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Vergleichung: Goethes Einführung in die Schreibweise Jean Pauls PDF

162 Pages·1986·18.702 MB·German
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GERMANISTISCHE ABHANDLUNGEN VERGLEICHUNG HENDRIK BIRUS Vergleichung Goethes Einführung in die Schreibweise Jean Pauls J. B. METZLERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG STUTTGART GERMANISTISCHE ABHANDLUNGEN 59 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Birus, Hendrik: Vergleichung: Goethes Einf. in d. Schreibweise Je an Pauls I Hendrik Birus. - Stuttgart: Metzler, 1986. (Germanistische Abhandlungen; 59) ISBN 978-3-476-00591-5 ISBN 978-3-476-03223-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03223-2 NE:GT ISSN 0435-5903 © 1986 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1986 >>Ins Unendliche reichen diese Vergleichungen, und am Ende ist man nicht einmal am Anfange.« Gean Paul, Vorrede zur Vorschule der Aesthetik) INHALT ]ohann Wolfgang von Goethe: Vergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX 1. Goethes >V ergleichungen< ...................................... . Spielarten der Vergleichung in Goethes Literatur- und Kunstkritik - Deskriptive vs. normative Vergleichungen 2. Captatio benevolentiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Nochmals pro und contra Vergleichungen 3. Orientnähe]eanPauls? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Hammer-Purgstall als Gewährsmann-Orientbezüge bei Jean Paul-Görres' Indien Vergleiche-Goethes »Chinese in Rom« -Der »Hesperus« als >>Tragelaph<< -Anti Manierismus-Polemik 4. Goethes Annäherung an Je an Paul 16 Werk und Persönlichkeit des Autors-Goethes langjährige Jean-Paul-Aversion-Ge schmackswandel-Disparates und >ethischer Faden<->Orientalische Weise< J ean Pauls 5. Die orientalische Poesie als Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Goethes Beschwörung des Orients-Hebräische Poesie-Altpersische Überlieferung Früharabische Poesie-Entwicklungstendenzen der arabischen und persischen Poesie 6. Wortlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 >Naturelemente< der arabischen Poesie - Katalog orientalischer Tropen - Goethes Wortliste und F. Schlegels Fremdwortverzeichnis aus dem >>Wilhelm Meister<<-Jean Paul und Goethe zum Sprachpurismus 7. Orientalische Verfahrungs-Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Schwierigkeiten beim Lesen Jean Pauls - Lexikalische Hilfsmittel - Realitätsbezug orientalischer Dichtung-Vergleichstechnik der arabischen Poesie-Metapherntechnik der persischen Poesie - Ihre Behandlung durch Goethe 8. Poetische Enzyklopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Kritik und Selbstkritik von J ean Pauls witziger Schreibweise-Apologie des >gelehrten Witzes< - Kollektaneen - Übergang von Vergleichen zu Metaphern - Exzerptenord- nung-Witziges Individualisieren->Ähnlichkeit< vs. >Heterogenität< im Witz-Begriff Künstlichkeit der Moderne-Der späte Goethe über Gleichnisse und Tropen->Sym- bol< vs. >Allegorie< - >geistreich< VIII Inhalt 9. Poetisches vs. prosaisches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Poesie und Prosa-Poetische Äquivalenzen-Poetische Kunstgriffe-Prosa als proble matische Form-Jean Pauls Abneigung gegen Verszwang-Apologieder Prosaform- Kritik des >Geschmacks< 10. Witzige Illumination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 >Ingeniöser< vs. geselliger Witz-Rätselkunst-Charaden-Relativierung des >Witzes< 11. Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Historisch-kritische Textwiedergabe von Goethes Bezugsstelle aus Jean Pauls »Hesperus<< Anmerkungen 97 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 J OHANN WOLFGANG VON GOETHE Vergleichung Da wir nun so eben bei dem Urtheil über Schriftsteller alle Vergleichung abgelehnt, so möchte man sich wundern, wenn wir unmittelbar darauf von einem Falle sprechen, in welchem wir sie zulässig finden. Wir hoffen jedoch, daß man uns diese Ausnahme darum erlauben werde, weil der Gedanke nicht uns, vielmehr einem dritten angehört. Ein Mann, der des Orients Breite, Höhen und Tiefen durchdrungen, findet daß kein deutscher Schriftsteller sich den östlichen Poeten und sonstigen Verfassern mehr als J ean Paul Richter genähert habe; dieser Ausspruch schien zu bedeutend, als daß wir ihm nicht gehörige Aufmerksamkeit hätten widmen sollen; auch können wir unsere Bemer kungen darüber um so leichter mittheilen, als wir uns nur auf das oben weitläufig Durch geführte beziehen dürfen. Allerdings zeugen, um von der Persönlichkeit anzufangen, die Werke des genannten Freundes von einem verständigen, umschauenden, einsichtigen, unterrichteten, ausgebil deten und dabei wohlwollenden, frommen Sinne. Ein so begabter Geist blickt, nach eigenfliehst orientalischer Weise, munter und kühn in seiner Welt umher, erschafft die seltsamsten Bezüge, verknüpft das Unverträgliche, jedoch dergestalt, daß ein geheimer ethischer Faden sich mitschlinge, wodurch das Ganze zu einer gewissen Einheit geleitet wird. Wenn wir nun vor kurzem die Natur-Elemente, woraus die älteren und vorzüglichsten Dichter des Orients ihre Werke bildeten, angedeutet und bezeichnet, so werden wir uns deutlich erklären, indem wir sagen: daß, wenn jene in einer frischen, einfachen Region ge wirkt, dieser Freund hingegen in einer ausgebildeten, überbildeten, verbildeten, ver trackten Welt leben und wirken, und eben daher sich anschicken muß die seltsamsten Ele mente zu beherrschen. Um nun den Gegensatz zwischen der Umgebung eines Beduinen und unseres Autors mit wenigem anschaulich zu machen, ziehen wir aus einigen Blättern die bedeutendsten Ausdrücke: Barrieren-Tractat, Extrablätter, Cardinäle, Nebenreceß, Billard, Bierkrüge, Reichs bänke, Sessionsstühle, Prinzipalcommissarius, Enthusiasmus, Zepter-Queue, Brust stücke, Eichhornbauer, Agioteur, Schmutzfink, lncognito, Colloquia, kanonischer Bil lardsack, Gypsabdruck, Avancement, Hüttenjunge, Naturalisations-Acte, Pfingstpro gramm, Maurerisch, Manual-Pantomime, Amputirt, Supranumerar, Bijouteriebude, Sabbaterweg u.s.f Wenn nun diese sämmtlichen Ausdrücke einem gebildeten deutschen Leser bekannt sind, oder durch das Conversations-Lexicon bekannt werden können, gerade wie dem Orientalen die Außenwelt durch Handels- und Wallfahrts-Caravanen; so dürfen wir X Johann Wolfgang von Goethe: Vergleichung kühnlich einen ähnlichen Geist für berechtigt halten dieselbe Verfahrungs-Art auf einer völlig verschiedenen Unterlage walten zu lassen. Gestehen wir also unserm so geschätzten als fruchtbaren Schriftsteller zu, daß er, iYf späteren Tagen lebend, um in seiner Epoche geistreich zu seyn, auf einen, durch Kunst, Wissenschaft, Technik, Politik, Kriegs- und Friedensverkehr und Verderb so unendlich verclausulirten, zersplitterten Zustand mannigfaltigst anspielen müsse; so glauben wir ihm die zugesprochene Orientalität genugsam bestätigt zu haben. Einen Unterschied jedoch, den eines poetischen und prosaischen Verfahrens, heben wir hervor: Dem Poeten, welchem Tact, Parallel-Stellung, Sylbenfall, Reim die größten Hin dernisse in den Weg zu legen scheinen, gereicht alles zum entschiedensten Vortheil, wenn er die Räthselknoten glücklich löst, die ihm aufgegeben sind, oder die er sich selbst auf giebt; die kühnste Metapher verzeihen wir wegen eines unerwarteten Reims und freuen uns der Besonnenheit des Dichters, die er, in einer so nothgedrungenen Stellung, behaup tet. Der Prosaist hingegen hat die Ellebogen gänzlich frei und ist für jede Verwegenheit verantwortlich, die er sich erlaubt; alles was den Geschmack verletzen könnte kommt auf seine Rechnung. Da nun aber, wie wir umständlich nachgewiesen, in einer solchen Dicht und Schreibart das Schickliche vom Unschicklichen abzusondern unmöglich ist; so kommt hier alles auf das Individuum an, das ein solches Wagstück unternimmt. Ist es ein Mann, wie Je an Paul, als Talent von Werth, als Mensch von Würde, so befreundet sich der ange zogene Leser sogleich; alles ist erlaubt und willkommen. Man fühlt sich in der Nähe des wohldenkenden Mannes behaglich, seinGefühltheilt sich uns mit. Unsere Einbildungs kraft erregt er, schmeichelt unseren Schwächen und festiget unsere Stärken. Man übt seinen eigenen Witz, indem man die wunderlich aufgegebenen Räthsel zu lösen sucht, und freut sich in und hinter einer buntverschränkten Welt, wie hinter einer andern Charade, Unterhaltung, Erregung, Rührung, ja Erbauung zu finden. Dieß ist ungefähr was wir vorzubringen wußten, um jene Vergleichung zu rechtferti gen; Übereinstimmung und Differenz trachteten wir so k"urz als möglich auszudrücken; ein solcher Text könnte zu einer gränzenlosen Auslegung verführen. 1. GoETHES >VERGLEICHUNGEN< Vergleichung Unter den produktiven kritischen Echos auf Jean Pauls Prosa-darunter so ingeniösen wie Lichtenbergs Brief an Benzenberg (1798), Friedrich Schlegels 421. Athenaeums Fragment, Görres' Generalrezension, Börnes Denkrede und Georges Lobrede-ist Goe thes » Vergleichung« in den »Noten und Abhandlungen zu besserem Verständniß des West-östlichen Divans« (88-90) wohl das erstaunlichste: und dies sowohl hinsichtlich des Autors wie seines Gegenstandes, des formelhaft verknappten Textes wie seines bezie hungsreichen Kontexts, des in ihm Thematisierten wie des Ausgesparten. -Erstaunlich hinsichtlich des Autors und seines Gegenstandes: daß nämlich diese eingehende kritische WürdigungJean Pauls von keinem anderen als seinem lebenslangen literarischen Antipo den stammt, und dies gerade zu einer Zeit, da Goethe der deutschen literarischen Szene (abgesehen von Mediokritäten wie E. A. Hagens »Olfried und Lisena<<, Johanna Scho penhauers »Gabriele<< oder bestenfalls Rückerts »Östlichen Rosen<<) entschieden den Rücken gekehrt hatte und seine leidenschaftliche Aufmerksamkeit den zeitgenössischen Exponenten der Weltliteratur wie Byron, Walter Scott undManzoni zu widmen begann; andererseits aber, daß diese Annäherung anJean Paul ausgerechnet im Zeichen der orien talischen (genauer: der arabischen und persischen) Poesie erfolgt, die in Jean Pauls sonst so polyhistorischem geistigen Haushalt kaum auch nur die geringste Rolle gespielt hat. Erstaunlich hinsichtlich des Texts und seines Kontexts: denn verglichen mit der sei es witzigen, sei es panegyrischen, sei es argumentativen, allemal aber eindeutigen Stillage der meisten J ean-Paul-Würdigungen zeigt Goethes » Vergleichung« (wie die >>Noten und Abhandlungen« überhaupt) ein verwirrendes Spektrum von der kommentarlos-mokan ten Wortliste über eine urbane Causerie und nüchterne historische Reflexionen bis hin zu lakonischen Winken und allgemeinsten Maximen - eine Textform, wie sie Goethe seit seinen Anmerkungen zu Diderots »Rameaus Neffe« zunehmend ausgebildet hatte; und zugleich ist diese geradezu igelhaftabgeschlossene >> Vergleichung« in ihren wesentlichen Momenten überhaupt erst explizierbar unter Berücksichtigung der gesamten »Noten und Abhandlungen«.- Erstaunlich schließlich hinsichtlich des Thematisierten und des Ausgesparten: denn dieser kritische Text enthält eine noch immerunausgeschöpfte Fülle von Interpretationsgesichtspunkten des schriftstellerischen Verfahrens Jean Pauls; kaum weniger bezeichnend sind aber die hier ausgesparten Züge der J ean Paulschen Prosa, über die sich Goethe andernorts unmißverständlich geäußert hat. Vorall diesen inhaltlichen Problemen muß aber allein schon die Form einer solchen li teraturkritischen >Vergleichung< gerade bei Goethe erstaunen. War sie doch geradezu das Paradigma der Literatur- und Kunstkritik der Aufklärung: und zwar in den Spielarten des strukturellen Vergleichs zum Zwecke der Bestimmung von Gattungsnormen, wie in

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