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Vegetationsökologische Grundlagen zur Ausweisung der Moore am Pass Thurn als Ramsar-Gebiet / Study on the vegetation ecology of the mires at Pass Thurn as basis for their nomination as Ramsar site PDF

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© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Vegetationsökologische Grundlagen zur Ausweisung der Moore am Pass Thurn als Ramsar-Gebiet C. KEUSCH & G. M. STEINER Abstract: The decision of the Austrian Federal Forests to nominate the mires of the Pass Thurn as Ram- sar site was an important step for protecting the site efficiently. The data on vegetation, landuse, geol- ogy, climate and history gained for this reason gives a good impression of the status and is also an im- portant basis for management measures that had and have to be taken. For the core site of the mire com- plex, the Wasenmoos, the rehabilitation measures came just in time to prevent the site from being dam- aged completely. A fence has been built around the mire and the ditches have been blocked with wood- en dams. The vegetation mapping of the Wasenmoos showed up the changs caused by drainage and peat cutting over decades. The drying out of the peat made serious erosion possible and also the trampling by cattle left many traces in the sensitive bog parts of the mire. The fencing out of the site will take away much pressure, but as the fence could not be built around the whole Ramsar site, it is left to the future, if the cattle will use the other unfenced mires instead. As the cattle favoured Wasenmoos in the past, the oth- er sites are in more or less natural conditions. On the softly sloping terrasses of the Sonnberg percolation mires are abundand, whereas in plain places bogs prevail. Caricetum rostratae and Caricetum limosae dominate in the wettest parts, and in the hol- lows of the bogs rare species like Calla polustris or Scheuchzeria palustris occur. The vegetation in the sur- roundings of the Wasenmoos indicates almost intact hydrological conditions. Beside rare plant species like Betukt nana, Dactylorhiza traunsteineri and Calla palustris a number of endangered birds like Aegolius funereus, Dryocopus martius and Acdpiter gentilis can be watched frequently. With a number of rare and endangered species and plant communities, growing and peat accumulating mires and ongoing rehabil- itation measures the mire complex of Pass Thurn meets at least three criteria necessary for being ac- ceptet by the Ramsar convention and, thus, since the 2nd February 2004 it became a new Ramsar site - a wetland of international importance. Key words: Pass Thurn, Wasenmoos, mires renaturation, Ramsar, nature conservation, mire, bog, fen, peatland, peatland classification. Zielsetzung erkennung der Feuchtlebensräume von wichtiger Bedeutung. Aus diesem Grund Im Jahre 1993 stellten die Österreichi- sind die Initiatoren der Kampagne bestrebt schen Bundesforste AG alle in ihrem Besitz einige der ökologisch wertvollsten Moore in befindlichen 474 Moore mit einer Gesamt- den Stand eines Ramsar-Schutzgebietes zu fläche von 1.700 ha freiwillig unter Schutz. heben. Eines dieser Gebiete sind die Moore Sieben Jahre darauf wurde mit Beteiligung am Pass Thurn. Die zahlreichen Einzel- des WWF-Österreich und der Universität Wien die Kampagne „Aktiver Moorschutz" moorflächen bilden einen Moorkomplex aus ins Leben gerufen. Ziel dieses ambitionier- Nieder-, Übergangs-, und Hochmooren, der ten Projekts ist die Renaturierung all jener aufgrund seine Höhenlage (1.200-1.520 m Moorflächen, die durch Torfabbau, Draina- ü. M., 94% der österreichischen Moore lie- gierung, Beweidung und Aufforstung beein- gen unter 1.000 m ü. M.)1 und Größe als be- trächtigt wurden. Neben den Renaturie- Stapfia 85, zugleich Kataloge 1 http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.tn/m806369.htm, der OÖ. Landesmuseen rungsmaßnahmen ist die internationale An- 11.2003 Neue Serie 35 (2005), 495-534 495 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tab. 1: Liste der Ramsar-Schutzgebiete in Österreichs gewiesen haben. Im Jahr 2003 hatte die (Stand 03. 2004) weltweite Fläche der Ramsargebiete eine Neusiedlersee (Burgenland) 60 000 ha Größe von 111.031,197 Hektar. Donau-March-Auen (Niederösterreich) 38 500 ha Der offizielle Titel der Konvention lau- Untere Lobau (Wien) 1 039 ha tet: „The Convention on Wetlands of Inter- Stauseen am Unteren Inn (Oberösterreich) 870 ha national Importance especially as Waterfowl Rheindelta, Bodensee (Vorarlberg) 1 960 ha Habitat", bekannt ist das Abkommen aber Pürgschachenmoos (Steiermark) 62 ha meist als „Ramsar Konvention". Der offiziel- Sablatnigmoor (Kärnten) 97 ha le Name deutet darauf hin, dass in den An- Rotmoos im Fuschertal (Salzburg) 58 ha fängen der Konvention der Schutz der zie- Hörfeld-Moor (Kärnten/Steiermark) 133 ha henden Wasservögel das wichtigste Anlie- Waidviertier Teich- und Flusslandschaft (Niederöst.) 13 000 ha gen darstellte. Im Laufe der Jahre wurden je- Lafnitztal (Burgenland/Steiermark) 2 180 ha doch sämtliche Aspekte von Feuchtgebie- Nationalpark Kalkalpen (Oberösterreich) 18 532 ha ten und deren Nachhaltige Nutzung („wise Moore im Sauerfelder Wald (Salzburg) 119ha use") mit einbezogen. Der schon erwähnte Moore am Schwarzenberg (Salzburg) 266 ha Begriff des „wise use" der Feuchtgebiete Moore am Überling (Salzburg) 264 ha wurdel987 im Zuge der Konferenz in Regi- Moore am Pass Thurn (Salzburg) 190 ha na (Kanada) folgenderweise definiert: sonders schützenswert gilt. Die zur Auswei- „Unter wohlausgewogener Nutzung von sung als Ramsargebiet benötigten vegeta- Feuchtgebieten ist ihre nachhaltige Nutzung tionsökologischen Grundlagen wurden im zum Wohle der Menschheit in einer mit dem Zuge der folgenden Diplomarbeit erhoben Erhalt der Naturgüter des Ökosystems im und verarbeitet. Mittels umfassender Vege- Einklang stehenden Weise zu verstehen". tationsaufnahmen (633) in den Moorflä- chen (39,905 ha) und der daraus erstellten Die genaue Definition von Feuchtgebie- Vegetationskarten ließ sich ein Bild des Ist- ten im Sinne der Ramsar-Konvention lau- Zustandes der Moore zeichnen. Eine solche tet: „Feuchtgebiete im Sinne dieses Über- Zustandserhebung ist für eine effiziente For- einkommens sind Feuchtwiesen, Moor- und mulierung der Ziele von Renaturierungs- Sumpfgebiete oder Gewässer, die natürlich maßnahmen und deren Monitoring unab- oder künstlich, dauernd oder zeitweilig, ste- dingbar. Außer den Vegetationserhebungen hend oder fließend, Süß-, Brack- oder Salz- sieht das Prozedere des Ramsar-Auswei- wasser sind, einschließlich solcher Meeres- sungsverfahrens die Inventarisierung von gebiete, die eine Tiefe von sechs Metern bei Geschichte, Klima und Nutzung des Unter- Niedrigwasser nicht übersteigen". suchungsgebiets vor. Um den Gesamtein- Jeder Mitgliedsstaat muss mindestens druck des Gebietes zu komplettieren wurde ein Gebiet für die Liste international bedeu- neben diesen einige weiterführenden As- tender Feuchtgebiete nennen. Weiters sind pekte wie Geologie, Lage und Landschafts- die Teilnehmerstaaten dazu aufgerufen eine formen erhoben. nationale Feuchtgebietsstrategie zur Umset- zung der wohlausgewogenen Nutzung zu Die Ramsar Konvention entwickeln und neben den Ramsar-Schutz- Die Ramsar Konvention ist nicht nur gebieten weitere Feuchtlebensräume unter das älteste internationale Naturschunab- Schutz zu stellen. kommen sondern bis heute auch das wich- Auch die Ausbildung von Fachpersonal tigste internationale Übereinkommen zum zur Betreuung der Schutzgebiete und für Schutz von Feuchtlebensräumen. Die erste Forschungstätigkeiten ist eine Verpflichtung Unterzeichnungsrunde der 18 Gründungs- die die Mitgliedsländer eingehen. mitglieder fand am 2. Februar 1971 in einer kleinen iranischen Stadt namens Ramsar an Österreich ist seit 1983 Mitglied der Ramsar-Konvention und nominierte bisher der Südküste des Kaspischen Meeres statt. 16 Fechtlebensräume als Ramsar-Schutzge- In Kraft trat die Konvention aber erst vier biete (Tab. 1). Jahre später. Mittlerweile sind 138 Vertrags- partner beteiligt, die mehr als 1.370 Feucht- Die Aufnahme der Moore in die Liste gebiete von internationaler Bedeutung aus- der Ramsar-Feuchtgebietsliste wurde erst bei 496 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at der vierten Konferenz im Juli 1990 beschlos- Ganz besonders interessant sind die sen. 1995 betrug die weltweite Anzahl an Worte des deutschen Lehrers und Reise- Moor-Ramsar-Gebieten 75. Im Vergleich zu schriftsteller Adolph SCHAUBACH, da dieser den meisten anderen Vertragspartnern ist in sich auf das Gebiet um Mittersill bezieht. Er Österreich der Anteil der Moore relativ schreibt 1846 in seinem Werk „Die deut- hoch und wird in naher Zukunft noch aus- schen Alpen. Ein Handbuch für Reisende.": gebaut, derzeit ist die Nominierung von 2 „Die Gegend um Mittersill ist weit und of- weiteren Mooren in Planung. Es sind dies fen und würde gewiss, ohne die abscheu- die Moore am Nassköhr (Steiermark) und lichen Sümpfe, zu den reizendsten Gegen- die Bayerische Wildalm (Tirol). den der Alpen gerechnet werden" und wei- ter bemerkt er, „.... den Fremden, der in ei- Die Moore am Pass Thurn wurden Ende ne gesegnete Gegend zu blicken glaubt, wie 2003 von den Osterreichischen Bundesfor- es vielleicht in früheren Zeiten war und sten eingereicht und haben seit dem durch die jetzigen Entsumpfungsarbeiten 02.02.2004 offiziellen Status eines Ramsar- wieder werden kann." Die Beobachtungen Schutzgebietes (Ramsar Site No.: 1367; beziehen sich jedoch auf die in damaliger No.:3AT012). Zeit weit verbreiteten Versumpfungen in Geregelt ist die Umsetzung der Ramsar- den Tallagen. Konvention in Osterreich durch das Friedrich Engels beschreibt seine Ein- Bundesgesetzblatt, BGBL. 89. Stück, Nr. drücke im Moor so: „In einer Sturmnacht, 225, 12.April 1993. wenn die Wolken gespenstisch um den Moorschutz Mond flattern, wenn die Hunde sich von fern einander zubellen, dann jagt auf In Mitteleuropa werden Moore nach- schnaubenden Rossen hinein in die endlose weisliche schon seit Beginn der Bronzezeit Heide...; in der Ferne blitzt das Wasser der (vor 4000 Jahren) genutzt (SuCCOW & Moore im Widerschein des Mondes, Irrlich- JESCHKE 1986). Der römische Schriftsteller ter gaukeln darüber hin, unheimlich ertönt Plinius berichtet schon von Bewohnern der das Geheul des Sturmes über die weite Flä- Nordseeküste, die getrockneten Torf- schlamm zum Kochen und Heizen benutz- che, der Boden wird unsicher unter euch, ten (HUECK 1937). Trotzdem war und ist das und ihr fühlt, dass ihr in den Bereich der Image von Mooren häufig mit negativen deutschen Volkssage gekommen seid". Assoziationen behaftet. Nur langsam ändert Manchmal verrät alleine schon der Na- sich das Bewusstsein gegenüber diesen ein- me eines Moores die Abneigung der Men- zigartigen Naturjuwelen, noch viel zu oft schen ihnen gegenüber, die Bezeichnung werden die Jahrhunderte alten Vorstellun- Teufelsmoor ist von Sibirien bis Schottland gen vom düsteren Moor gepflegt. Viele im weit verbreitet. In der vorrömischen Eisen- umgangssprachlichen Gebrauch verwendete zeit waren Moore gefragte Hinrichtungsstät- Redewendungen spiegeln das negative Bild ten und Bestattungsorte für verurteilte Ver- das man den Mooren zuspricht, wider: „Den brecher. „Sogar im Tode sollten diese armen Sumpf trockenlegen", „Versumpfen", „ausse- Seelen ins Moor verbannt werden" (HAYEN hen wie eine Moorleiche", „im Sumpf ste- 1990, SUCCOW & JESCHKE 1986). Bei der cken" sind nur einige Beispiele dafür. Ob- überwiegenden Anzahl der gefundenen wohl die Begriffe Moor und Sumpf nicht Moorleichen (in Nord- und Mitteleuropa gleichbedeutend sind, werden sie in der All- über 500) ist Gewaltanwendung als Todes- tagssprache oft als solches verwendet. Auch ursache nachgewiesen (GÖTTLICH 1990). in der Literatur finden sich viele Beispiele, für den Umgang mit dem Naturereignis In der Landwirtschaft ist die Nutzung der Moor. Zwei der wohl bekanntesten Werke Moore erst im letzten Jahrhundert intensi- sind, „Der Knabe im Moor" (Anette Freiin viert worden (SuCCOW 1998). Aber auch in von Droste HÜLSHOFF 1841/42) und „The landwirtschaftlichen Kreisen standen und hound of Baskerville" (Sir Arthur Conan stehen Moore nicht hoch im Kurs. So werden DOYLE 1902). Daneben nutzen zahlreiche Moore meist als Öd- oder Unland eingestuft Schriftsteller Moorlandschaften ab Schau- (SCHAUER 1985). Die stark vernässten und platz für düstere und mystische Szenen. oft unproduktiven Moore zählen sicherlich 497 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tab. 2: Schutzstatus der Moore Österreichs nach STEINER (2003). TM = Teilmoore (Einzelmoore und Teile von Moorkomplexen); Obj. = Ob- jekte (Einzelmoore und Moorkomplexe); NSG = Naturschutzgebiet; ND = Naturdenkmal; GLT = Geschützter Landschaftsteil; LSG = Land- schaftsschutzgebiet; NP = Nationalpark; *) inkl. Schilfgürtel des Neusiedlersees Schutzstatus gesamt NSG % ND/GLT % LSG% NP% Bundesland TM Obj. ha TM Obj. ha TM Obj. ha TM Obj. ha TM Obj. ha Burgenland*) 32 12 9833 3,13 8,33 0,07 0 0 0 56,3 16,7 81,1 6,3 8,3 17 Kärnten 354 301 3166 5,37 5,32 12,5 0 0 0 10,5 10,6 28,8 0 0 0 Niederösterreich 87 76 747,6 29,9 29 37,8 5,75 5,26 3,13 9,2 5,26 1,63 0 0 0 Oberösterreich 217 168 1255 26,7 25 46,1 0,92 1,19 0,27 0,46 0,6 1,61 0 0 0 Salzburg 428 328 2123 13,6 11 26,5 5,37 5,18 9,79 8,18 8,23 3,98 0 0 0 Steiermark 321 235 1484 15 15,7 31,3 1,25 1,7 2,09 20,3 16,2 18,1 0 0 0 Tirol 448 368 1274 1,79 2,17 2,96 2,46 2,45 1,52 3,57 4,35 2,31 0 0 0 Vorarlberg 1110 952 6612 4,41 3,15 16,1 0,27 0,21 0,13 0,18 0,21 0,04 0 0 0 Österreich 2997 2440 26494 8,91 7,87 12,8 1,6 1,56 1.11 6,07 5 35,1 0,1 0 6,4 nicht zu den wirtschaftlich rentabelsten Flä- und 60% akkumulieren noch Torf. Jährlich chen eines landwirtschaftlichen Betriebes. gehen rund 1 %o der weltweiten Moore ver- Als Beispiel soll hier ein Zitat eines norden- loren, was einen Verlust von 0,5 %o Torf- glischen Bauern dienen: „ .. moor was land menge bedeutet (JOOSTEN & Q.ARKE 2002). that was too poor to be cultivated. „ (PEAR- In Europa ist die Situation noch weitaus SALL 1950). Aus ökonomischen Überlegun- dramatischer, hier wurden schon rund 60% gen heraus entsteht meist das Bestreben die der ursprünglichen Moorflächen zerstört. Moorflächen trocken zu legen um eine besse- Vor allem die Moore der Tallagen fielen fast re Kultivierbarkeit zu erzielen. zur Gänze der Kultivierung zum Opfer. Die wenigen „positiven" Assoziationen In Österreich sind nur noch ungefähr mit dem Thema Moor sind meist auf die gu- 0.3% (ca. 25.000 ha) der Landesfläche (84 ten Eigenschaften der Moorsubstrates, den 000 km2) von Mooren bedeckt. Die varia- Torf, zurückzuführen. Die besonders günsti- blen geologischen, morphologischen und gen Eigenschaften des Torfes im Gartenbau, klimatischen Verhältnisse Österreichs las- als Stalleinstreu, als Brennmaterial und in sen jedoch eine entsprechend große Vielfalt der Balneologie (erst seit der ersten Hälfte an Mooren zu. So sind beinahe alle Moorty- des 19. Jhdts bekannt) sind aber gleichzeitig pen Mitteleuropas in Österreich vertreten die Ursache der Zerstörung großer Moorge- (STEINER 1988). Landesweit sind mindes- biete. tens 1300 Moorobjekte schützenswert (STEI- NER 1992). Weltweit wurden durch anthropogenen Einfluss ca. 800.000 km2 Moorfläche zer- In den letzten Jahren ist glücklicher- stört, davon 50% durch die Landwirtschaft, weise ein gewisser Umdenkprozess in Gang 30% durch die Forstwirtschaft und 10% gekommen, so wird immer mehr Menschen durch den Torfabbau (JOOSTEN & CLARKE bewusst, welche außergewöhnliche Land- 2002). schaft hier angesprochen wird. Denn ganz im Gegenteil zu den Vorstellungen vieler Die Vegetationskunde beschäftigt sich Menschen sind Moore meist Orte des Lichts seit etwa einem Jahrhundert intensiver mit im sonst schattigen Wald. Ihre primäre Mooren, anfangs nur im Zuge der Torfge- Waldfreiheit und die extremen Nährstoff-, winnung, viel später erst im Hinblick auf die Temperatur- und Wasserverhältnisse ma- Erhaltung der Feuchtlebensräume (STEINER chen sie zu Lebensräumen von Spezialisten 1985). So stehen die ersten Internationalen der Fauna und Flora die ganz eng an diese Moorkongresse (1. Kongress 1952 in Salz- Biotope gebunden sind und mit ihnen wohl burg) im Zeichen der wirtschaftlichen Nut- aussterben würden. Die zahlreichen Renatu- zung von Mooren, vor allem in den Berei- rierungsprojekte von Mooriandschaften zei- chen der Industrie, Balneologie, Land- und gen einen langsamen Prioritätenwechsel in Forstwirtschaft. Richtung Schutz von Mooren. In Tab. 2 ist Von den verbleibenden 4 Mio. km2 der aktuelle Schutzstatus der österreichi- Moorfläche weltweit sind 80% noch intakt schen Moore aufgelistet. 498 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Gründe für den Moorschutz: doch eine komplette Wiederherstellung ga- rantieren. Ausgleich des Landschaftswasserhaus- halts: Der enormen Wasserspeicherkapazität Der Einfluss eines Moores auf die Tier- und der sehr geringen Wasserleitfähigkeit welt reicht noch weit über seine Grenzen des Torfs ist es zu verdanken, dass Moore hinweg, denn alpine Moore wie die Moore hydrologische Puffer darstellen, die große am Pass Thurn können als Habitatinseln Mengen an Wasser aufnehmen können und (ARTHUR &. WILSON 1963) gesehen werden diese nur langsam an ihre Umgebung abge- (GROSS 1992). Nach der Theorie der Habi- ben. tatinsel korreliert die Größe eines Moores positiv mit der Diversität der Moorfauna. CO-Senke: Intakte, wachsende Moore 2 Ebenso hängt das Ausmaß der Isolation ei- wirken dem Treibhauseffekt entgegen, ob- nes Moores negativ mit der Zoodiversität zu- wohl einiges an Kohlenstoff in Form von sammen. Die Zerstörung eines Moores hat Sumpfgasen (Methan) entweicht, wird im somit indirekten Einfluss auf die Fauna aller Verhältnis dazu mehr Kohlendioxid in Form benachbarten Moore. von Torf fest gebunden (KRISAI 2001). Durch eine Entwässerung wird genau das Vegetationskarten und Gegenteil bewirkt, die trockengefallenen Geographisches Informationssystem Torfkörper können nun durch aerobe Bakte- (GIS) rien mineralisiert werden. Die dadurch frei- gesetzten großen Mangen an Kohlenstoff Das Digitalisieren der handschriftlichen und Stickstoff belasten als Nährstoffeinträge Aufzeichnungen die im Laufe der Freiland- die Gewässer oder gehen als klimarelevante arbeit vor Ort in die stark vergrößerten Gase, Kohlendioxid und Stickoxide, in die Echtfarben-Orthofotos eingezeichnet wur- Atmosphäre über (KOPISCH &. HARTMANN den erfolgte mittels der Programme Arcinfo und ArcView digitalisiert. Anhand der ge- 1998, KRÜGER &. PFADENHAUER 1991, MEY- schätzten Verortung im Freiland und den ER & AUGUSTIN 1998, TREPEL et al. 1998). manchmal sehr gut erkennbaren Farbunter- Exklaven für boreale Arten: die etwas schieden am Orthofoto ließen sich die Ve- kühleren kleinklimatischen Verhältnisse, getationsgrenzen relativ präzise einzeich- die durch den unbewegten Wasserkörper im nen. Vor allem die Latschengebüsche und Inneren des Torfs entstehen, bedingen das die sehr feuchten Bereiche (dunkel) waren Vorkommen von Arten der Taiga und Tun- sehr gut über die Luftbildinterpretation er- dra in südlicheren Breiten (STEINER 1992). kennbar, in einigen Fällen war auch die Moore stellen letzte noch weitgehend Führung der Loipen und Schlittenfahrtrou- natürliche Landschaftselemente außerhalb ten zu erkennen. An einigen Stellen war die der Hochgebirge dar. Abgrenzung der Gesellschaften jedoch nur mit einer einkalkulierten Ungenauigkeit Archive für Klima- und Vegetationsge- möglich. Im Gutachten von ENNEMOSER & schichte: ENNEMOSER (1988) wurde im Falle des Wa- Palynologie: Der Ablauf der Wiederbe- senmooses von einer natürlichen Hürde aus- waldung nach der letzten Eiszeit und der gegangen, die eine präzise Ausweisung von Einfluss des Menschen auf die kann mithilfe Vegetationsgesellschaften unmöglich von Pollenfunden in datierbaren Torf- macht. Die Digitalisierung der Aufnahme- schichten rekonstruiert werden. flächen ließ aber keine fließenden Übergän- Moorarchäologie: In Hochmooren blei- ge zu, wodurch eine scharfe Abgrenzung der ben viele Materialien wie Holz, Leder, Wol- Assoziationen nötig wurde. Aufgrund der le, Körperhaut, innere Organe, Bronze und engen Verzahnung der Gesellschaften in ei- Edelmetalle gut erhalten; nigen Bereichen war es jedoch notwendig Die Zerstörung von Mooren ist, vor al- die scharfen Grenzen einigermaßen aufzulö- lem im Falle von Hochmooren, kaum rück- sen. Umgangen wurde dieses Problem in- gängig zu machen. Auch umfassende Rena- dem einige Polygone doppelt belegt wurden turierungsmaßnahmen können nur eine (z.B. Sphagnetum medii / Campylio-Carice- Wiedergutmachung darstellen, niemals je- tum dioicae). 499 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Gebietsbeschreibung Lage Mit Ausnahme eines sehr kleinen Teil- stücks, das in Tirol beheimatet ist, befinden Rankenkop« (14ä6mU sich die untersuchten Moorflächen im Bundesland Salzburg. Näher betrachtet liegt das Untersuchungsgebiet im Gemeindege- biet der Ober-Pinzgauer Gemeinde Mitter- sill. Folgt man von dort aus der Pass Thurn - Bundesstrasse in Richtung Kitzbühel (Ti- rol), gibt es auf dem Parkplatz des Restau- rants „Tauernblick" einen Forstweg der zur alten Pass-Strasse führt. Diese bildet die südlichste Begrenzung des Wasenmooses. •^— Strassen Von hier aus führt der markierte „Moor- — Baeche rundweg" :u einem Großteil der Moorflä- ^ ^| Moore chen. | | Ramsargrenze Koordinaten des Zentrums des Untersu- chungsareals: 47° 19' Nord und 12° 26' Ost 0 12 Kilometers Geologie Das Untersuchungsgebiet liegt in den Abb. 1: Geographische Lage der Moore am Neben der Vegetationskarte wurde eine österreichischen Zentralalpen, in den Tiro- Pass Thurn. Karte mit den im Freiland mittels Luftbild ler und Salzburger Schieferalpen bzw. in den verorteten 633 Aufnahmepunkten erstellt. Kitzbühler Alpen. Im Gemeindegebiet von Für die Anfertigung weiterer Themenkarten Mittersill am Fuße des Pass Thurn stoßen wurden folgende Parameter digitalisiert: mehrere geologische und tektonische Ein- Strassen, Ortschaften, Bäche und Flüsse, heiten aufeinander. Eine wichtige, in west- Höhenlinien, Geologie, Grenze des Ramsar- östlicher Richtung verlaufende Grenzlinie Schutzgebietes, Grenze des Naturdenkmala- stellt die „Tauernnordrandstörung" dar. Sie reals und der Verlauf der Langlaufloipe im trennt die Zentralalpen von der nördlich da- Bereich der Moorflächen. von gelegenen Grauwackenzone. Die Grau- Die Programme Arclnfo und ArcView wackenzone, in der das Untersuchungsge- bieten neben der reinen Digitalisierung der biet liegt, besteht zum Großteil aus Schie- Luftbilder auch ein vollständiges Geographi- fergesteinen. An einigen Stellen haben die sches Informationssystem (GIS). Hierfür wur- Gletscher der Eiszeiten ihre Spuren in Form den die digitalisierten Einheiten (Polygone, von Moränen hinterlassen. Als Ursprung Punkte) mit Informationen belegt, die in ei- dieser Schieferzone gilt das Paläozoikum, ner mitgeführten Datenbank abgelegt wur- welches vor 600 Millionen Jahren begann den. Die Datenbank der Vegetationskarte und rund 400 Millionen Jahre andauerte. beinhaltet den Namen des Moores in dem Die Schieferzone trennt sich nochmals in sich die klassifizierte Fläche befindet, die Flä- zwei geologische Formationen auf. In diago- chengröße (in ha und m') und den Namen naler Richtung von Nordwest nach Südost der Vegetationsgesellschaft. In der Karte der verläuft die als „Rettensteinlinie" bekannte Vegetationsaufnahmen flössen neben dem Trennlinie. Südwestlich dieser Linie herr- Moomamen und der Vegetationsgesellschaft schen Innsbrucker Quanphyllite vor, bei de- zusätzlich die errechneten Zeigerwerte nach nen es sich um relativ widerstandsfähige LANDOLT (1977) und EllENBERG (1974) mit- Schiefer mit silbergrauer bräunlicher Fär- ein. Diese Daten wurden für die ökologischen bung handelt, die oft Quarzeinlagerungen Untersuchungen herangezogen. beinhalten. Die Schiefergesteine im Nord- osten werden als eigentliche Grauwacke be- zeichnet und bestehen aus Wildschönauer 500 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Schiefern, auch Pinzgauer Phyllite genannt. Diese Tonschiefer sind etwas weniger wider- standsfähig, weisen eine graue Färbung auf und können manchmal auch kalkhaltig sein. Die Kalkeinlagerungen, vor allem Kalkschiefer mit hohem Glimmergehalt (KÜRSINGER 1841), verlaufen in Ost-West Richtung entlang der Flanken des Sonn- bergs. Neben den Schiefergesteinen findet man aber in beiden geologischen Regionen immer wieder Gesteine vulkanischer Her- kunft, Dolomite und Kalke. Die untersuchten Moorflächen befinden sich ausnahmslos in der Region der Pinzgau- er Phyllite (Abb. 2). Landschaftsformen Die Berge nördlich von Mittersill wer- den auch als „Pinzgauer Grasberge" bezeich- K«tognp(M und KantngMttkmg ctvttsan KWKM «w, OSJOO« net. Der bezeichnende Name lässt schon er- ahnen, dass die Flanken weniger steil ausge- prägt sind und bis in die Gipfelregionen (Rankenkopf 1496 m ü. M. und Schellen- A bergkogel 1891 m ü. M.) eine geschlossene Vegetationsdecke aufweisen. Die im Ver- gleich zu dem, im Süden liegenden, Tauern- Die Moore bedecken eine Fläche von Abb. 2: Geologische Karte der Region um hauptkamm relativ sanften Formen und nie- den Pass Thurn, Geologische Bundesanstalt, ca. 40 Hektar und werden durch mehr oder drigeren Höhen sind ein Ergebnis der gerin- Topographische Spezialkarte, Nr. 5049, weniger breiten Waldstreifen (meist Fich- geren Hebung während der Gebirgsbildung Zone 16 Kol. VII, 1:25 000, 1935. tenwälder, selten Erlenwälder) von einander und der Vergletscherung der Eiszeiten (Günz, Mindel, Riß und Wurm). getrennt. Zu den Zeiten der vier Gletschervorstö- Klima ße war Mittersill von einem ca. 1300 m di- Obwohl das Gebiet um das Wasenmoos cken Eispanzer bedeckt, aus dem nur die in der subalpinen Stufe angesiedelt ist, ent- höchsten Gipfel der Kitzbühler Alpen her- spricht der Klimatyp dem der alpinen Stufe. ausragten. Zu diesen Inseln in der Eisland- SEIFRIEDSBERGER (1985) spricht von einem schaft (Nunatakern) gehörten der Große und Kleine Rettenstein, der Rescheskogel Abb. 3: Höhenmodell der Moore am Pass und der Graißstein. Die durchziehenden Thurn. Gletscher ließen ein flachkuppiges Gelände zurück, das in den mit Gletschertonen ver- füllten Ebenen zu Vermoorungen neigte. Für die Terrassierung der Hänge der „Grasberge" waren neben den Tätigkeiten der Gletscher (m) '6« - 1700 auch die in West-Ost-Richtung verlaufen- tsao • 1M0 1620 IWO den Bänder aus härterem Gesteinen, Por- '«0 . UM '400 - 1400 phyritschiefer, Kalk und Dolomit verant- 13«. 1400 12M-1140 wortlich. Die Verebnungen in denen sich 1220 nao-1220 Moore entwickelten, haben oft nur eine In- klination von 0° - 5°. Die höher gelegenen schmalen hangparallel verlaufenden Moor- streifen bilden eine Ausnahme, sie errei- chen größere Neigungen bis hin zu 20°. 501 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Jahres rrittel- MtUerer mitteleuropäisch-ozeanischen Klimacharak- terrperatur Jahres niederschlag ter der die Situation am Pass Thurn am be- 6°C 1103,1mm sten beschreibt. Das Temperaturmittel im 100 Juli beträgt 10-15°C, im Jänner schwankt das Mittel zwischen -2°C und -6°C. Die Re- 80 • gen bringenden Winde kommen meist aus • Mttlere Temperatur westlicher, nordwestlicher oder nördlicher 1971-2000 Richtung. Im Jahr fallen durchschnittlich • Mrtierer Niederschlag 1000 bis 1500 mm Niederschlag, dabei sind 1971-2000 an 110 bis 150 Tage im Jahresverlauf min- destens 1 mm Niederschlag zu verzeichnen. Abb. 4: Klimadiagramm, Die Niederschlagsmenge schwankt jedoch Uttendorf (1971-2000), ZAMG. sehr stark mit der Höhenlage. In Tallagen (800 m ü. M.) beträgt sie ca. 1000 mm/Jahr und in den höchsten Hanglagen (3000 m ü. M.) bis zu 2500 mm/Jahr, am Pass Thurn sind es ca. 1500 mm/Jahr. Dazu gibt es ein Uttendorf (796m), Osterreich ausgeprägtes Sommermaximum, in den drei Jahresmittel- Mittlerer Sommermonaten fällt fast die Hälfte der temperatur Jahresniederschlag Jahresniederschläge. Verantwortlich für die- 5,8°C 1154,1mm se hohen Werte im Sommer sind nicht zu- 100 T 200 letzt häufig auftretende Sommergewitter (ca. 20 pro Jahr) und längere Regenperio- 80 • den, die bis zu acht Tagen dauern können. In den Herbst- und Wintermonaten kann es 1 Mttlere Temperatur dafür lang andauernden Trockenperioden 1971-2000 kommen. Insgesamt gesehen sind aber die • Mttlerer Niederschlag Niederschlagsmengen ausreichend gut übers 1971-2000 Jahr verteilt, so dass es kaum zu Trocken- schäden kommt. An den höheren Hängen im Westen des Tauerngebirges kommt es zu Abb. 5: Klimadiagramm, Steigungsniederschlägen. Bezeichnend für Krimml (1971-2000), ZAMG. den oberen Pinzgau ist eine tagesperiodische Luftzirkulation, hervorgerufen durch tagsü- ber vorherrschende Tal- und Bergwinde Krimml (1000m), Österreich während den Nachtstunden. Im Durch- schnitt beträgt die jährliche Windgeschwin- Jahresrrrttel- Mttlerer digkeit 6-8 km/h. Im relativ abgeschlosse- temperatur Jahresniederschlag nen oberen Salzachtal kann es im Winter zu 6,6°C 1235,5mm so genannten Temperatur-Inversionslagen 100 T T200 kommen Hierbei bildet sich am Talboden ein Kältesee aus Luft der einen umgekehrten Temperaturverlauf aufweist. Diese Kaltluft- seen sind in der Regel aber nicht höher als • Mttlere Temperatur 50-100 m. Die Abgeschlossenheit des Tales 1971-2000 bedingt eine deutliche Milderung der aus • Mttterer hiederschlag 1971-2000 westlicher und nordwestlicher Richtung kommenden Winde. Die Winde, die durch , 6: Klimadiagramm, die einzige Lücke, dem Pass Thurn, kom- Krtzbühel (1971-2000). men, nennt man auch in Anlehnung an den ZAMG. Namen Thurn, „Thuner Winde" (Thun = mundartlich für Thurn). Besonders im Herbst und Frühjahr treten in durchschnitt- lich 75 Tagen im Jahr vermehrt Südwinde, Ktebühel (763m), Österreich 502 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at die über die hohen Tauern kommen, entwe- kühlungen, und damit verbundene Glet- Tab. 3: Klimadaten aus der Mitte des 19. Jhdt. (KORSINGER 1841). der als Föhn oder als „Tauernwind", in die schervorstöße mit sich. Im Pongau und Mitcersiller Tallagen auf. Pinzgau lag im Gschnitz-Stadium die Jährliches Temperaturmittel + 6°C Schneegrenze bei ca. 2000 bis 2100 Metern im Frühling + 7°C Die Vegetationszeit wird im oberen Salz- Seehöhe. Im darauf folgenden Daun-Sta- im Sommer + 13,3°C achtal mit 7 bis 7,5 Monaten angegeben, dium geht man von einer Schneegrenze von im Herbst + 6,6 °C wobei es je nach Höhenlage und Exposition 2400 m ü. M. aus. Hält man sich an die Be- im Winter - 2,5 °C zu Schwankungen bis zu einem Monat gibt. obachtungen von SCHREIBER (1913), nach Mittleres Temp. Maximum + 24°C Die natürliche Waldgrenze liegt zwischen denen die Moorbildung erst ab 500-700 m Mittleres Temp. Minimum -18°C 1850 und 2000 Metern ü. M.. unter der Schneegrenze einsetzt, ist es wahr- mittl. Temperatur während des Vegetationschlusses + 11 °C scheinlich, dass die Moore rund um den Pass Klimadiagramme der 3 benachbarten Regentage 63 (davon Thurn (1200-1500 m ü. M.) ihren Uhr- Klimastationen (Abb. 4-6): 35 im Sommer) sprung nach dem Bühlstadium hatten und Zum Vergleich einige historische Klima- heitere Tage 165 von den darauf folgenden Kälteeinbrüchen daten (Tab. 3). Diese beziehen sich auf die trübe T. 112 nicht mehr gravierend tangiert wurden. mehrjährigen Beobachtungen des Forstam- nebelige T. 76 gemischte T. 18 tes Grubhof (KÜRS1NCER 1841): Nutzungsgeschichte Schneetage 17 Das Wasenmoos am Pass Thurn wurde Gewittertage 18 Geschichte schon von je her in vielfältiger Weise ge- nutzt. Der Name Wasenmoos, der vom Be- Entstehungsgeschichte griff Wasenstechen, abgeleitet wird, lässt auf Die Moorbildung in Salzburg ist vor al- eine frühe Nutzung als Torfquelle schließen. lem geprägt durch die Vergletscherungen der letzten Eiszeit (Würmeiszeit, Ende vor Der Torfstich etwa 10.000 Jahren). Da fast alle potentiel- Der Torfabbau am Wasenmoos reicht len Moorstandorte Salzburgs während der weit in das 18 Jhdt. zurück, schon 1783 gab Würmeiszeit unter mächtigen Gletschern es eine Torfstecherei mit zwei langen Tro- lagen, ist davon auszugehen, dass die heuti- ckenhütten. Der hier gewonnene Torf, der gen bekannten Moore erst nach der letzten recht schnellen Feuerfang garantierte und in Eiszeit entstanden sind. So sind nach KRISAI seiner Güte dem holländischen Torf in (2001) alle Moore südlich der Donau erst nichts nachstand (KÜRSINGER 1841), wurde nach der letzten Eiszeit entstanden. Der in das Hüttenamt Mühlbach bei Bamberg Rückzug der Gletscher ging aber nicht transportiert. Er wurde als Brennmaterial für gleichmäßig von statten, sondern wurde von die Vitriolsiederei (vor allem für die drei nacheiszeitlichen Kälteperioden unter- Schwarzfärberei) und die Produktion von brochen. Am Ende der Eiszeit gab es noch- Schwefel verwendet. Der verarbeitete mals drei Gletschervorstöße: Bühl-, Schwefelkies stammte aus der nahe gelege- Gschnitz- und Daunstadium (PENCK & nen Sigmundsgrube im Brenntal. Der Torf- BRÜCKNER 1909). stich diente zu dieser Zeit unter anderem auch als Strafarbeitsort für „gefallene Weib- Wichtig für die Entwicklung der Moore spersonen und ihrer Verführer". Aus dieser am Pass Thurn sind vor allem der Salzach- Zeit stammt auch das in hiesigen Kreisen gletscher und seine Seitenarme. Während verwendete Sprichwort: „der oder jener ver- der letzten Eiszeit ragte ein Seitenarm des diente auch in das Wasenhäusel zu kom- Salzachgletschers über den Pass Thurn men". 1819 wird die Vitriolsiederei in (1275 m ü. M.) ins Kitzbicheler Achental Mühlbach aufgrund mangelnden Absatzes (SCHREIBER 1913). geschlossen. Damit war dem Torfstich am Im Bühlstadium erreichte der Salzach- Wasenmoos die Grundlage entzogen und er gletscher im Pinzgau eine Seehöhe von un- wurde stillgelegt. Erst 1901 begann man gefähr 1600 Metern. Die Entstehung der wieder mit der Entwässerung und dem Torfs- techen am Wasenmoos. Die angewendete Moore am Pass Thurn (1200-1500 m ü. M.) Methode entsprach der Fehnkultur, bei der muss daher nach dem Bühlstadium einge- ein tiefer Zentralgraben durch das Moor an- setzt haben. Die beiden nachfolgenden Käl- gelegt wird, und dieser zur schnelleren Ent- teperioden brachten keine massiven Ab- 503 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 1978 entschied man sich, das Wasen- Torfstreuballen-Produktion moos zum Naturdenkmal zu erklären um so eine weitere Zerstörung zu verhindern. 4000 Servitutsrechte 3500 Neben der Nutzung als Torfabbaustädte 3000 war und ist das Wasenmoos auch diversen 2500 anderen Nutzungsformen unterzogen. Ob- je wohl das Moor 1978 zum Naturschutzdenk- ä 2000 mal ernannt wurde, sichern alte Servituts- co 1500 verträge den umliegenden Bauern Weide-, 1000 Streuentnahme- und Holzentnahmerechte. 500 Diese alten Anrechte gehen auf das Jahr 1524 zurück. Mit dem Rodungserlass des s Erzbischof Matthäus Lang behielt sich der COOM)) TGC-O > COCOO) IOOC O) hQC- iO <QJC))O CITM) s CITD) s ocOo5 CM Landesfürst alle nicht in privaten Besitz be- CD O5 findlichen Hoch- und Schwarzwälder als Jahre Kammergut vor. Gleichzeitig beschloss er aber, dass bei nachgewiesener „Hausnot- Abb. 7: Anzahl der gewonnen Wässerung durch einige Seitengräben unter- durft" Holz-, Streu- und Weidebedarf in den Weißtorfballen die als Streu dienten. stützt wird (HUECK 1937). Neben der üb- landesfürstlichen Freiwäldern gedeckt wer- lichen Torfziegelgewinnung entnahm man den durfte. 1853 wurden diese Rechte im dem Moor auch große Weißtorfblöcke die Zuge der Grundlastenoperation auf die je- anschließend im so genannten „Reißwolf weiligen Liegenschaften überschrieben und gehäckselt wurden und als Einstreu in den haben bis zum heutigen Tag ihre Gültigkeit, Ställen Verwendung fanden. 1905 gewann wobei die Ast- und Bodenstreuentnahme- man so 100.000 Torfziegel und 190 m? Torfs- rechte kaum noch in Anspruch genommen treu (SCHREIBER 1913). Der Bedarf an Torf werden. In Mittersill sind insgesamt 294 war anscheinend so groß, dass es sich lohnte Liegenschaften (Bauernhäuser, Bürgerhäu- eine eigene Gleisanlage direkt im Moorge- ser und sonstige Einzelobjekte) in Besitz sol- biet zu erreichten. 1907 begann man mit der cher Servitutsverträge für den ärarischen Vetlegung einer Rollbahngleisanlage. 1929 Wald. Die Nutzungsrechte sind jedoch auf wurde die Gleisanlage nochmals ausgebaut eine Liegenschaft gebunden und können in und 1931 ein Daimler Triebwagen ange- keinem Fall auf Dritte übertragen werden schafft, um den Torf noch schneller abzu- (ENZINGER 1985). transportieren. Zu Spitzenzeiten im Jahr Wie lange das Wasenmoos schon als 1938 verließen so über 3500 Torfballen im Weide genutzt wird, konnte im Zuge der Jahr das Wasenmoos (Abb. 7). Die Torfstreu Nachforschungen leider nicht erörtert wer- hatte gegenüber anderen Streuarten wie den. Bekannt ist nur, dass bis in das 14 Jhdt. Waldstreu oder Strohstreu, sofern diese die Schafzucht und die damit verbundene überhaupt vorhanden war, den Vorteil der Lodenproduktion dominierte. Erst als der besseren Aufnahmefähigkeit von Flüssigkei- Loden durch andere Textilien verdrängt ten was einen geringeren Verbrauch an wurde, intensivierte man im 15 Jhdt. die Streumaterial zur Folge hatte. Außerdem Rinderzucht. lieferte es ein weicheres Lager für die Tiere. Hinzu kommt, dass der Torfstreumist auf- Im Bereich der Pass Thurner Moore sind grund der stärkeren Saugwirkung gehaltvol- 63 Rindergräser bzw. Großvieheinheiten ler als vergleichbare Streuarten ist. Proble- (GVE) urkundlich weideberechtigt. Das matisch war Torfstreu nur bei der Schweine- entspricht in deT Regel ca. 190 Tieren, von zucht, da junge Schweine nach dem Verzehr denen zurzeit abeT nur rund die Hälfte, ca. der Torfstreu krank wurden. 100 Tiere, aufgetrieben werden. Der Groß- teil davon sind Pinzgauer Rinder, daneben Anfang der 60er Jahre wurde auch dieser gibt es eine kleinen Herde Schottischen Torfstich aufgelassen. Hochlandrindern und einige Pferde. Der 504

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