Diethelm Michel Untersuchungen zur Eigenart des Buches Qohelet Diethelm Michel Untersuchungen zur Eigenart des Buches Qohelet Mit einem Anhang von Reinhard G. Lehmann Bibliographie zu Qohelet w DE G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1989 Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von Otto Kaiser 183 Gedruckt auf säurefreiem Papier (alterungsbeständig — pH 7, neutral) CIP-Titelaufnähme der Deutschen Bibliothek Michel, Diethelm: Untersuchungen zur Eigenart des Buches Qohelet / Diethelm Michel. Mit e. Anh. Bibliographie zu Qohelet / von Reinhard G. Lehmann. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1989 (Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft ; 183) ISBN 3-11-012161-1 NE: Lehmann, Reinhard G.: Bibliographie zu Qohelet; Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft / Beiheft ISSN: 0934-2575 © Copyright 1989 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61 Vorwort Dieses Buch verdankt seine Entstehung eigentlich einer gewissen Verlegenheit: Ich hatte für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft übernommen, in der Reihe „Erträge der Forschung" über Qohelet zu berichten. Bei der Arbeit an diesem Buch stellte ich fest, daß ich es in der geplanten Weise gar nicht schreiben konnte: in zu vielen Fällen hatte ich Einwendungen gegen das, was ich als Ergebnis der bisheri- gen Forschung hätte darstellen müssen, und solche Einwendungen kann man nicht nur in Anmerkungen bringen. So ergab sich für mich die Notwendigkeit, zunächst einmal die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen über Qohelet zu veröffentlichen, um auch sie in die Darstellung einbeziehen zu können. Seit ich als frischgebackener Dozent im Wintersemester 1964/65 in Heidelberg meine erste Vorlesung über „Weisheit und Qohelet" hielt, haben mich die Probleme der Qoheletliteratur immer wieder fasziniert; ich habe sie in mehreren Seminaren, Vorlesungen, Übun- gen und einem sich über mehrere Semester erstreckenden Colloquium zu klären versucht. Diese Untersuchungen bieten also das Fazit einer mehr als zwanzigjährigen Beschäftigung mit diesem Buch - ich kann nur hoffen, daß die Ergebnisse der langen Zeit nicht ganz inadäquat sind. Von besonderer Bedeutung für das Verstehen Qohelets ist nach meiner Einsicht die Frage, ob man in 1,3-3,15 einen geschlossenen Gedankengang nachweisen kann. Wenn das gelingt, hat man damit nämlich ein Kriterium zur Beurteilung der Frage, wo Qohelet im fol- genden zitiert und wo er seine eigene Meinung äußert. Ich habe des- halb 1,3-3,15 im 1. Kapitel ausführlicher exegesiert. Kap. II ist bereits veröffentlicht (Theologia Viatorum XV (1979/ 80), Berlin 1982, 81-103); es wird hier wiederabgedruckt, weil die dort behandelten Probleme auch in diesem Buch angesprochen werden müssen. - In den Kapiteln III-VI werden die Texte ausgelegt, die ich ganz anders verstehe als die bisherige Forschung und die den Anlaß für dieses Buch bildeten. In den Kapiteln VII-IX werden sprachliche VI Vorwort Eigenheiten Qohelets behandelt. Kapitel X schließlich bringt eine kurze Zusammenfassung der Untersuchungen. Als 1. Anhang folgt in Kap. XI die Berliner Rektoratsrede „Vom Gott, der im Himmel ist. Reden von Gott bei Qohelet", die bereits in Theologia Viatorum XII (1973/74), Berlin 1975, 87-100 erschienen ist. Besonders hilfreich während meiner Arbeiten war, daß mein Assistent Reinhard Lehmann mit viel Fleiß und großem Spürsinn die Literatur zu Qohelet gesammelt hat. Im Laufe dieser Arbeiten hat er sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, eine möglichst vollständige Bib- liographie zu Qohelet zu erstellen. Das Ergebnis dieser Bemühungen wird als 2. Anhang beigegeben. Damit komme ich schon zum Danken, das als Gattungselement ja zu einem Vorwort hinzugehört. Besonderer Dank gebührt meinem Assistenten Reinhard Lehmann für seine Mühe bei der Beschaffung auch der entlegensten Literatur, auch für viele klärende Gespräche. Zu danken habe ich auch den Studentinnen und Studenten der Kirch- lichen Hochschule Berlin, die über Semester hinweg in einem Collo- quium mit mir zusammen die Probleme des Buches Qohelet zu beden- ken versuchten, vor allem meiner damaligen Assistentin Dr. Ingrid Riesener, ferner Frau Anja Angela Diesel für sorgfältige Durchsicht und Druckfertigmachung des Manuskripts. Besonders verdient ge- macht hat sich auch Herr stud, theol. Veit Brixius, der alle Zitate noch einmal überprüft und vor allem die Druckvorlage mit SIGNUM 2! unter Verwendung der von ihm entwickelten Fonts erstellt, mit sei- ner Frau Korrekturen gelesen und die Register angefertigt hat. Nor- bert Lohfink hat 1984 eine erste Fassung des Buches gelesen und mit Anmerkungen versehen; an vielen Stellen habe ich aus seiner Kritik gelernt, habe Unklarheiten beseitigen und die Argumentation verbes- sern können, ohne daß dies jedesmal angemerkt worden wäre; für die- se kollegiale Zusammenarbeit danke ich besonders. Last not least ist Frau Maria Theresia Küchenmeister zu danken, die mit viel Sorgfalt und Geduld die Entstehung des Buches über Jahre hinweg begleitet und das nicht einfache Manuskript geschrieben hat. Mainz, im April 1989 Diethelm Michel Inhaltsverzeichnis Vorwort V Inhaltsverzeichnis VII Kap. I. Traktat über die Möglichkeiten der Weisheit: Qoh 1,3-3,15 als Darlegung der Philosophie Qohelets ... 1 Kap. II. Qoheletprobleme: Überlegungen zu Qoh 8,2-9 und 7,11-14 84 Kap. III. Qohelets Polemik gegen das Theologumenon von der Uberwindung des Todesgeschicks in Qoh 3,19-22 und seine Vorstellung vom des Menschen 116 Kap. IV. Qohelet 7,1-10: Gegen (apokalyptischen?) Pessimis- mus 126 Kap. V. Qohelet 6,1-12: Gegen die positive Wertung der un- erfüllten Sehnsucht 138 Kap. VI. Qohelet 9,1-10: Gegen die Erwartung einer Vergel- tung der guten Taten nach dem Tode 166 Kap. VII. bei Qohelet oder: Qohelet als Denker von Grenz- fällen her 184 Kap. VIII. "G bei Qohelet 200 Kap. IX. ΊΕ/Ν bei Qohelet 213 Kap. X. Zur Eigenart des Buches Qohelet 245 Kap. XI. 1. Anhang: Vom Gott, der im Himmel ist (Reden von Gott bei Qohelet) 274 Kap. XII. 2. Anhang: Reinhard G. Lehmann: Bibliographie zu Qohelet 290 Autorenregister 323 Bibelstellenregister . . 325 Register der hebräischen Wörter 328 Sachregister 329 Kapitel I Traktat über die Möglichkeiten der Weisheit Qoh 1,3-3,15 als Darlegung der Philosophie Qohelets Daß mit der Bestimmung der literarischen Eigenart des Buches Qohelet wichtige Weichen für die Auslegung dieses Werkes gestellt werden, liegt auf der Hand. Ob hier isolierte Sentenzen mit einem je eigenen Skopus oder um ein gemeinsames Thema kreisende Topoi oder (eine ?) Abhandlung(en) mit einem gewollten Gedankenzusam- menhang vorliegen, ist an etlichen Stellen für die Erfassung des Sinns der Aussagen vorentscheidend. Besonders wichtig ist diese Bestim- mung der literarischen Eigenart für die Beantwortung der in der letzten Zeit immer häufiger gestellten Frage, wo denn Qohelet zitiert und wo er seine eigene Meinung sagt1. Die Sentenzen- bzw. Topoi- Theorie hat zweifellos den Vorteil, daß mit ihr auch in sich wider- sprüchliche Aussagen Qohelet zugeschrieben werden können - freilich für den Preis, daß man dann etwas kriterienlos vor der Aufgabe steht, eventuelle Zitate bei Qohelet zu erkennen; Argumente inhaltlicher Art kann es dann kaum geben. Es ist nicht beabsichtigt, hier einen Uberblick über die in der Forschung vertretenen Meinungen hinsichtlich der literarischen Ei- genart des Buches Qohelet zu geben2; mein Ziel ist hier anderer 1 Zu diesem Problem vgl. R. Gordis, Quotations in Wisdom Literature: JQR 30 (1939/40) 127-147; Robert F. Johnson, A Form Critical Analysis of the Say- ings in the Book of Ecclesiastes, Diss. Emory 1973-, K. Ehlich, Verwendungen der Deixis beim sprachlichen Handeln, Teil 2,1979 (Forum Linguisticum 24) 858ff. W. Zimmerli, Das Buch Kohelet - Traktat oder Sentenzensammlung?: ; VT 24 (1974) 221-230; N. Lohfink, War Kohelet ein Frauenfeind? Ein Versuch, die Logik und den Gegenstand von Κ oh., 7,23-8,la herauszufinden, in: La Sa- gesse de l'Ancien Testament, 1979 (BEThL 51) 259-287; R. N. Whybray, The Identification and Use of Quotations in Ecclesiastes, in: VT.S 32 (Congress Volume Vienna 1980), Leiden 1981, 435-451; D. Michel, Qoheletprobleme: ThViat 15 (1982) 81-103 = unten Kap. II. 2 Vgl. zu diesem Problem: D. Michel, Qohelet, Darmstadt 1988 (EdF 258). 2 Traktat über die Möglichkeiten der Weisheit Art: Ich will versuchen, evident zu machen, daß in Qoh 1,3-3,15 eine von Qohelet als Einheit beabsichtigte Abhandlung vorliegt. Ganz neu ist dies allerdings nicht; hinweisen will ich wenigstens auf Cheyne, der 1887 meinte, Qohelet habe seine beiden ersten Kapitel ausgear- beitet, während der Rest aus losen Notizzetteln bestehe3, und auf Siegfried, der trotz seiner sonstigen Vorliebe für eine literarkritische Aufteilung auf möglichst viele verschiedene Hände in Kap. 1-3 einen fortschreitenden Gedankengang zu finden glaubte und der infolgedes- sen diese Kapitel seiner Grundschrift Q1 zuschrieb4. Beginnen werde ich mit 1,3, denn 1,2 bildet zusammen mit 12,8 einen Rahmen um das ursprüngliche Buch Qohelet und gehört deshalb wohl nicht zum Gedicht 1,3ff. Ob die Rahmenverse unbedingt von einem Herausgeber stammen müssen^, kann hier offenbleiben. Qoh 1,3-116 3. Was für einen Gewinn hat der Mensch bei all seiner Mühe, mit der er sich unter der Sonne abmüht? 3 T. K. Cheyne, Job and Solomon or the Wisdom of the Old Testament, London 1887, 204: „It seems to me that the .labour of the file' has brought the first two chapters to a considerable degree of perfections but the rest of the book, upon the whole, is so rough and so disjointed, that I can only suppose it to be based on certain loose notes or adversaria, written solely with the object of dispersing his doubts and mitigating his pains by giving them expression." 4 Vgl. C. Siegfried, Prediger und Hoheslied, 1898 (HK 11,3), 6 - im folgenden stets nur mit „Siegfried + Seitenzahl" zitiert. 5 Vgl. dazu z.B. F. Ellermeier, Qohelet 1/1. Untersuchungen zum Buche Qohelet, Herzberg 1967; 96ff. - im folgenden stets nur mit „Ellermeier + Seitenzahl" zitiert. 6 Literatur zu 1,3-11: D. S. Margoliouth, The Prologue of Ecclesiastes: ExpScr 8 (1911) 463-470-, I. Levy, Rien de nouveau sous le soleil: NC 5 (1953) 326-328; O. Loretz, Qohelet und der Alte Orient, 1964, 136-138; Ellermeier 186-211; E. M. Good, The Unfilled Sea: Style and Meaning in Ecclesiastes 1:2-11, in: Isra- elite Wisdom (FS S. Terrien) 1968, 59-73; T. Nishimura, Un mashal de Qohe- let 1,2-11: RHPhR 59 (1979) 605-615; F. Rousseau, Structure de Qohelet I 4-11 et plan du livre: VT 31 (1981) 200-217; Ν. Lohfink, Die Wiederkehr des im- mer Gleichen. Eine frühe Synthese zwischen griechischem und jüdischem Weltgefühl in Kohelet 1,4-11: AF 53 (1985) 125-149; H.-P. Müller, Theonome Skepsis und Lebensfreude. - Zu Koh 1,12-3,15 -: BZ NF 30 (1986) 1-19.