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Verstaatlichte Sittlichkeit: Die konservative Konstruktion der Lebenswelt in Wilhelm Heinrich Riehls ‚Naturgeschichte des Volkes‘ PDF

418 Pages·1992·18.382 MB·German
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Friedhelm Lövenich Verstaatlichte Sittlichkeit Friedhelm Lövenich Verstaatlichte Sittlichkeit Die konservative Konstruktion der Lebenswelt in Wilhelm Heinrich Riehls ,Naturgeschichte des Volkes' + Leske Budrich, Opladen 1992 Der Autor: Dr. Friedhelm Lövenich, geb. 1958. Studium der Philosophie, Geschichte und Germanistik in Tübingen und Köln, Promotion in Soziologie an der Universität Frankfurt. Publizist und Werbetexter in Köln. Lehrauftrag an der Universität Frankfurt. D30 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Lövenich, Friedhelm: Verstaatlichte Sittlichkeit : die konservative Konstruktion der Lebenswelt in Wilhelm Heinrich Riehls "Naturgeschichte des Volkes" 1F riedhelm Lövenich. - Opladen : Leske und Budrich, 1992 Zug!.: Frankfurt(Main), Univ., Diss., 1991 ISBN 978-3-322-97254-5 ISBN 978-3-322-97253-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97253-8 © 1992 by Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, MikroverfIlmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek tronischen Systemen. Für Racker, Torro und Max Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 11 I. Moderner Konservatismus 2. Biographische Skizze 21 3. Rezeption 28 Afflnnation Kritik Exkurs 52 Wissenschaftlicher Dilettantismus Treitschkes Verriß 4. ~odernerlConservatismus 57 Konservatismus in der Modeme Neukonservatismus im neunzehnten Jahrhundert Sozialkonservatismus im zwanzigsten Jahrhundert 5. Soziologische Naturgeschichte 76 Volkskunde und Kulturgeschichte 11. Konservative Modernisierung 6. Dimensionen der ~oderne 91 Paradoxie der Modeme Ökonomische Moderne 7. Reduzierte ~oderne 103 Formale Organisation 8. Gesellschaftliches Unbehagen 110 Modemisierung und Zerfall der traditionellen Gesellschaft 7 Politische Modeme 9. Entsittlichter Staat 116 Legitimation durch Verfahren 10. Abstrakte Politik 123 Polizeistaat als Gesellschaftsverwaltung Soziale Modeme 11. Systematisierung der Lebenswelt 129 Massenkultur 12. Gesellschaftstheoretisches Biedermeier 141 Kleinbürgertum als Problemgruppe und Zielpublikum Kulturelle Modeme 13. Ästhetisierung der Realität 152 Kulturindustrie 14. Gesellschaftliches Behagen 159 Stil als Verklärung Exkurs 167 Literarische Naturgeschichte Novellistik als Wissenschaftsersatz 111. Gesellschaftssegmente 15. Entschärfte Modernität 173 Stand als sozialpolitisches Organisationsprinzip Ökonomisches Segment 16. Bewegte Modernität 184 Bürgertum als führender Stand Politisches Segment 17. Bessere Gesellschaft 190 Adel als Spitze der Gesellschaft 8 Soziales Segment 18. Verneinte Tradition 195 Proletariat als sozialpolitische Zielgruppe Kulturelles Segment 19. Gelebte Beharrung 204 Bauerntum als Ideallebensweltlich entschärfter Modernität 20. Soziale Politik 213 Formale Organisation der Gesellschaft Exkurs 221 Soziale Ordnung 'Soziale Politik' als Sozialpolitik 21. Segmentäre Stratifikation 230 Pluralistische Integration IV.lntegrationsinstanzen Kulturelle Integration 22. Verstaatlichte Sittlichkeit 239 Sitte als konservative Konstruktion der Lebenswelt Exkurs 261 Gemeindearbeit Gemeinde als Hort der Sitte 23. Frommes Schaffen 265 Religion und Arbeit als Sitte Soziale Integration 24. Praktizierte Sitte 272 Familie als Politisierung des Privaten 25. Organisierte Einheit 287 Volk als imaginäre Integration 9 Politische Integration 26. Politische Sammlung 299 Nation als Verstaatlichung des Volkes 27. Zentrale Verwaltung 304 Der Staat als Organisationsinstanz V. Modernisierter Konservatismus 28. Reale Politik 315 Sozialpolitik und Bonapartismus 29. Ordnungspolitik 327 Realpolitik nach innen Exkurs 337 Revolutionärer Konservatismus Faschismus und soziale Politik 30. Ideologische Logik 347 Paradoxe Integration 31. Verstaatlichte Sittlichkeit im 20. Jahrhundert 365 Neokonservatismus und Populismus Anmerkungen 375 Zeittafel 405 Literaturverzeichnis 407 10 1. Einleitung Die intellektuellen Verfallszeiten überholter, aber im politischen Raum und gesellschaftlichen Bewußtsein noch strahlender Traditionen sind offenbar lang und bedrohen Generationen; die aus der Vergangenheit mit Energie versorgte Strahlkraft solchen Geschichtsmülls wird ausgelöst durch die Irritation der modernen Gegenwart. Der Konservatismus setzt nicht, wie der Sozialismus, auf die Hoffnung der Unterdrückten auf ein besseres Leben, auf die Vision und Utopie, sondern auf das Leiden an der Moderne, auf den oft unbewußten Schmerz der durch die Moderne Verletzten, die sich nach ihrer scheinbaren traditionellen Unmiuelbarkeitzurücksehnen; denn der Schein von Unmittelbar keit integriert gründlicher und umfassender als die Aufforderung zur Reflexion. Die konservative wie die sozialistische Kritik am Liberalismus und seiner Gesellschaftstheorie ist Resultat einer permanenten weil strukturellen Krise der bürgerlichen Gesellschaft selbst (vgl. Pankoke 1969: 9); die daraus aufkonser vativer Seite resultierenden 'neuen' konservativen 'sozialen Theorien' haben daher den typischen Charakterzug, zugleich Ausdruck einer Krise und Versuch einer Lösung durch Kritik und Entwurf zu sein, haben also Symptomcharakter. Riehls konservative Gesellschaftstheorie ist ein solches Symptom und wird hier so ' gelesen'; an hand von Riehls Theorie wird ein prominentes und immer noch gültiges Muster konservativer Vergesellschaftung dargestellt. Die Analyse sei ner Schriften ist eine 'Falldarstellung' für die Theorie bürgerlicher Integration, und daher immer auch 'nur' ein Beispiel, ein zugleich typischer und origineller, individueller 'Fall'. Wilhelm Heinrich Riehl ist heute von der politischen und historischen Wissen schaft nahezu vergessen, so wie er das schon zum Zeitpunkt seines Todes 1897 war, obwohl seine Bücher Bestsellerauflagen erlebten. Sich mit dem Werk Riehls fast hundert Jahre nach seinem Tod zu beschäftigen, hat daher sicherlich etwas vom 'Wiederausgraben' Vergessener, von jener theoriegeschichtlichen Operation also, die sowohl vom Bedürfnis der Erinnerung an ein Werk, das erinnerungswürdig ist, bedingt ist wie von der Notwendigkeit, sich mit jemand 'Unbekanntem' zu beschäftigen, weil über die Bekannten nichts mehr gesagt werden kann, was nicht irgendwo schon gesagt oder woanders gehört worden wäre. 11 Dennoch scheint mir die theoretische Exhumierung, die ich hier vornehme, dadurch gerechtfertigt zu sein, daß Riehl einer derjenigen ist, auf die man 'unbedingt noch einmal zu sprechen kommen muß', sowie durch ihren krimi nalistischen analytischen Zweck, denn Riehl ist eine der vielen Leichen im Keller der bürgerlichen Gesellschaft, die damals vorschnell und ohne gründli che Obduktion beerdigt worden sind. So wie Riehl in der Weimarer Republik und im Dritten Reich als konservativer Theoretiker wiederentdeckt wird, schei nen auch heute viele seiner Ansichten im Neokonservatismus wiederaufzule ben; das gilt insbesondere für den zentralen 'Entwurf' Riehls, der den Mittel punkt seiner populistisch-konservativen Gesellschaftstheorie bildet: die Ein frierung und Zurückdrehung der Modernisierung und Rationalisierung der Lebenswelt durch die politische Indienstnahme der Integrativkräfte der Tradi tion und Konvention: der 'Sitte', die als 'volkstümliches' Potential der aufklä rerischen Seite dieser modemen Rationalisierung widersteht. Riehl ist dabei kein Einzeltäter, sondern einer der 'Rädelsführer' einer historischen Tendenz seiner Zeit, die auf die inhaltliche Ablösung traditioneller Lebensformen und ihre schrittweise formale Ersetzung durch massenkulturelle Legitimation zielt, wie sie für uns heute üblich und 'natürlich' ist; er ist einzuordnen einerseits neben den 'Gesellschaftswissenschaftlern ' der vierziger und fünfziger Jahre: Lorenz von Stein, Robert von Mohl vor allem, sowie andererseits bei den 'Sozialkonservativen' wie Victor Aime Huber, Gustav Schmoller, Hermann Wagener und anderen. Riehl selbst ist dabei einer der letzten im neunzehnten Jahrhundert, die noch einen gesellschaftstheoretischen 'Entwurf' riskieren, weshalb er harter zeitgenössischer Kritik aus der sich positivierenden Wissenschaft verfallt. Oft wird daher vermutet, Riehl habe für die politische und soziale Theorie keine große Rolle gespielt, und dies muß zugegeben werden für die Wissen schaft, für die soziologische Theorie; aber gerade die Auflagenstärke seiner Bücher belegt, daß er sehr wohl sein Publikum in den' gebildeten Kreisen' hat, und dies scheint mir für die Analyse des 'bürgerlichen Bewußtseins' ein stärkeres Argument als die Tatsache wissenschaftlicher Bedeutung -die Riehl im übrigen auf dem Feld der Volkskunde und der frühen Soziologie durchaus mit Recht reklamieren kann. Riehls Werk selbst liegt dabei, wenn man zum Beispiel auf die zeitliche und von der Tendenz her inhaltliche Parallelität des Werks von Lorenz von Stein blickt, im Trend der Zeit, der dem heutigen überraschend - bei genauerer Betrachtung: weniger überraschend - vergleichbar ist, zieht man die heute unmöglich gewordene Fundierung im Religiösen davon ab, wie sie hier ank lingt: "der Satz, daß das organische Naturgebilde der Gesellschaft eine gÖllliche Ordnung sei, hat rasch Tausende von Bekennern gewonnen. Viele derselben würden vor zehn Jahren [das Kapitel ist 1851 geschrieben -FL] nur ein mitlei diges Lächeln dafür übrig gehabt haben, wenn man ihnen die Gesellschaft als 12

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