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Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit: Die metamathematischen Resultate von Gödel, Church, Kleene, Rosser und ihre erkenntnistheoretische Bedeutung PDF

118 Pages·1970·15.534 MB·German
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Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit Die metamathematischen Resultate von Gödel, Church, Kleene, Rosser und ihre erkenntnistheoretische Bedeutung Von Wolfgang Stegmüller o. Professor an der Universität München Zweite, berichtigte Auflage 1970 Springer-Verlag Wien GmbH Alle Rechte vorbehalten Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Springer-Verlages übersetzt oder in irgendeiner Form vervielfältigt werden © Springer-Verlag Wien 1970 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag/ Wien 1970 ISBN 978-3-211-80959-4 ISBN 978-3-7091-4528-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-4528-9 Titel Nr. 8952 Inhaltsverzeichnis Seite Einleitung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Intuitiver Zugang zum Gode)schen Unvo))standigkeitstheorem: Die Antinomie von Richard ....................................... 3 B. Die GOde)schen Theoreme ..................................... 12 1. Das formale System ZL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2. Die Theoreme von Godel.................................. 20 3. Primitiv rekursive Funktionen und Pradikate ............... 29 4. Die Arithmetisierung der Metatheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 C. Die Unentscheidbarkeit der Quantifikationstheorie (Theorem von Church) ..................................................... 44 Vorbemerkungen ............................................. 44 5. Allgemein.rekursive Funktionen ............................ 45 6. Der Gleichungskalkiil von Kleene .......................... 48 7. Die schematische Funktionentheorie von Quine.............. 52 8. Das Theorem von Church (nach Quine)..................... 54 D. Die Vera))gemeinerungen von K)eene ......................... " 58 9. Das Kleenesche T·Pradikat ............................. .'.. 58 10. Das Aufzahlungstheorem und seine Konsequenzen ........... 61 II. Das N ormalformentheorem ................................ 64 12. Algorithmische Theorien und das Theorem von Church in der Fassung von Kleene ...................................... 66 13. Rekursive Aufzahlbarkeit, Beweisverfahren und das verallgernei nerte Godelsche Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 69 14. Die symmetrische Form des verallgerneinerten Godelschen Theo rems und die Unentscheidbarkeit der elernentaren Zahlentheorie 81 15. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 96 E. Anhang...................................................... 99 16. Die Godelsche p.Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 99 17. Primitiv rekursive und arithmetische Pradikate und der zahlen- theoretische Formalismus .................................. 104 Literaturverzeichnis .......................................... 112 Namen und Sachverzeichnis ................................ 113' Einleitung Der heutige Erkenntnistheoretiker kann an den Resultaten der logischen und mathematischen Grundlagenforschung nicht mehr vorbei gehen. Insbesondere sind viele der innerhalb der Metamathematik gewonnenen Ergebnisse von einer so auBerordentlichen theoretischen Bedeutung und Tragweite, daB deren genaues Studium fUr jeden, der erkenntnistheoretische Untersuchungen betreiben will, welche auf der Rohe der Zeit stehen, ganz unerHiBlich ist. Durch jene Ergebnisse ge winnen wir tiefste Einblicke in die Endlichkeit unseres Denkvermogens, in die Reichweite und die Grenzen des axiomatisch-deduktiven Vor gehens, in das Verhaltnis zwischen formalen, kalkulmaBig aufgebauten logischen sowie mathematischen Systemen und dem nichtformalisierten intuitiven SchlieBen, in die Beziehung zwischen logischer und mathe matischer Wahrheit einerseits und Beweisbarkeit andererseits, in die Relation zwischen anfechtbaren, "bedenklichen" SchluBweisen der klassischen Logik und fur unbedenklich gehaltenen Operationen, durch welche die ersteren nachtraglich gerechtfertigt werden sollen. Bei ver schiedenen dieser Resultate wird von Vberlegungen ausgegangen, die eine groBe Ahnlichkeit besitzen mit bereits von fruher her bekannten philosophischen Gedankengangen, insbesondere solchen, die zur Konstruk tion von Paradoxien fuhrten. Diese Paradoxien waren meist als mehr oder weniger unfruchtbare, mehr oder weniger sophistische gedankliche Spielereien aufgefaBt worden. Nun konnten aber bedeutende metalogische und metamathematische Resultate dadurch gewonnen werden, daB man an jenen zu Paradoxien fuhrenden tJberlegungen gewisse Modifikationen vornahm, fehlerhafte Elemente ausschied und giiltige SchluBfolgerungen prazisierte und in geschickter Weise auswertete. Dies gilt insbesondere fur die Antinomie des Liigners von EPIMENIDES und das Paradoxon von RICHARD. Die Analyse der ersteren stellte auch einen bedeutsamen Schritt zum Aufbau der Semantik dar, in welcher erstmals zahlreiche logische und erkenntnistheoretische Begriffe einer prazisen Bestimmung zugefiihrt werden. Eine weitere philosophische Tatsache ist in dem Umstande zu erblicken, daB bei vielen wichtigen metamathematischen Resultaten (insbesondere bei samtlichen, die im folgenden zur Sprache kommen werden) vom OANToRschen Diagonalverfahren Gebrauch ge macht wird, welches in seiner einfachsten Gestalt innerhalb des klassischen Beweises der trberabzahlbarkeit der in Dezimalbruchform angeschriebenen reellen Zahlen zwischen 0 und I auftritt. Stegmllller, Unvollstiindigkeit, 2. Aufl. 1 2 Einleitung Bedauerlicherweise sind die meisten metamathematischen Werke und Abhandlungen so voraussetzungsreich abgefaBt oder von einem so groBen Schwierigkeitsgrad, daB sie vom Nichtspezialisten kaum gelesen werden konnen. Dies diirfte die Hauptursache dafiir sein, daB sie in ihrer philosophischen Tragweite im allgemeinen noch gar nicht richtig erfaBt, geschweige denn allseitig philosophisch ausgewertet wurden. In der folgenden Darstellung sollen drei Gruppen von bedeutsamen metamathematischen Ergebnissen unter Benutzung eines Minimums von Vo raussetzungen behandelt werden: die Theoreme von G6DEL (nebst einer Verallgemeinerung von ROSSER), von CHuRCH und die Verallgemeinerungen von KLEEN'E. Es ist dahei allerdings unmoglich, aIle Details genau anzufuhren. Es sollen aber nur solche Einzelheiten fortgelassen werden, die fiir die Beweisfiihrung nicht wesentlich sind, oder die ohne Beeintrachtigung des Verstandnisses weggelassen und von einem pedantischen Leser leicht nachgeholt werden konnen. Lediglich gewisse elementare Vorkenntnisse aus symbolischer Logik mussen wir beirn Leser voraussetzen. FUr aIle metamathematischen Betrachtungen ist die Unterscheidung zwischen Objekt- und Metasprache wesentlich. Es ist daher wichtig, einen Symbolismus zur Verfiigung zu haben, der diesen Unterschied stets deutlich zum BewuBtsein des Lesers bringt. Die von W. V. QUINE beniitzte Methode, insbesondere das Verfahren der sogenannten Quasi Anfiihrung, diirfte hierfiir die geeignetste sein. Es wurde daher im folgenden von dieser Methode Gebrauch gemacht. Fiir den intuitiven Zugang zum Theorem von G6DEL wurde das Buch von MosTowsKI [17]* verwendet. Die formale Durchfiihrung des Beweises zum G6DELBchen Unentscheidbarkeitstheorem kniipft an die Darstellung bei KLEENE [16] an, in welcher der Beweis in zwei Teile aufgespalten wird und der eigent liche Nachweis des G6DELBchen Theorems unter Verwendung einer spater hewiesenen Voraussetzung auf raschem Wege erbracht werden kann. Der Beweis des Theorems von CHuRCH stiitzt sich auf eine ver einfachte Beweisfiihrung von QUINE in [20]. FUr die Darstellung der Verallgemeinerungen von KLEENE wurden die heiden Originalarheiten [15] und [16] verwendet. An verschiedenen Stellen wurde ~terial aus den iibrigen im Literaturverzeichnis angefiihrten Arheiten verwertet. Herm Do.zent Dr G. HASENJAEGER mochte ich herzlich danken fiir die Freundlichkeit, die Hauptteile A bis D dieses Manuskriptes zu lesen und mich auf einige Unklarheiten im Text aufmerksam zu machen. • AIle Zahlen in eckigen Klammern beziehen sich auf das Literatur verzeichnis am Ende der Abhandlung. A. Intuitiver Zugang zum Godelschen Unvollstandigkeitstheorem: Die Antinomie von Richard Die Antinomie von RICHARD, eines der haufig angefiihrten Beispiele logischer Paradoxien, kann durch 'Oberfiihrung aus der vagen Alltags sprache in ein nach priizisen Regeln aufgebautes zahlentheoretisches System S sukzessive in das erste Theorem von GODEL umgeformt werden. Durch diese 'Oberfiihrung verschwindet der antinomische Charakter des ersten Satzes und an die Stelle einer antinomischen Behauptung tritt ein wichtiges metamathematisches Resultat. Man kann geradezu sagen, daB die Leistung GODELS darin bestand, die Fehler zu korrigieren, die fiir das Zustandekommen jener Antinomie verantwortlich zu machen sind, dabei aber zugleich die bei der Konstruktion der Antinomie ver wendeten korrekten Schliisse beizubehalten und sie in geschickter Weise fiir sein Theorem auszuwerten. Fiir die Bildung der Antinomie von RICHARD betrachten wir jene Ausdriicke der deutschen Sprache, welche Definitionen von Eigenschaften natiirlicher Zahlen darstellen (wir wollen im folgenden statt "natiirliche ZahI" einfach "Zahl" sagen). Da die Anzahl der Ausdriicke, welche wir in einer Sprache biiden konnen, abziihibar ist, muB insbesondere die Klasse jener Definitionsausdriicke abzahibar sein. Wir konnen diese Ausdriicke somit numerieren und ais eine unendliche Foige anschreiben: (a) AI' A2, A3, ••• Die Anordnung kann ganz willkiirlich vorgenommen werden. Man kann z. B. bestimmen, daB ein Ai einem Ai dann voranzugehen habe, wenn Ai weniger Buchstaben enthiiIt ais Ai' oder, falls beide dieselbe Anzahl von Buchstaben besitzen, dann, wenn der erste unter den vom Beginn des Ausdruckes an geziihlten Buchstaben von Ai, der von dem ent sprechenden Buchstaben in Ai verschieden ist, im Alphabet an fruherer Stelle steht ais der entsprechende Buchstabe in Ai (Iexikographische Anordnung). Da es sich bei all diesen Priidikaten Ai um Zahipriidikate handeIt, muB, wenn irgendein derartiges Ai herausgegriffen wird, fiir jede beliebige Zahl entweder geiten, daB diese Zahl die durch jenes Ai bezeichnete Eigenschaft besitzt oder daB sie diese Eigenschaft nicht besitzt. Da die Ai durch ihre unteren Indizes numeriert werden, kann man dies auch so ausdriicken: Fur zwei belie big herausgegriffene Zahien n und k muB entweder der Fall eintreten, daB n die durch Ak bezeichnete 1· 4 Intuitiver Zugang zum Godelschen Unvollstandigkeitstheorem Eigenschaft besitzt oder daB n die durch Ak bezeichnete Eigenschaft nicht besitzt. 1st der erste Fall gegeben, so schreiben wir abkiirzend "Ak(n)", wahrend wir fiir den zweiten Fall die Abkiirzung ,,~Ak(n)" beniitzen. Wir betrachten nun die Eigenschaft, welche mittels der Formel ",...."An(n)" (1) ausgedriickt wird. Dies ist offenbar eine in der deutschen Sprache definierte Eigenschaft; denn diese Formel besagt ja: "n hat nicht die Eigenschaft, welche durch An bezeichnet wird" (2), und da laut Voraussetzung An ein Ausdruck der deutschen Sprache ist, so gilt dies auch vom Satz (2), fUr den die Formel (1) nur eine Ab kiirzung darstellt. Die durch (1) bzw. (2) definierte Eigenschaft muB somit, da die Folge (a) alle deutschen Ausdriicke enthalt, welche Zahl eigenschaften definieren, mit einem dieser Ai zusammenfallen, d. h. es muB eine Zahl r geben, so daB fUr jede beliebige Zahl n die beiden Bedingungen Ar(n) und ~An(n) zusammenfallen. Was fiir beliebiges n gilt, muB insbesondere fiir die spezielle Zahl r gelten. Es miiBte also Ar(r) dasselbe sein wie ~Ar(r). Dies ist aber offenbar ein Widerspruch, da die zweite Formel gerade die Negation der ersten darstellt. Wir denken uns nun die Umgangssprache ersetzt durch ein formales System S, welches die Arithmetik der natiirlichen Zahlen in formalisierter Gestalt enthalt. Wir wollen ferner annehmen, daB dieses System wider spruchsfrei ist. Dann wissen wir a priori, daB eine Rekonstruktion der Antinomie von RICHARD innerhalb von S unmoglich ist. Wir wollen uns iiberlegen, was wir an Stelle der Antinomie erhalten. Wenn wir Ausdriicke eines formal en Systems, in denen freie Variable vorkommen, "Aussageformen" nennen, so treten innerhalb des Systems S an die Stelle der oben angefiihrten deutschsprachigen Ausdriicke, welche Eigenschaften von natiirlichen Zahlen definieren, Aussageformen mit einer freien Variablen, wobei der Wertbereich dieser Variablen der Bereich der natiirlichen Zahlen ist. Wir bezeichnen diese Aussageformen abermals mit Ai und ordnen sie in einer unendlichen Folge an: (b) Fiir die Konstruktion der Antinomie war die Formel ,,~An(n)" wesentlich, d. h. eine Aussage, die mittels der fUr das System S geltenden Terminologie ausgedriickt werden miiBte durch (3) "n besitzt nicht die Eigenschaft, welche durch die Aussageform An ausgedriickt wird" oder, wie man auch haufig sagt, "n erfiillt nicht die Aussageform An". In intuitiver Hinsicht ist es ganz klar, was damit gemeint ist; denn wir werden von einer Zahl n dann und nur dann sagen, daB sie eine Aussageform M mit einer freien Variablen erfiillt, wenn der Satz M(n) wahr ist, wobei ,,,n" jenes Symbol sei, durch welches in S die Zahl n bezeichnet wird. Wir nennen diese Symholt- "Ziffern" und nehmen an, daB die Ziffern in S die Gestalt 1, 2, 3, ... , n., ... haben. Auf die erste Schwierigkeit stoBen wir beteits bei dem Versuch, den zur Antinomie analogen Satz innerhalb von S zu konstruieren. Der Die Antinomie von Richard 5 intuitive Wahrheitsbegriff steht uns zunachst fUr dieses System nicht zur Verfugung. Wir mussen daher nach einem formalen Analogon fUr das System S Umschau halten, von dem wir hoHen, daB es dem intuitiven Wahrheitsbegriff moglichst nahekommt. Wenn wir nun bedenken, daB der Erbauer des Systems S offenbar von dem Bestreben geleitet war, ein solches Axiomensystem der Arithmetik zu errichten, aus dem man samtliche wahren arithmetischen Satze beweisen kann, so konnen wir versuchsweise als dieses formale Analogon den Begriff der Beweis barkeit wahlen. Dies legt den Gedanken nahe, an Stelle von (3) die folgende Aussage zu verwenden: (I) Der Satz An(n) ist unbeweisbar in S. Da fur ein formales System wie das System S die Begriffe "Satz", "beweisbar" und damit auch die Negation von "beweisbar" mit einem beliebigen Grade von Prazision eingefuhrt werden konnen, enthalt (I) im Gegensatz zu (3) nur scharf definierbare Begriffe. Um nun aber in derselben Weise fortfahren zu konnen wie bei der obigen Konstruktion der Antinomie, muBte (I) mit einer Eigenschaft identifiziert werden, die durch eine der Aussageformen aus der Folge (b) ausgedruckt wird (vgl. die obige 1dentifizierung der durch (1) ausgedruckten Eigenschaft mit der durch ein Glied der Folge (a) bezeichneten Eigenschaft). Man vermag zunachst nicht einzusehen, wie dies moglich sein solIte: Das System S stellt ja laut Voraussetzung eine Formalisierung der Arithmetik dar und daher bezeichnen alIe in S vorkommenden Ausdrucke nur Zahlen, Klassen (oder Eigenschaften) von Zahlen und Relationen zwischen Zahlen; insbesondere also sind aIle Glieder der Folge (b) Zahlpradikate. Demgegenuber ist (I) eine Aussage uber einen Satz von S, in welchem Ausdrucke vorkommen, die zur Syntax (Grammatik) von S gehoren, wie "Satz", "beweisbar" (und vielIeicht noch weitere, die sich bei einer genaueren Analyse von (I) ergeben). JedenfalIs sind solche syntaktische Pradikate wie "Satz" und "beweisbar" keine Zahlpradikate. Durch einen genialen Einfall vermochte GODEL diese erforderliche 1dentifizierung zu bewerkstelligen. Sein Vorgehen wird als "Arithmetisie rung in der Metamathematik" (heute auch "GOdelisierung") bezeichnet. Es beruht auf folgendem Gedankengang: Das System S enthiilt bestimmte formale Zeichen (logische Zeichen, Zahlzeichen und Variable), jormale Ausdrilcke, welche endliche Folgen von solchen Zeichen sind, und schlieB lich endliche Folgen von Ausdrilcken (so kann z. B. jeder Beweis als eine endliche Folge von Satzen angeschrieben werden, so daB jeder Satz der Folge entweder eines der formalen Axiome darstelIt oder mittels der formalen Ableitungsregeln von S aus Satzen, die ihm in der Folge vorangehen, unmittelbar abgeleitet werden kann). Wenn wir annehmen, daB S ab zahlbll.l' unendlich viele verschiedene Zeichen enthaltl, so konnen wir 1 FUr formale Systeme wird gewohnlich ein unendlicher V orrat an Variablen, etwa durch "x", "y", "z", "x"', "y''', "z''', "x"", "yN", "z"", ... qezeichnet, vorausgesetzt. Diese Unendlichkeit des Alphabetes ist ein charakteristischer Unterschied solcher Systeme gegenuber der Umgangs sprache, die nur ein endliches Alphabet (z. B. 26 Buchstaben) enthalt. 6 Intuitiver Zugang zum GOOelschen Unvollstiindigkeitstheorem diese Zeichen numerieren, d. h. jedem dieser Zeichen in eineindeutiger Weise eine Zahl zuordnen. Jedem formalen Ausdruck entspricht dann automatisch eine bestimmte endliche Folge von Zahlen (namlich jener Zahlen, die den Zeichen dieses Ausdrucks zugeordnet sind). Da sich nun sofort eine eineindeutige Entsprechung zwischen endlichen Folgen von Zahlen und Zahlen selbst herstellen laBt2, kann man durch Hinter einanderschaltung dieser beiden Zuordnungen jedem formalen Ausdruck des Systems in eineindeutiger Weise eine bestimmte Zahl entsprechen lassen. Durch Wiederholung dieses Verfahrens kann man auch eine eineindeutige Entsprechung zwischen endlichen Folgen von Ausdrucken und Zahlen herstellen. Dadurch entspricht z. B. insbesondere jeder endlichen Folge von Satzen, die einen Beweis darstellt, eine bestimmte Zahl: die Godelzahl des Beweises. Durch die geschilderte Entsprechung wird jeder Klasse von Ausdriicken des Systems Seine Klasse von Zahlen zugeordnet (namlich die Klasse der Zahlen, die den Elementen der Klasse jener Ausdriicke zugeordnet sind) und in analoger Weise entspricht jeder Relation zwischen Ausdrucken eine Relation zwischen Zahlen. Diese zuletzt erwahnten Klassen und Relationen konnen haufig rein arithmetisch definiert werden, wodurch sich diese Definitionen dann im System S ausdrucken lassen. Dies gilt vor allem fUr die grammati kalischen Ausdrucke, die im Satz (I) verwendet werden, d. h. also: den darin vorkommenden Ausdrucken "Satz", "beweisbar" usw. entsprechen bestimmte Zahlklassen (namlich die Klasse der GOdelzahlen von Aus drucken aus S, die Satze sind, die Klasse der GOdelzahlen von beweis baren Satzen usw.), und diese Zahlklassen gestatten innerhalb von S formulierbare arithmetische Definitionen. Ersetzen wir nunmehr diese grammatikalischen Begriffe durch die ihnen entsprechenden arithmetischen und drucken die letzteren in S aus, so verwandelt sich (I) in einen Satz des Systems S. Die rein arithmetische Definition von Zahlklassen (und Zahlrelationen), welche Ausdrucksklassen eines formalen Systems ent sprechen, ist ein ziemlich schwieriges und langwieriges Unterfangen. Ein GroBteil der Arbeit GODELS bestand in der Verwirklichung dieses Programms. Wir wollen fiir den Augenblick voraussetzen, daB die skizzierte Arithmetisierung gelungen seL Da dieser Punkt von auBer ordentlicher Wichtigkeit ist, wollen wir, um im Leser keine irrige Ansicht uber den vorliegenden Sachverhalt aufkommen zu lassen, diesen nochmals in etwas anderer Weise beleuchten. Wir gehen diesmal aus von der Unterscheidung zwischen Objekt und Metasprache. Ein formales System wie das System S wird im Rahmen metamathematischer Betrachtungen als Objektsprache bezeichnet, weil es fur den weiteren Verlauf der Untersuchungen das Objekt der Be- • Die von GODEL verwendete Zuordnung von Zahlen zu endlichen Zahl folgen wird durch die Fonnel wiedergegeben: no. n1• n ••.. _. nk +-+ 2110 X 3", X ... X p~1& (d. h. also: der links stehenden Folge von k + 1 Zahlen solI die rechts stehende natiirliche Zahl entsprechen). Die Zuordnung ist offenbar eineindeutig. "Pk" bezeichnet die k-te ungerade Primzahl.

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