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Verbannt ans Ende der Welt PDF

322 Pages·2016·1.08 MB·German
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Rainer M. Schröder • Abby Lynn Verbannt ans Ende der Welt DER Rainer M. Schröder, 1951 in Rostock AUTOR geboren, hat vieles studiert (Opernge- sang, Jura, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft) und einige Jobs ausprobiert (Bauarbeiter, Reporter, Theaterautor, Verlagslektor), bis er sich für ein Leben als freier Autor entschieden hat. 1980 ging er in die USA, bereiste das Land und kaufte sich in Virginia eine Farm. Dort lebte er als Autor und Hobbyfarmer. Aber immer wieder brach er zu neuen Abenteuerreisen auf. Er hat zahlreiche Jugendbücher, Romane, Sachbücher sowie Hörspiele und Reiseberichte veröffent- licht. Heute lebt er in Wipperfürth, in Florida – oder ist irgendwo unterwegs auf dem Globus. Rainer M. Schröder Abby Lynn Verbannt ans Ende der Welt Ausgezeichnet mit dem Friedrich-Gerstäcker-Preis der Stadt Braunschweig Band 20080 Von Rainer M. Schröder ist bei Der Taschenbuchverlag OMNIBUS erschienen: für Kinder und Jugendliche von Bertelsmann Im Zeichen des Falken (20212) Auf der Spur des Falken (20230) Im Banne des Falken (20176) Im Tal des Falken (20187) Abby Lynn – Verbannt ans Ende der Welt (20080) Abby Lynn – Verschollen in der Wildnis (20346) Sir Francis Drake – Pirat der Sieben Meere (20126) Dschingis Khan – König der Steppe (20050) Goldrausch in Kalifornien (20103) Die Irrfahrten des David Cooper (20061) Umwelthinweis: Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Erstmals als OMNIBUS Taschenbuch Mai 1996 Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibre- form Erstmals erschienen als C. Bertelsmann Ta- schenbuch 1992 © 1987 C. Bertelsmann Jugendbuch Verlag, München in der Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH Alle Rechte vorbehalten Umschlagbild: Alexander Schütz Umschlagkonzeption: Klaus Renner Herstellung: Peter Papenbrok/han Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin Druck: Presse-Druck Augsburg ISBN 3-570-20080-9 Printed in Germany 10 9 ERSTES BUCH ENGLAND FEBRUAR – JUNI 1804 Erstes Kapitel E in eisiger Windstoß blies durch die Fensterfugen der Dach- kammer. Die Kerze auf dem Küchentisch flackerte, beugte sich unter dem frostigen Hauch des Februarmorgens und er- losch. Ein dünner Rauchfaden kräuselte vom kohleschwarzen Docht, wurde von der Zugluft erfasst und verwirbelt, bevor er noch die niedrige Decke der armseligen Dachgeschosswohnung erreicht hatte. Das dunkelblonde Mädchen mit dem blassen Gesicht saß ge- dankenverloren am Küchentisch und beobachtete, wie das flüs- sige Wachs um den Docht schnell erkaltete und sich auf der Oberfläche eine erste dünne Schicht bildete. Wie die Haut, die auf heißer Milch schwimmt. Heiße Milch! Abigail Lynn versuchte sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal heiße Milch getrunken hatte. Vergeblich. Es lag schon zu lange zurück. Viele Jahre. Seit ihr Vater auf der Fahrt von In- dien zurück nach England mit dem Schiff untergegangen war. Er hatte sein ganzes Vermögen in die Schiffsladung gesteckt. Bis auf den letzten Penny, wie ihre Mutter immer wieder mit Verbitterung betonte, wenn sie von den Zeiten erzählte, als sie noch zu den angesehenen Kaufmannsfamilien in London ge- hört, in einem eigenen Haus gewohnt und mehrere Dienstbo- ten gehabt hatten. Nur ganz schwach konnte Abigail sich noch an das Haus mit den silbernen Kerzenleuchtern, den Teppichen und Bildern und dem herrschaftlichen Treppenaufgang erinnern. Gerade sechs war sie damals gewesen. Und acht Jahre in drückender Armut waren eine lange Zeit, in der Erinnerungen an eine 7 längst vergangene, glückliche Kindheit ihre scharfen Konturen verlieren wie Zeichnungen auf Papier, die zu lange der Sonne ausgesetzt sind und immer mehr verblassen. Abigail wünschte, sie könnte die Kerze wieder anzünden. Die kleine Flamme war das einzig Wärmende und Trostspen- dende an diesem kalten Februarmorgen gewesen. Doch es war schon hell über London, und die Kerze jetzt noch einmal in Brand zu setzen, wäre eine unverzeihliche Verschwendung von Wachs und Zündhölzern gewesen. Ein anhaltender, trockener Husten aus der hinteren Ecke der Dachkammer riss Abigail aus ihren Gedanken. Ihre Mutter war aufgewacht. »Abby?« Abigail erhob sich vom Küchentisch und ging schnell zur Bettstelle hinüber. »Hast du Durst? Soll ich dir etwas Tee brin- gen?«, fragte sie besorgt und wünschte, sie hätten wirklich ein wenig frischen Tee. Das Gebräu, das sie seit über einer Woche tranken, war der ungezählte Aufguss einer einzigen Hand voll Teeblätter. Sie waren schon so ausgelaugt, dass sie kaum noch das Wasser färbten. Margaret Lynn nickte und Abby holte eine Blechtasse voll Tee. Ihre Mutter trank gierig und sank dann in die Kissen zu- rück. Die Krankheit, die sie nun schon gute sechs Wochen ans Bett fesselte, hatte deutliche Spuren hinterlassen. Abby kannte ihre Mutter nur als hagere Frau mit schmalen Lippen und ei- nem verkniffenen Gesichtsausdruck, der ihre unversöhnliche Verbitterung über den tiefen Fall widerspiegelte. Doch nun war sie regelrecht abgemagert. Ihr Gesicht war eingefallen, die fahle Haut schien sich über den spitz hervortretenden Wan- genknochen bis zum Zerreißen zu spannen, und in ihren Au- gen, die in tiefen Höhlen lagen, brannte das Fieber. »In der Schüssel ist noch etwas kalte Grütze«, sagte Abby und hielt die Hand ihrer Mutter. »Eine halbe Tasse voll.« »Brot! … Du musst Brot kaufen, Abby!« 8

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