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Usener und Wilamowitz. Ein Briefwechsel 1870-1905 PDF

74 Pages·1934·4.368 MB·German
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USEN ·ER UND · WILAMOWITZ 1 EIN BRIEFWECHSEL 1870-· 1905 USENER UND WI LAM OWITZ EIN BRIEFWECHSEL 1870-1905 I 9 3 4 LEIPZIG UND BERLIN VERLAG UND DRUCK VON B. G. TEUBNER DEM ANDENKEN HERMANN USENERS ZUM HUNDERTSTEN GEBURTSTAGE 23. OKTOBER 1934 HERMANN DIETERICH FRIEDRICH v. HILLER PRINTED IN GERMANY Wilamowitz an Usener. 1 Hochgeehrter Herr Professor, Wenn auch selbst unter Waffen und in einer Zeit, wo vor der allgemeinen Forderung, für König und Vaterland seinen Mann zu stehen, jede andere sonst noch so freudig gehegte Beschäftigung zurücktritt, erlaube ich mir.· doch, die .i n der Kriegszeit rascher noch gereifte Frucht, die Erstlinge meiner Studien zu übersenden: Möchte sie Ihnen wenigstens zeigen, das ich nicht umsonst Ihr Schüler gewesen. Ergebenst Ihr Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff. Berlin 27. 7. 70. Wilamowitz an Usener. 2 Verehrter Herr Professor, Von Neapel nach Florenz auf der Durchreise habe ich ein paar Tage Halt in Rom gemacht, teils mal wieder ein wenig zu arbeiten, teils Kaibel zu sehen, der Ihnen jetzt durch mich seine letzte:,;i Grüße aus Rom sendet, und da haben mich Ihre Aufsätze getroffen, die Sie mir freundlichst zugesandt und ich in Anbetracht des gänzlich unterbrochenen Zusammen hangs mit den Neuigkeiten der deutschen Wissenschaft auch so erst zu Gesicht bekam. Namentlich die Ausnutzung der kostbaren Lysiasfragmente hat mich höchlichst erfreut. Darf man es als Vorboten ansehen, daß Sie uns den Dionysios endlich lesbar machen ? Ich habe mich vielleicht mehr als ich sollte mit 11:eefnl pov~e ingelassen u:,;idd abei recht empfun den, wie man um des jetzigen Dionysioszustandes eigentlich nirgends den Fuß fest aufzusetzen wagt. Freilich der kostbare Demetrios 11:eeeie µrJvetai,s t nur um weniges besser ·d aran. Die erweiterte Fassung des Exzerpts über Komödie und Tragödie, das durch die Nachricht vom Costüm des Livius 1• Brief Z-3 2 glücklich die Ungeheuerlichkeit livianischer togatae aus der Welt geschafft, und über Enniusvorlagen eine hochwichtige Notiz gebracht, mußte mich natürlich auch höchlichst interes sieren. Wäre der Angabe über die Versmaße der Urkomödie zu trauen, so wäre sie geradezu einzig. Im übrigen ist es eben ein neuer aber glücklicherweise nicht durch J)iomedes vermittelter Vorschlag der suetonischen Weisheit, die durch Varro, wie ich überzeugt bin, auf alte peripatetische Quellen, nicht auf alexandrinische zurückführt. Wäre es tunlich, so wäre es doch eine törichte Eitelkeit, wollte ich Ihnen ausführlich auseinandersetzen, zu welchen allerdings von den jetzt herkömmlichen stark abweichenden Ansichten über die älteste Komödie und ihre Entwicklung [ich J bis zur µe<JrgJe kommen bin. Um die Quellen zu prüfen, fehlt mir hier Zeit und Material. Nichts konnte mir freilich erwünschter kommen als die noch etwas präzisere Fassung der Stelle, die mein Fundament für die Anschauung war; es habe in Athen in ältester Zeit eine Gattung gegeben, die inan yüro~, yeÄro~ Meyaeixo~b ezeichnete - auf die Parallele der Komödie von Atella brauche ich nicht hinzuweisen. Daraus (und weil der Koer Epicharmos im sizilischen Megara gewohnt hatte, aber wohl ehe er Komödien schrieb) ist erst nachher der megatische Ursprung schlecht genug abstrahiert. Nur weil ich einmal meinen Zweifel an den 300 Versen ausgesprochen, habe ich die Pflicht, ihn zu begründen. Wir kennen aus vorkratinischer Zeit ja bloß, wie Sie anmerken, Chionides und Magnes als Verfasser von Stücken. Ekpha:ntides ist Kratinos' Zeitgenosse, doch mag er mit zugerechnet werden. Aus dessen Stücken also müßte die Dreizahl abstrahiert sein. War das möglich? Gab es von jenem Stücke? Von Magnes nicht. Der ausge zeichnete Anonymus I 71/eel, ewµq,<!J{as~a gt es ausdrücklich. Aber vom älteren Chionides? I>ie unechten Bettler, die zwar ein herrenloses altes Stück aus den dreißiger Jahren etwa waren, aber ebendarum nicht von Chionides. Bleiben die Heroes, die drei nachlässige Kompilatoren zitieren. Kann man da die Vennutung abweisen, daß, wenn uns auch über Chionides die Katalognotizen vorlägen, auch sie verworfen würden, und was ist noch von Ekphantides da? Und bezeugt 3 die von Ihnen in den Symbola erläuterte Inschrift nicht, daß selbst von Lysippos nur die Bakchen erhalten waren? Wo blieben da die Stücke, welche zu solcher Zahlenbestimmung Anlaß geben konnten? Doch da gab es die Fälschungen. Gerade dafür scheint mir der Charakter der Magnesfragmente zu zeugen, wie ·ä hnlich der älteren Thespisfälschungen, daß man in unbefangenerer Zeit noch für antik ausgeben konnte, auch wo keine künstliche Patina erzeugt war; gerade so steht es mit Susarions Versen, deren erste naiv genug ihren Ur sprung seihst bezeugen; die letzten könnten grad so gut in der Pea stehen. Sie sehen, verehrter Herr Professor, ich. bin da sehr skeptisch und lasse auch ein scheinbar so bestimmtes Zeugnis zunächst meine Meinung, daß, wo Grammatiker mehr von der Geschichte der Komödie wissen wollen als Aristoteles, das ).lap <1orpot seien, was mein Freund Euripides ov1e al;fJµwPn ennt, nicht beirren. Ich hoffe aber zuversichtlich, daß Sie mir die be stimmte Art, in welcher ich meinem Zweifel Ihnen gegen über Ausdruck verliehen, nicht verübeln werden. Ich begebe mich, wie gesagt, jetzt nach Florenz, ohne wenigstens weitgreifende persö;nliche Pläne; an jenem goldnen Ort der Kunst verrinnt allerdings die Zeit auch doppelt. Nichtsdesto weniger sollte es mir ein Vergnügen sein, falls ich Ihnen hie oder da nützlich zu sein vermöchte. Ein Auftrag erreicht mich ferma in posta; Ganz ergebenst der Ihre U. v. Wilamowitz-Möllendorff. Rom 4. 8. 73. Usener an Wilamowitz. 3 Bonn, 14. Aug. 77. Werter Herr Kollege! Leo hat mir schon vor längerer Zeit die erfreuliche Mitteilung gemacht, daß Sie bereit sein würden, auf der Wiesbadener Philologenversammlung einen Vortrag zu halten. Daß ich so lange zauderte, Sie beim, Worte zu nehmen, dafür muß Brief 3-4 4 ich Sie bitten, die Erklärung nicht sich selbst zu konstruieren, sondern von Freund Kießling geben zu lassen, der meine chronische Briefträgheit hinlänglich kennt und gelegentlich mit den verzweifeltsten Mitteln zu kurieren gesucht hat. Die letzten Wochen des Semesters nebst der darauf folgenden ließen mich in der Hetze an drängenden Pflichtarbeiten nicht zu mir selbst, geschweige zu einem Briefe kommen; auch wenn er so dringend war wie dieser. Und so leicht es mir von Leo gemacht wurde, diese Zeilen zu sparen, hatte ich doch mehr als eine Veranlassung, mir selbst Ihr Jawort zu holen. Hoffentlich findet Sie dieser Brief rasch, denn nun ist aller dings höchste Zeit Sie zu bitten, mir baldmöglichst den Gegen stand Ihres Vortrags, auf den ich mich längst gewöhnt habe, fest zu rechnen, mitzuteilen. Ich habe von vornherein empfohlen, die Vorträge und Verhandlungen der Plenar versammlung einzuschränken, damit der Schwerpunkt in die Sektionssitzungen verlegt wird. Sie besitzen die Gabe, auch durch einen spezielleren Gegenstand ein weiteres Publikum zu fesseln in dem Maße, daß ich Ihren Vortrag ungern anders, als für die allgemeine Sitzung bestimmt sehen möc4te. Wenn ich Leos gelegentliche Äußerungen richtig verstanden, so haben auch Sie einen solchen allgemeineren Vortrag im Auge gehabt; ich bitte Sie angelegentlich, daran festzuhalten. Ich freue mich, Ihnen bei dieser Gelegenheit für die freund liche Zusendung Ihres Programmes mit den überraschenden Mitteilungen aus den Aristidesscholien und Ihres Thukydides aufsatzes, meinen herzlichen Dank zu sagen. Der letztere hat mich zwar nicht in allem Einzelnen überzeugt, aber doch etwa eine solche Freude bereitet, wie sie ein im Hochgebirge eingeregneter Wanderer empfindet, wenn er das graue Gewölk reißen sieht. Zu meinem Bedauern bin ich nicht in der Lage, Ihre Freundlichkeit durch etwas anderes als durch einen, überdies schon halbverjährten, wilden Nebenschößling von Studien, die ich nur langsam und nebenbei zu fördern vermag, zu erwidern. Haben Sie die Freundlichkeit, den Gegenstand Ihres Vor trags, über den Sie inzwischen wohl schlüssig geworden sind, 5 recht bald mitzuteilen, und grüßen Sie, wenn Sie noch .in Greifsw. anwesend sind, Kießling bestens, den ich in Wb. sicher hoffe nach langer Zeit einmal wiederzusehen. Ihr H. Usener. Wilamowitz an U sener. 4 Hochverehrter Herr Professor, Ich habe mich allerdings schon, als mir Leo ihren Wunsch aus sprach, mich in Wiesbaden und sogar als aktiven Teilnehmer zu sehen, für verpflichtet gehalten, diesem:W unsche unbedingt Folge zu leisten, hätte Ihnen auch wohl dies direkt angezeigt, wenn mir nicht eben auch Leo mitgeteilt hätte, daß Sie vor hätten, mir zu schreiben: Da wollte ich Ihre Dispositionen abwarten. Nun habe ich Ihnen für Ihren unverdient freund lichen Brief und die Acta S. Timothei zu danken und tue es zunächst, indem ich umgehend antworte. Ich weiß zwar nicht recht, was man den versammelten Philologen und Schulmännern vorspielen soll und bezweifle stark ob ich die richtige Tonart treffen kann; da es nun einmal sein soll, so will ich es mit der „Entstehung der griechischen Schrift sprachen" versuchen. Das läuft in vielem auf eine Parallele zu Ahrens bei gleicher Gelegenheit gehaltenem Vortrag über die Dialektmischung in der Lyrik hinaus; dem Gegensatze der wirklich gesprochenen Mundarten läßt sich aber, nament lich für Elegie und Prosa, Brauchbareres noch abgewinnen. Sollten Sie aber meinen, das Thema sei entweder zu weit gefaßt oder setze zuviel Kenntnis voraus oder sei sonst unpassend, so bitte ich nur um Anweisung; ich habe über das Angemessene nach Ort und Publikum gar kein Urteil und kann sehr wohl eine kleine literaturgeschichtliche Unter suchung, z. B. ,,Der Dichter und das Gedicht Epicharmos" zustutzen. Kießling, von dem ich wohl auch unaufgetragene Grüße ausrichten darf, wird natürlich auch erscheinen; sein Vorgang zieht wohl auch noch andere aus Pommern nach. Ich kann diesen Brief, hochverehrtester Herr Professor, nicht schließen, ohne Ihnen schon schriftlich auszusprechen, was 6 Brief 4-6 ich sonst mündlich getan hätte; ich fürchte, obwohl ich mir keines Faktums bewußt bin, da ich eben nie den Gedanken gehabt habe, daß ich Ihnen gegenüber mich nicht immer ver:t_ialtenh abe, ·wies ich gebührte; ganz abgesehen davon, daß ich Ihr Schiller bin. Ich selb~t bin mit den Jahren, denke ich, verständiger geworden: daß Sie aber :rp.ir gleichwohl eine freundliche Gesinnung bewahrt haben, dafür fühle ich die Verpflichtung, Ihnen zu danken, indem ich, wie ich es pflege, die Wahrheit ausspreche, wie ich sie empfinde. In dankbarer Verehrung U. v. Wilamowitz. Greifswald, I6. 8. 77. Usener an Wilamowitz. 5 Bonn, 20. Sept. 77. Liebster Kollege, Schon wieder machen Sie mit meiner Briefträgheit eine schlimme Erfahrung. Die Freude, die Sie mir mit Ihrem Briefe machten, steht in gerade umgekehrtem Verhältnis zur Ver schleppung der Antwort. Natürlich war ich mit Ihrem Vor schlag, den ich ja vorher schon durch Leo kannte, völlig einverstanden, und doppelt, da Sie ihm die allgemeinere Auf gabe gesteckt haben, die Entstehung der Gr. Schriftsprachen überhaupt zu zeigen. So sehr ich auch den zweiten Stoff (Epich.) willkommen geheißen hätte, dem Sie gewiß einen allseitig fesselnden Vortrag abgewinnen würden, stand ich doch nicht an, Ihrer und der Sache willen das erstere Thema vorzuziehen, desseh Ergebnisse größere Tragweite besitzen werden. Daß Sie überhaupt auf Ihr Verhältnis zu mir näher eingingen, hat mich gefreut. Ich habe mich auch durch Auswüchse kecker Jugendfrische, die auch mich zuweilen geschmerzt haben, am Glauben an Ihr yevvaio'JIr j{}o~n icht beirren lassen. Auch habe ich Ihnen das Unrecht nie getan, Sie mir als Schüler zu vindizieren, da schon, als Sie mir zuerst entgegen-

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