbar, und f l¨asst sich holomorph nach z n 0 fortsetzen durch f(z ) = a (Riemannscher Hebbarkeitssatz). 0 0 Gilt a = 0 fu¨r n < −k, aber a 6= 0 (mit k ≥ 1), dann hat f bei z einen Pol der n −k 0 Ordnung k (oder einen k-fachen Pol). Dies ist ¨aquivalent mit lim f(z) = ∞. z→z0 Sind unendlich viele Koeffizienten a fu¨r n < 0 von null verschieden, dann nennt n man z eine wesentliche Singularit¨at. In diesem Fall liegt das Bild unter f jeder 0 (beliebig kleinen) punktierten Umgebung von z dicht in C (Satz von Casorati- 0 Weierstraß). (Tats¨achlich gilt sogar, dass f nahe z h¨ochstens einen Wert ausl¨asst 0 (Satz von Picard).) 3 0.2. Cauchyscher Integralsatz und Cauchysche Integralformel. Sei γ ein nullhomotoper geschlossener Weg im Gebiet D, f holomorph in D. Dann gilt Z f(ζ)dζ = 0 γ (Cauchyscher Integralsatz). Fu¨r die Umlaufzahl-Version“ der Cauchyschen Integralformel mu¨ssen wir uns an ” die Umlaufzahl erinnern: Sei γ ein geschlossener Weg in C, z ∈/ |γ| (wir schreiben |γ| fu¨r das Bild γ([a,b]), wenn γ : [a,b] → C). Dann setzen wir Z 1 1 I(γ,z) = dζ ∈ Z. 2πi ζ −z γ Damit haben wir folgende Version der Cauchyschen Integralformel: Sei f im Ge- biet D holomorph, γ ein in D nullhomotoper geschlossener Weg. Dann gilt fu¨r alle z ∈ D\|γ|: Z 1 f(ζ) I(γ,z)f(z) = dζ. 2πi ζ −z γ 0.3. Homotopie von Wegen. Was bedeutet nullhomotop“? Es gibt den allgemeinen Begriff der Homotopie von ” Wegen: Zwei Wege γ ,γ : [a,b] → D heißen homotop in D, wenn es eine stetige Funktion 0 1 (Homotopie) H : [0,1]×[a,b] → D gibt mit H(0,t) = γ (t) und H(1,t) = γ (t) fu¨r 0 1 alle t ∈ [a,b]. Man kann sich H als eine stetige Familie von Wegen γ : t 7→ H(s,t) s vorstellen, die γ stetig in γ deformiert“. 0 ” 1 Die Wege γ und γ heißen homotop mit festen Endpunkten, wenn es zus¨atzlich 0 1 z ,z ∈ D gibt mit H(s,a) = z und H(s,b) = z fu¨r alle s ∈ [0,1]. (Insbesondere 0 1 0 1 haben dann γ und γ den selben Anfangspunkt z und Endpunkt z .) 0 1 0 1 Die Wege γ und γ heißen homotop als geschlossene Wege, wenn H zus¨atzlich 0 1 die Bedingung H(s,a) = H(s,b) fu¨r alle s ∈ [0,1] erfu¨llt. Das bedeutet, dass alle Wege γ geschlossen sind. s Ein geschlossener Weg γ : [a,b] → D heißt nullhomotop in D, wenn es einen konstanten Weg c gibt, so dass γ und c in D homotop als geschlossene Wege sind. Anschaulich bedeutet das, dass man γ innerhalb von D stetig zu einem Punkt zusammenziehen kann. Die wesentliche Aussage (aus der der Cauchysche Integralsatz folgt) ist hier, dass fu¨r zwei Wege γ und γ in D, die in D homotop mit festen Endpunkten sind, und 0 1 eine in D holomorphe Funktion f gilt Z Z f(ζ)dζ = f(ζ)dζ. γ0 γ1 Die selbe Aussage gilt, wenn γ und γ als geschlossene Wege in D homotop sind. 0 1 4 1. Der Residuensatz Der Residuensatz l¨asst sich als Verallgemeinerung der Cauchyschen Integralformel verstehen. Ihr Integrand f(ζ)/(ζ − z) ist holomorph auf D mit Ausnahme einer isolierten Singularit¨at (hebbar oder einfacher Pol) bei z. Der Residuensatz erwei- tert dies zu einer Formel fu¨r das Integral einer Funktion mit beliebigen isolierten Singularit¨aten. 1.1. Definition. Sei z eine isolierte Singularit¨at der holomorphen Funktion f. 0 Dann ist f in einer punktierten Umgebung von z durch eine konvergente Lauren- 0 treihe darstellbar: ∞ X f(z) = a (z −z )n. n 0 n=−∞ Das Residuum von f bei z ist dann 0 Res f(z) = Res f = a . z=z0 z0 −1 damit k¨onnen wir den Residuensatz formulieren. 1.2. Satz (Residuensatz). Sei γ ein geschlossener, im Gebiet D nullhomotoper Weg. Seien weiter z ,...,z ∈ D\|γ|, und sei f ∈ O(D\{z ,...,z }). Dann gilt 1 m 1 m Z m X f(ζ)dζ = 2πi I(γ,z )Res f . j zj j=1 γ Bevor wir den Residuensatz beweisen, wollen wir uns noch u¨berlegen, wie man das Residuum berechnen kann, wenn die fragliche Singularit¨at ein Pol ist. 1.3. Lemma. Sei z eine isolierte Singularit¨at der holomorphen Funktion f. 0 (1) Hat f bei z einen einfachen Pol, dann gilt 0 Res f = lim(z −z )f(z). z0 z→z0 0 (2) Sind f und g bei z holomorph, und hat g eine einfache Nullstelle bei z , 0 0 so gilt f f(z ) 0 Res = . z0 g g0(z ) 0 (3) Hat f bei z einen k-fachen Pol, dann ist g(z) = (z − z )kf(z) in z 0 0 0 holomorph, und g(k−1)(z ) 0 Res f = . z0 (k −1)! Beweis. (1) Die Laurentreihe von f um z hat die Form 0 a −1 f(z) = +a +a (z −z )+··· . 0 1 0 z −z 0 Daher ist (z−z )f(z) = a +(z−z )g(z) mit g holomorph in z . Es folgt 0 −1 0 0 lim (z −z )f(z) = a = Res f. z→z0 0 −1 z0 5 (2) Es gilt f(z) = f(z )+(z−z )f˜(z) und g(z) = g0(z )(z−z )+(z−z )2g˜(z) 0 0 0 0 0 ˜ mit bei z holomorphen Funktionen f und g˜. f/g hat einen einfachen Pol 0 bei z ; nach Teil (1) folgt 0 ˜ f f(z) f(z )+(z −z )f(z) f(z ) 0 0 0 Res = lim(z −z ) = lim = . z0 g z→z0 0 g(z) z→z0 g0(z0)+(z −z0)g˜(z) g0(z0) (3) Die Laurentreihe von f um z hat die Form 0 f(z) = a (z −z )−k +···+a (z −z )−1 +··· . −k 0 −1 0 Also ist g(z) = a +a (z −z )+···+a (z −z )k−1 +··· −k −k+1 0 −1 0 holomorph in z (genauer: g hat eine hebbare Singularit¨at, die wir still- 0 schweigend durch holomorphe Fortsetzung verschwinden lassen), und g(k−1)(z ) 0 Res f = a = z0 −1 (k −1)! nach der u¨blichen Formel fu¨r Koeffizienten von Potenzreihen. ⁄ 1.4. U¨bung. Zeigen Sie folgende Aussage: f habe einen einfachen Pol bei z , und g sei holomorph bei z . Dann gilt 0 0 Res fg = g(z )Res f . z0 0 z0 1.5. Beispiel. Wir betrachten f(z) = 1 . f ist holomorph auf ganz C mit z2+1 AusnahmevonzweiisoliertenSingularit¨atenbeiz = ±i(woderNennerNullstellen hat). Die Nullstellen des Nenners sind einfach, also hat f einfache Pole, und die Residuen sind nach Lemma 1.3, (2) 1 1 i 1 1 i Res = = − und Res = = . z=i z2 +1 2i 2 z=−i z2 +1 −2i 2 Zum Beweis des Residuensatzes brauchen wir folgende Aussage. 1.6. Lemma. Sei D ⊂ C ein Gebiet, z ∈ D und f holomorph in D\{z }. Dann 0 0 gibt es holomorphe Funktionen f : C\{z } → C und f : D → C mit f = f +f 1 0 0 0 1 auf D\{z }. 0 f heißt dann auch der Hauptteil von f bei z , f dementsprechend der Nebenteil. 1 0 0 Beweis. Sei r > 0 mit U (z ) ⊂ D. Dann ist f auf U (z ) \ {z } durch eine r 0 r 0 0 konvergente Laurentreihe darstellbar: ∞ X f(z) = a (z −z )n. n 0 n=−∞ Wir setzen −1 ∞ X X ‡ 1 ·n f (z) = a (z −z )n = a . 1 n 0 −n z −z 0 n=−∞ n=1 Die f definierende Reihe konvergiert fu¨r |z − z |−1 > 1/r, nach den Konver- 1 0 genzs¨atzen fu¨r Potenzreihen also auf ganz C\{z }. Damit ist f : C\{z } → C 0 1 0 definiert. Sei f = f −f , zun¨achst auf D\{z }. Auf U (z )\{z } stimmt f mit 0 1 0 r 0 0 0 6 der durch die Potenzreihe P∞ a (z−z )n gegebenen Funktion u¨berein, die in z n=0 n 0 0 eine hebbare Singularit¨at hat. Also k¨onnen wir f holomorph auf D fortsetzen. ⁄ 0 1.7. Folgerung. Sei D ⊂ C ein Gebiet, z ,z ,...,z ∈ D, und f sei holomorph 1 2 m auf D \ {z ,...,z }. Dann gibt es holomorphe Funktionen f : D → C und 1 m 0 f : C\{z } → C fu¨r j = 1,...,m mit f = f +f +···+f auf D\{z ,...,z }. j j 0 1 m 1 m Beweis. DurchInduktionmittelsLemma1.6.Odermandefiniertf alsdenHaupt- j teil von f bei z und f = f − f − ··· − f , und verifiziert wie im Beweis von j 0 1 m Lemma 1.6, dass f in allen z hebbare Singularit¨aten hat. ⁄ 0 j Wir beweisen jetzt erst einmal folgenden Spezialfall des Residuensatzes: 1.8. Lemma. Sei z ∈ C, f holomorph auf C\{z }, und sei γ ein geschlossener 0 0 Weg in C mit z ∈/ |γ|. Dann gilt 0 Z f(z)dz = 2πiI(γ,z )Res f . 0 z0 γ Beweis. f ist auf ganz C\{z } durch eine konvergente Laurentreihe dargestellt: 0 ∞ X f(z) = a (z −z )n. n 0 n=−∞ Sei −2 ∞ X a X a F(z) = n (z −z )n+1 + n (z −z )n+1. 0 0 n+1 n+1 n=−∞ n=0 Dann gilt a 1 F0(z) = f(z)− −1 = f(z)− Res f . z −z z −z z0 0 0 Es folgt Z Z Z dz f(z)dz = F0(z)dz + ·Res f z −z z0 0 γ γ γ = 0+2πiI(γ,z )Res f 0 z0 nach Definition der Umlaufzahl. ⁄ Beweis des Residuensatzes. Nach Folgerung 1.7 k¨onnen wir schreiben f = f +f +f +···+f , 0 1 2 m wobei f auf D und fu¨r j = 1,...,m die Funktionen f auf C \ {z } holomorph 0 j j sind. Es folgt Z Z m Z X f(ζ)dζ = f (ζ)dζ + f (ζ)dζ 0 j j=1 γ γ γ m X = 0+ 2πiI(γ,z )Res f j zj j=1 nach dem Cauchyschen Integralsatz und Lemma 1.8. ⁄ 7 1.9. Bemerkung. Der Residuensatz gilt auch noch, wenn f in D unendlich viele isolierteSingularit¨atenhat:SeiH : [0,1]×[a,b] → D eineHomotopievongeschlos- senen Wegen, die γ zu einem Punkt zusammenzieht. Dann ist das Bild von H eine kompakte Teilmenge von D, und wir k¨onnen D ersetzen durch eine Umgebung D0 des Bildes von H, deren Abschluss kompakt ist und ebenfalls in D enthalten ist. Die Menge der isolierten Singularit¨aten von f ist diskret (nach Definition hat jede eine Umgebung, in der keine andere enthalten ist), also liegen nur endlich viele davon im kompakten Abschluss von D0. Nach Konstruktion ist γ auch in D0 null- homotop. Damit k¨onnen wir den Residuensatz auf D0 anwenden. Beachte auch, dass fu¨r jedes z ∈/ D0 die Umlaufzahl I(γ,z) = 0 ist. 1.10. Beispiel. Wir berechnen Z dz . sinz |z|=3π/2 Der Integrand 1/sinz hat Singularit¨aten fu¨r z = kπ, k ∈ Z. Der Nenner hat jeweils eine einfache Nullstelle, also ist 1 1 Res = = (−1)k. z=kπ sinz coskπ DreiderSingularit¨atenliegenimInnerendesKreises|z| = 3π,n¨amlichz = −π,0,π 2 (jeweils mit Umlaufzahl 1). Aus dem Residuensatz erhalten wir nun Z dz ‡ 1 1 1 · = 2πi Res +Res +Res z=−π z=0 z=π sinz sinz sinz sinz |z|=3π/2 = 2πi(−1+1−1) = −2πi. 2. Anwendungen des Residuensatzes Der Residuensatz ist sehr wichtig (auch im Hinblick auf die Staatsexamensklau- sur),weilervieleAnwendungenbeiderBerechnungvonbestimmten(auchreellen) Integralen und Werten von unendlichen Reihen hat. 2.1. Anwendung 1. Sei R eine rationale Funktion in zwei Variablen, so dass R(x,y) fu¨r alle x,y mit x2 +y2 = 1 definiert ist. Wir berechnen das Integral 2π Z R(sint,cost)dt. 0 Dazu beachten wir, dass mit ζ = eit gilt ζ +ζ−1 ζ −ζ−1 cost = und sint = . 2 2i Außerdem ist dt = −iζ−1dζ, so dass wir umformen k¨onnen: 2π Z Z ‡ζ −ζ−1 ζ +ζ−1·dζ R(sint,cost)dt = −i R , . 2i 2 ζ 0 |ζ|=1 Sei ‡z −z−1 z +z−1· f(z) = z−1R , , 2i 2 8 dann folgt aus dem Residuensatz 2π Z X R(sint,cost)dt = 2π Res f , z 0 |z|<1 wobei die Summe u¨ber die Pole von f im Inneren des Einheitskreises zu erstrecken ist. 2.2. Beispiel. Um 2π Z 1 dt 2+cost 0 zu berechnen, bestimmen wir 1 2 f(z) = z−1 = . ¡ ¢ 1 4+z +z−1 z2 +4z +1 2 √ √ Der Nenner hat (einfache) Nullstellen bei z = −2± 3. Davon liegt z = −2+ 3 im Einheitskreis. Das Residuum ergibt sich zu √ 2 3 Res √ f = √ = . −2+ 3 2 3 3 Insgesamt haben wir dann also 2π √ Z 1 2 3 dt = π. 2+cost 3 0 2.3. Beispiel. Fu¨r 2π Z 1 dt (2+cost)2 0 haben wir ‡ 1 ·2 4z f(z) = z−1 = . ¡ ¢ 1 4+z +z−1 (z2 +4z +1)2 √ 2 Bei z = −2+ 3 haben wir jetzt einen Pol zweiter Ordnung; wir mu¨ssen also die kompliziertere Formel aus Lemma 1.3, (3), verwenden. Es ist 4z f(z) = √ √ , (z +2+ 3)2(z +2− 3)2 also √ 4z g(z) = (z +2− 3)2f(z) = √ , (z +2+ 3)2 und √ √ 4(z +2+ 3−2z)fl 16 2√ Res √ f = g0(−2+ 3) = √ fl = √ = 3. −2+ 3 (z +2+ 3)3 flz=−2+√3 (2 3)3 9 Es ergibt sich also 2π Z 1 4π√ dt = 3. (2+cost)2 9 0 9 2.4. Anwendung 2. Sei f eine rationale Funktion, also f(z) = p(z)/q(z) mit Polynomen p und q, so dass degq ≥ degp+2 und q keine reellen Nullstellen hat. Dann konvergiert das uneigentliche Integral ∞ Z f(t)dt −∞ (absolut), und wir k¨onnen es mit dem Residuensatz berechnen. Dazu sei r > 0 so groß, dass alle Pole von f (Nullstellen von q) Betrag < r haben. Wir betrachten den Weg γ , der aus dem reellen Intervall [−r,r] und dem Halbkreis mit Radius r r in der oberen Halbebene besteht. Wir bezeichnen die beiden Teile von γ mit γ r r,1 und γ . Dann gilt r,2 r Z Z Z X 2πi Res f = f(z)dz = f(t)dt+ f(z)dz. z Imz>0 γr −r γr,2 Wir lassen jetzt r groß werden. Da degq ≥ degp+2, gibt es eine Konstante C > 0 mit |f(z)| ≤ C|z|−2 fu¨r |z| hinreichend groß. Dann folgt flZ fl fl f(z)dzfl ≤ πr·Cr−2 = πCr−1, fl fl γr,2 dieser Beitrag konvergiert also fu¨r r → ∞ gegen null. Damit ergibt sich ∞ r Z Z f(t)dt = lim f(t)dt r→∞ −∞ −r Z Z ‡ · = lim f(z)dz − f(z)dz r→∞ γr γr,2 Z X = 2πi Res f − lim f(z)dz z r→∞ Imz>0 γr,2 X = 2πi Res f . z Imz>0 2.5. Beispiel. Wir berechnen ∞ Z dt . 1+t2 −∞ Die Funktion f(z) = 1/(1+z2) hat einfache Pole bei z = ±i; der Pol bei z = i ist in der oberen Halbebene. Das Residuum ist 1 Res f = . i 2i Es folgt ∞ Z dt 1 = 2πi· = π. 1+t2 2i −∞ 10 2.6. Beispiel. Wir berechnen ∞ Z dt . (1+t2)2 −∞ Wir haben immer noch nur den einen Pol z = i in der oberen Halbebene, aber jetzt ist es ein Pol der Ordnung 2. Wir setzen 1 1 g(z) = (z −i)2 = (1+z2)2 (z +i)2 und finden 1 2 1 Res = g0(i) = − = . z=i (1+z2)2 (i+i)3 4i Es folgt ∞ Z dt 1 π = 2πi· = . (1+t2)2 4i 2 −∞ 2.7. Bemerkung. Die Funktion f braucht nicht unbedingt rational zu sein. Aus dem Beweis ergibt sich, dass folgende Anforderungen ausreichen: (1) f ist definiert und holomorph auf einer offenen Umgebung der abgeschlos- senen oberen Halbebene H¯ = {z ∈ C | Imz ≥ 0}, mit isolierten Singula- rit¨aten, die nicht in R liegen; ¯ (2) es gibt eine Folge (r ) mit r → ∞, so dass keine Singularit¨at von f in H ν ν Betrag r hat, und so dass |f(z)| ≤ cr−1−ε fu¨r z ∈ H¯ mit |z| = r , wobei ν ν ν c,ε > 0 von ν unabh¨angig sind. Man beachte, dass f hier durchaus unendlich viele isolierte Singularit¨aten in der oberen Halbebene haben kann. Der Beweis zeigt, dass die dann unendliche Summe von Residuen konvergiert. √ Man kann z.B. z +i fu¨r Imz > −1 definieren als den Zweig, der bei z = 0 den √ √ Wert eπi/4 = (1+i)/ 2 hat. Dann erfu¨llt f(z) = z +i/(1+z2) die Vorausset- zungen, und man kann das entsprechende Integral berechnen. 2.8. Anwendung 3. Bemerkung 2.7 zieht zum Beispiel, wenn f rational ist, so dass der Nenner Grad mindestens um zwei gr¨oßer als der Nenner hat und der Nenner keine reellen Nullstellen besitzt, und wir f(z)eiz betrachten (denn |eiz| = e−Imz ≤ 1 fu¨r z ∈ H¯). Wir erhalten ∞ Z X f(x)eixdx = 2πi Res f(ζ)eiζ . ζ=z Imz>0 −∞ Wir wollen jetzt zeigen, dass das auch noch stimmt, wenn der Grad des Nenners nur um eins gr¨oßer ist als der des Z¨ahlers. In diesem Fall konvergiert das Integral nicht mehr absolut; es ist dann ∞ s Z Z f(x)eixdx = lim f(x)eixdx r,s→∞ −∞ −r als uneigentliches Integral zu verstehen. Um die Behauptung zu beweisen, w¨ahlen wir r,s,t > 0 und setzen γ = [s,s+it], 1 γ = [s + it,−r + it], γ = [−r + it,−r] und γ = [−r,s]. Wir k¨onnen r,s,t so 2 3 4

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