ebook img

Verbreitung und Status der ostafrikanischen Papageien Agapornis personatus Reichenow, 1887 und Agapornis fischeri Reichenow, 1887 (Aves, Psittaciformes) PDF

2004·0.77 MB·
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Verbreitung und Status der ostafrikanischen Papageien Agapornis personatus Reichenow, 1887 und Agapornis fischeri Reichenow, 1887 (Aves, Psittaciformes)

© Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Bonner zoologische Beiträge Band 52 (2004) Heft 1/2 Seiten 95-100 Bonn, August 2004 Verbreitung und Status der ostafrikanischen Papageien Agapornispersonatus Reichenow, 1887 wná Agapornisyisc/im' Reichenow, 1887 (Aves, Psittaciformes) Werner Lantermann, Oberhausen Abstract: Historical and current distribution ranges, degree ofhybridisation and the present status oftwo species of lovebirds (Masked LovebirdAgapornispersonatus and Fischer's LovebirdA.fischeri) in Tanzania are given. Hybridisa- tion between both species occurs in the vicinity of large cities, especially Arusha, most probably based on escaped specimens. Keywords: Distribution range, conservation. Love Birds, East Africa, Tanzania. 1. EINLEITUNG MOREAU (1948a) der Verbreitungsgebiete von A. per- Neben den Langflügelpapageien (Poicephaliis) bilden die sonatus und A. fischeri nach den damals bekannten Fundorten und gelangte damit zu der Feststellung, dass Unzertrennlichen der Gattung Agapornis die größte sys- tematische Gruppe innerhalb der relativ artenarmen Pa- die Verbreitungsgebiete beider Formen fast unmittelbar pageienfauna der Palaeotropis. Die Gattung umfasst nach aneinander anschließen (Abb. 1), es aber keine Berüh- rungspunkte und keine Hybridzone mit nachweislichen heutiger systematischer Auffassung 9 Fonnen, die mit Ausnahme des madegassischen Grauköpfchens (A. ca- Mischlingen aus beiden Formen gebe. MOREAU führte nus) alle aufdem afrikanischen Festland beheimatet sind weiter aus, dass bei beiden Formen keine nennenswer- (WOLTERS 1975-1982; FORSHAW 1989). Zu den bekann- ten ökologischen Unterschiede bezüglich des Verhal- testen und besterforschten Arten zählen Schwarz- tens, der Brutzeit, des bevorzugten Lebensraumes, der vertikalen Verbreitung oder der Nahrung festzustellen köpfchen {A. personatus) und Pfirsichköpfchen {A. fi- scheri), allerdings weniger hinsichtlich ihres Freilebens seien, so dass andere Faktoren dafür verantwortlich sei- als im Hinblick aufihr Verhalten in Menschenobhut, des- en, die eine Vennischung beider Formen im Freiland verhinderten. Er fand als Erklärung zum einen eine na- sen Details in der Vergangenheit durch diverse wissen- sScthaafmtlmic1h9e60A,rb1e9i6t2e)n. BgeekildäertFowrumrednensin(vdgli.nzDwIisLcGhEeRn19a6u0c;h t(üürbleirch6e0B0a0rrmierüebeirn NFoNr)mavmonRibfetwaValldleetye,nzHuömheannzdüegreenn vermutete er Vegetationshindemisse durch sogenanntes durch eine jahrzehntelange züchterische Tätigkeit der Vogelliebhaber in aller Welt umfassend bekannt (vgl. „Miyombo-Woodland*' (Brachystegia) und durch „Iti- Hampe 1957; Brockmann & Lantermann 1985; Gai- gi"-Dickicht - Vegetationsbereiche, die von beiden Ar- SER& Ochs 1995 und viele andere mehr). ten gemieden wurden. Mit Hilfe dieser Hypothese ließ sich damals eine natürliche Verbreitungsbarriere zwi- Das Freileben beider Arten ist dagegen nur frag- schen den Verbreitungsgebieten beider Formen kon- mentarisch dokumentiert. Ebenso stellt sich die Frage struieren. Allerdings wies schon die damalige Literatur nach ihrer genauen Verbreitung, des Hybridisierungs- Hinweise aufHybriden zwischen beiden Arten auf(z.B. grades beider Formen sowie die Frage nach dem Aus- Seth-Smith 1926), die Moreau jedoch noch in jedem maß der Bedrohung ihrer Freilandbestände. Die vorlie- einzelnen Fall als Gefangenschafts"produkt" oder zuläs- gende Arbeit versucht aufgrund der inzwischen sige Farbvariante aus dem Freiland erklären konnte. vorliegenden neueren Literatur den momentanen Er- Nach der Veröffentlichung seines Hauptartikels bekam kenntnisstand zusammenzufassen und bezieht dabei Moreau aber offenbar einige Zuschriften seiner Leser auch aktuellere Beobachtungen des Verfassers mit ein, und zudem weiteres Material in die Hand, so dass er in die auf eine Studienreise nach Tanzania im Septem- einem späteren Nachtrag wiederum ausfuhrlich auf die ber/Oktober 1996 zurückgehen. Frage der Hybridisation zwischen A. personatus und A.fischeri einzugehen gezwungen war. In diesem Nach- 2. BISHERIGER KENNTNISSTAND ZUR trag erklärt er alle Freilandsichtungen als Fehler der Be- VERBREITUNG richterstatter und lässt nur nachprüfbares Museumsma- In der seinerzeit ausfuhrlichsten Zusammenfassung des terial als Beweise gelten. Und eben dort findet sich zu diesem Zeitpunkt kein einziger Mischlingsbalg aus dem Kenntnisstandes über die Gattung Agapornis bestimmte © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at 96 Abb. 1: Verbreitungsgebiete von A = Agapornis fischeri und Abb. 2: Heute angenommenes Verbreitungsgebiet von A = B = Agapornis personatus nach der Datenaufnahme von Mo- Agapornis fischeri und B = Agapornis personatiis nach der REAU (1948). Die Verbreitungsgebiete beider Arten näherten Feldstudie von M. Mover (1995) mit einer breiten Kontakt- sich im Bereich des Lake Manyara und des heutigen Taran- zone beider Formen, die den Arusha-Nationalpark und das gire-Nationalparks auf etwa 60 km an (Zeichnung: Lanter- Gebiet um den Lake Manyara mit einschließt (Zeichnung: MANN) Lantermann). Freiland (MOREAU 1948b), wohl aber Belege aus Zuch- Formen hauptsächlich außerhalb der Brutzeit in der ten, die die leichte Kreuzbarkeit der Formen untereinan- Trockenzeit sympatrisch vorkommen. der belegen (z.B. Prestwich 1928; Blanchard 1929; Hill 1942). Allerdings räumte MOREAU bereits in sei- Nun finden sich zudem aber weitere freilebende Popula- ner ersten Arbeit ein, dass durch intensive landwirt- tionen in Tanzania, die sich vor allem in der Nähe der schaftliche Nutzung die von ihm angenommenen Vege- größeren Städte etabliert haben. Es gibt Nachweise von tationsbarrieren zunehmend fielen und zudem hier und tanzanischen Populationen in Dar-es-Salaam, Tanga, dort entflogene oder freigelassene Käfigvögel in naher Dodoma und Arusha (s.u.), darüber hinaus auch in Ke- Zukunft fiir eine Vermischung der beiden Arten sorgen nya wiederum in der Nähe der Städte Nairobi und könnten. Mombasa und zudem am Lake Naivasha (Thompson 1987; MoYER 1995; Juniper & Parr 1998). Auch aus 3. GEGENWÄRTIGE VERBREITUNG Burundi und Rwanda sind Sichtungen von Pfirsichköpf- Dass diese Vermutung damals keineswegs unbegründet chen bekannt (FRY et al. 1988). Die Existenz aller dieser Populationen wird gewöhnlich dadurch erklärt, dass sie war, zeigt sich heute deutlich. Derzeit existiert eine brei- sich durch freigelassene oder entflogene Vögel der te Kontaktzone zwischen A. fischeri und A. personatus Tierhändler und Vogelfanger etabliert hätten, die in den an der östlichen Verbreitungsgrenze des Pfirsichköpf- großen Städten ansässig seien. Und überall dort, wo chens in Tanzania (Abb. 2). Die Zone der sympatrischen Pfirsich- und Schwarzköpfchen in solchen Regionen Verbreitung beider Formen erstreckt sich nach heutigem während der Brutzeit aufeinander treffen, bilden sich of- Kenntnisstand von Mnyoni im Süden über Kondoa und fensichtlich auch freilebende Hybriden. Es scheint also Babati im Osten vorbei an der Nordwest-Grenze des keinerlei wirksame (ökologische oder ethologische) Tarangire-Nationalparks östlich bis zum Arusha-Natio- Mechanismen zu geben, die solchen Hybridisierungen nalpark und im Norden zu den nördlichen Ausläufern entgegenwirken. des Mount Meru (Gerhart 1977, Mover 1995). Den- noch fand auch MOYER, der 1993 eine größere Feldstu- Für die Populationen in Burundi und Rwanda (offenbar die zum Status des Pfirsichköpfchens in Tanzania nur „reine" Pfirsichköpfchen), in Nairobi, Mombasa, am durchführte, bei seiner Untersuchung keine Mischlinge Lake Naivashi (Kenya) sowie in Tanga und Dar-es- in dieser Zone und gibt als Begründung an, dass beide Salaam (Tanzania) scheint diese Erklärung hinreichend. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Werner Lantermann: OstafrikanischeAgapomi.s-Papageien 97 denn alle genannten Lokalitäten liegen großenteils weit 1 . Die Population hat sich aus freigelassenen oder ent- entfernt vom natürlichen Verbreitungsgebiet beider Ar- flogenen Käfigvögeln beider Formen etabliert. Da- ten. Die Besiedlung lässt sich also kaum oder allenfalls mit wäre die Entstehungsgeschichte ähnlich wie die durch ausgedehnte Wanderungen der Vögel erklären. in anderen Großstädten Tanzanias und Kenyas und hätte eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Anders liegen die Verhältnisse für die tanzanischen Po- pulationen in Dodoma und Arusha. Dodoma wies be- 2. Die gelegentlichen Pfirsichköpfchen-"Wanderer" im reits in den 1950er Jahren so hohe Individuenzahlen von Arusha-Distrikt haben sich mit entflogenen A. fischeri auf, dass sie als „Schädlinge" eingestuft und Schwarzköpfchen vermischt. Damit wären die von verfolgt wurden. Mit Hilfe von Lockvögeln wurden um Zimmerman et al. (1996) angegebenen Verbrei- 1959 die meisten Individuen gefangen und an Vogelhal- tungsgrenzen wahrscheinlich richtig. ter und -händler am Lake Naivasha in Kenya geschickt. 3. Die im Arusha-Distrikt natürlicherweise vorkom- Seither scheinen dort nur noch vereinzelte Vögel und menden Schwarzköpfchen haben sich mit entfloge- Kleingruppen vorzukommen, die man wiederum auf nen (oder auch „wandernden") Pfirsichköpfchen ver- freigekommene Käfigvögel der dortigen Vogelhändler & zurückführt. Nach den Recherchen von MOYER (1995) mischt. Damit wären Juniper Parrs (1998) Verbreitungsgrenzen wahrscheinlich zutreffend bzw. soll sich nur noch ein einzelner Schwärm von Pfirsich- damit würde zudem die „Wanderer"-Theorie von köpfchen im nördlichen Teil der Stadt Dodoma aufhal- ten. Hier scheint nicht ganz klar zu sein, ob es sich um Zimmerman et al. (1996) mit einbezogen. entflogene Käfigvögel oder um eine natürliche Popula- 4. Der Arusha-Distrikt gehört tatsächlich mit zur über- tion handelt. Die südlichsten Nachweise für A. fischeri lappenden Verbreitungszone, in der beide Arten erbrachte MOYER für die Region östlich der Stadt Kili- sympatrisch vorkommen (MOYER 1995). Dann mantinde, derweil er von einheimischen Vogelhändlem müsste allerdings geklärt werden, warum die Pfir- erfuhr, dass die Vögel noch weiter südlich, und zwar in sich- und Schwarzköpfchen sich hier (zumindest in etwa 35 km von Dodoma entfernten Orten Kigwe und der Umgebung der Stadt Arusha) vermischen und Kigongwe gesichtet wurden. - Wenn die Dodoma-Re- anderswo (angeblich?) nicht. gion natürliche Populationen von Pfirsichköpfchen auf- Dass diese Mischpopulation besteht, steht außer Zwei- weisen sollte, ergäbe sich eine längere Überschnei- dungszone mit dem Verbreitungsgebiet des Schwarz- fel, ihr Ursprung kann aufgrund der bisherigen Datenla- ge aber nicht eindeutig geklärt werden. MOYER (1995) köpfchens als bisher angenommen. geht davon aus, dass sich diese Population aus entfloge- Bemerkenswert ist die Arusha-Population, weil sie die nen Käfigvögeln etabliert hat. Nach seinen Informatio- einzige Hybridpopulation ist, die möglicherweise im nen handelt es sich um eine große und sich offenbar überlappenden Verbreitungsgebiet von Agapornis ausbreitende Population, die sich überwiegend aus fi- scheri und A. personalus liegt. ZIMMERMAN et al. Mischlingen beider Formen zusammensetzt und zudem (1996) erwähnen diese Hybridpopulation jedoch nicht. einen kleineren Teil an „reinen" Pfirsichköpfchen auf- Nach Auffassung dieser Autoren reicht das natürliche weist. - Die eigenen Beobachtungen des Verfassers im Verbreitungsgebiet des Schwarzköpfchens nördlich nur September 1996 ergaben folgendes Bild dieser Misch- bis Babati und zum Tarangire-Nationalpark, das des population: Am nördlichen Stadtrand von Arusha hat Pfirsichköpfchens östlich bis zum Serengeti-National- sich ein kleiner Fluss tiefin die Landschaft eingegraben park, wobei gelegentliche „Wanderer" auch östlich von („Mount-Meru-Tal"). An dessen Ufern bauten die Be- Babati und im Arusha-Distrikt angetroffen werden kön- wohner vor allem Mais an, hier und dort waren auch nen. Auch Juniper & Parr (1998) nennen die Misch- kleine Reiskulturen zu finden. Bei der Durchquerung lingspopulation in Arusha nicht. Nach ihren Recherchen dieses Tals fielen fast unmittelbar die Stimmäußerungen endet das Verbreitungsgebiet des Pfirsichköpfchens öst- von Agapomiden auf, die sich bei genauerer Nachsuche lich am Lake Manyara, derweil das Schwarzköpfchen zunächst als Pflrsichköpfchen erwiesen, die in kleinen bis zu den nördlichen Regionen des Mount Meru vor- Gruppen von 3 bis 5 Vögeln einen Teil ihres Nahrungs- kommt, also demnach auch die Arusha-Region mit ein- bedarfs aus den im Tal gelegenen Maisplantagen deck- schließt. Nach MOYERs (1995) Freilandstudien besteht ten. Immer wieder war zu beobachten, dass die Tiere dagegen im Arusha-Distrikt eine breite Kontaktzone, in sich von einem „Aussichtsbaum" zu den Maisanpflan- der Pfirsichköpfchen und Schwarzköpfchen sympatrisch zungen herab begaben und dort - teils kopfunter hän- vorkommen. Darüber hinaus existiert - wie der Ver- gend - Nahrung aufnahmen. Sobald sich ein Mensch fasser selbst feststellen konnte - derzeit auch eine näherte und den Weg durchquerte, der beide Seiten des Mischpopulation in der Umgebung der Stadt Arusha, Tales miteinander verband, flogen die Vögel sofort die lediglich Moyer (1995) erwähnt. Für die Entste- kurzzeitig auf warteten in besagtem Baum ab, bis die hung dieser Population ergeben sich somit vier Hypo- „Gefahr" vorüber war und begaben sich dann wieder in thesen: die Maispflanzungen hinab. Bei genauerer Beobachtung © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at 98 Bonner zoologische Beiträge 52 (2004) der Tiere zeigte sich, dass diese Population vorwiegend und der Fang in diesen Zonen weiterhin untersagt bleibt, aus Pfirsichköpfchen bestand, es waren aber auch einige haben die Pfirsichköpfchen die Chance, die nächsten offensichtUche MischUnge aus Pfirsich- und Schwarz- Jahr(zehnt)e zu überleben. Von der lUCN wurden sie köpfchen zu sehen. Es dauerte eine Weile, bis ein adul- dennoch - vor allem mit Blick auf die horrenden Ex- tes Mischpaar, wahrscheinHch die Ekern der Hybriden, portzahlen - vorsorglich als Near-Threatened einge- ausgemacht werden konnte (Lantermann 1999). stuft. Anders liegt der Fall bei den Schwarzköpfchen. Hier liegen keine aussagekräftigen Freilandstudien der 4. POPULATIONSGRÖSSEN BEIDER letzten Jahre vor, allerdings nennen alle neueren Auto- AGAPORNIS-¥ORM¥.^ ren keine wesentlichen bestandsmindemden Faktoren, Mover (1995) kommt in seiner Freilanduntersuchung einige bezeichnen die Art gar als häufig, relativ häufig zu dem Schluss, dass die Gesamtpopulation des Pfir- o1d9e8r9;reZgiemlmmäeßrimgaannzeuttrael.ff1e9n96()F.rvZuemtianl.de1s9t88f;ürFdOiReSBHuAnW- sichköpfchens heute zwischen 290 205 und 002 210 1 desrepublik Deutschland sind in den vergangenen Jah- Vögeln liegt (geschätzter Wert nach Datenanalyse mit ren zudem keinen nennenswerten Importe zu verzeich- dem Programm Distance). Der größte Teil davon lebt in nen (WA-Jahresstatistiken des Bundesministeriums für Nationalparks und anderen geschützten Gebieten (etwa Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn), so 7 400 km"), derweil die Art in den ungeschützten Zo- nen, wo die Tierfanger hauptsächlich tätig sind, inzwi- dass dieser Bedrohungsfaktor mittlerweile (s.o.) wei- testgehend entfallen dürfte. Insgesamt scheint die Form schen äußerst selten anzutreffen ist (hochgerechnet 187 derzeit nicht bedroht zu sein. 000 Exemplare aufknapp 44 000 km-). Mover schätzt, dass der Aderlass durch den Fang und Handel in dem Sorge bereiten hingegen die diversen etablierten Misch- Zehn-Jahres-Zeitraum zwischen 1982 und 1992 genau populationen in der Umgebung der großen Städte. Al- so hoch war (um 1 Million Tiere) wie der gesamte heu- lein am Lake Naivasha in Kenya wurde die Population tige (optimistisch geschätzte) Weltbestand - wenn man um 1986 mit rund 6000 Vögeln angegeben (THOMPSON die Prä-Export-Sterblichkeit, den illegalen Handel und 1987; Zimmerman et al. 1996). Auch die Arusha- die Exporte an die Nicht-CITES-Parteien mit einrech- Mischpopulation ist nach Angaben von MOVER (1995) net. In geringerem Maße wird auch der Lebensraumver- eine gesunde, schnell wachsende Population. Es ist lust ñir den Rückgang der Art mitverantwortlich ge- wahrscheinlich - gerade mit Blick auf die Arusha- macht (Frv et al. 1988). Das Gesamtverbreitungsgebiet Population - nur noch eine Frage der Zeit, wann diese der Art hat sich nach den Studien von Mover (1995) Mischlinge mit den freilebenden Tieren des natürlichen gegenüber der „historischen" Verbreitung kaum geän- Verbreitungsgebietes im Arusha-Distrikt in Berührung dert, vermutlich an der südlichen und westlichen Grenze kommen und sich mit ihnen vermischen. Zudem besteht sogar leicht ausgedehnt, derweil an der östlichen Grenze bereits heute in der kenyanischen Naivasha-Population inzwischen eine Kontaktzone mit A. personatus ent- Nisthöhlenkonkurrenz mit anderen dort ursprünglich standen ist. Der Status des Schwarzköpfchens ist nur beheimateten Höhlenbrütern (Thompson 1987) - eine ungenau bekannt. Flächendeckende Feldstudien wurden Tendenz, die sich auch in Arusha abzeichnet (MOVER nach Kenntnis des Verfassers bisher nicht durchgefiihrt, 1995). Auf Dauer besteht zumindest die Gefahr, dass es so dass man aufEinzelhinweise und gelegentliche Sich- lokal zu Verschiebungen in der Häufigkeit bestimmter tungen von Nationalpark-Besuchern und sonstigen Af- Vogelarten durch diese ausgesetzten oder entflogenen rika-Reisenden und -forschem angewiesen ist. Demnach Vögel kommen kann. sind die Vögel regelmäßig innerhalb ihres Verbrei- Ein anderer Aspekt ist der Status beider Formen als tungsgebietes anzutreffen, mancherorts sogar häufig und „Schädlinge". Werden hier und dort schon die natürlich in größerer Zahl (Frv et al. 1988). Hier und dort wurden vorkommenden Bestände als Schädlinge verfolgt, spieh in der Vergangenheit Rückgänge aufgrund größerer dieser Aspekt in der Umgebung der größeren Städte, wo Fangaktivitäten durch den Tierhandel beobachtet (Juni- per & Parr 1998). Über eventuelle Veränderungen des viele Anbaugebiete liegen, eine besondere Rolle. Durch die vorsätzliche Freisetzung von nachgezüchteten Aga- Gesamtverbreitungsgebietes liegen keine Hinweise vor. pomiden in Kenya und der folgenden unkontrollierten Ausbreitung der Population, vor allem am Lake Naivas- DISKUSSION 5. ha, kam es dort zu einem deutlichen Rückgang der Ernte Die derzeitigen Kenntnisse über die Freilandbestände (Thompson 1987). Auch in Arusha erwiesen sich die des Pfirsichköpfchens sind hinreichend. Demnach leben dort beobachteten Tiere als Emte"schädlinge", die die die meisten Vögel relativ geschützt in den National- Maisanpflanzungen plünderten (Lantermann 1999). parks und anderen Schutzgebieten des Landes. Ihre Zahl Zweifellos können größere Gruppen von Agaporniden, hat zwar vor allem durch den Tierfang in den letzten 10- wenn sie permanent in bestimmte Felder einfallen, den 15 Jahren deutlich abgenommen, wenn aber weitere jeweiligen Landbesitzern schwere Ernteschäden zufü- Landkultivationen in den Schutzgebieten ausbleiben gen. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at WernerLantermann: OstafrikanischeAgapornis-Papageien 99 Schließlich bleibt noch ein Blick auf die Populationen Museumsexemplare (Nr. 58.385, 60.130, 60.131, von Pfirsich- und Schwarzköpfchen in Menschenobhut. ZFMK, Bonn) besichtigen konnte (LANTERMANN 2001). Hier fehlt dem Verfasser der internationale Überblick, Ochs (1999) bestätigt, dass bei vielen von ihm besich- allerdings seien im folgenden einige Bemerkungen zu tigten Importtieren ebenfalls ein orangefarbener Anflug den bundesdeutschen Beständen gestattet. Zahlenmäßig im Bereich der oberen gelben Kehlfarbung zu verzeich- liegen beide Formen mit mehr als 1200-1600 gemelde- nen war. ten Nachkommen pro Jahr an der Spitze der züchteri- Nach mehreren Generationen der Verdrängungszucht, schen Bemühungen (Jahresstatistiken der Vereinigung wie sie merkwürdigerweise von Gaiser & OCHS 1995: für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht (AZ) ( 3) ausfuhrlich und offenbar kritiklos beschrieben wird, e.V., Backnang). Der Status dieser Vögel ist jedoch in lassen sich reinerbige Vögel kaum mehr von farbmutier- höchstem Maße bedenklich. Viele Jahre standen die ten Hybriden unterscheiden, allerdings muss hier noch- Farbmutationen beider Formen im Vordergrund der mals deutlich gemacht werden, dass es sich hier nur um Zuchtbemühungen. Und vor allem die „blaue" und phänotypisch um scheinbar „reinerbige" Tiere handelt, „weiße" Mutante des Schwarzköpfchens wurden beden- genotypisch bleiben solche Vögel Mischlinge (Brock- kenlos in die Bestände des Pfirsichköpfchens (und ande- mann 1993). Diese Gefahr besteht grundsätzlich auch rer Formen der Agapomis-personatus-Gruppe) einge- bei dem Versuch der Etablierung artenreiner Bestände kreuzt. Dadurch entstand ein heilloser Mischmasch von von wildfarbigen Vögeln in Menschenobhut, die aus farbmutierten oder wildfarbigen Hybriden, deren Folgen langjährigen Zuchten stammen. Für Ausbürgerungen in heute kaum mehr zu beheben sind. Sicherlich lassen den ursprünglichen Lebensraum, wie sie aus Gründen sich durch Verdrängungszucht bestimmte Hybridmerk- des Artenschutzes für Pfirsich- und Schwarzköpfchen male herauszüchten, dadurch wird ein Hybride aber kei- hoffentlich nie notwendig werden, sind solche „Zucht- neswegs wieder zum reinerbigen Pfirsich- oder produkte" nicht geeignet. Denn weitere Mischlings- Schwarzköpfchen, wie es in der Natur vorkommt. Es ist populationen ~ neben den bereits bestehenden in den das Verdienst einiger weniger Züchter, die schon früh- großen ostafrikanischen Städten - sind nicht wün- zeitig die Zeichen der Zeit erkannt und den damals zeit- schenswert und im Sinne des Artenschutzes wertlos. gemäßen „Mutationszuchten" insoweit entgegengewirkt haben, dass es heute noch „reine" Tiere beider Formen Danksagung. Für die Unterstützung während meiner Tan- gibt. Hier hätten die großen Züchterverbände, die jahr- zania-Reise bin ich meiner damaligen Lebensgefährtin Me- zehntelang vor allem das Ausstellungswesen, die Muta- lanie Behr zu Dank verpflichtet. Herr Peter Beyl (Rhein- tionszuchten und willkürliche Zuchtstandards propagiert berg) hat mir dankenswerterweise die benötigten haben, eindeutige Aufklärungsarbeit leisten müssen. Nachzuchtzahlen von Schwarz- und Pfirsichköpfchen in- Über ihre Verbandszeitschriften hätte bereits frühzeitig nerhalb der AZ übermittelt. Herrn Dr. Goetz Rheinwald das „Know-How" der artgemäßen und artenreinen Aga- danke ich fiir die Möglichkeit, in der Balgsammlung des pomidenzucht verbreitet werden müssen, statt Goldme- Zoologischen Forschungsinstituts und Museums Alexander daillen für den besten „blauen" Agapornis fischeri zu Koenig (ZFMK) in Bonn zu arbeiten. vergeben, der in Wirklichkeit nichts anderes war als ein schmutzig-grauer Agapornis personatiis x fischeri- LITERATURVERZEICHNIS Hybride (Brockmann 1993; Gaiser& Ochs 1995). Er- fi-eulicherweise haben sich die Verhältnisse heute mit Blanchard, M. A. (1929): A. personata x A. fischeri hy- neuer Kompetenz in den Leitungsgremien teilweise ge- brids, L'Oiseau et Revue francaise d'omithologie 10: 108. ändert, wenngleich in den Köpfen mancher Verbands- Brockmann, J. (1993): Agapomiden. Ulmer, Stuttgart. mitglieder leider immer noch das anachronistische Den- Brockmann, J. & Lantermann, W. (1985): Agapomi- ken aus vergangenen Tagen herrscht. Manche Züchter den. Ulmer, Stuttgart. haben sich allerdings mittlerweile ausschließlich aufdie DiLGER W. C. (1960): The comparative ethology ofthe Af- Bewahrung reiner Naturbestände spezialisiert, so dass rican parrot genus Agapornis, Zeitschrift íur Tierpsy- heute von beiden Formen wieder größere Anzahlen in chologie 17: 649-685. Menschenobhut zu finden sind. Offenbar sind die „rei- FORSHAW, J. M. (1989): PaiTots of the Wodd, 3rd ed., Blandford, London. nen" Schwarzköpfchen aber gegenüber den „reinen" FRY, C. H., Keith, S. & Urban, E. K. (1988): The Birds of Pfirsichköpfchen in der Minderzahl. Man sollte sich al- Africa, Vol. III, Parrots to Woodpeckers. Academic lerdings nicht stets von den gelegentlich auftretenden Press, London. roten Federchen an der oberen gelben Halspartie des Gaiser, G. & Ochs, B. (1995): Die Agapornis-AxXqw und Schwarzköpfchens irritieren lassen. Das kann, muss a- ihre Mutationen. Hannelore Reutin-Gaiser Verlag, Mei- tingen. ber nicht zwangsläufig ein Agapoi'nis-fischeri-Erhe sein, Gerhart, J. D. (1977): Distribution ofAgapornis species sondern kommt so auch bei Wildvögeln aus Tanzania in Tanzania, Scopus 1:51. vor - zumindest aus dem Arusha-Distrikt (20 und 100 Hampe, H. (1957): Die Unzertrennlichen. Dritte Auflage, Meilen südlich von Arusha) - die der Verfasser als Héléne, Pfungstadt. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at 100 Bonnerzoologische Beiträge 52 (2004) Hill, W. C. O. (1947): On a hybrid lovebird (A. personafa Stamm, R. A. (1960): Paarintimität und schwarminteme X A. roseicollis). Avicultural Magazine 5: 158. Streitigkeiten bei Agapornispersonafaßscheri Reiche- Juniper, T. & Parr, M. (1998): Parrots. A guide to the par- now - Gefangenschaftsbeobachtungen. Verhandlungen rots of the world. Yale University Press, New Haven, derNaturforschenden Gesellschaft in Basel 71: 1-14. Sussex. Stamm, R. A. (1962): Aspekte des Paarverhaltens von Lantermann, W. (1999): Vogelleben in den Savannen Agapornis personafa Reichenow - Gefangenschafts- Ostafrikas - Tanzania. Die Voliere 22: 307-31 1. beobachtungen. Behaviour 19:1-56. Lantermann, W. (2001): Import, Handel und Haltung von Thompson, J. J. (1987): Lovebirds at Lake Naivasha. Pfirsichköpfchen {Agapornisßscheri) in der Bundesre- SWARA, East African Wildlife Society 10: 11-12. publik Deutschland. Berichte zum Vogelschutz 37: 93- Thompson, J. J. (1989): A comparison ofsome avian cen- 98. sus techniques in a population oflovebirds at Lake Na- MOREAU, R. E. (1948a): Aspects ofevolution in the parrot ivasha, Kenya. African Journal ofEcology 27(2): 157- genus Agapornis. The Ibis 90: 206-239. 166. MOREAU, R. E. (1948b): Aspects ofevolution in the parrot Wolters, H. E. (1975-1982): Die Vogelarten der Erde. genus Agapornis, appendices and references. The Ibis Paul Parey, Hamburg - Berlin. 90: 449-460. Zimmermann, D. A., Turner, D. A. & Pearson, D. J. Mover, D. C. (1995): The status of Fischer's Lovebird (1996): Birds of Kenya and northern Tanzania. Helm, Agapornisßscheri in the United Republic ofTanzania. London. lUCN Species Survival Commission, Cambridge, U.K. OCHS, B. (1999): Schwarzköpfchen. Papageien 12: 120- 123. Anschrift des Verfassers: Werner Lantermann, Prestwich, a. a. (1928): Love-bird hybrids. Avicultural Drostenkampstr. 15, D-46147 Oberhausen Magazine 4: 78-79. Seth-Smith, D. (1926): Avicultural notes. Avicultural Eingegangen: 26.08.2002 Magazine 4: 224-225. Angenommen: 23.06.2003 Zuständige Herausgeberin: R. van denElzen ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Bonn zoological Bulletin - früher Bonner Zoologische Beiträge. Jahr/Year: 2004 Band/Volume: 52 Autor(en)/Author(s): Lantermann Werner Artikel/Article: Verbreitung und Status der ostafrikanischen Papageien Agapornis personatus Reichenow, 1887 und Agapornis fischeri Reichenow, 1887 (Aves, Psittaciformes) 95-100

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.