ebook img

Van Gogh, der Selbstmörder durch die Gesellschaft und andere Texte und Briefe über Baudelaire, Coleridge, Lautréamont und Gérard de Nerval PDF

152 Pages·2016·2.56 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Van Gogh, der Selbstmörder durch die Gesellschaft und andere Texte und Briefe über Baudelaire, Coleridge, Lautréamont und Gérard de Nerval

Antonin Artaud Yan Gogh, der Selbstmörder durch die Gesellschaft und andere Texte und Briefe über Baudelaire, Coleridge, Lautreamont und Gerard de Nerval Ausgewählt und übersetzt von Franz Loechler Nachwort von Elena Kapralik Matthes & Seitz Verlag München , Korrigenda zu Artaud Van Gogh Seite 7: Die 5. Textzeile von oben ist bitte als die 12. Zeile von unten zu lesen. Alle Rechte Vorbehalten. © 1977 der deutschen Ausgabe Matthes & Seitz Ver­ lag GmbH, Dietlindenstraße 14, 8000 München 40. © der französischen Texte von Antonin Artaud by Editions Gallimard, Paris, 1974. Gesamtherstellung: Kösel, Kempten. Printed in Germany. ISBN 3 88221 200 4. Van Gogh, der Selbstmörder durch die Gesellschaft Einleitung Man kann bei van Gogh von geistiger Gesundheit sprechen, der sich während seines Lebens nichts als eine Hand ver­ brannt hat1 und im übrigen nichts weiter tat, als sich ein­ mal das linke Ohr abzuschneiden, bourgeoisen Trägheit, der psychischen Anomalie (denn nicht in einer Welt, in der man jeden Tag in grüner Soße ge­ kochte Vagina ißt oder die Genitalien eines Neugeborenen, ausgepeitscht und in Raserei versetzt, so, wie es beim Verlassen des mütterlichen Geschlechtes er­ wischt wird. Und das ist keine Vorstellung, sondern eine ausgiebig und tagtäglich in der ganzen Welt wiederholte und kultivierte Tatsache. Und folgendermaßen, so verrückt diese Behauptung auch scheinen mag, behauptet sich das gegenwärtige Leben in seiner alten Atmosphäre der Schändung, der Anarchie, der Verwirrung, des Wahnsinns, des chronischen Irrsinns, der der Mensch, sondern die Welt ist abnormal geworden), der willentlichen Unehrlichkeit und kolossaler Heuchelei, der schmutzigen Verachtung für alles, was von Rasse zeugt, der Beanspruchung einer Ordnung, die gänzlich auf der Er­ füllung einer primitiven Ungerechtigkeit basiert, kurz: des organisierten Verbrechens. Es steht schlecht, weil das kranke Bewußtsein jetzt ein ka­ pitales Interesse daran hat, nicht aus seiner Krankheit her­ auszutreten. Also hat eine verkommene Gesellschaft die Psychiatrie er­ funden, um sich gegen die Forschungen einiger hervorra- gender Visionäre zu schützen, deren hellseherische Kräfte ihnen hinderlich waren. Gerard de Nerval war nicht verrückt, aber er war dessen angeklagt, um bestimmte wesentliche Enthüllungen, die er zu machen gedachte, zu diskreditieren, und außer daß man ihn derart anklagte, wurde er auf den Kopf geschlagen, eines Abends physisch auf den Kopf ge­ schlagen, um ihn die ungeheuren Tatsachen, die er gerade enthüllen wollte, vergessen zu machen und die durch diesen Schlag in ihm auf die übernatürliche Ebene zurückge­ drängt wurden, weil die ganze Gesellschaft, heimlich ver­ eint gegen sein Bewußtsein, in diesem Moment stark genug war, um ihn deren Wirklichkeit vergessen zu lassen. Nein, van Gogh war nicht verrückt, aber seine Gemälde waren griechische Feuer, Atombomben, deren Blickwinkel neben all den anderen Gemälden, die zu dieser Zeit gras­ sierten, fähig gewesen wäre, den larvalen Konformismus der Bourgeoisie des zweiten Empire und der Schergen von Thiers, von Gambetta, von Felix Faure wie jene von Na­ poleon III. ernstlich zu zerrütten. Denn van Goghs Malerei attackiert nicht einen bestimmten Konformismus der Sitten, sondern den der Institutionen selbst. Und selbst die äußere Natur mit ihren Klimaten, ihren Gezeiten und ihren Äquinoktialstürmen kann nach van Goghs Aufenthalt auf der Erde nicht mehr dieselbe Gravitation beibehalten. Um so mehr, als sich auf der gesellschaftlichen Ebene die Institutionen auflösen und die Medizin den Eindruck eines unbrauchbaren und abgestandenen Kadavers macht, der van Gogh für verrückt erklärt. Gegenüber van Goghs tätiger Luzidität ist die Psychiatrie nichts anderes als eine Höhle von Gorillas, die — selbst be­ sessen nnd an Verfolgungswahn leidend — nichts als eine lächerliche Terminologie besitzen, um die entsetzlichsten Zustände der Angst und menschlicher Beklemmung zu be­ schönigen, würdiges Ergebnis ihrer verdorbenen Hirne. Tatsächlich gibt es keinen Psychiater, der nicht ein notori­ scher Erotomane wäre. Und ich glaube nicht, daß die Regel der eingefleischten Erotomanie der Psychiater eine einzige Ausnahme erlei­ det. Ich kenne einen, der — es sind einige Jahre her — gegen die Vorstellung rebelliert hat, mich auf diese Weise en bloc die ganze Gruppe, der er angehörte, als gewaltige Schur­ ken und patentierte Schwindler anklagen zu sehen. Was mich betrifft, Monsieur Artaud, sagte er, ich bin kein Erotomane, und ich fordere Sie auf, mir ein einziges Bei­ spiel zu zeigen, auf das Sie Ihre Anschuldigung stützen können. Ich brauche nur, Doktor L., auf Sie als Beispiel zu zeigen, Sie tragen das Stigma auf Ihrer Fresse, Sie gemeiner Schweinehund. Das ist die Fratze desjenigen, der seine sexuelle Beute unter seine Zunge einfügt und sie dann als Mandel zurückweist, um auf eine bestimmte Weise das Zeichen der Feige zu machen. Das nennt man sein Schäfchen ins trockene bringen und seine eigene Petersilie auslesen. Wenn Sie während des Koitus nicht in der Lage gewesen sind, aus der Stimmritze zu glucksen, auf eine Weise, die Sie sehr gut kennen, und gleichzeitig aus dem Pharynx^ der Oesophagus, der Urethra und dem Anus zu knurren,

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.