ebook img

Versteckt wie Anne Frank PDF

148 Pages·2013·2.27 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Versteckt wie Anne Frank

Inhalt Impressum Vorwort Die Sterne sind verschwunden Drei Klaviere Morgen Früh, dann hole ich sie ab Nummer 17 Hirsch Zum Glück nur Jungen Wo sind die Jacken? Onkel Henks Kinder Tante Nelly Wenn ihr später nur heiratet Der Vater meines Vaters Jacques Johan van de Berg knutscht mit Lenie Visserman! Ein jahrelanger Weinkrampf Glossar Dankeswort Als Ravensburger E-Book erschienen 2013 Die deutschsprachige Printausgabe erschien 2013 im Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH © 2013 Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel »Ondergedoken als Anne Frank« bei Em. Querido’s Uitgeverij B.V., Amsterdam. Text copyright © 2011 Marcel Prins und Peter Henk Steenhuis Illustrationen copyright © 2011 Marcel van der Drift Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann. Umschlaggestaltung: init. büro für gestaltung, Bielefeld Die Fotos in diesem Buch stammen aus dem Privatbesitz der jeweiligen Personen. Der Verlag dankt der Niederländischen Literaturstiftung für die Förderung der Übersetzung. Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH ISBN 978-3-47347269-7 www.ravensburger.de Vorwort In diesem Buch stehen die Geschichten von vierzehn Menschen, die im Zweiten Weltkrieg untertauchen mussten, weil sie Juden waren. Für Adolf Hitler, den Vorsitzenden der NSDAP, waren die Juden die Ursache allen Übels auf der Welt. Darum sollten sie vernichtet werden. Meine Mutter war eine von ihnen. Sie war damals – im Sommer 1942 – fast sechs Jahre alt. Als Kind schon war ich neugierig auf ihre Geschichte vom Untertauchen. Sie erzählte mir, was damals geschehen war. Vor allem von den Situationen, die spannend waren, oder in denen sie Angst hatte oder traurig war, hinterließen einen tiefen Eindruck bei mir. Als ich mich später näher mit anderen Untertauchern beschäftigte, entdeckte ich, wie unterschiedlich all ihre Geschichten verlaufen waren. Und dass die meisten Untertaucher den Krieg nicht überlebt hatten, weil sie verraten oder bei Razzien entdeckt worden waren. Das bekannteste Beispiel ist Anne Frank, deren Tagebuch auf der ganzen Welt gelesen wird. Meine Mutter hatte Glück. Aber wie ging das eigentlich, untertauchen? Wohin sollte man? Wem konnte man vertrauen? Woher bekam man das Geld, um das Untertauchen zu bezahlen? Was machte man, wenn man Angst hatte? Solche Fragen habe ich Männern und Frauen gestellt, die im Krieg Jungen und Mädchen waren. Von ihren Erfahrungen liest du in diesem Buch. Zu diesem Buch gehört auch eine Website: www.verstecktwieannefrank.de. Dort sieht man Animationsfilme und hört Teile der Geschichten, wie sie mir erzählt wurden. Und dort sind auch Fotos der Kinder, wie sie heute aussehen, zu finden. Auf dieser Karte sieht man, wo in den Niederlanden die Jungen und Mädchen aus diesem Buch untergetaucht waren. Manchmal war es nur eine Adresse, meistens jedoch mehrere. Bei einem Jungen waren es sogar zweiundvierzig! Auch die Karte befindet sich auf der Website. Du kannst einfach einen Ort auf der Karte anklicken und dir anhören und ansehen, welche Geschichte sich dort abgespielt hat. Hör mal rein und lies selbst! Marcel Prins Die Sterne sind verschwunden Rita Degen, geboren in Amsterdam am 25. Dezember 1936 1939, als ich drei Jahre alt war, wurde mein Vater zum Militär einberufen. Die Truppen lagerten in der Nähe einer wichtigen Verteidigungslinie, der Grebbelinie. Meine Mutter und ich fuhren zweimal mit dem Zug dorthin. Mein Vater war da mit einer Gruppe Soldaten, alle in Uniform. Das sah seltsam aus, fand ich. Sie waren auf einem großen Bauernhof untergebracht. Wir konnten in einem eigenen Zimmer übernachten. Mir gefiel es ganz gut dort. Als der Krieg ausbrach, musste er mit seinem Regiment Richtung Grebbeberg vorstoßen. Dort fanden schwere Kämpfe statt, überall gab es Tote und Verletzte. Das geht völlig schief, dachte er. Woraufhin er sein Fahrrad nahm und nach Amsterdam zurückfuhr. Mitten in der Nacht kam er an, ohne Gewehr und ohne Bepackung. Die hat er wohl irgendwo zurückgelassen. Mein Vater wollte immer ganz genau wissen, was um ihn herum vorging, auch später im Krieg. Darum suchte er sich eine Stelle beim Judenrat1, der in Amsterdam 1941 im Auftrag der deutschen Besatzungsmacht zur Vertretung der jüdischen Gemeinschaft in den Niederlanden gegründet worden war. Bei einem der ersten Transporte aus Amsterdam hatte er Wachdienst. Was er dort sah, veranlasste ihn, mich sofort untertauchen zu lassen. In derselben Woche sind auch meine Eltern untergetaucht. Mein Vater hatte sich bereits um alle Untertauchadressen gekümmert, nicht nur für uns, sonder auch für seine Eltern und für alle Geschwister meiner Mutter. Sie haben sie nicht genutzt. »Es wird schon nicht so schlimm werden«, sagten sie. Kurz nachdem meine Eltern untergetaucht waren, wurde ihre Wohnung im Amsterdamer Stadtbezirk Oud-Zuid (Alt-Süd) »gepulst«. Die Firma von Abraham Puls räumte im Auftrag der Deutschen Wohnungen von Juden, die untergetaucht oder bei einer Razzia aufgegriffen worden waren. Wir hatten Glück: Unsere Nachbarn, gute Leute, die einen Schlüssel zu unserer Wohnung hatten, nahmen zuvor alles mit, was sie tragen konnten, und versteckten es. Nach dem Krieg bekamen wir zumindest unsere Fotos zurück, eine Besteckkassette, eine Statue und eine Uhr. Mein erstes Versteck war in Amsterdam, beim Chef meines Vaters. Er war Jude, aber seine Frau nicht – eine solche Mischehe schien anfangs recht sicher, obwohl es dennoch gefährlich war, dass sie ein jüdisches Mädchen aufnahmen. In dieser Zeit wurde mir erstmals klar, dass ich Jüdin war, ohne dass ich begriff, was es bedeutete. Bei uns zu Hause waren wir vor dem Krieg alles Mögliche gewesen: Vegetarier und Anhänger allerlei Naturheilverfahren zum Beispiel, und wir waren nicht gläubig. Natürlich gab es Traditionen. Sogar jede Menge: Wir aßen zu Ostern Matzen, meine Mutter backte Gremselich (Gebäck aus Matzen, Rosinen, Mandeln, Sukkade) und wir hatten eine Menora, einen Leuchter, in den wir Kerzen stellten. Vor allem meine Mutter benutzte noch viele jiddische Ausdrücke. Aber das gehörte einfach dazu, für mich war das ganz normal. Nicht normal war, dass ich ungefähr drei Monate nach Kriegsbeginn nicht mehr in den Kindergarten durfte. Aber nun ja, mein Nachbarsjunge Sjeetje war auch jüdisch und ihm passierte das Gleiche. Also spielten wir eben wieder zusammen, wie wir es auch getan hatten, ehe wir in den Kindergarten gekommen waren. Als ich untertauchte, war ich fünf, und es würde noch Monate dauern, bis ich sechs würde. Aber ich freute mich schon darauf. Was es bedeutete, Jude zu sein, wurde mir erst an dem Tag ein wenig klarer, an dem meine Untertaucheltern über meinen Geburtstag sprachen. Mein Untertauchvater, Walter Lorjé, sagte: »Wenn du gefragt wirst, wie alt du bist, sagst du fünf. Du darfst nie sagen, dass du sechs wirst.« Das fand ich schrecklich: Ich wollte groß sein. »Warum denn nicht?«, fragte ich. »Wenn du sechs wirst«, antwortete er, »musst du einen Stern tragen.« Diesen Judenstern hatte man besser nicht, das wusste ich. Meine Mutter hatte auch einen Stern getragen und das war unangenehm. Ich war fünf, ich verstand noch nicht, was es bedeutete, Jude zu sein, aber dass etwas daran nicht gut war, spürte ich. Das Gefühl wurde von Woche zu Woche stärker, vor allem als die Razzien anfingen und sich die Gespräche immer öfter darum drehten, wer aufgegriffen worden war und wer nicht. Die Familie Lorjé, bei der ich untergetaucht war, hatte drei Kinder. Das älteste, Wim, war fünfzehn. Ab und zu spielten wir zusammen mit seinen Autos. Dann war ich ungeheuer froh. Endlich konnte ich etwas mit jemand zusammen machen! Ich spielte nicht mit anderen Kindern, sah keine Verwandten und ging nicht zur Schule. Obwohl ich sehr lernwillig war, brachte mir niemand etwas bei. Ihre Tochter Marjo jagte mir oft Todesangst ein, nicht vor den Deutschen, sondern vor Käfern, Spinnen, Schmutz, Schnelligkeit und allerlei anderen unwirklichen Gefahren. Ich traute mich nicht mehr, die Toilettenspülung zu drücken, weil ich dachte, da käme alles Mögliche heraus. Wenn Tante Loes kam, eine Cousine meiner Untertauchmutter, musste ich auf den Spielplatz gehen. Tante Loes war mit dem Mann verheiratet, der das Schreibwarengeschäft meiner Untertauchfamilie führte, einen Verwalter, nannte man das. Weil der Chef, Walter Lorjé, Jude war, hatten die Deutschen diesem Verwalter die Leitung seines Ladens übertragen. Tante Loes kam regelmäßig zu Besuch, um übers Geschäft zu sprechen. Sollte ich ihr zufällig begegnen, musste ich sagen, ich sei Rietje Houtman, die dort drüben wohnte, bei den Nachbarn von gegenüber – so war es vereinbart. Ich musste auf den Spielplatz gehen, bis die Luft rein war, und dann würde ich abgeholt werden.

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.