VER ÖFFENTLICHUNG EN DER BUNDESANSTALT FÜR ALPINE LANDWIRTSCHAFT IN ADMONT HEFT 6 BRUCKNER, A., Die natürliche und wirtschaftliche Differenzierung der Bergbetriebe / GRETSCHY, G., Die Sukzession der Bodentiere auf Fichtenschlägen / JÄHNL, G., Größere Kartoffel aus geschnittenem Saat- gut~ / JÄHNL, G., Über Schneiden und Vorkeimen von Saatkartoffeln / ZELLER, A., und GRETSCHY, G., Wirk- stoffe als Wurzelausscheidungen von Kulturpflanzen. I. Testpflanzen / ZELLER, A., und FÖSSLEITNER- KARL, H., Virusnachweis durch Formoltitration 1 / ÜBRITZHAUSER, W., Leistungsprüfung in der Schweine- zucht (eine Literaturübersicht) / ZELLER, A., Versuche über die Wirkung des Keimlingsdüngers "Porro" Springer-Verlag Wien GmbH 1952 ISBN 978-3-211-80287-8 ISBN 978-3-7091-2313-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-2313-3 Alle Rechte, insbesondere das der t'bersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Inhaltsverzeichnis Seite Bruckner, A., Die natürliche und wirtschaftliche Differenzierung der Bergbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Gretschy, G .. Die Sukzession der Bodentiere auf Fichtenschlägen ................................. 25 J ähn 1, G., Größere Kartoffeln aus geschnittenem Saatgut? ....................................... 86 .Jähnl, G., Über Schneiden und Vorkeimen von Saatkartoffeln .................................. 90 Ze1ler, A., und Gretschy. G., Wirkstoffe als Wurzelausscheidungen von Kulturpflanzen. 1. Test- pflanzeil .......................... '. ............. 124 Zeller. A., und Fössleitner-Karl, H .. Virus- nachweis durch Formoltitration ? ................. 138 Ob r i tz hau s er, W.. Leistungsprüfung in der Schweinezucht. (Eine Literaturübersicht) ......... 150 Z e 11 er, A. , Versuche über die Wirkung des Keim lingsdüngers "Porro" ............................ 172 Aus der Bundesanstalt für alpine Landwirtschaft . in ldmont (Leiters Univ.Prof.Dr • .1. Z eIl e r) Die natürliche und wirtschaftliche Differenzierung der Bergbetriebe Von .1.Bruckner Immer wieder spricht man von der Not der Gebirgs- bauern, vom Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzfläche, von verfallenen Höfen und all den bekannten Erscheinun- gen. Schon seit Jahrzehnten ist die Gebirgsbauernfrage ein brennendes Problem der Agrarpolitik; man fasst aber in der Regel alle Betriebe des Berglandes zusammen) be- dauert ihr Los, ihre von Natur benachteiligten Lebensbe- dingungen und schlägt allgemein für den ganzen Gebirga- raum verschiedene Massnahmen vor wies Grundzusammenlegun- gen und Entwässerungen, weitgehenden Maschineneinsatz, Stallverbesserungen und den Bau von Düngerstättan, Jauche- gruben und Dienstbotenwohnungen, Weide-und Alpverbesser- ungen und vieles mehr. Auch im Rahmen der kriegsmässigen Ernährungswirt- schaft konnte man immer wieder beobachten, dass zwischen Tallage, Mi ttellage und Hanglage nur geringe UnterschiedE' gemacht wurden. Man schrieb ausg.:!sprochenen Ha.!lgsiedlu..1")- gen genau so vor, Getreide und Kartoffeln abzuliefern, wie begünstigten Talbetrieben, obwohl man doch schon wissen musste, dass diese Kulturen aß Hang nur aus Selbst- versorgung-sgründen gebaut wurden. Oben wie unten gal te:'l Stückzahlen für Vieh, Liter für Milch und Kilogrammwerte für sonstige Erzeugnisse~ Man überschätzt dabei \.Ed Le- bendgewichte ebenso wie die Milchleistung je Stück Kuh und Jahr. - 2 - Schliesslich wird es geradezu als eine Selbstver- ständlichkeit hingenommen, dass die Bauern der Hang- und Höhenlage für ihre Produkte am Markt nur die glei- chen Preise erhalten wie die Bauern der begünstigten Talgebiete. Dies hat zur Folge, dass die Frei-Hof-Preise der in den Hang-und Berglagen geworr:1cncn Erzeugnisse bedeutend niedriger sind als die der Betriebe in Bahn- und Marktnähe. Sind diese Produkte aber auch qualitativ SChlechter, so dass sich ein" solcher Preisabschlag rechtfertigen könnte? Tatsache ist und das können wir immer wieder belegen, dass die Produktionskosten am Hang, am Berg und auf der Höhe ein Vielfaches dessen sind,mit dem die Talbauern zu rechnen haben. Es ist daher höchste Zeit, endlich Schluss zu machen mit dem allgemeinen Begriff der Gebirgswirtschaft, der alle Betriebe im Gebirgsraum umfasst und der ein aus- gesprochen regiol~ler Begriff ist, mit dem wir als Be- triebswirtschaftler und Agrarpolitiker nichts anfangen können. Er sagt nur, dass diese und jene Betriebe im Bereich des Gebirges liegen. Im Gebirge leben aber die Talbauern wie die Höhenbauern, die Ebenbauern wie die Hangbauern. Als Betriebswirte und als Verfechter eines modernen Sozialstaates müssen wir daher eine Gliederung, eine Unterteilung, oder wie wir im Titel der vorliegen- den Erörterungen sagten, eine D i f f e ren z i e r - u n g der Betriebe nach ihrem natürlichen und wirt- schaftlichen Standort vc~nehmen. Wir werden dabei erken- nen, dass diese Differenzierung jener ebenbürtig ist, die die Betriebslehre längst für das Flach-und Hügelland aufgestellt hat. Ich verkenne nicht die allgemeinen Schwierigkei- ten in der Landwirtschaft, die durch den Mangel an Ar- bei tskräften~ durch die Preisschere uaw. gegeben sind} aber sehen wir uns nur in den Tallagen und Mittellagen u:n, daliD werden wir oft erstaunt sein über die Instru- ierung der Betriebe, über ihre Produktionskraft und über den Lebenaatandard ihrer Besitzer. - 3 - Man wird sieD dann oft wundern, wieso überhaupt manche Leute über die Armut und das schwierige Dasein der Gebirgsbauern diskutieren können. Nur deshalb, weil man die Differenzierung nicht genug kennt, weil man allgemein noch nieht weiss, dass zwisohen Talbauern und hochliegenden Hangbauern oder zwischen Hangfussbauern und fernliegenden Höhenbauern nach Art der natürlichen und wirtschaftlichen Bedingungen, nach Ertrag und Ein- kommensfähigkeit Gegensätze bestehen, die zumindest so gross sind, wie die im Bereich der verschiedenen Be- triebstypen und -grössen des ebenen und dem Gebirge vorgelagerten Landes. Solange man diese Differenzierung nicht zu er- fassen vermag, wird es Missverständnisse und Versäum- nisse geben, erstere daher, weil die guten Tallagen den Ruf nach Hilfe und Schutz diskreditieren, - letztere, weil eine allgemeine Hilfe nie ausreichen und immer zu spät kommen wird für jene, die sie wirklioh nötig haben: für die Grenzbetriebe in den Hang-und Höhenlagen, die heute schon wieder wirtschaftlich ausserordentlich ge- fährdet sind und aus der Vorhut auszubrechen drohen. I. Dj.e natürliche Differenzierung Der Boden, die Feinerde und damit auch die Boden- nährstette wandern von oben nach unten. Die Folge davon sind seichtgründigP~ magere Hangböden und tiefgründige, fette Talböden. Und würde der Bergbauer nicht immer wie- der mit allen möglichen Mitteln dieser Erscheinung ent- gegenwirken - ich verweise hier nur auf das mühsame Erd- auffahren - so hätte er schon längst seinen Boden ver- loren. Trotzdem kann er aber nicht verhindern, dass sei- ne Kulturarbeit wenigstens teilweise auch den Feldern der Bauern unterhalb seines Hofes zugute kommt. Das Gelände zeigt innerhalb des Gebirgsraumes die verschiedensten Formen und Ubergänge zwiscaan ebenen Tallandschaften und steilsten Felswänden. Schon auf kur- zen Entfernungen kann man neben Höfen mit vorwiegend - 4 - ebenen Feldern, auch solche mit fast aU8schliesslich steilen Hängen antreffen. Für die Bewirtschaftung ist diese Tatsache von entscheidender Bedeutung, wird doch mit der Steilheit der Hänge ihre Bearbeitung bedeutend erschwert. A.ber auch die Hangrichtung hat auf die Pro- duktion ganz wesentlichen Einflusso Es ist nicht gleich- gültig, ob es eich um einen Nord-, Süd-, Oet- oder West- hang handel to Während in der Ebene weithin da. gleiche Klima herrscht, sind im Gebirge gewaltige Unterschiede oft auf engsten Raum vorhanden. Die Temperatur fällt mit der Höhe e Die Wärmeab- nahme beträgt im groben Durchschnitt einen halben Grad auf 100 m. Die Ausstrahlung erreicht besonder. in kla- ren Wintefnächten hohe Werte und bei Windstille bilden sich oft Kaltluftseen, deren AUSm&.8 von der Form und Abgeschlosaenheit des Talbecken. abhängig ist. Tiefge- legene Felder sind daher frostgefährdet und zeigen manchmal sogar ungünstigere Wärmeverhältnisse als etwa8 höher gelegene Hänge. Der Winkel, unter dem die Sonnen- st::-a.hlen einfallen, vergrössert sich auf Südhängen um den Bös~hungswinkel, während er sich auf Nordhängen um den- s~lben Wert v~rringert. Durch diesen EinfluS8 steigt auf der Sonnseite die Siedlungsgrenze um mehrere hundert Met&r höher als auf der Schatteeitev Die Niederschlagsmenge~ besondere der Schneafal1 i steigt ebenfal18 mit der Höhe. Die nördlichen Kalkalpen. die Zentralalpen, wie die südlichen Kalkalpen und die Beckenlandschaften zeigen jedoch überall sehr unter- 6chied~iohe Verhaltnisse. Föhnbahnen, Windlagen und die allge~~ine Exposition bewirken Unterschiede auf engstem RaullI, ,'1ie bei der Beurteilung fast für jeden Hof geson- ~ert fBst.gelegt weruen müsstenQ Di~ VegetationsJauor ist abhängig von der Höhen- ül.ge , "onler Exposition gegon die Sonneneinstrahlung, von der Beschattungjder Höha der Schneelage,den 'lind- verhältnissen und dem löhneinflu88.Die Unterschiede sind bedeutend. Zwei Höfe in gleicher Höhenlage, der eine am - 5 - Nordhang, der andere am Südhang zeigen Unterschiede in der Vegetationazeit von 2 - 3 Monaten. Anbau-und Ernte- zeit, Saatgut und Kulturartenverhältnis müssen sich die- ser Gegebenheit anpasaen~ Auf der Sonnseite noch Winter- weizen, auf der Schattseite im günstigsten Falle noch frühreifer Winterroggen, dafür aber aaf der Sonnseite in Trockenjahren die Gefahr des Ausdorrene der Grasnarbe ulld ein grosses Viehsterben 9 - auf der Seha ttse! te dage- gen noch gute Futterträgee Wie bekannt sind die Hektarerträge von Boden und Klima abhängig. Bei den gros sen Differenzen dieser hei- den Faktoren in einer und derselben Tallandschaft komme ich z.Bo im Donnersbachtal bei annähernd gleich inten- siver Düngung und Bearbei tung ',ei Winterroggen zu folgen- den Erträgen. Im Tal (Seeh6he 690 m) unter dem Einfluss d~s Kaltluftsee., der Nebelbildung und des Bergschatten. 14 - 16 qJba auf der Sonn.eite in 800 m Seehöhe 16 - 18 " in 1000 m Seehöhe 14 - 16 " und in 1200 m Seehöhe 10 Die höchsten Erträge liefern nicht die Talflä~ chen 9 sondern jEn 8 7 die berei ta über da. Bebelmeer hi- nausrageno Hemach fallen jedoch die Erträge stark mit der Höhenlage8 Bei der Kartoffel sind die Unterechia~6 weniger ausgeprägto Diese Fruch t stammt aus dem Gab::"'-'.'gfI und besitzt daher eine grössere El~lung für alpine 79~ häl tnb.a .. Die Abnahme der Griinlanderträge mi-c der HÖ}:lil:'f zeigt sich deutlich in der Anzahl der m.cglich~n Sohnitt~, Zwei- bis dreimähdige Wiesen im Tal entsprech":',l ein!Ilä.b.- :Ugen Wiasen in }2 - 1400 m Seehöhe am Rand dE':1 Sied- lilD.gsgrenze. Dazwischen findet man alle ttberg~;~~ ... - 6 - 11. Die wirtschaftliche Differenzierung 1. Der arbeitstechnische Unterschied. Es ist eine bekannte Tatsache, dass der Hang jeder Arbeit einen bedeutend grösseren Widerstand entgegensetzt als die Ebene. Neben den Arbeitsfunktionen erfordert schon das reine Sich-Fortbewegen grösste Anstrengungen. Wie im Juliheft 1948 der "Landtechnik" in einem Artikel der Ar- bei tsgemeinschaft "Bergbauerntechnikf' des VTL auf Grund genauer Unters'.1ohungen berechnet wird, muss der Hangbauer beim Pflügen auf einem Hang mit 4~ Steigung in der gleichen Zeit das Vierfache der körperlichen Arbeit leisten, die dem Pflüger auf ebenem Land zufällt. Wenn dabei noch die Flächenleiatung berücksichtigt wird, die je Stunde am Hang 1.8 Ar gegen 4.8 Ar in der Ebene beträgt, 80 bedeutet dies, dass der Arbeitsaufwand für diese Arbeit sogar 10.5 mal so grose ist wie in der Ebene. lhnlich liegen die Verhältnisse bei allen übrigen Arbeiten. Der grösste Teil aller landwirtschaftlichen Maschinen kann nicht eingesetzt werden. Diese wichtigsten Behelfe,ohne die eine moderne Landwirtschaft überhaupt nicht denkbar ist, scheinen nur für kapitalskräftigere, von Natur aus begünstigte Landwirte gebaut zu sein, während der Hang- bauer den Boden noch mit primitivsten Mitteln nach Grossväterart unter rücksichtslosem Einsatz seiner Ar- beitskraft bewirtschaften muss. 2. Der arbeitswirtschaftliche Unterschied. Während die weitgehenden Möglichkeiten des Maschi- neneinsatzes dem Talbetrieb eine gleichmäsaigere Vertei- lung der Arbeit über das Jahr gestatten, kann der Hang- baller I:.ur durch Verlängoerung der Arbei tszei t, besonders während der Erntemonate die Arbeitsspitzen überwinden. Reine Familienbetriebe sind dabei solchen mit Fremdar- beitern noch überlegen.